Otto Hellmuth

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Otto Hellmuth
Gauleiter Otto Hellmuth, 1939 (© United States Holocaust Memorial Museum)

Dr. Otto Hellmuth (* 22. Juli 1896 in Markt Einersheim/im ehemaligen Landkreis Scheinfeld; † 19. April oder 20. April 1968 in Reutlingen) war Zahnarzt, Gauleiter der NSDAP und im nationalsozialistischen Deutschen Reich Regierungspräsident von Mainfranken.

Leben und Wirken

Otto Hellmuth wurde am 22. Juli 1886 in Markt Einersheim als Sohn eines Oberbahnmeisters (Bahnhofvorstehers) geboren. Die Familie lebte in dem evangelisch geprägten Dorf streng katholische. Er besuchte die Oberrealschule und meldete sich 1914 als Kriegsfreiwilliger. Viermal verwundet, wurde er 1918 wegen Gasvergiftung aus der Reichswehr entlassen und begann nach Kriegsende 1919 das Studium der Zahnmedizin in Freiburg im Breisgau und Würzburg, das er 1922 mit seiner Promotion als Doktor der Zahnmedizin abschloss. Anschließend betrieb er eine zahnärztliche Praxis in Marktbreit, wo er ab 1924 in den Stadtrat gewählt wurde. Bereits im Jahre 1919 betätigte sich Hellmuth auch politisch, kämpfte im Kreiswehrregiment „Würzburg“ gegen die Würzburger Räterepublik und gründete 1923 den Völkischen Kampfbund „Frankenland“, der später in die SA integriert wurde. Am 3. Dezember 1925 trat Hellmuth der NSDAP mit der Mitglieds-Nr. 22 815 bei. Da er sich unter den ersten 100 000 Nationalsozialisten befand, trug Hellmuth das Goldene Parteiabzeichen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Aktivist Hellmuth offenbar keinerlei Erfahrungen mit geregelter politischer Arbeit.

Gauleiter und Regierungspräsident

In seiner neuen Partei machte er jedoch schnell Karriere. Schon am 21. Juni 1928 zog er für die NSDAP in den bayrischen Landtag ein. Seine eigentliche Karriere begann am 3. September 1928 mit seiner Ernennung zum Gauleiter der NSDAP in Unterfranken, das später auf seine Veranlassung in Mainfranken umbenannt wurde. Am 19. November 1930 initiierte Hellmuth eine Protestkundgebung gegen die im Würzburger Stadttheater vorgesehene Aufführung des Stückes „Dybuk“ von Salomon An-Ski durch das jüdische Moskauer Staatstheater „Habima“.

Kurz nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten zog Hellmuth als Abgeordneter in den nunmehr parlamentarisch bedeutungslosen nationalsozialistischen Reichstag ein. Zu seinen bisherigen Rängen und Titeln als Gauleiter, SA-Standartenführer und NSKK-Obergruppenführer kam am 1. Juli 1934 noch der des Regierungspräsidenten von Unterfranken und Aschaffenburg bzw. (nach Umbenennung des Regierungsbezirks am 1. Juli 1937) Mainfranken. Schon drei Wochen vor der ersten großen reichsweiten Boykottaktion gegen Juden erzwang Hellmuth am 11. März 1933 in Würzburg die zeitweise Schließung jüdischer Geschäfte, Kanzleien und Praxen.

Von einem ausgeprägten Selbstwertgefühl zeugt auch sein Anspruch auf eine angemessene Privatresidenz. Hierbei zeigte Hellmuth keine Skrupel, als er sich zu diesem Zweck auf dubiose Weise in den Besitz der Villa des jüdischen Apothekers Max Mandelbaum brachte. Die Familie Mandelbaum entschloss sich zur Emigration und wollte die in der Ludendorffstraße (heute Rottendorfer Straße) 26 in Würzburg gelegene Villa 1938 noch vor der „Reichspogromnacht“ zu verkaufen. Von dem bereits vorhandenen Kaufvertrag, der zur Beurkundung bei einem Notar vorlag, erhielt Hellmuth in seiner Eigenschaft als Regierungspräsident Kenntnis und drängte die Stadt Würzburg zur Ausübung ihres Vorkaufsrechtes. Die Stadt kaufte schließlich das Villengrundstück für 100.000 RM, einen Drittel des Wertes, und veräußerte die Liegenschaft sogleich für 80.000 RM an den Gauleiter. Dieser konnte jedoch nur 20.000 RM aufbringen, so dass die Restsumme zu vier Prozent Zins als unkündbare Hypothek gestundet wurde. Ob die Stadt Würzburg jemals zu ihrem Geld gekommen ist, ist nicht bekannt.

