Vermessung von Stadt und Landkreis Würzburg
Dies ist die bestätigte sowie die neueste Version dieser Seite.
Die „Vermessung“ von Grundstücken und Gebäuden ist seit langem eine wichtige Aufgabe, um Eigentumsverhältnisse klar festzulegen.
Positionsbestimmung mit Satelliten
Heute werden Positionen auf der Erde durch Globale Navigationssatellitensysteme (GNSS) bestimmt. In Deutschland stellt der Satellitenpositionierungsdienst SAPOS für jedermann den aktuellen amtlichen Raumbezug mit moderner Technik auf der Grundlage der Satellitensysteme GPS, GLONASS und Galileo bereit. Dies ist als infrastrukturelle Grundversorgung ein Teil des gesetzlichen Auftrags der deutschen Landesvermessung. Grundlage von SAPOS in Bayern ist ein Netz von permanenten GNSS-Referenzstationen, das differenzielle GNSS-Messungen höchster Genauigkeit (bis zu 1 cm) ermöglicht. SAPOS stellt Korrekturdaten im amtlichen dreidimensionalen Bezugssystem zur Verfügung. [1] Stadt und Landkreis Würzburg werden von den SAPOS-Referenzstationen Lohr, Schweinfurt und Kitzingen abgedeckt. In Würzburg befindet sich ein Geodätischer Referenzpunkt, der die Überprüfung von GNSS-Geräten wie Smartphones erlaubt. [2] Zusätzlich gibt es ein Netz von hochgenauen Lage- und Höhenfestpunkten, die auch im BayernAtlas eingetragen sind. [3]
Geschichte
Die Vermessung von Bayern hat eine lange Geschichte und Entwicklung durchlaufen. Die Anfänge gehen auf Napoleon Bonaparte zurück, der 1800 eine topographische Karte von Bayern forderte, um seine militärischen Unternehmungen besser planen zu können. Nach Gründung des Königreichs Bayern 1806 gewann die Vermessung Bayerns an Bedeutung, da die Grundsteuer einen wesentlichen Teil der Staatseinnahmen bildete. Die Erfassung aller Grundstücke in Bayern ist heute als „Urkataster“ oder „Uraufnahme“ im BayernAtlas zu finden.
Vermessung durch Triangulierung
Das Prinzip beruht auf der genauen Messung der Winkel zwischen den Punkten eines Dreiecknetzes. Bei einer bekannten Länge im Netz können mithilfe der Trigonometrie dann alle Seitenlängen im Dreiecknetz berechnet werden. Für die genaue Auswertung sind dann die Kugelgestalt der Erde und auch die Abflachung als Ellipsoid zu berücksichtigen.
19. Jahrhundert
Die Messungen von der Pyramide auf dem Nikolausberg in Würzburg aus wurden in den Jahren 1821 und 1822 von Mader durchgeführt. Es wurden acht Signalpunkte anvisiert und von diesen auch umgekehrt Würzburg beobachtet, um die Konsistenz der Daten sicherzustellen und die Genauigkeit zu erhöhen. Als Längenreferenz diente die fränkische Grundlinie zwischen Nürnberg und Bruck. Die erste Auswertung wurde 1831 veröffentlicht. Die ausführliche Analyse mit Ellipsoidkorrekturen stammt aus dem Jahr 1873 und stimmt mit den heutigen Daten aus dem BayernAtlas besser als 5 m überein. [4]
Liste der von Würzburg aus beobachteten Punkte des bayerischen Hauptdreiecknetzes. Die Höhen und Entfernungen sind dem BayernAltas entnommen.
Ort | Typ | Höhe (m) | Entfernung (km) | BayernAtlas |
Würzburg (Nikolausberg) | Pyramide | 360 | 0.0 | Uraufnahme |
Breitsöl (Rohrbrunner Forst) | Pyramide | 586 | 37.01 | Uraufnahme |
Sodenberg (Hammelburg) | Signalstein | 447 | 36.91 | Uraufnahme |
Kreuzberg (Rhön) | Signalstein | 928 | 65.74 | Uraufnahme |
Hoppachshof (Üchtelhausen) | Signalstein | 416 | 46.42 | Uraufnahme |
Murleinsnest (Bürgerwald, Gerolzhofen) | Pyramide | 460 | 38.82 | Uraufnahme |
Hoheleite (Windelsbach) | Pyramide | 515 | 46.62 | Uraufnahme |
Röttingen | Pyramide | 419 | 33.55 | Uraufnahme |
Kühlsheim (Landturm Wolferstetten) | Pyramide | 420 | 31.01 | Baden |
Karte der von Würzburg aus beobachteten Punkte des bayerischen Hauptdreicknetzes.
