Würzburg in der Zeit des NS-Regimes

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Die Zeit des Nationalsozialistischen Regimes begann in Würzburg mit dem erzwungenen Rücktritt des Oberbürgermeisters Hans Löffler am 23. März 1933. Der Nationalsozialist Theo Memmel übernahm das Amt. Gauleiter der NSDAP war bereits seit 1928 Otto Hellmuth. Das kulturelle Leben und Bildungswesen wurden unter nationalsozialistischer Führung „gleichgeschaltet“, die Bevölkerung mittels politischer Propaganda auf Kriegszeiten vorbereitet. Das totalitäre Regime ließ die jüdische Bevölkerung deportieren und Kritiker massiv verfolgen. Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs wurde die Stadt Würzburg bei einem Großangriff großflächig zerstört. Die NSDAP in Unterfranken wurde am 14. April 1945 offiziell aufgelöst.

► Zu den Kriegsjahren in Würzburg siehe auch Würzburg im Zweiten Weltkrieg.

Chronologie

Am Abend des 10. März 1933 verbrennen die Nationalsozialisten beschlagnahmtes Material auf dem Residenzplatz
Als der NSDAP-Gau Mainfranken am 27. Juni 1937 sein 10-jähriges Jubiläum feierte, hatte Adolf Hitler seinen letzten Auftritt in Würzburg. Im offenen Mercedes fuhr er durch die Stadt; danach hielt er auf dem Residenzplatz eine Rede.

Einige Fakten zu Würzburg im Dritten Reich in chronologischer Folge:

  • 3. September 1928: Otto Hellmuth wird zum Gauleiter der NSDAP in Unterfranken ernannt.
  • 19. November 1930: Habima-Skandal
  • 5. März 1933: Reichstagswahl. Die NSDAP erhält in Würzburg 31,46% der Stimmen (Reichsdurchschnitt 43.9%).
  • 10. März 1933: Bücherverbrennung auf dem Residenzplatz[1]
  • 11. März 1933: Jüdische Geschäfte und das CC-Varieté müssen eintägig geschlossen bleiben.
  • 1. April 1933: Boykottmaßnahmen gegen jüdische Geschäfte, Praxen, Kanzleien etc.
  • 23. März 1933: Erzwungener Rücktritt des Oberbürgermeisters Hans Löffler, Nachfolger wird Theo Memmel.
  • 2. Mai 1933: Adolf Hitler und Paul von Hindenburg werden zu Würzburger Ehrenbürgern.
  • 10. Mai 1933: Bücherverbrennung auf dem Residenzplatz[2] [3]
  • 1934: Erstmals erscheint die Mainfränkische Zeitung als Propaganda-Organ der Nationalsozialisten.
  • 1934: Baubeginn der Hindenburg-Kaserne.
  • 1935: Baubeginn der Ritter-von-Horn-Kaserne und Einrichtung eines Fliegerhorsts am Galgenberg.
  • 27. Juni 1937: Der NSDAP-Gau Mainfranken feiert sein 10-jähriges Bestehen.
  • 10. November 1938: Pogrom-Nacht in Würzburg: Nationalsozialisten zerstören jüdische Geschäfte und die Inneneinrichtung der Würzburger Synagoge. In der Heidingsfelder Synagoge wird ein Brand gelegt. Vier Menschen sterben bei dem Pogrom.
  • 1938: Dem Mädchengymnasium der Englischen Fräulein und der höheren Mädchenschule der Armen Schulschwestern in Heidingsfeld wird die Unterrichtserlaubnis entzogen. Das gesamte Mädchenschulwesen wird in städtische Hand überführt. Konfessionsvolksschulen werden in Gemeinschaftsvolksschulen umgewandelt.
  • 1941: Die lokale Tageszeitung „Würzburger General-Anzeiger“ wird verboten.
  • 27. November 1941: Erste Deportation von 202 jüdischen Einwohnern nach Riga.
  • 21. Februar 1942: Erster Luftangriff auf Würzburg.
  • 16. März 1945: Großangriff auf Würzburg. Auch Heidingsfeld wird schwer getroffen.
  • 5. April 1945: Gustav Pinkenburg wird als erster Nachkriegsbürgermeister eingesetzt.
  • 6. April 1945: Das Komplette Stadtgebiet Würzburgs ist von den amerikanischen Truppen eingenommen.
  • 14. April 1945: Die NSDAP in Unterfranken wird offiziell aufgelöst.

