Geschichte des Würzburger Ratskellers

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Der Würzburger Ratskeller liegt mitten im Herzen der Domstadt zwischen Dom und Alter Mainbrücke unter dem Grafeneckart, einem der bedeutendsten Zeugnisse romanischer Profankunst in Würzburg.

Die alte Ratstrinkstube der Stadt

Grundriss des ehemaligen Würzburger Rathausviertels

Die Antworten auf die Fragen „Wo war die alte Ratstrinkstube in alter Zeit?“ und „Wie war sie eingerichtet?“ findet man bei Sebastian Göbl in seinem kleinen Aufsatz Die Rathsschenke und der „Willkomm“ der Stadt Würzburg (Archiv des Historischen Vereins von Unterfranken 37, 1895). Die Einrichtung und namentlich die Örtlichkeit der alten Ratstrinkstube sind in seinen Ausführungen allerdings am wenigsten ausführlich behandelt. Göbl macht darauf aufmerksam, dass die ursprüngliche Ratstrinkstube und Ratsstube ein und dasselbe waren und dass man zwischen Weinstube und Bierschenke des Rathauses streng zu unterscheiden hatte.

Den Ort des städtischen Bierausschankes kennt man heute noch ziemlich genau. Im früheren „Methof“, dessen Name, bereits zu Beginn des 14. Jahrhunderts auftauchend, schon auf ganz Ähnliches hinweist, stand auch das „Haus, in dem der Bierschenk sitzt“. Es wurde im Jahre 1577 gebaut und war das „Bierschenk- und Stadtschreiberhaus“ gegenüber Wolf Beringers „Neuem Tor“ (heute: Eingang zum Gedenkraum). In ihm übte die Stadt von 1470 bis 1806 das ausschließliche Recht des Ausschankes, zuerst von fremden Bieren, seit 1664 von Würzburger Bieren aus dem Fürstlichen Brauhaus, das Fürstbischof Johann Philipp von Schönborn gegründet hatte.

Die vornehmere Trinkstätte war die Ratsstube, wo nur „purer, gerechter, guter Steinwein floss“, wo in früheren Zeiten bei allen Beratungen und Sitzungen der Stadtväter „zur Erfrischung des Geistes“ der volle Pokal umging, wo in freien Stunden die Ratsherren mit ihren Angehörigen oder edlen Gästen sich zusammenfanden und wo neben vornehmen Hochzeiten der Bürgerschaft vor allem die großen Hauptfeste der Stadt – die Feste um Neujahr, das Fastnachtsmahl, zu dem auch Frauen kamen, die Kirchweih am Tage der heiligen Patrone der Ratskapelle oder die Feier der Bürgermeisterwahl, um nur die wichtigsten zu nennen, - gehalten wurden. Die Ratstrinkstube war zu bestimmten Zeiten auch der Allgemeinheit zugänglich, doch wurde streng darauf geachtet, „unredliches Gesind“ den Räumen fern zu halten.

Wo sich diese Ratstrinkstube befand, ist in Bezug auf die früheren Jahrhunderte nicht bekannt. Seitdem in den Jahren 1480 bis 1482 an der Stelle des Methofes der „Neue Ratsstubenbau“ entstanden war, ist auch die Trinkstube der Stadt höchstwahrscheinlich in diesem Bau gewesen. Auf jeden Fall befand sich die Ratstrinkstube nicht an der Stelle des heutigen Ratskellers in den Räumen unter dem Wenzelsaal. Diese Räume wurden früher als Tuchhallen oder Lagerräume, vielleicht auch als Wachstuben verwendet. Den spätgotischen Bau im Methof hat ein aus dem Jahre 1905 stammender Flügelbau des neuen Rathauses verdrängt – bis auf ein Portal, das uns die Zahl 1482 überliefert, gibt es keine Angaben über das Aussehen der Ratstrinkstube. Die Weinlager befanden sich im 1597 gebauten Kalterhaus.

Erst im 17. Jahrhundert ergibt sich ein klareres Bild als die neue Rats- und Trinkstube im Roten Bau (1659/60) eingerichtet wurde. Göbl beschreibt kurz die Inneneinrichtung: „Im Jahre 1652 z.B. standen da vier Dutzend aus Nuss- und Lindenbaumholz gezimmerte Stühle auf Teppichen vor grünen, mit Damast gedeckten Tafeln und Tischen. In hohen Wandschränken war ein reicher Vorrat an Tafel- und Küchengeräten aus Zinn, Messing und Kupfer, an zinnernen, gläsernen und silbernen Trinkgeschirren, an Hand-, Tisch- und Tellertüchern und sonstigem Linnenzeuge geborgen. Die Wände der grünen Stube waren mit drei schönen Gemälden: David, Salomo und Hieronymus, geschmückt, welche wohl andeuteten, dass die Stadtväter so weise und gerecht wie diese Vorbilder beraten und urteilen sollten. In der großen Stube hingen bildliche Darstellungen der Heiligen Dreifaltigkeit, der Jungfrau Maria und der Stadt Jerusalem.“ Dass sich dieses barocke Aussehen lange unverändert hielt, beweist das Bild einer Ratssitzung aus dem Jahre 1774, das ins Würzburger Wappenbuch (Matricula Senatus von 1693) eingemalt ist.

Als die Stadt Würzburg und das einstmals fürstbischöfliche Land 1814 zum Königreich Bayern kamen, gehörte die Ratstrinkstube bereits der Vergangenheit an. Ein volles Jahrhundert war es still im Grafeneckart und im Roten Bau.

Im August 1913 wurde im Stadtmagistrat auf mehrfache öffentliche Anregung hin und dem besonderen Wunsch des im April 1913 neu in sein Amt eingeführten Oberbürgermeisters Max Ringelmann beschlossen, in den Grundräumen des Grafeneckarts einen repräsentativen Ratskeller entstehen zu lassen. Dieser Plan, mehr begrüßt als bekämpft, nahm rasch greifbare Gestalt an, nachdem der Magistrat am 3. März 1914 mit nur einer Gegenstimme und das Gemeindekollegium am 19. März 1914 mit 26 gegen 14 Stimmen das vom Stadtbauamt ausgearbeitete Projekt gutgeheißen hatte.

