Kloster Unterzell
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Das Kloster Unterzell wurde im Zweiter Weltkrieg bis auf die Grundmauern zerstört.
Vorgeschichte
Im Kloster Oberzell lebten Männer und Frauen auf ein und demselben Klostergelände (sogenanntes Doppelkloster, besser: Annex-Kloster). Ab 1141 forderte die Ordensregel der Prämonstratenser eine Trennung der Geschlechter.
Gründung des Nonnenklosters
Um 1230 baute man für die Chorfrauen eine eigene Klosteranlage, etwa eine gute Viertelstunde Fußweg von den Chorherren entfernt. Ihrem Abt unterstanden die Frauen offiziell bis in das 13. Jahrhundert. Die ältesten Belege für eine „magistra“, also „Meisterin“ genannte Vorsteherin von Unterzell, fällt in das Jahr 1259. Aus dieser Zeit stammt auch der heute noch erhaltene Kirchturm. 1351 übernahm das Kloster den Schwesternkonvent aus dem Prämonstratenserkloster St. Lambert (Tückelhausen) nach dessen Umwandlung in eine Kartause. Als Seelsorger und Priore des Frauenkonvents fungierten stets die Prämonstratenser aus dem benachbarten Kloster Oberzell. Zudem blieben die Äbte de facto bis ins 16. Jahrhundert die eigentlichen Klosterherren.
Aufhebung im 16. Jahrhundert
Anfang des 16. Jahrhunderts folgte der langsame Niedergang. Im Bauernkrieg wurde Unterzell 1525 von aufständischen Bauern geplündert und schwer verwüstet. 1556 war der adlige Frauenkonvent ausgestorben. 1562 nahm der Würzburger Fürstbischof Friedrich von Wirsberg Kloster und Klostergüter in seine Verwaltung. 1573 hob Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn das Kloster auch offiziell auf und überwies den Besitz an die Universität Würzburg.
Neubelebung im 17. Jahrhundert
1606 erlangte der Orden der Prämonstratenser von Kaiser Rudolf II. von Habsburg einen Befehl an Fürstbischof Julius Echter zur Wiederherstellung des Klosters Unterzell. Der Neubau des Klosters wurde von 1609 bis 1611 nach Plänen von Lazaro Agostino errichtet. Dieser gefiel nun auch den Würzburger Jesuiten, die ihn als Noviziat nutzen wollten, weshalb sich die rechtliche Übergabe an die Prämonstratenser bis zum Jahr 1630 verzögerte. Bedingt durch den Einfall der Schweden in Franken in den Jahren 1631 bis 1634 wurde das Kloster erst 1642 mit Prämonstratenserinnen aus Meerbusch bei Düsseldorf neu besiedelt. Ihr Kloster war im Dreißigjährigen Krieg niedergebrannt und verwüstet worden. Von 1646 bis 1708 betrieben die Schwestern eine Mädchenschule in Unterzell.
Patrozinium
Frauenkloster und Klosterkirche standen unter dem Patronat der Gottesmutter Maria und der Heiligen Cäcilia, die um 200 geboren wurde und 230 in Rom als Märtyrerin starb. Nach ihr wurde die Cäcilienstraße in Zell a. Main benannt.
Priore (Auszug)
Das Priorat des Prämonstratenserinnenklosters war einem Propst aus dem Kloster Oberzell unterstellt.
- Gottfried Hammerich (1673-1692)
- Friedrich Herlett (1707-1718)
- Balthasar Röthlein (1718-1730)
- Georg Fasel (1730-1738)
- Richardus Traub (1738-1762)
- Lorenz Wollbach (1763-1769)
Letzter Hexenprozess
An ein besonders dunkles Kapitel im Zeitalter der Aufklärung erinnert das Schicksal der Subpriorin des Klosters Maria Renata Singer von Mossau. Sie wurde 1749 als eine der letzten Hexen in Deutschland hingerichtet.
Ende des Klosterlebens
Mit der Säkularisation im Jahr 1803 zählte der Konvent noch 36 Ordensfrauen. Die Klostergebäude wurden verkauft und umgebaut. Der Hochaltar und zwei Seitenaltäre der Klosterkirche kamen nach 1803 in die alte Kirche St. Josef nach Oberdürrbach. 1822 erwarb der spätere Gemeinderabbiner Mendel Rosenbaum die Klostergebäude und errichtete dort einen Kolonialwarenhandel und eine Nagelschmiede. Diese übergab er 1825 seinem Schwiegersohn Lazarus Wolf Bergmann, der die Nagelfabrik bis 1834 leitete. Ebenfalls 1825 kaufte der Bauer Steigerwald die Klosterkirche. Im Langhaus wurde eine Zwischendecke eingezogen, so dass der obere Teil des Gebäudes in Wohnungen aufgeteilt werden konnte. Unten wurden Ställe und Scheunen eingerichtet. Um die Jahrhundertwende scheiterten Pläne die Kirche wieder herzustellen, unter anderem an den Kosten. Bei einem Luftangriff am 31. März 1945 wurden Kloster und Kirche zerstört und die Klosterkirche blieb bis heute eine Ruine. Die Klostergebäude wurden zu Wohnungen umgebaut.
Heutige Nutzung
1968 erwarb die Evangelische Landeskirche das Gebäude und baute in den ehemaligen Chorraum der Klosterkirche 1971 die evangelisch-lutherische Versöhnungskirche (Zell a. Main).
Bildergalerie
Siehe auch
- Kirchengebäude im Landkreis Würzburg
- Zell a. Main
- Lazaro Agostino
- Versöhnungskirche (Zell a. Main)
- Hettstadter Hof
- Klausurhof Unterzell
- Propsteigebäude Unterzell
- Prämonstratenser
Quellen und Literatur
- Das Frauenkloster Unterzell. In: Georg Link: Klosterbuch der Diöcese Würzburg., Würzburg, 1876. (Virtuelle Bibliothek Würzburg)
- Eduard Kohl: Ortsgeschichte des Marktes Zell am Main. Hrsg.: Gemeinde Zell am Main 1986 (Stadtbücherei Würzburg Dem Zel)
- Sebastian Zeißner: Geschichte des Frauenklosters Unterzell bei Würzburg. Eine Übersicht, in: Würzburger Diözesangeschichtsblätter 16/17 (1954/55), S. 246-271.
- Maria Fischer-Flach und Wolfgang Fischer (Hrsg.): Protokollbuch des Frauenklosters Unterzell bei Würzburg. Die Aufzeichnungen des Propstes Dr. Balthasar Röthlein 1718-1730. Würzburg 1987.
- Helmut Flachenecker / Wolfgang Weiß (Hrsg.): Oberzell. Vom Prämonstratenserstift (bis 1803) zum Mutterhaus der Kongregation der Dienerinnen der heiligen Kindheit Jesu (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg, Bd. LXII), Würzburg 2006.