Machtübernahme im Rathaus

Am 23. März 1933 wurde der bisherige Oberbürgermeister Hans Löffler zum Rücktritt gezwungen. Der Reichsstatthalter setzte den Kreisleiter der NSDAP, Studienrat Theo Memmel, zunächst als kommissarischen Bürgermeister ein. Seiner Ernennung zum Oberbürgermeister stimmte der Stadtrat - welchem zu diesem Zeitpunkt neben Nationalsozialisten noch Vertreter der BVP und der SPD angehörten - am 27. April einstimmig zu. Ein Erlass zwang am 20. Juni 1933 die SPD-Stadträte, ihr Mandat niederzulegen. Kurze Zeit später traf das auch für die BVP-Stadträte zu. Am 30. August 1933 veröffentlichte der Würzburger General-Anzeiger die Liste des nunmehr rein nationalsozialitischen Stadtrats. Er bestand aus 26 statt ehemals 40 Personen und war rein mit Männern besetzt. Angemerkt wird zu der Plenarsitzung auch: „Mit Ausnahme der Stadträte Bergdolt und Kreisel erschienen die Stadträte in SA-Uniform, St.R.Jungkunz als einziger in SS-Uniform.“ [4]

Häuser und Einrichtungen der NSDAP

Einrichtungen und Ämter der NSDAP sowie die von ihnen genutzten Gebäude (Straßennamen entsprechen der heutigen Benennung):

Militärische Einrichtungen

Verfolgung von Juden und Regimekritikern

  • Habima-Skandal
  • Pogrom-Nacht in Würzburg
  • Mehrere Judendeportation wurden zwischen 1941 und 1943 durchgeführt. Betroffen waren 2063 Juden, die mehrheitlich in das Konzentrationslager Theresienstadt gebracht wurden. In Würzburg mussten sie sich vor dem Abtransport am Platz'schen Garten bzw. an der Schrannenhalle versammeln. Am Platz'schen Garten erinnert daran heute das Deportations-Denkmal, an der Spiegelstraße eine Gedenktafel.
  • An Opfer des NS-Regimes erinnern in Würzburgs Straßen zahlreiche Stolpersteine
  • KZ-Häftlinge, ums Leben gebrachte Opfer der NS-Lager:
    • Georg Häfner (* 19. Oktober 1900 in Würzburg; † 20. August 1942 im KZ Dachau), Priester aus dem Bistum Würzburg
    • Leopold Obermayer ( (* 10. Mai 1892 in Würzburg; † 22. Februar 1943 im KZ Mauthausen; Jurist, Schweizer Staatsbürger als Jude und Homosexueller verfolgt. Haft zunächst im KZ Dachau)
  • Zeitzeugen der Zeit des NS-Regimes in Wü. (Zeitzeugen geben Auskunft über selbst erlebtes oder die Wahrnehmung nur von fern erlebter geschichtlicher Ereignisse)
    • Leonhard Frank (* 4. September 1882 in Würzburg; † 18. August 1961 in München), ging ins Exil, Schriftsteller. (ein literarischer Zeitzeuge)
    • Vergleiche dazu die Publikationen von Roland Flade