Der Würzburger Ratskeller von seiner Eröffnung 1918 bis zum 16. März 1945

Grundriss des Würzburger Ratskellers 1918
Eingangsportal von 1695 zum Ratskeller (1918)

Leitender Architekt des Bauvorhabens war Stadtbaurat Franz Kreuter. Er verstand es den vorgefundenen alten Baubestand möglichst zu erhalten. Geistiges Eigentum des Architekten war im Würzburger Ratskeller nicht nur die Einteilung und Zusammenordnung der Stuben und Hallen und nicht nur der rein architektonische Teil - die stilistische und farbige Gesamthaltung - der Dekoration, sondern viel schmückendes Detail bis herab zum geschmiedeten Gitterwerk und beweglichen Mobiliar.

Im Sommer 1916 wurde mit der Beendigung der im März 1914 begonnenen Umbau- und Restaurierungsarbeiten im Erd- und Kellergeschoss des Rathauses die Fertigstellung des Ratskellers, eines von Ringelmanns Lieblingsprojekten, abgeschlossen. Die Eröffnung dieser Räumlichkeiten, die der Werbung für die Stadt Würzburg und für den Frankenwein dienen sollten, erlebte er allerdings nicht mehr, da sie sich als ein im Krieg nicht vordringliches Projekt noch bis 1918 hinzog. [1]

Am 31. Januar 1918, also noch während des Ersten Weltkrieges, wurde der Ratskeller, der in der Hauptsache eine erstklassige Ausschankstätte für die Frankenweine sein sollte, eröffnet, was von der Würzburger Bevölkerung wegen der allgemeinen Hungersnot wenig beachtet wurde. Der Betrieb wurde von der Stadt als Regiebetrieb geführt. Von Anfang an war dabei klar, dass der Ratskeller in erster Linie der Imageverbesserung Würzburgs als Fremdenverkehrsstadt dienen sollte und als Einnahmequelle nur eine verminderte Rolle darstellte. Die Geschäftsleitung oblag einem Stadtratsausschuss, der über die Weineinkäufe und Preisfestsetzungen entschied. Die technische Leitung des Ratskellers übernahm nebenamtlich der Weinbaudirektor des Bürgerspitals, während der Stadtkämmerei die Kasse und die Rechnungsgeschäfte oblagen. [2] Die schlechten Startbedingungen zwangen den ersten Pächter zur baldigen Aufgabe, wohingegen der zweite Ratskellerwirt, der damalige Theaterwirtschaftspächter Peter Vaitl während seines fast zwei Jahrzehnte dauernden Wirkens den Ratskeller in der Würzburger Wirtshaus- und Gastronomieszene zu einer gefragten Adresse machte. [3]

Auf 200 Quadratmetern Fläche (Gesamtfläche 465 Quadratmeter) war in 8 Räumen Platz für rund 250 Gäste. Zu ihrer künstlerischen Ausschmückung mit Werken von den Malern Otto Rückert und Hans Sperlich sowie den Bildhauern Heinz Schiestl und Arthur Schleglmünig sorgten viele Stifter und Spender, während die Stadt für den ganzen Umbau rund 110.000 Mark aufwendete. Der Hauptverdienst an dem gelungenen Werk gebührte Stadtbaurat Franz Kreuter.

Das alte Portal von 1695 in der Mitte der Frontseite des Grafeneckarts wurde als Haupteingang zu den Gasträumen gewählt. Das brüchig gewordene Steinwerk wurde vollkommen erneuert und das Oberlicht erhielt ein schmiedeeisernes Gitter. Um die Sockelteile seiner Rahmenarchitektur von den Verdeckungen der im Laufe der Jahrhunderte stetig erhöhten Domstraße zu befreien, wurde ein kleiner, in das heutige Straßenniveau tiefer eingesenkter Vorplatz angelegt, zu dem zwischen Steinbalustraden einige Stufen hinabführten.

Bürgersaal

Der eintretende Gast stand in halber Höhe auf einem Podest inmitten der Längsachse des mittleren größten Kellerraumes, dem „Bürgersaal“. Der Blick führte über das durchbrochene Gitterwerk eines schmiedeeisernen Geländers, eine Arbeit der Kunstschlosserei Eduard Scheller nach Entwurf von Baurat Kreuter, hinab in die vor ihm versenkt liegende Halle. An der Rückwand der Halle gab Hans Sperlichs Bild illusionistisch den Weg in luftige Weite frei. Nach rechts führte das Podest in die kleineren, ebenerdig liegenden Räumlichkeiten des Ratskellers; auf der linken Seite gelangte der Gast über einige wenige Stufen in den „Bürgersaal“. Das schmiedeeiserne Geländer machte in rechtwinkliger Brechung die Grundrisszüge des Podestbaues kontinuierlich mit, war allerdings unterbrochen durch einen marmornen Zwischenpfosten, auf dem eine Putte von Arthur Schleglmünig stand.

Die Längsausdehnung der Halle war sehr gering; romanische Bogendurchgänge führten zu den Nebenräumen. Das erhaltene romanische Tonnengewölbe des „Bürgersaals“ in lichtem Elfenbeinweiß war durch plastisches Stuckrahmenwerk vielfach aufgeteilt. Zwei Türdurchgänge in der Wand gegenüber dem Haupteingang, die zu kleineren Nebenräumen führten, waren hier alter Bestand. Der linke war von zwei erhaltenen romanischen Rundbogenfassungen in verschiedener Wandtiefe und Höhe umrahmt, der rechte kleinere mit nachgotischer Profilierung hatte eine neue Rahmenarchitektur mit Aufbau und Segmentabschluss in rotem Stein erhalten. Ein darüber liegendes nachgotisches Fensterchen hatte den Künstler bei dem Entwurf der Wandbemalung offensichtlich dazu gezwungen, seiner Umgebung noch ein Stück weit den Wandcharakter zu erhalten. Der Rest der Wand wurde ausgefüllt von einem Gemälde Hans Sperlichs. Der Schlussstein des großen romanischen Türbogens des Bürgersaals war mit einer Fratze bemalt und verkettete die Scheinarchitektur mit der wirklichen. Er trug auf einer bauchigen Säule Korbbogen, durch die man in einen wolkendurchzogenen blauen Himmel schaute. Auf einer sonnigen Terrasse feierte eine fröhliche Gesellschaft: Frauen in lichtsilbrigen Gewändern, aus denen nur ein kräftiges Rot und ein blasses Seidengelb leuchtete und Männer in dunkelfarbiger Tracht bei Wein und Musik an einer Tafel, zu der man Früchte trug. Das historische Kostüm der Wallensteinzeit wollte der Grundstimmung des Raumes entsprechen; es wirkte unwillkürlich programmatisch und stilbenennend für den gesamten „Bürgersaal“, da dieses Bild sich dem ersten Blick des eintretenden Gastes bot.

