Kürschnerhof

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Kürschnerhof  

Stadtbezirk: Altstadt
Postleitzahl: 97070
Straßenbahn: Linie 1, 3, 4 und 5

Kürschnerhof
Straßenbahn der Linie 5, Haltestelle Dom

Lage

Der Kürschnerhof verbindet die Domstraße mit dem Marktplatz und der Schönbornstraße bzw. Eichhornstraße. Rein optisch gestaltet sich der Kürschnerhof als Verlängerung der Schönbornstraße bzw. Plattnerstraße und bildet damit einen Teil der Fußgängerzone. Neben den Geschäften wird er vor allem durch die Neumünsterkirche geprägt.

Geschichte

An der Stelle eines Teils des großen Platzes zwischen der Neumünsterkirche und dem Dom befand sich das alte Gerichtsgebäude. Früher stand hier der Hof, das ist die Wohnung der Bischöfe, nachdem sich ihr Zusammenleben mit den Domherren gelöst hatte. Zu dem Komplex gehörten damals das Wohngebäude, zwei Kapellen und ein großer Garten.

Bischofssitz und Landgericht

Bis um 1250, nach der Lösung des Zusammenlebens der Bischöfe mit den Domherren, wurde der Komplex Sitz der fränkischen Bischöfe, die hier als Inhaber des kaiserlichen Landgerichts Recht sprachen und ihren Aufgaben in der Landesverwaltung nachgingen. 1253 verlegte Bischof Lobdeburg den Wohnsitz in die ausgebaute Festung Marienberg, da sich die Eminenzen vor den aufrührerischen Würzburger Bürgern nicht mehr sicher fühlten. Hier residierten die Bischöfe bis 1720. Das Landgerichtsgebäude blieb auch danach die fürstliche Kanzlei.

Umbauten und Erweiterungen

Die erste grundlegende Umgestaltung ließ Fürstbischof Lorenz von Bibra (1495-1519) vornehmen: Nach Abriss der Mauern, die den Hof von der Außenwelt abgeschottet hatten, wurde ein Zugang vom Kürschnerhof zur Domstraße geschlagen. Bisher war der gesamte Verkehr durch die Blasiusgasse geflossen, nun wurde der Saalhof ein vom Verkehr stark frequentierter Platz. Nachdem der Saalgarten im Zuge der Verkehrserschließung beseitigt worden war, bekamen die kleinen Häuschen der Kürschner und anderen Handwerker, die auf dem Grund des Saalgartens erbaut worden waren, eine zweite Hauptfront zum Kürschnerhof hin. Zu dieser Zeit reichte der Hof vom Saalgarten bis in die Sandgasse (heute: Schönbornstraße).

Anfang des 16. Jahrhunderts ließ Fürstbischof Bibra den Flügel (Kanzlei genannt) mit dem Schwibbogen erbauen, der das Landgericht mit dem Dom verband. Der massive dreigeschossige Bau im Barockstil mit schwarz geschieferten Gauben und mit Helmspitzen bewehrtem Steildach hatte einen Erker („Gerichtserker”) auf der Innenseite, was einen sehr strengen Eindruck vermittelte. Neben der Kanzlei stand noch ein Saal, in welchem der sog. Oberrat (die städtische Polizeibehörde), das Stadtgericht und das Monatsgericht (für Feldfrevel usw.) tagten. Hier waren zum ersten Mal sämtliche Zivilgerichte und das geistliche Gericht in einem Gebäude vereinigt. Zu dieser Zeit hatte Würzburg rund 7000 Einwohner. Im Erdgeschoss des Gebäudes wurde die öffentliche Waage eingerichtet. Der Eingang von der Domstraße her bestand aus einer weit ausladenden, steinernen Treppe, den sog. „Gräden” oder "Greden" (von lat. „gradus” = Stufe). Unterhalb und neben den Gräden waren Läden, die den Stadtbewohnern von den Bischöfen gegen einen jährlichen Zins vermietet wurden. Um die Wende des 18. Jahrhunderts wurden die letzten Gräden samt Läden abgebrochen und zur Vergrößerung des Gerichtsgebäudes verwendet.

