Kartause (Tückelhausen)

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Ehemalige Kartäuserkirche in Tückelhausen

Die ehemalige Kartause [1] im Ochsenfurter Stadtteil Tückelhausen vermittelt unter den erhaltenen fränkischen Kartausen die beste Vorstellung von ihrem ursprünglichen Erscheinungsbild. Allerdings zeigt die ehemalige Klosterkirche Formaspekte, die für die kartusianische Architektur untypisch sind. Diese Tatsache, die beispielsweise in der kreuzförmigen Anlage der Kirche zum Ausdruck kommt, beruht darauf, dass Tückelhausen im 12. Jahrhundert als Doppelkloster der Prämonstratenser [2] gegründet wurde.

Baustil

Ein einheitlicher Baustil bildete sich bei den Kartausen nicht heraus. Die einzelnen Kartausen sind in der Architektur ihrer Zeit und den örtlichen Gegebenheiten angepasst konstruiert. Einziges charakteristisches Element aller Kartausen ist der große Kreuzgang, um den herum die Einsiedeleien der Patres gruppiert sind.

Diese Zellen der Patres bestehen aus einzelnen, voneinander getrennten Wohnhäusern mit jeweils einem Garten. Üblicherweise umfassen die Häuser einen Vorraum (Ave Maria), den Aufenthalts- und Schlafraum (Cubiculum) mit einem Gebetsstuhl (Oratorium) und eine Werkstatt (Laboratorium). [3]

Geschichte der Klosteranlage und Klosterkirche

Historische Ansicht der Kartause Cella Salutis

Im frühen Mittelalter entstand auf dem Lambertusberg hoch über dem Thierbachtal an der alten Klosterstraße zwischen Kitzingen und Tauberbischofsheim eine Nonnenklause. Um das Jahr 1138 gründete Bischof Otto von Bamberg (* um 1060; † 30. Juni 1139) das Kloster ursprünglich als Prämonstratenserdoppelkloster, doch schon 1144 wurden die Nonnen nach Lochgarden bei Weikersheim transferiert. Noch im Laufe des 12. Jahrhunderts wurde die Abtei in eine Propstei umgewandelt. Zwischen 1159 und 1351 war das Kloster der Abtei Oberzell unterstellt. Um das Jahr 1279 befindet sich in Tückelhausen wieder ein Nonnenkloster. Nachdem die Mönche abberufen worden waren, gab es 1307 nur noch ein weibliches Kloster. Als jedoch im 14. Jahrhundert die wirtschaftliche Lage des Klosters zunehmend kritischer wurde, veranlasste der Domdekan und Archidiakon des Sprengels Ochsenfurt Eberhard von Riedern den Prämonstratenserorden, die Klosteranlage den Kartäusern zu überlassen. [4] Da er die Prämonstratenser dafür entschädigte und die Kartäuser mit weiteren Besitzungen ausstattete, geht die Gründung als Kartäuserkloster im Jahre 1351 auf ihn zurück. Die Niederlassung wird in den Dokumenten als Cella Salutis, Zelle des Heils, bezeichnet.

Durch verschiedene Umbaumaßnahmen wurde die Klosteranlage den kartusianischen Bedürfnissen angepasst, damit jedem Mönch ein eigenes kleines Häuschen mit Gartenparzelle zugewiesen werden konnte. Die beiden Querhausarme, die bei den Kartäuserkirchen unüblich sind, funktionierte man zu Konventgebäuden um. [5]

Sowohl der Bauernkrieg und Markgräfler-Krieg als auch der Dreißigjährige Krieg zogen im 16. und 17. Jahrhundert die Niederlassung in Tückelhausen stark in Mitleidenschaft. Im Feldzug von 1673 plünderten dann Franzosen Tückelhausen. Brandschatzungen und Plünderungen verwüsteten die Gebäude und zwangen die Mönche in die Flucht. Erst Ende des 17. Jahrhunderts ging man daran, die heruntergekommenen und ruinösen Bauten wiederherzustellen. 1694 begannen umfangreiche Baumaßnahmen, die sich über mehrere Jahrzehnte erstreckten. Zunächst wurde der Ökonomietrakt und das Eingangsportal (1695), um 1700 ein neues Prioratsgebäude sowie der barocke Gästebau errichtet. Dazu kam ein großer Weinkeller. Der Wein wurde im Thierbachtal angebaut.

Nach dem Willen Napoleons wurden am 25. Februar 1803, im Jahr der Säkularisation, alle Klöster durch den Reichsdeputationshauptausschuss aufgelöst. Die Kartäusermönche mussten am 8. Juli 1803 nach 452 Jahren ihr Kloster Cella Salutis verlassen. Die Reichtümer und die Gebäude gingen in den Besitz des Staates über. Schon am 3. Dezember 1804 wurde die Pfarrei Tückelhausen errichtet. Dadurch wurden die ehemalige Klosterkirche und die gesamte Anlage vor dem Abbruch bewahrt. Die Mönchszellen konnten in den Folgejahren von der Bevölkerung ersteigert werden, die landwirtschaftlichen Flächen, die Wirtschaftsgebäude und der schlossartige Gästetrakt wurden im Jahre 1847 von dem preußischen General Hermann von Staff genannt von Reizenstein erstanden, deren Nachkommen heute noch die Flächen bewirtschaften lassen, die Gebäude bewohnen und beispielhaft in Stand halten.