Laube

Durch den uralten Verbindungsbogen des Steingewändes auf der westlichen Seite kam man in die „Laube“, einen Raum, der auf derselben Bodenhöhe lag wie der „Bürgersaal“. Die „Laube“ besaß ebenfalls ein Tonnengewölbe, aber einen schmäleren Grundriss als ihr Nachbar. Ihre Gestaltung ergab ein völlig anderes Gesamtbild. Die Wandvertäfelung und das Mobiliar traten zurück vor der malerischen Dekoration, die Otto Rückert umfangreichste Arbeit im Ratskeller darstellte. Der Maler hatte sich in der „Laube“ auf ein paar ganz bewusst gewählte Töne beschränkt. Das Ganze war durch das Bauwerk eines Laubengerüstes, das die Wölbung überspannt, gegenständlich motiviert.

„Bürgersaal“ und „Laube“ bildeten formal und auch örtlich eine geschlossene Gruppe. Die zusammenhängende Folge von kleineren Stuben, die sich ihnen anreihte, lag vor allem durch das Bodenniveau von ihnen getrennt. Wandte man sich vom Podest des Haupteingangs nach rechts, betrat man durch das profilierte Gewände eines alten, gotischen Spitzbogenportals den Erdgeschossraum unter dem Turm. Fast ebenerdig mit der Höhe der Domstraße beginnend stieg es von hier nach rückwärts in die Gebäudetiefe hinein: kleine, fast quadratische Zimmerchen, jedes gegenüber dem vorigen um einige wenige Stufen erhöht, zogen sich entlang des Laufs der Langgasse. Die Dekoration war der geringen Raumgröße entsprechend auf ein Mindestmaß beschränkt: einheitliche halbhohe Wandverkleidungen, die auf die Stühle und Tische farbig abstimmt waren, verwandelten die kreuzgewölbten Räume in stimmungsvolle Weinstuben.

Wappenzimmer

Vom Podest des „Bürgersaals“ kommend war der erste dieser Räume das „Wappenzimmer“. Die Füllungen der Wandvertäfelung umfassten rahmend in ihrem obersten Teil farbige Wappenbilder unter Glas in silbernen Rähmchen. Dargestellt war die Wappenreihe der deutschen Bundesstaaten, in der Fensternische mit den vier Königreichen beginnend.

Barbarazimmer

Auf der Gegenseite des Fensters schuf ein gedehnter Korbbogen und eine kleine Stufenreihe zwischen schlanken Holzbalustraden den offenen Zugang zum nächsten Zimmer, einer Art Durchgangsraum, da die Wand gegenüber dem Eingang durch den weiten Halbkreis eines mittelalterlichen Steinbogens beinahe vollständig geöffnet war. Aufgrund der Enge des Raumes war die Wandvertäfelung flacher, schlanker und höher als im „Wappenzimmer“, Gewölbe und Oberwand blieben schmucklos weiss. In die einheitliche hölzerne Täfelungsfläche der Nordwand hatte Heinz Schiestl vier Kriegerhalbfiguren in jener Art eingesetzt, die seine Notgeldentwürfe aus den Jahren um 1915 weit über die Grenzen Frankens hinaus bekannt gemacht haben. Der schönste Schmuck des Künstlers war zweifelsohne der hölzerne Kronleuchter mit der Freifigur der hl. Barbara, weshalb man dieses Zimmer auch „Barbarazimmer“ nannte. Zur Seite der weiter aufwärts führenden kleinen Holztreppe stand hinter einer Balustrade sein „Dukatenmännlein“.

Speisen- und Getränkeausgabe

Im dritten Raum in der Reihe, der nunmehr folgte, hatte man aufgrund seiner Kleinheit eine eigene Speisen- und Getränkeausgabe geschaffen. Man spürte erst beim unmittelbaren Eintreten, dass man es hier mit einem ausschließlichen Durchgangsraum zu tun hatte: eine offene Pforte durch die Westwand gab den notwendigen Weg zu Nebenräumen frei, in gerader Richtung aber blieb eine Gasse offen, die ebenerdig – abermals durch einen kleinen alten Rundbogen – in das letzte Zimmer dieser zusammenhängenden Raumfolge führte.

Altwürzburgerzimmer

Man befand sich nun im „Altwürzburgerzimmer“, an welches unmittelbar das Hinterhöfchen grenzte. Das große Halbrundfenster der Westwand war zuvor als offener Bogen die Grenze zwischen gedecktem und ungedecktem Raum. Die beiden gratlosen Kreuzgewölbe und Oberwand blieben wieder schmucklos und weiß gestrichen. Die holzverkleidete Wand besaß eine friesartige Reihung von Füllungsbildern. Die obersten, meist quadratischen Täfelungen mit ihren graublauen, ganz schlicht profilierten Rahmenzügen besaßen helle, gelbbraune Flächen als Grundierung mit kleinen vignettenartigen Malereien von Heinz Thoma: Blumen, Zweige, Früchte, Körbe und allerlei Tiere wie Hasen, Eichhörnchen, Schwäne und andere. Heinz Thoma schuf auch die Dekoration der Südwand mit Bildern aus dem „Alten Würzburg“. In der Laubennische des Fensters zur Langgasse befand sich ein Herrgottswinkel mit einem Kruzifix aus der Hand von Heinz Schiestl.

Ihre ruhige, vom Haupteingang weit abgekehrte Lage, machte die Stube sehr beliebt und im Gegensatz zu den vorderen kleineren Zimmern bekam man hier vom Durchgangsverkehr der ein- und ausgehenden Besucher kaum etwas mit.