1618 ließ Fürstbischof Johann Gottfried von Aschhausen (1617-1622) im Kanzleihöflein ein Gefängnis für Hexen einrichten. Fürstbischof Johann Gottfried von Guttenberg erwarb einen an der Kanzlei gelegenen Buchbinderladen und ein kleines Haus beim Stift Neumünster. Daraufhin ließ er die beiden Häuser, den alten Gerichtssaal und eine dem heiligen Briccius geweihte Kapelle einreißen, um den nördlichen Flügel des Landgerichtsgebäudes zu erbauen. Kurz nach der Fertigstellung des Baus stürzte dieser in Folge zu starker Belastung der unteren Gewölbe am 14. Juli 1700 in sich zusammen. Dabei verschwanden die an der äußeren Wand des Domes eingemauerten Götzenbilder spurlos.

Fürstbischof Johann Philipp von Greiffenclau (1699-1719) ließ daraufhin die Kanzlei wieder aufbauen. Bei diesen Arbeiten wurde der Kreuzgang, welcher Dom und Neumünster verband, überbaut und die Kanzlei an die beiden Kirchen angeschlossen. In dem 1706 vollendeten Bau fanden daraufhin außer der Hofkammer und dem Stadtrat alle Behörden und Gerichte Platz. Auch eine Kapelle des heiligen Briccius war wieder eingerichtet worden, in der nach Schluss der Bürostunden eine Messe für das Rats- und Kanzleipersonal gelesen wurde. Später musste allerdings auch diese Kapelle aus Platzmangel in ein Registraturgewölbe umgewandelt werden.

Der Bau näherte sich auf ca. 8 Meter dem Dom. Dort brach die gerade Baulinie ab und setzte sich in einem Seitenflügel fort, der mit direkter östlicher Front bis zum Neumünster verlief. Der flach gewölbte Schwibbogen war eine eher eigenartige Verbindung dieses Flügels mit dem Dom und ermöglichte eine Verbindung der Domstraße mit dem Kürschnerhof bzw. der Hofstraße über den Leichenhof, den heutigen Kiliansplatz.

Der einzige Zugang zum Kürschnerhof war eine kleine, tunnelartige Durchfahrt im Bogenstil, in deren seitlich eingebauten, halbdunklen Höhlen Viktualienhändler ihre Waren verkauften und durch welche die von Pferden gezogene Straßenbahn passieren konnte. Über der Durchfahrt wurde das Gebäude durch einen gotischen Erker - den „Gerichtserker” - geprägt.

Von der Kürschnerhof-Seite aus gesehen hatte der Landgerichtskomplex zwei etwa gleich lange Schenkel, die rechtwinklig auf den Haupttrakt trafen und sich am Neumünster bzw. an der Häuserreihe des Kürschnerhofs anlehnten und ihn somit abschlossen. Die Fassade machte einen mittelalterlichen Eindruck, welcher durch den in der Höhe des ersten Stockwerks angebrachten Pranger noch verstärkt wurde. Die kleinen, vergitterten Fenster der Arrest- und Kerkerzellen in allen Stockwerken rechts des Torbogens intensivierten diesen finsteren Eindruck noch zusätzlich. Dieser Teil des Landgerichts hatte auch einen Ausgang in die Blasiusgasse, der nach einem Prozess für das unauffällige Wegschaffen von Schwerverbrechern genutzt wurde.

Nach der Säkularisation gingen die Räume des Appellationsgerichtes 1834 an das Bezirksgericht über. Nur das Stadtgericht hatte zu dieser Zeit noch seinen Sitz in diesen Räumen. 1862 wurde eine Trennung der Verwaltung von der Justiz vollführt: Das Landgericht und das Amtsgericht Würzburg-Stadt wurden in das Gebäude verlegt und blieben bis zur Errichtung des Justizpalastes im Jahre 1892 hier. Danach erfolgte der Umzug in die Ottostraße.

Abriss 1894

Nachdem die Stadt das Gebäude 1886 erworben hatte, geriet sie zunehmend unter öffentlichen Druck: Immer mehr Stimmen sahen in dem Komplex ein Hindernis für die wachsenden Verkehrsströme, verlangten einen Abriss des ihnen lästig erscheinenden Baus und die Gestaltung einer Domfreiheit.