Literatur

Übersichtsliteratur
Weitere Literatur (unvollständig)
  • Daniel Gerken und Ulrich Wagner (Hrsg.): Die Selbstverwaltung der Stadt Würzburg in der Weimarer Zeit und im „Dritten Reich“. Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 17. Schöningh, Würzburg 2011. ISBN: 978-3-87717-835-5 (Onlinefassung als pdf)
  • Roland Flade: Dieselben Augen, dieselbe Seele. Theresia Winterstein und die Verfolgung einer Würzburger Sinti-Familie im „Dritten Reich“. Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 14. Schöningh, Würzburg 2008. ISBN: 3-87717-796-9
  • Stadthistorische Streiflichter, Schlaglicht 32 über das Ende des NS-Regimes
  • Wie war das bei uns 1933-45. Im Banne des Hakenkreuzes, CSU-Kreistagsfraktion, Würzburg 1985, ca. 70 S.
  • Lars Buschbom: Untersuchung über die Mitgliederentwicklung in der NSDAP im Raum Würzburg, Facharbeit Würzburg 1990
  • Rotraud Ries und Elmar Schwinger (Hrsg.): Deportationen und Erinnerungsprozesse in Unterfranken und an den Zielorten der Transporte. Schriften des Johanna-Stahl-Zentrums für jüdische Geschichte und Kultur in Unterfranken, Band 1, Ergon-Verlag GmbH, Würzburg 2015, ISBN: 978-3-95650-066-4
  • Herbert Schultheis: Juden in Mainfranken 1933-1945 unter besonderer Berücksichti­gung der Deportationen Würzburger Juden. (Bad Neustädter Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde Frankens. Bd. 1). Verlag Max Rötter, Bad Neustadt a. d. Saale 1980.
  • Herbert Schultheis (Hrsg.): Die Reichskristallnacht in Deutschland nach Augenzeugen­berichten. (Bad Neustädter Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde Frankens. Bd. 3). Rötter Druck und Verlag GmbH, Bad Neustadt a. d. Saale 1986.
  • Herbert Schultheis: Würzburger katholische Theologen und die Juden. Rötter Druck und Verlag GmbH, Bad Neustadt a. d. Saale 1988.
  • Herbert Schultheis / Isaac E. Wahler: Bilder und Akten der Gestapo Würzburg über die Judendeportationen 1941-1943 (Bad Neustädter Beiträge zur Geschichte und Hei­matkunde Frankens. Bd. 5). Rötter Druck und Verlag GmbH, Bad Neustadt a. d. Saale 1988.
  • Herbert Schultheis: Honorige Brandstifter. S. 18-26, in: Kristallnacht in Bayern. Ju­denpogrom am 9. November 1938. Eine Dokumentation. Hrsg. von Friedrich Kraft (Sonn­tagsblatt-Taschenbuch). Claudius Verlag, München 1988.
  • Deutschland – schwarz-weiß, farbig, klangvoll. Band 2: Israel Schwierz / Herbert Schultheis: Auf den Spuren jüdischer Geschichte in Würzburg. Ein Stadtrundgang; Herbert Schultheis: Der siebenarmige Leuchter im St. Kiliansdom. Herbert Schultheis: Juden in der Diözese Würzburg 1933-1945. Inhalt: 2 CD's Hörbuch mit computeranimierter Stimme, 1 Daten-CD (pdf-Datei). Ergänzend liegt dieser CD-Ausgabe die 32-seitige Broschüre Juden in der Diözese Würzburg 1933-1945 bei.
  • Georg Häfner 1900-1942. Eine historische Dokumentation des Diözesanarchivs Würz­burg. Mit einem Geleitwort von Weihbischof Ulrich Boom, Echter Verlag, Würzburg 2011.

Weblinks

Einzelnachweise und Erklärungen

  1. SA- und SS-Formationen besetzten am 10. März 1933 die Betriebsgebäude des Fränkischen Volksblattes, Organ der Bayerischen Volkspartei, und des „Fränkischen Volksfreundes“, Organ der Sozialdemokraten. Auf der Festung Marienberg hissten sie die Hakenkreuzfahne; auf dem Residenzplatz verbrannten sie sozialistisches Propagandamaterial.
  2. Am 10. Mai 1933 fand auf dem Residenzplatz die feierliche Verbrennung beschlagnahmter Bücher „in Anwesenheit der Professorenschaft und der gesamten Studentenschaft„ statt. An den Verbrennungsakt von mindestens 280 Büchern schloss sich ein Fackelzug durch die Stadt an. Am 13. Mai ging sämtlichen Würzburger Büchereien die „schwarze Liste“ mit der Mitteilung zu, dass die aufgeführten Bücher weder ausgeliehen noch aufbewahrt werden durften.
  3. Würzburger General-Anzeiger: „Der Scheiterhaufen für undeutsches Schriftentum.“ (11. Mai 1933)
  4. Fries, Pagel, Roedig, Scheidenberger (Hrsg.): Würzburg im Dritten Reich. Ausstellungskatalog, Würzburg 1983, ISBN: 3-88479-114-1. S. 28
  5. Bezeichnung für die Parteizentrale der NSDAP
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