Hexenloch

Unter dem Durchgangszimmer, wo zwischen Barbara- und Altwürzburgerzimmer der obere Schankraum eingerichtet war, befand sich noch ein kleines Kellergewölbe, das in früheren Zeiten nur durch einen Gewölbeschacht zugänglich war: das “Hexenloch“; ursprünglich das im Rathaus vorhandene Gefängnis für Schwerverbrecher, auch das „Loch zum Grafen Eckard“ genannt. Es war der versteckteste und verschwiegendste Winkel des Ratskellers. Das „Hexenloch“ wurde von der unteren Speise- und Getränkeausgabe, einem kleinen Nebenraum hinter der Nordwand des Bürgersaales, über einige abwärts führenden Stufen durch eine kleine steinerne Pforte zugänglich gemacht. Ein Lichtschacht gegenüber dem Eingang führte zu einem kleinen Kellerfenster an der Langgasse, jedoch blieb der Raum ohne künstliche Beleuchtung beinahe lichtlos. Von dem alten Gemäuer war nichts mehr sichtbar: Wände und Decke waren mit naturfarbener Holzverschalung vollständig überkleidet. Arthur Schleglmünig gestaltete mit drei figürlichen Holzgruppen das „Hexenloch“: eine Hexengruppe über dem Portalgesims, die Lüstergruppe der Besenreiterin und kleine Schmuckfiguren der Bankwange.

Ratskapelle

Ratskapelle 1919

In naher Verbindung mit dem „Altwürzburgerzimmer“ hatte man die alte Ratskapelle zu St. Felix und Adauctus in den Bereich der Gasträume mit einbezogen. Die drei runden Abschlusssteine der Kreuzrippengewölbe bildeten eine schöne, hochgotische Rosette und die beiden kleinen Reliefs waren Darstellungen der Verkündigung und der Thomasszene. Eine dunkelfarbige Täfelung in schlichten neugotischen Formen bekleidete ringsum das unterste unter den Gewölbekonsolen übrigbleibende Stück der Wand. Baulich wurden keine Änderungen im Raum vorgenommen. Die Umgestaltung der einstigen Kirchenhalle zum Gastraum wurde durch gemalten dekorativen Schmuck vorgenommen, dessen Ausführung wieder von Otto Rückert stammte. Die Gewölbeflächen blieben weiß bis auf die Zwickel, die der Zusammenlauf der Rippen gegen die Konsolen hin entstehen ließ; diese bedeckten farbig fein gehaltenes Ast- und Blattwerk, motivisch abwechselnde kleine Stauden, die bloßen Wurzeln in die schmale Spitze des Zwickels hineingesenkten. Die nach oben sich dehnenden Zweige trugen Blumen oder Früchte, darunter auch allerlei Küchengewürze. Die freie Fläche im Spitzbogen der Nordwand war heraldisch geziert: in rundem Kranz das Wappen der Stadt Würzburg mit der Herzogskrone über dem rotgelben verschnörkselten Geranke der Helmzier, an der Seite die Jahreszahl 1916. Die Innenseite der Eingangswand schmückte ein gemalter Umbau des Türvierecks.

Ebenfalls aus der Hand von Otto Rückert stammten die Entwürfe zu den Glasmalereien der drei großen Westfenster. Sie waren der alten Würzburger Hochschule, der Alma Julia, gewidmet, vereinigten in der ersten und dritten der fünfteiligen Fenstergruppen die Wappen der Würzburger Studentenkorporationen, an heraldischem Stilwert herausholend, was aus den oft begrifflich gebildeten Studentenwappen nur irgendwie herauszuholen war.

Die Ausführung der Rückertschen Glasgemäldeentwürfe gestaltete die Würzburger Glasmalerei Matthias Niebeler. Aus der gleichen Werkstatt stammten alle Schmuckarbeiten an den Ratskellerfenstern: nach eigenem Entwurf die drei kleinen spitzbogigen Ostfenster der Kapelle mit den Wappen berühmter fränkischer Weinorte, das Laubenfenster im „Altwürzburgerzimmer“, der farbige Schmuck am Fensterchen des „Barbarazimmers“, nach Rückerts Zeichnung das Adlerbild des spitzbogigen Fensters der „Wappenstube“ und nach Baurat Kreuters Entwurf das Schmuckfenster der „Laube“.

Ratsbierstube

Central-Feuerhaus im Jahre 1908. Heute: Ratsbierstube

Die Erdgeschosshalle des Kalterhauses, in dem die Ratskapelle gänzlich eingebaut lag, war nach wie vor vom Wagenpark der städtischen Feuerwehr vollständig belegt. Erst am 12. Mai 1926 genehmigte der Stadtrat auf Antrag von Bürgermeister Julius Zahn mit 22 gegen 14 Stimmen die Errichtung eines Ratskeller-Bierlokals in den Räumlichkeiten des alten Central-Feuerhauses, die direkt an den Ratskeller (an die Kapelle) anstießen. [4] Sämtliche Umbau- und Einrichtungskosten dafür musste der Ratskellerwirt Peter Vaitl selbst übernehmen. Zudem ging sämtliches Inventar in das Eigentum der Stadt über, ohne dass irgendwelche Entschädigungsansprüche entstanden. Architekt der „Ratsbierstube“ war Adolf Spiegel (* 1882; † 1955).

Nachdem der Weinabsatz des Ratskellers infolge der Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse immer weiter gesunken war, beschloss der Stadtrat am 10. Mai 1928 die Aufhebung des Regiebetriebes zum 1. Oktober 1928. [5] Mit dem Ratskellerwirt Peter Vaitl wurde eine neuer Pachtvertrag geschlossen, der der Stadt Würzburg einen jährlichen Pachtzins von 15.000 RM einbrachte.

Beim Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 wurde auch der Würzburger Ratskeller zerstört.

Der Wiederaufbau des Würzburger Ratskellers von 1970 bis 1973

Grundrissskizze von Baudirektor Paul Heinrich Otte für den Ratskeller (Erdgeschoss)

In den ersten Nachkriegsjahren wurde im Bürgersaal und in der Laube des ehemaligen Ratskellers provisorisch eine Gaststätte eingerichtet, die sich aber nicht hielt. Der Ratskeller blieb nichts anderes als eine vage Erinnerung und ein Wunschtraum, ab und zu Gegenstand von Rathausdebatten und Zeitungsartikeln. [6] Später dienten beide Räume für Ausstellungen von Modellen und Plänen, Auktionen gemeinnütziger Vereine und dergleichen. Die übrigen Räume des früheren Ratskellers blieben in ihrem zerstörten Zustand.