20. Jahrhundert
Die Vermessung Bayerns aus dem 19. Jahrhundert genügte Anfang des 20. Jahrhunderts den gestiegenen Anforderungen nicht mehr. Insbesondere fehlte der Anschluss an die neueren, genaueren Daten aus Preussen und Sachsen. Da die alten Signalpunkte -- insbesondere die Holzpyramiden -- nicht mehr vorhanden waren, mussten neue Messungen durchgeführt werden. Zweckmässigerweise wurden die ursprünglichen Punkte soweit möglich beibehalten. In Würzburg wurde statt der mittlerweile eingestürzten Pyramide [5] auf dem Nikolausberg die Turmspitze der 1894 errichteten Frankenwarte verwendet.
Höhennivellierung
Nach der Vermessung der Längen und Breiten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden ab 1870 auch die Höhen vermessen. Ziel waren die genauere Bestimmung der ellipsoiden Gestalt der Erde sowie der Vergleich der Meeresspiegel von Nord-, Ostsee und Mittelmeer. [6] Von praktischer Bedeutung war jedoch eine genaue Höhenbestimmung für die Verkehrswege Straße, Schiene und Wasser. Bei der Auswahl der Fixpunkte berücksichtigte man die Beständigkeit der Marken und wählte vorrangig Bauwerke in staatlichem Besitz aus. Da für die Höhenbestimmung nicht über große Strecken anvisiert werden konnte (mittlerer Abstand 1,5 km), wurden vor allem Bahnstrecken herangezogen. Diese hatten damals gegenüber Straßen den Vorteil, dass sie keine engen Kurven und keine großen Steigungen aufwiesen.
Die Höhenmarke mit Messingbolzen des Fixpunkts Nr. 262 an der Hofkirche der Residenz ist heute noch vorhanden und im BayernAtlas eingetragen. [7]
Liste der Fixpunkte und Höhen [8] des bayerischen Präzisionsnivellements-Netzes von 1893 in Stadt und Landkreis Würzburg sortiert nach Streckenkilometern. Für die Bahnstrecken Ochsenfurt-Würzburg und Würzburg-Aschaffenburg sind die Streckenkilometer ab München angegeben. Es sind 136,6 bzw. 277,0 km abzuziehen, um zur heutigen Kilometrierung zu gelangen. Für diese beiden Strecken sind die Bauwerke aller Fixpunkte auch in den Übersichtsplänen der k. bayerischen Staatseisenbahn von 1878 verzeichnet. [9] Für die Bahnstrecke Würzburg-Bamberg laufen die Streckenkilometer ab Bamberg und von Rottendorf an ab Nürnberg. Die Fixpunkte mit Messingbolzen sind durch fettgedruckte Nummern hervorgehoben.