1942 wurde Hellmuth wie alle Gauleiter auch Reichsverteidigungskommissar. In dieser Eigenschaft ließ er sich in unmittelbarer Nähe seiner Villa „Am letzten Hieb“ einen Hochbunker als „Befehlstelle“ errichten, der ihm mit seiner Familie sowie weiteren Getreuen zur Verfügung stand. Dort liefen während des Krieges die Luftlagemeldungen und Warnübungen von herannahenden feindlichen Fliegerverbänden zusammen.

Nachkriegszeit und Ende

Hellmuth geriet als Volkssturmführer 1945 in amerikanische Gefangenschaft, es gelang ihm allerdings zu fliehen. Nach zwei Jahren im Verborgenen, in denen er als Landarbeiter im Raum Kassel lebte und später unter dem Namen Hans Oster in einer Zahnarztpraxis in Bassum tätig war, wurde er von der britischen Militärpolizei in der zwischen Bremen und Osnabrück gelegenen kleinen Ortschaft festgenommen. In Dachau wurde er vom Obersten US-Militärgerichtshof in einem der Fliegerprozesse angeklagt, für die Erschießung von notgelandeten alliierten Fliegern im September 1944 mitverantwortlich zu sein.

Auf Bitten von Hellmuths gut katholischer Schwester Hedwig, die den Würzburger Bischof Matthias Ehrenfried kannte, wandte sich dieser mit einem Gnadengesuch vom 23. Oktober 1947 für den am 10. Oktober 1947 durch den General Military Court in Dachau zum Tod durch den Strang verurteilten Hellmuth an den Obersten US-Militärgerichtshof. Gerade der Würzburger Bischof hatte unter den kirchenfeindlichen Ausfällen des früheren Gauleiters zu leiden gehabt, die in mehreren Stürmen 1934 und 1938 auf das Bischöfliche Palais gipfelten. 1951 wurde die Todesstrafe zunächst in „lebenslänglich“, dann in 20jährige Zuchthausstrafe umgewandelt. Hellmuth saß bis Juni 1955 im Gefängnis Landsberg. Nach seiner Entlassung ging er nach Kassel, wo er 1956 nicht zurückschreckte, eine Heimkehrentschädigung in Höhe von 5.160,-- DM zu beantragen. Nach fünf Jahren Klagen durch alle Instanzen wurde Hellmuth tatsächlich dieser Betrag zugesprochen. Vom Entrüstungssturm in seinem ehemaligen Gau und den Protesten des „Verbandes der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands“ zeigte er sich unbeeindruckt.

Bereits während seiner Gefängniszeit in Landsberg am Lech unternahm Hellmuth 1947 einen gescheiterten Selbstmordversuch. Zuvor hatte er mit seinem eigenen Blut „Heil Hitler“ an die Wand seiner Zelle geschrieben. Dasselbe wiederholte er am 20. April 1968, dem Jahrestag von Hitlers Geburtstag. Hellmuth starb von eigener Hand im Alter von 72 Jahren in Reutlingen, wo er seinen Lebensabend verbracht hatte. Er wurde am 20. April tot in seiner Wohnung aufgefunden. Beigesetzt wurde seine Urne im Familiengrab in Marktbreit.