Auf Antrag von Oberbürgermeister Dr. Klaus Zeitler und dem Ideenentwurf von Baudirektor Paul Heinrich Otte fasste der Stadtrat am 7. Mai 1969 den grundsätzlichen Baubeschluss und erteilte den Planungsauftrag, den Wiederaufbau des Rathauses nach den Plänen des Hochbauamtes weiterzuführen und mit dem Wiederaufbau des Ratskeller zu beginnen. [7] Am 8. Oktober 1969 erfolgte der Baubeschluss und am 24. Februar 1970 die bauaufsichtliche Genehmigung. Am 6. Mai 1970 wurde mit den Bauarbeiten begonnen.

Gegeben war, wie bereits 1914, als historischer Anlass die Tradition der ehemaligen Ratstrinkstube. Gegeben war, ebenfalls beim Bau des ersten Ratskellers, ein vielgestaltiger Gebäudekomplex mit unter sich verschiedenartigen Räumen in unterschiedlicher Höhenlage und abwechselnder Größe und Gestalt, bis auf den Bierstubenbereich, der völlig zerstört war und neu geschaffen werden musste.

Wie vor 60 Jahren war und ist das alte Portal von 1695 in der Mitte der Frontseite des Grafeneckartsbaues gegenüber dem Vierröhrenbrunnen der Haupteingang zu den Gasträumen. Laube und Bürgersaal mit ihren Tonnengewölben im Untergeschoss rechtfertigen die Behauptung, das alte Rathaus sei das letzte übriggebliebene romanische Profangebäude Würzburgs. Die Umrahmung des Ratskellereingangs, im Ersten Weltkrieg erneuert und mit der Balustertreppe versehen, ist Frühbarock (1695).

Die künstlerische Ausstattung übernahmen fast ausschließlich Würzburger Künstler und namhafte Vertreter des würzburgischen Kunstgewerbes.

Am 25. April 1972 konnte das Richtfest gefeiert werden und am 15. September 1973 wurde der Würzburger Ratskeller wiedereröffnet. Die Eröffnung gestaltete sich zu einem dreitägigen „Festreigen“, bei dem die Bürger Gelegenheit hatten, die von unterfränkischen Künstlern, Kunsthandwerkern und Handwerkern Säle und Gastzimmer gebührend zu bewundern. Als Pächter waren Günther und Juliane Maschke bestrebt, an das Erbe des legendären Vorgängers Peter Vaitl anzuknüpfen. [8]

Die Gasträume des Ratskellers hatten in der Weinabteilung (Bürgersaal, Laube, Hexe, Wappen-, Trachten-, Riemenschneider-, Alt-Würzburger Zimmer, Kapelle) eine Grundfläche von zusammen 272 m² mit 177 Plätzen, in der Bierabteilung (Ratsbierstube mit Schiestl- und Jägerstube) eine Grundfläche von 210 m² mit 142 Plätzen und in der Freiabteilung (Wappenhalle und Hofraum) eine Grundfläche von 114 m² mit 80 Plätzen. Die Zahl der Plätze konnte noch vermehrt werden, da insbesondere bei den Sitzbänken eine dichtere Besetzung möglich war.

Bürgersaal

Das schmiedeeiserne Geländer, welches das Eingangspodest und die Treppe zum Bürgersaal abschirmt, zeigt abgewandelte Ornamentsmotive der Rokokozeit. Es überdauerte die Zeiten und blieb erhalten. Die Kunstschlosserei Schnellenberger passte es den neuen Maßen an und restaurierte es. Wo es zur Treppe abknickt, steht auf steinernen Treppenpfosten eine Putte von Bildhauer Andreas Kräml, nachdem der plastische Schmuck Arthur Schlegelmünigs nicht mehr existierte.

Das in Secco-Technik gemalte Fresco an der Wand des alten Ratskellers stammt von Hans Sperlich. Es blieb als einziger Überrest der Ratskellerbemalung aus den Jahren 1914 bis 1918 verhältnismäßig gut erhalten. Die Restauratoren der Firma Peter R. Pracher fertigten und säuberten das Wandbild. Richard Sedlmaier, der Autor eines Sonderheftes über den „Ratskeller zu Würzburg“ im Jahre 1919 schildert die farbenfrohe Szenerie wie folgt: „Auf sonniger Terrasse eine sorglos fröhliche Gesellschaft in gelöster Gruppe locker verteilt – Frauen in lichtsilbrigen Gewändern, aus denen nur ein lautes Rot und ein blasses Seidengelb leuchtet, und Männer in dunkelfarbiger Tracht bei Wein und Musik, an einer Tafel, zu der man köstliche Früchte trägt. Das historische Kostüm der Wallensteinzeit will der Grundstimmung des Raumes entsprechen; es wird unwillkürlich programmatisch und silbentrennend für den gesamten ‚Bürgersaal‘.“

Laube

Die malerische Dekoration der Laube stammte ursprünglich von Otto Rückert. Seine Grundidee wurde von Wolfgang Lenz übernommen, aber schon sein Laubengerüst hat eine ganz andere Aufteilung, andere Formen und vor allem andere Proportionen, und seine Malerei reicht weiter hinunter als die von Rückert, die erst über hohen Holztafelwänden begonnen hatte.

Heiner Reitberger (Kolonat) beschrieb die Laubenmalerei wie folgt: „Aus einer Fülle von Einfällen, aus durchgespielten Versuchen mit Dekorationselementen von pompejanischen und Rokokomalerei konnte Lenz schließlich ein Dekor entwickeln, der ganz seinem Spiel und seinen Fähigkeiten entspricht. Auf einem Grund warmer, dunkler Erdtöne und tiefen Blaus, der Abendhimmel und Nachtstimmung suggeriert, steht in hellen Tönen das Laubengerüst. Illusionsmalerei erweckt den Eindruck, das Gerüst sei zusammengefügt aus Lattenwerk und ausgesägten phantastischen Menschen und Tierfiguren. Diese Raumillusion steigert Lenz noch auf originell-amüsante Weise: Durch Pflanzenranken, Blumen, Früchte, Vögel und Gegenstände, die in ‚Trompetl’oeil‘ (Augentäuschungs-Manier) gemalt sind, d.h. so naturalistisch, dass man glaubt, diese Dinge greifen zu können. Also Raumschmuck mit mehreren Illusionsschichten, eine wirklich verzauberte ‚Laube‘ mit Sitznischen für etwa 30 Personen.“

Das zu Beginn des 18. Jahrhunderts ausgebrochene große Fenster wurde geschlossen, um die Abendstimmung der Laube zu erhöhen.