Nr. | km | Höhe (m) | Beschreibung |
259 | 175.7091 | Einlauf des städtischen Kanals am östlichen Ende des Juliusspitals in Würzburg | |
260 | 173.6336 | Denkmal des Fürstbischofs Echter von Mespelbrunn in Würzburg, unterster Sockelabsatz, Durchschnittshöhe der 4 Ecken | |
261 | 180.3438 | Nordwestliche Arkaden am Residenzplatz in Würzburg, letzter Bogen neben dem nördlichen Obelisk, Sockeloberfläche | |
262 | 182.5924 | K. Residenz in Würzburg, westliche Ecke, neben dem Eingang zur Schlosskapelle | |
263 | 180.7456 | Südwestliche Arkaden am gleichen Ort, neben dem südlichen Obelisk, Sockel | |
241 | 76.030 | 271.1010 | Gewölbte Bahnbrücke über den Riether Bach, nordwestl. Stirn, südwestl. Ecke |
242 | 77.300 | 271.5007 | Stationshaus in Bergtheim, linkseitige Treppenwange |
243 | 77.300 | 272.9260 | Stationshaus in Bergtheim, Perronseite, links neben dem Eingang |
244 | 79.470 | 267.3466 | Gewölbte Bahnbrücke bei Ober-Pleichfeld, westliche Stirn, südlicher Brüstungsstein |
245 | 81.135 | 274.3473 | Gewölbter Bahndurchlass, westliche Stirn, nördliche Deckplatte |
246 | 82.700 | 280.7619 | Wage in der Station Seligenstadt, Umfassungsmauer, nördliche Langseite |
247 | 83.865 | 278.9416 | Gedeckter Bahndurchlass bei Seligenstadt, westliche Stirn, südliche Deckplatte |
248 | 84.770 | 277.1743 | Gewölbter Bahndurchlass, nordwestliche Stirn, nordöstliche Deckplatte |
249 | 87.815 | 266.6361 | Gewölbter Bahndurchlass, südöstliche Stirn, nordöstliche Eckdeckplatte |
250 | 88.795 | 261.1839 | Warnungstafel östlich der Bahn, an der Ueberfahrt bei Rothhof, Sockel |
251 | 94.200 | 247.1141 | Wage in der Station Rottendorf, Umfassungsmauer, nordwestliche Ecke |
252 | 95.405 | 237.6603 | Gewölbte Bahnbrücke, südliche Stirn, östlicher Eckgesimsstein |
253 | 97.475 | 220.2442 | Gew. Wegbrücke f. d. Chaussee Kitzingen-Würzburg, n.-ö. Widerlgr., nordw . Ecke |
254 | 98.422 | 212.1420 | Gedeckter Bahndurchlass, südliche Stirn, westliche Eckdeckplatte |
301 | 255.600 | 194.5374 | Stationsgebäude in Ochsenfurt, Perronseite, westliche Ecklisene |
300 | 255.600 | 192.9432 | Stationsgebäude in Ochsenfurt, Treppenstufe unter der Höhenmarke |
299 | 258.345 | 180.4489 | Gedeckter Bahndurchlass, nordöstliche Stirn, südöstliche Flügeldeckplatte |
298 | 259.900 | 183.7634 | Haltstellhaus in Gossmannsdorf, Bahnseite, links neben der Wartsaalthür |
297 | 259.900 | 181.9430 | Haltstellhaus in Gossmannsdorf, Treppenstufe unter der Höhenmarke |
296 | 261.523 | 184.8637 | Offener Bahndurchlass, südliches Widerlager, östlicher Flügel |
295 | 262.800 | 190.5415 | Stationshaus in Winterhausen, Perronseite, links neben der Wartsaalthür |
294 | 262.800 | 188.7617 | Stationshaus in Winterhausen, links unterhalb der Höhenmarke |
293 | 265.380 | 179.8403 | Offener Bahndurchlass, südliches Widerlager, nordöstliche Eckdeckplatte |
292 | 267.160 | 179.8727 | Gedeckter Bahndurchlass, östliche Stirn, südlicher Flügel, Deckstein |
291 | 268.965 | 182.6153 | Gewölbter Bahndurchlass, nordöstliche Stirn, Deckplatte |
290 | 270.500 | 186.4427 | Stationshaus in Heidingsfeld, Perronseite, Ecklisene des Mittelbaues |
289 | 270.500 | 184.7620 | Stationshaus in Heidingsfeld, Treppenstufe links unter der Höhenmarke |
288 | 272.065 | 180.9422 | Gewölbte Bahnbrücke mit 1 Oeffnung bei Heidingsfeld, südöstl. Stirn, Deckplatte |
287 | 273.745 | 194.1169 | Gewölbte Bahnbrücke, östliche Stirn, Brüstungsstein |
257 | 274.860 | 194.4262 | Gewölbte Wegbrücke an der Linie Würzburg – Ansbach |
256 | 274.860 | 193.0531 | Gewölbte Wegbrücke, unter der Höhenmarke |
255 | 275.770 | 185.9062 | Blechträgerbrücke mit 2 Oeffnungen, nördliches Widerlager, westliche Stirn |
258 | 277.000 | 182.9277 | Bahnhofgebäude in Würzburg, Perronseite, westlicher Flügelbau, östliche Lisene |