„Dr.-Hellmuth-Plan“

Überregionale Bedeutung vor allem durch die damalige Fachpresse erlangte der „Dr.-Hellmuth-Plan zur Neuordnung des Gaues Mainfranken“. Dieser seit 1935 von der Landesplanungsgemeinschaft Bayern – Bezirksstelle Würzburg – ausgearbeitete und seit etwa 1938 durchgeführte Plan sollte zu einer strukturellen Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten in den ländlichen Regionen Mainfrankens führen, die vor allem durch die fränkische Realteilung wirtschaftlich teilweise sehr schwach waren. Hellmuths Leitwort hierfür lautete: „Aus Notstandsgebieten Wohlstandsgebiete gestalten“. Dies galt vorrangig für die Rhön, die als ein solches Notstandsgebiet definiert wurde, da die überwiegend im Nebenerwerb betriebenen landwirtschaftlichen Betriebe besonders nach der Weltwirtschaftskrise überschuldet waren. Mit der geplanten Verbesserung der Infrastruktur und den landwirtschaftlichen Nutzungsbedingungen durch Anlegung eines umfassenden Wegenetzes (unter anderen der Hochrhönstraße), Drainage und Entsteinung, Aufforstung sowie eine Flächenumlegung gingen auch rassenpolitische Maßnahmen einher wie erbbiologische Bestandsaufnahmen und die Auslese der nicht Fortpflanzungswürdigen in Anwendung des Gesetzes über die Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933, das eine auch zwangsweise Sterilisation von Trägern vermeintlich erblicher Krankheiten vorsah. Nur der „rassisch wertvolle“ Bevölkerungsteil sollte zur Bodenbebauung und Fortpflanzung auf den geplanten 17 Erbhöfen in Betracht kommen. Hierzu führte der Leiter des Rassenpolitisches Amt der NSDAP des Gaues Mainfranken Ludwig Schmidt-Kehl („Rassen-Schmidt“) aus:

„Sentimental ist der Nationalsozialismus nicht, er verzettelt seine Kraft nicht in Aufgaben, die sich völkisch nicht lohnen. Mögen noch so interessante wirtschaftliche Probleme zur Maßnahme locken, der Nationalsozialismus wird sie nicht aufgreifen, wenn sie nicht einem Volksteil zugute kommen, der sie durch gesteigertes Leben dankt; den Wohlfahrtsgedanken demokratischer Prägung hat unser Staat aufgegeben. […]
Wissend, dass Erbgut das Wesen des Menschen bestimmt, tritt der Politiker heute an den Erbbiologen heran mit der Frage: aus welchem Holz ist der Rhöner geschnitzt. […]
Im Vordergrund muss also die Erforschung der menschlichen Tüchtigkeit der Bewohner stehen, und hier galt es nach nationalsozialistischen Grundsätzen, über die Untersuchung des Einzelwesens hinauszugehen und nicht mehr und nicht weniger zu erforschen als den Erbwert der gegenwärtig lebenden und in der Zukunft zu erwartenden Bevölkerung. Im Gau Mainfranken ist erstmals an die Verwirklichung dieser Forderung herangegangen worden, um hieb- und stichfeste Grundlagen für das Menschenproblem in der Rhön zu schaffen.“ [1]

Ausgeführt wurden bis zur kriegsbedingten Einstellung 1944 die Arbeiten in erster Linie vom Reichsarbeitsdienst (RAD). Die Rhön wies demgemäß eine der größten Dichte von RAD-Lagern reichsweit auf. Es wurde auch ein Lager an der Hochrhönstraße im Bereich des Schwarzen Moors nach dem Gauleiter benannt. Von den geplanten Höfen wurde nur der Rhönhof bei Hausen fertiggestellt und im April 1938 mit politischer Prominenz eingeweiht. [2]

Ehrungen und Auszeichnungen

Der begeisterte Nationalsozialist erhielt 1941 das Kriegsverdienstkreuz für „zielbewusste Ausrichtung der kriegswichtigen Angelegenheiten in seinem Regierungsbezirk“, kurz darauf das Goldene Parteiabzeichen durch Hitler.

Quellen und Literatur

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Ludwig Schmidt-Kehl: Der Mensch in der Rhön. In: Raumforschung und Raumordnung. Bd. 2, Nr. 1, 1938, S. 73–74
  2. Darstellung des „Dr.-Hellmuth-Plans“ im Rhönlexikon
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