Hexe

Rechts hinter dem Bürgersaal liegt die „Hexe“. Es ist ein fensterloses Gelass, dem man nachsagt, in früheren Zeiten einmal ein „Loch“, ein mittelalterliches Gefängnis für Schwerverbrecher gewesen zu sein, die durch ein Loch in der Decke hinuntergeseilt wurden. Das Tonnengewölbe und die Eingangswand dieses Raumes wurden verputzt und hell getüncht. Die aus Muschelkalkstein gemauerte Außenwand gegenüber dem Eingang zierten Hexlein, die der Bildhauer Erwin Misch aus Muschelkalkstein gehauen hatte. Die linke Längswand trug ein Eichenholzrelief, das der Bildhauer Ossi Müller mit einigen Besenreiterinnen schmückte. Luigi Malipiero malte das Hexenbild an der rechten Längswand.

Wappenzimmer

Rechts vom Eingangspodest gelangte man ins Wappenzimmer, die Erdgeschosshalle des Grafeneckartsturmes, welches mit Wappen von 20 Weindörfern rund um Würzburg geschmückt war. Diese Wappen krönten das Würzburger, das Fränkische und das Bayerische Wappen, auf dem ein lustiger Löwe sitzt. Die Wappen aus Lindenholz schnitzte der Bildhauer Lothar Forster und fasste sie farbig. Die schmiedeeisernen Arbeiten wie Lanzengarderobe, Lampenkonsolen und Treppenhandlauf stammten aus der Werkstätte Philipp Schrepfer. Das große Spitzbogenfenster des Grafeneckartsturmes schuf der Maler Curd Lessig.

Trachtenzimmer

Blick ins Trachtenzimmer
Glaswand des Kunstmalers Friedrich May im Alt-Würzburger Zimmer
Eingang zum Würzburger Ratskeller in der Langgasse
Theke in der Ratsbierstube
Jägerstube

Das Dekor schuf ebenfalls Curd Lessig. Vorlagen waren ihm Trachtengruppen im Mainfränkischen Museum, ferner Trachtenblätter von Margarete Geiger und Peter Geist. Die Wandbilder Lessigs bestanden aus vielen glasierten Keramikplatten. Sie waren in Fayencetechnik gefertigt und mit typischen gedämpften Fayencefarben gemalt. Das besonders Reizvolle an den Darstellungen Lessigs war, dass er große Figuren mit kleinen kombinierte und kleine Gegenstände wie Ornamente und Schmuck mehrfach vergrößert darstellte.

Lessig schuf auch das unauffällig und dezent wirkende Fenster, hergestellt von der Kunstglaserei Rothkegel.

Riemenschneiderzimmer

Der Name stammte von der gelungenen Kopie einer Riemenschneiderfigur, der heiligen Dorothea. Sie stand früher in der Marienkapelle und wurde Opfer des 16. März 1945. Der Bildhauer Ernst Singer schuf sie im Alter von 39 Jahren nach fotografischen Vorlagen aus Lindenholz neu.

An Meister Tilman Riemenschneider erinnerte auch ein Porträtkopf, der aus dem abstrakten Formenspiel eines Flachreliefs aus Eichenholz lächelnd hervorschaute. Es ist ebenso ein Werk des Bildhauers Lothar Forster wie die Walter-von-der-Vogelweide-Figur in einer der Durchblicköffnungen. Das Riemenschneiderzimmer diente früher nicht als Gastraum. Es war vielmehr als Büffetraum eingerichtet. Durch die günstige zentrale Lage der Theke zwischen Wein- und Bierbereich konnte dieser Raum zusätzlich als Gastzimmer eingerichtet werden. Unter diesem Zimmer liegt das Hexenloch.

Der Kunstmaler Friedrich May schuf als Motiv für das Fenster Haarstrukturen von Riemenschneider-Plastiken.

Alt-Würzburger Zimmer

Das Alt-Würzburger Zimmer lehnt sich nicht nur dem Namen nach an seinen Vorgänger an. Der Kunstmaler Friedrich May machte die einzig vorhandene große Wand des Raumes zum wesentlichen Bildträger: eine Glaswand. Bei Mays Glasmalerei handelt es sich um eine Collage aus alten Stichen vom Mittelalter bis zur Barockzeit. Das Fenster an der Außenwand zeigte einen Weinstock, der sich ähnlich einem alten Geschlechterbaum entfaltet und Figuren trägt. Bei Glaswand wie Fenster arbeitete Friedrich May eng mit den Glaswerkstätten der Gebrüder Rothkegel zusammen.

Die Mauernische des Alt-Würzburger Zimmers schmückte Goldschmiedemeister Josef Amberger mit den Kundschaftern des Alten Testaments, Josua und Kaleph. Sie wurden von Moses zur Zeit „der ersten Weintrauben“ ausgesandt, um das Land Kanaan zu erkunden. Am Bache Eskol schnitten sie eine Rebe mit einer einzigen Traube ab und schleppten sie auf einem Stecken zurück. Dieses Symbol der Fruchtbarkeit, getragen von Alter und Jugend, lässt sich auch in christlicher Deutung mit der Eucharistie in Verbindung bringen. Die 134 x 110 cm große Holztafel war beidseitig mit feuervergoldetem Kupferblech beschlagen, auf dem als Hauptfarben Grün (Traube), Hellrot und Blau (Röcke der Kundschafter) und Gelb (Hosen) standen.

Das Alt-Würzburger Zimmer schmückte eine Reihe von Bildtafeln, die Berufen gewidmet waren, welche mit der Gastronomie, zumindest mit dem, was den Gästen serviert wird, zu tun hatten. In der Form von alten Kalenderbildern malte der Maler und Grafiker Franz Reuchlein mit Tusche Bäcker, Metzger, Fischer, Winzer, Müller, Gärtner und andere Berufe.

Am Ausgang fiel der Blick linker Hand auf eine Bronzearbeit des Bildhauers Julius Bausenwein. Sie zeigte die aus Irland kommenden drei Frankenapostel Kilian, Kolonat und Totnan in einem Boot.