So entschied man sich nach dem Umzug in den neuen Justizpalast in der Ottostraße (1892 fertiggestellt), das gesamte Landgericht abzureißen. Durchgeführt wurde der Abriss 1894, was der Stadt ihren ursprünglichen Kern nahm. Auch der bis dahin bebaute Raum zwischen Dom und Neumünster blieb jetzt leer. Der alte Kürschnerhof war an seiner Süd- und Ostseite aufgerissen und bildete zusammen mit dem Kiliansplatz eine große freie Fläche. Nach dem Abbruch des alten Landgerichts hatte man nicht nur den Kürschnerhof zur Domstraße geöffnet, sondern auch die Hofstraße, die bisher auf dem Leichhof (heute Kiliansplatz) zwischen Dom und Neumünster geendet hatte. Die große unregelmäßige Lücke irritierte aber die Stadtväter, so dass nach der Überführung des „Ölbergs“ auf den Hauptfriedhof ein barocker Kiosk errichtet wurde, in dem die Firma Nagengast einzog und Blumen feilhielt, „so dass Kavaliere die Nelke fürs Knopfloch und Besucher den obligaten Strauss für die Frau des Hauses am Sonntagmorgen erwerben konnten.“ [1]

In dem Bestreben, im aufkommenden Industriezeitalter den rapide wachsenden Verkehrsströmen Schneisen zu schlagen, hatte Ludwig I. von Bayern sogar einmal den Plan gefasst, den Dom abzureißen.

Neubau durch die Sparkasse

Die mit Abbrüchen und Durchbrüchen verbundenen Bauprobleme gehörten von jeher zu den schwierigsten städtebaulichen Fragen, was der über 30 Jahre dauernde Streit bezüglich einer angemessenen Neubebauung verdeutlicht. Nach 1919 begann auch die Sparkasse für den leer gewordenen Platz zu planen. 1921 begann der Stadtplaner und Architekt Prof. Dr. h. c. Theodor Fischer (* 1862; † 1938) [2] mit seinen Planungen. Diese sahen fast ausnahmslos nur einen Anbau an das Neumünster vor, so dass die Straßenführungen weiterhin bestehen blieben und eine gewisse Domfreiheit entstehen würde. 1928 wurde der Sparkassenbau und somit ein Abschluss auf der Kürschnerhof-Ostseite fertiggestellt.

Städtebaulich gesehen ist Fischers Versuch, den Kürschnerhof und die beiden Kirchen wieder in einen städtebaulichen Zusammenhang zu bringen, unbefriedigend geblieben, weil er das Stadtgefüge in diesem Bereich bedingungslos dem Verkehr zur Verfügung stellen musste. Folglich waren Fischers Aufgaben eher kosmetischer Natur, d.h. die Gestaltung einer Straßenwand mit der barocken Neumünsterfassade als Zentrum. Außerdem war ein städtebaulicher Gedanke, der die gesamte Situation erfasst hätte, nicht vorhanden und so konnte Fischer das ursprüngliche System der in sich geschlossenen Plätze, die jeweils einem bestimmten Bau zugeordnet gewesen waren, nicht zurückgewinnen. Am 19. Februar 1945 (fast einen Monat vor dem großen Bombardement vom 16. März) wurde Theodor Fischers bedeutendstes Projekt nach dem Ersten Weltkrieg durch eine britische Luftmine zerstört.

Gestaltung nach dem Zweiten Weltkrieg

Heutige Nutzung: Café am Dom

Vom 1. April - 1. August 1948 wurde der „Wettbewerb zur Neugestaltung des Kürschnerhofs und zum Neuaufbau der städtischen Sparkasse Würzburgs” ausgeschrieben. Die städtebaulichen Vorstellungen der Stadtverwaltung sahen eine bauliche Verbindung zwischen Dom und Neumünster vor, während eine Überbauung der Durchfahrt Domstraße/Kürschnerhof nicht in Erwägung gezogen wurde.

Neben der Trennung zwischen Kürschnerhof- und Sparkassenbauplanung fällt auf, dass der Kürschnerhof als zu gestaltender Platz kein Thema war. Die wichtigsten Kriterien waren lediglich die unbedingte Berücksichtigung als Geschäftsraum und die Betonung, dass der Kürschnerhof an einem Hauptverkehrszug lag. Eine Gestaltung des Domvorplatzes wurde nicht gefordert, klang aber in dem Wunsch nach Anschluss des Sparkassengebäudes an den Dom mit.