264 | 277.000 | 180.7295 | Randstein am Wasserkrahn beim Maschinenhaus, westlich vom Bahnhofgebäude |
265 | 278.500 | 173.0365 | Gewölbter Bahndurchlass, südliche Stirn, westlicher Gesimsstein |
266 | 280.400 | 173.2148 | Gedeckter Bahndurchlass mit 2 Oeffnungen, südwestliche Stim, südöstl. Gesimsstein |
267 | 281.900 | 176.1001 | Gewölbter Bahndurchlass, südwestliche Stirn, nordwestlicher Gesimsstein |
268 | 283.900 | 178.3773 | Drehscheibe in der Station Veitshöchheim, Südostseite der Kranzmauer |
269 | 285.000 | 173.1809 | Gewölbter Bahndurchlass, nordöstliche Stirn, Gesimsstein |
270 | 287.600 | 168.5636 | Gedeckter Bahndurchlass mit 3 Oeffngn., südwestl. Stirn, nordwestl. Böschungsflügel |
271 | 289.700 | 167.7564 | Gew. Bahndurchl. nordw. der Station Thüngersheim, südw. Stirn, nordw. Gesimsst. |
272 | 291.000 | 167.2484 | Gewölbter Bahndurchlass, südwestliche Stirn, südöstlicher Gesimsstein |
Siehe auch
- Amt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung Würzburg
- Geodätischer Referenzpunkt Würzburg
- Gemarkungen in Stadt und Landkreis Würzburg
Quellen und Literatur
- Satellitenpositionierungsdienst des Amts für Digitalisierung, Breitband und Vermessung
- K. Steuer-Cataster-Commission in Gemeinschaft mit dem topographischen Bureau des K. Generalstabes: „Die bayerische Landesvermessung in ihrer wissenschaftlichen Grundlage“, Akademische Buchdruckerei von F. Straub, München 1873. Die geographischen Längenangaben beziehen sich auf „Ferro“, die kanarische Insel „El Hierro“. Diese wurde als westlichster Punkt Europas angesehen und liegt 17°39'44.625" westlich des Nullmeridians von Greenwich.
- S. Finsterwalder: „Das Verhältnis der bayrischen zur preussischen Landestriangulation und die Lotabweichung in München“ in „Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse“ 1914, S. 53
- Carl Oertel: „Das Präcisionsnivellement in Bayern rechts des Rheins“, K. Bayer. Comm. f. d. internat. Erdmessg, 1893
- Max Seeberger: „Wie Bayern vermessen wurde“, Hefte zur Bayerischen Geschichte und Kultur; Bd. 26, 2001; ISBN: 3-927233-77-3; Download link
Weblinks
Einzelnachweise und Hinweise
- ↑ Der physikalische Hintergrund ist, dass Satelliten sich in guter Näherung um den Massenschwerpunkt der Erde bewegen während die geographische Höhe durch die unregelmäßige Massenverteilung der Erde beeinflusst wird. Unkorrigierte Satellitendaten ergeben für Bayern Höhen, die 45 - 48 m über den topographischen Höhen liegen. Siehe SAPOS-Transformationen des Amts für Digitalisierung, Breitband und Vermessung
- ↑ Smartphones nutzen unter Umständen nicht nur Satelliten sondern auch Mobilfunk- oder WLAN-Netze zur Positionsbestimmung.
- ↑ Festpunkte beim Amt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung, Im BayernAtlas Thema Geobasisdaten→Festpunktübersicht
- ↑ Für die Pyramide auf dem Nikolausberg sind die Längen und Breiten gegenüber heute um 128 m bzw. 34 m verschoben, was auf spätere Korrekturen der Koordinatensysteme wie z. B. die Anpassung an die preußische Vermessung zurückzuführen ist. Nimmt man dieselbe Korrektur für die acht bayerischen Dreiecksnetzpunkte an, so ist die mittlere Abweichung der Koordinaten von 1873 zu heute etwa 4 m in Länge und Breite.
- ↑ S. Göbl: „Würzburg. Ein kulturhistorisches Städtebild.“ Kgl. Univ.-Druckerei Stürtz, Würzburg 1895, S. 115
- ↑ Frühere Messungen in Bayern benutzten den Pegel des „Bayerischen Meers“ (Bodensee) als Referenz, da kein Anschluss an die Weltmeere bestand.
- ↑ Höhenfestpunkt 6225 0029 an der Hofkirche im BayernAtlas
- ↑ Die Höhen sind auf Zehntelmillimeter angegeben. Tatsächlich ist die Genauigkeit etwa 1 Zentimeter.
- ↑ Übersichtspläne der k. bayerischen Staatseisenbahn, Band 1, Blatt 27 und 43, 1878