Ratskapelle

Die zweiflügelige Eingangstüre zur Ratskapelle schuf der Kunstmaler Josef Scheuplein. Die Spitzbogenfenster zur Langgasse hin sind maßwerklos, die auf der Gegenseite mit sehr engem Maßwerk. Alle sechs Fenster schuf der Kunstmaler Friedrich May in Glasmalerei, hergestellt in der Werkstätte Rothkegel. Die Glasmalereien der westlichen drei Fenster sind damals wie heute der Universität Würzburg, der Handwerkskammer und der Industrie- und Handelskammer gewidmet, die östlichen an der Langgasse den drei großen Würzburger Weingütern Bürgerspital, Juliusspital und Staatliche Hofkellerei.

Die drei runden Schlusssteine, die schöne hochgotische Rosette und die beiden kleinen Reliefs, wurden von dem Bildhauer Wolfgang Singer aus Sandstein geschaffen. Als Themen behandelte der Künstler „Christus als Weinstock“, die „Hochzeit zu Kana“ und der „Feuerhahn über Würzburg“. Dieser Stein ist ein „Gedenkstein“ an die Zerstörung der Stadt am 16. März 1945, der auch der alte Ratskeller zum Opfer fiel.

Eingang Langgasse

Das Wirtshausschild, welches aus der Kunstschlosserei Schnellenberger stammt und in der Werkstätte Rudolf Pracher vergoldet und bemalt wurde, zeigt den buntbemalten Gambrinus von Curd Lessig. Es hängt über einem Rokoko-Portal aus der Werkstatt von Lukas Anton van der Auwera, das sich früher an einem der zerstörten Neumann-Häuser in der Theaterstraße befand. Das Oberteil mit dem von reichen Rokokoornamenten geschmückten Stadtwappen und der Engel mussten von Bildhauer Ernst Singer nachgeschaffen werden. Durch das Portal gelangte man zunächst in einen Flur, in dessen linker gotischer Nische der Kunstmaler und Grafiker Franz Reuchlein in gotischen Lettern kurz die Historie von Kapelle und Kalterhaus nach dem Text von Prof. Dr. Max Hermann von Freeden, der den Bauleuten stets mit seinem Rat zur Seite stand, aufschrieb: „1359 wurde die gotische Ratskapelle St. Felix und Adauctus geweiht. Gegen 1400 ist sie umgebaut worden unter den Bürgermeistern Steren und Waibler, vom Kalterhaus des Rates. Nach Brand und Zerstörung 1945 fand hier, wie schon 1916, die Ratsbierstube 1973 wieder ihren Platz.“ Die Wand gegenüber schmückten zwei von Ludwig Gramberger kopierte Gemälde, die den Würzburger Bürgermeister und Geheimen Rat Schmidt aus dem Jahre 1694 nebst seiner Gattin, eine geborenen Reibelt, zeigten.

Das schmiedeeiserne Schwenkgitter, das Gitter in der Türe zur Ratsbierstube und die Türdrücker stammten aus der Kunstwerkstätte Philipp Schrepfer.

Ratsbierstube

Das Aussehen der Ratsbierstube im Neubau an der Langgasse wurde bestimmt von Balkenwerk und Holzverkleidung. Tische und Bestuhlung waren dem rustikalen Charakter des Raumes angepasst. Die Motive der Kunstglas-Oberlichter an der Langgasse gestaltete Curd Lessig und zeigten die alte Mainmühle, Mainfischer, ein altes Waschschiff und den Fischmarkt. Die Werkstätte Rothkegel hatte die Fenster nach Lessings Entwürfen hergestellt. In der schönsten Ecknische des Raumes stand eine Bronzeplastik mit der Darstellung des Würzburger Quintetts der „Räuberbande“ vom Bildhauer Otto Sonnleitner. Vier Bilder und zwei Lithografien aus längst vergangenen Studentenzeiten erinnerten daran, dass die Würzburger Bürger stets mit den Studenten der Universität verbunden waren.

An das Würzburger Kilianifest erinnerte eine Hinterglasmalerei der Würzburger Hobbymalerin Hilde Seufert und von der Keramikerin Anni Gudzent wurden zwei Würzburger Originale, die Marktbärbl und der Schorsch, verewigt.

Jägerstube

Der Ratsbierstube benachbart war die Jägerstube. Sie enthielt Erinnerungen an die alte Jägerei, wie eine Armbrust, gefertigt vom Büchsenmacher Fritz Steinerstauch, zwei Jagdbüchsen aus dem Mainfränkischen Museum, eine Saufeder aus der Zeit, da das Pulver noch nicht erfunden war, und einige Geweihe. Auch die Kopie einer alten Schützenscheibe der Königlich Priviligierten mit der Abbildung des alten Schützenhauses in der Schießhausstraße, gefertigt von Ludwig Gramberger, erinnerte an ein Stück Würzburger Schützengeschichte. Aber ansonsten war die Jägerstube ein kurioses Wolpertinger Kabinett. Die Oberlichter des Fensters schmückte Curd Lessig in Zusammenarbeit mit der Werkstätte Rothkegel mit dem Emblem der Würzburger Brauereien Bürgerbräu und Hofbräu.

Schiestl-Stube

Ein zweiter Nebenraum zur Ratsbierstube war die Schiestl-Stube, die heute noch ein Schmuckstück des Ratskellers darstellt.

Wappenhalle

Die Wappenhalle entstand durch den 1619 vollendeten Stuben- und Stiegenbau, in dessen kleinerem Teil über offener Halle, neues Bäulein oder Zwerchbeulein genannt, sich der Trausaal befindet. Der Rote Bau mit dem neuen Sitzungssaal wurde 1659/60 gebaut und schloss die Westfront des Grafeneckartsbaues ab. 1937 legte das Stadtbauamt die alte Wappenhalle frei und ließ den Rathaushof im einstigen Gewande wiedererstehen. Dass die Wappenreihe freigelegt und erhalten wurde, ist dem damaligen Stadtarchivar Dr. Heinrich Endres zu danken. Mit Hilfe der Ratsprotokolle, Siegelbücher und der Wappensammlung des Stadtarchivs löste er die ihm aufgegebenen Rätsel und legte die 24 Wappen frei. Insgesamt handelte es sich mit dem Wappen des Hochstiftes, dem Wappen des Bischofs und dem Wappen des Domdechanten um 27 Wappen. 24 Wappen erinnern an Mitglieder des Rates aus dem Jahre 1620.