Am Kürschnerhof wird die ganze Problematik des Wiederaufbaus der Stadt Würzburg deutlich. So konnte die Idee von der Verwirklichung eines Gesamtkonzepts nicht ausgeführt werden, da dies für jeden betroffenen Eigentümer Einschränkungen hinsichtlich der individuellen Gebäudegestaltung nach sich gezogen hätte. Folglich ging man dazu über, nur einen Teil der städtebaulichen Situation durch einen Wiederaufbau neu zu prägen, was sich jedoch lediglich als Reflex des eigentlich Geplanten erwies.

Historische Abbildungen

Damals und heute

Der Kürschnerhof mit altem Landgerichtsgebäude ca. 1891 und 2023.

Die historische Abbildung des Kürschnerhofs aus dem Jahre 1891 bietet einen Blick in den damals (bis auf einen Torbogen) geschlossenen Kürschnerhof mit dem alten Landgerichtsgebäude als Abschluss zur Domstraße. Als Orientierungshilfe im Slider dient links das Portal der Neumünsterkirche.

Besondere Merkmale

Der Kürschnerhof ist nicht für den öffentlichen Verkehr freigegeben. Lediglich Fahrzeuge mit Sondergenehmigung und Lieferverkehr für anliegende Geschäfte dürfen die Straße befahren.

Regenbogenfarben am Kürschnerhof

Regenbogenfarben auf dem Asphalt am Kürschnerhof

Zwei Markierungen in Regenbogen-Farben leuchten seit Ende Juli 2021 vom Pflaster in der Würzburger Altstadt. Mitarbeiter des Tiefbauamtes haben die Farbflächen am Kürschnerhof und in der Hofstraße aufgebracht. Die beiden Farbtupfer haben einen politischen Hintergrund. Bereits im April 2021 hatte es einen interfraktionellen Antrag aus den Reihen von Grünen, SPD, Linke, ÖDP und ZfW gegeben, der unter der Überschrift „Vielfalt im öffentlichen Raum sichtbar machen“ gestanden hatte. Diesem Antrag stimmte der Stadtrat mit großer Mehrheit zu. „Auch in Würzburg leben zahlreiche Schwule, Lesben, Bisexuelle, trans- und intersexuelle Menschen, die sich der LGBTI-Community zugehörig fühlen“, hieß es im Antrag. [3] [4] Mit den Regenbogenfarben auf dem Asphalt will die Stadt Würzburg dauerhaft ein Zeichen für Vielfalt in der Stadt setzen. [5]

In der Nacht vom 15. August auf den 16. August, also nicht einmal drei Wochen später, wurden die farbigen Flächen am Kürschnerhof und in der Hofstraße von Unbekannten mit einer hellen Lackfarbe übermalt. [6]

Unternehmen

Ehemalige Unternehmen

ÖPNV

Straßenbahn.png Nächste Straßenbahnhaltestelle: Dom


Stolpersteine

Am Kürschnerhof wurden folgende Stolpersteine verlegt:

Adresse Erinnerung an / Historische Notizen Verlegejahr
Kürschnerhof Für Georg Häfner 2007

Siehe auch

Quellen und Literatur

Weblinks

Erläuterungen, Einzelnachweise und Hinweise

  1. Quelle: Privatarchiv Blumenhaus Nagengast
  2. Josef Kern: Die Bildende Kunst abseits der Zentren, in: Unterfränkische Geschichte, hrsg. von Peter Kolb und Ernst-Günter Krenig, Band 5/2, Echter Verlag, Würzburg 2002, S. 247-316, S. 268
  3. LGBTI ist die Abkürzung für die englischen Worte Lesbian, Gay, Bisexual, Transexuell/Transgender und Intersexual (auf deutsch: Lesbisch, Schwul, Bisexuell, Transsexuell/Transgender und Intersexuell) und bezeichnet Menschen, die nicht heterosexuell orientiert sind oder die sich nicht mit dem ihnen bei Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizieren.
  4. Vielfalt im öffentlichen Raum sichtbar machen (Interfraktioneller Antrag Nr. 60/2021 vom 12.04.2021)
  5. Main-Post: „Darum leuchten in Würzburgs Innenstadt Regenbogen vom Straßenpflaster“ (30. Juli 2021)
  6. Main-Post: „Würzburg: Unbekannte beschmieren Regenbogen-Markierungen in der Innenstadt“ (17. August 2021)
  7. Intelligenzblatt für den Unter-Mainkreis des Königreichs Bayern (1831), Nr. 27 (Anhang), Würzburg: C. A. Bonitas'sche Buchdruckerei, Sp. 604 f.

Angrenzende Straßen

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