Durch die Wiedereröffnung des Ratskellers kamen auch Wappenhalle und Innenhof wieder zur vollen Geltung. Den Wappenfries wie den darunter liegenden Wandschmuck schuf der Maler Curd Lessig.

Pächter des Würzburger Ratskellers

Würzburger Ratskeller mit Pächter Peter Vaitl (1934)
  • 1919 - 1940: Peter Vaitl [9]
  • bis 21. April 1942: V. Titzer (gekündigt) [10]
  • ab 1. Mai 1942 - April 1952: Max Josef Wiedemann (Konzession ab 1. Dezember 1942) [10] [11]
  • 1973 - 1977: Günther Maschke [12]
  • 1978 - 1980: Ulrich Erath [13]
  • 1981 - 1986: Hubert O. Messer [14] [15]
  • 1986 - 1993: Horst Handelt und Walter Stöcker [16] [17]
  • seit 1993: Kurt Schubert

Siehe auch

Quellen und Literatur

Einzelnachweise und Erläuterungen

  1. Hans-Peter Baum: Max Ringelmann. Oberbürgermeister 1913-1917. In: Ulrich Wagner (Hrsg.): Würzburger Bürgermeister 1862-1920. Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 3, Würzburg 1990, S. 205, ISBN: 3-87717-763-8 (Stadtbücherei Würzburg Dek 3 Wür)
  2. Daniel Gerken: Die Selbstverwaltung der Stadt Würzburg in der Weimarer Zeit und im „Dritten Reich“. Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg, Band 17, hrsg von Ulrich Wagner, Verlag Ferdinand Schöningh, Würzburg 2011, S. 164 f.
  3. Hans Steidle: Am Anfang war ein Mord. Das Würzburger Rathaus als Brennpunkt von Politik und Geschichte. Echter Verlag, Würzburg 2012, S. 158 f.
  4. Würzburger General-Anzeiger: „Das Ratskeller-Bierlokal wird errichtet“ (13. Mai 1926)
  5. Stadtarchiv Würzburg, Ratsprotokoll 388, Stadtratssitzung am 10. Mai 1928; Abschrift des neuen Pachtvertrags in: Stadtarchiv Würzburg, Ratsprotokoll 389, Stadtratssitzung am 13. September 1928.
  6. Main-Post: „Ratskeller eröffnet“ (23. September 1948): „Der Würzburger Ratskeller wird heute eröffnet. Laube, Halle und Hexe sind hübscher als je zuvor wieder erstanden. Wappen-, Bürger- und Barbarazimmer gehen ihrer Fertigstellung entgegen. Bis Weihnachten soll auch die alte Kapelle, das Schmuckkästchen des Ratskellers, in dem früher viele Hochzeiten gefeiert wurden, eröffnet werden. Wertvolle Gemälde, die vor der Zerstörung gerettet werden konnten, und geschmackvolle Wandampeln geben den Räumen einen typisch Würzburger Atmosphäre. Architekt Altenhöfer, der die Wiederherstellung des Grafen-Eckart leitet, ist es zu danken, daß mit dem Ratskeller ein Stück Alt-Würzburg erhalten blieb. Der Ratskeller wird von Max Wiedemann geleitet.“
  7. Main-Post: „Der Ratskeller wird nun gebaut“ (8. Mai 1969)
  8. Fränkisches Volksblatt vom 8. Oktober 1977
  9. Würzburger General-Anzeiger: „Ratskeller und Ratsbierstuben werden neu verpachtet! Der bisherige Pächter des Ratskellers, Peter Vaitl, ein ebenso rühriger wie tüchtiger und erfolgreicher Geschäftsmann, der seit der Eröffnung am 31. Januar 1918 den Ratskellerbetrieb vorbildlich führte, hat den Ratskeller und die Ratsbierstube auf eine stolze Höhe gebracht, die dem Ansehen der Stadt und dem Fremdenverkehr sehr förderlich war. Weite Kreise der Bevölkerung und vor allem die Fremden, die Würzburg besuchen, werden das Ausscheiden Vaitls deshalb sehr bedauern. Wie wir hören, wird Peter Vaitl - eine überall beliebte, charaktervolle Persönlichkeit - einen staatlichen Betrieb in München neben dem Hofbräuhaus übernehmen.“ (Juni 1939)
  10. 10,0 10,1 Ratsprotokoll der Ratssitzung vom 21. April 1942: „Der Oberbürgermeister gibt den Ratsherren bekannt, daß dem seitherigen Pächter V. Titzer gekündigt wurde und als neuer Pächter am 1. Mai 1942 der Gastwirt Max Josef Wiedemann, seither Pächter der Burggaststätten, aufziehen wird.“
  11. Ratsprotokoll der Ratssitzung vom 1. Dezember 1942: „Dem Max Josef Wiedemann wird gemäß § 1 Abs. 1 des Gaststättengesetzes die gewerbepolizeiliche Erlaubnis erteilt, im Anwesen Grafeneckart 1 die Schankwirtschaft Ratskeller und Ratsbierstube zu betreiben. Die Erlaubnis umfaßt die Befugnis zum Ausschank von Bier, Wein, Branntwein, Kaffee und nichtgeistigen Getränken aller Art sowie die Abgabe von kalten und warmen Speisen. Die Beherbergung von Fremden ist nicht gestattet. Bescheidgebühr 100,-- RM“
  12. Fränkisches Volksblatt: „Stadt zog Konsequenzen aus Affäre: Den Pachtvertrag fristlos gekündigt.“ (8. Oktober 1977)
  13. Fränkisches Volksblatt: „Pächter des ,Ratskellers’ kündigt seinen Vertrag“ (26. Juni 1980)
  14. Main-Post: „Vertrag perfekt: Der neue Pächter des Ratskellers kann im Januar anrücken“ (22. November 1980)
  15. Fränkisches Volksblatt: „Zum Jahresbeginn 1981: ,Wachablösung’ im Würzburger ,Ratskeller’“ (22. November 1980)
  16. Main-Post: „Neu-Eröffnung am 3. Oktober: Ratskeller soll wieder fest in Würzburger Hand“ (4. September 1986)
  17. Fränkisches Volksblatt: „Gestern offizieller Pächterwechsel: Mit Optimismus in eine neue Ratskeller-Zukunft“ (17. Oktober 1986)
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