Die Klosteranlage

Sandsteinportal der Kartause

Durch das große Sandsteinportal aus den Jahren 1694/95 betritt man den äußeren Klosterhof. Im Dreiecksgiebel des monumentalen Torbaus grüßen die Gottesmutter, die Schutzpatronin der Kartause, auf der linken Seite der Hl. Bruno, der Ordensgründer (1031-1101), und der Hl. Hugo von Lincoln (1140-1200) die Besucher. Die Ornamentik zeigt naturnahe Darstellungen von Weintrauben, Hopfenblüten, Getreidegarben, Rüben, Kürbissen und Mohnköpfen.

Der weite Wirtschaftshof war für die Klostergemeinschaft die materielle Lebensbasis. Er wird von der Kirche, dem Priorat, dem prachtvollen Gästebau und von Wirtschaftsgebäude umschlossen. Die zwei Brunnen mit achteckigen Becken stammen aus dem Jahr 1715. Die Brunnenfiguren stellen Maria Immaculata und den Hl. Georg als Drachentöter dar. Der Schlosstrakt (Gästebau) wurde im Jahre 1718 errichtet. Der zwölf Bögen umfassende Arkadengang aus einer früheren Bauperiode wurde geschickt in den monumentalen über 100 Meter langen Bau eingefügt. Das Gebäude ist in seiner ganzen Länge und Breite mit mächtigen Tonnengewölben unterkellert.

Im Osten schließt den Schlosshof das ehemalige Priorat ab, welches um 1700 erbaut wurde. Einen besonderen architektonischen Akzent erhält das heutige Pfarrhaus durch den fünfeckigen Erker-Aufbau über dem Torbogen mit dem Wappen der Kartäuser, dem siegreichen Osterlamm. Die Wohnung des Priors einer Kartause war immer reicher ausgestattet als die Mönchszellen. Denn hier wurden die weltlichen Angelegenheiten des Klosters geregelt, hochrangige Gäste empfangen und die Interessen des Klosters der Außenwelt gegenüber vertreten.

Nach dem Durchgang unter dem Priorat betritt man das Claustrum mit den ehemaligen Mönchszellen, also den inneren Klosterbereich, zu dem früher kein Fremder Zutritt hatte. Charakteristisch für die Anlage einer Kartause ist, dass jeder Priestermönch ein eigenes kleines Haus mit Garten völlig allein bewohnt, das durch eine Mauer von der Nachbarzelle getrennt, aber durch den umlaufenden Kreuzgang direkt mit der Kirche verbunden ist. Die einzelnen Zellen erkennt man an den höheren Giebeln.

Konventstraße mit Relief des Hl. Hieronymus

An der Außenwand eines Wohnhauses (Konventstraße 6) befindet sich der Abguss eines spätgotischen Reliefs. Es zeigt Hieronymus, wie er einem Löwen den Dorn aus der Pranke zieht. Unten ist die Inschrift zu lesen: Michi opidum carcer est, solitudo paradisus (Mir ist die Stadt ein Kerker, die Einsamkeit dagegen ein Paradies). So vertrat schon der Kirchenvater Hieronymus (347-420 n.Chr.) das Wesensmerkmal des späteren Kartäuserordens.

Nun verlässt man wieder den inneren Klosterhof, der hier geschlossen war. Linien im Straßenpflaster und eine Glasfront (links) weisen auf den ehemals hier verlaufenden Kreuzgang hin. [6]

Bildergalerie

Priore (Auszug)

Siehe auch

Quellen und Literatur

  • Das Prämonstratenserkloster in Tückelhausen 1138-1307. In: Georg Link: Klosterbuch der Diöcese Würzburg. Band II., Würzburg, 1876. (Virtuelle Bibliothek Würzburg)
  • Die Kartause Tückelhausen 1350-1803. In: Georg Link: Klosterbuch der Diöcese Würzburg. Band II., Würzburg, 1876. (Virtuelle Bibliothek Würzburg)
  • Robert Rackowitz: Ehemalige Kartause „Cella Salutis” Tückelhausen - Rundgang durch Klosteranlage und Klosterkirche. Hrsg.: Kath. Pfarramt St. Georg, Tückelhausen 1972
  • Dr. Petra Gold: Ochsenfurter Mühlentäler: Schafbachtal und Thierbachtal, Stadt Ochsenfurt, 2013

Weblinks

Erläuterungen und Einzelnachweise

  1. Eine Kartause ist ein Kloster des Kartäuserordens. Die Bezeichnung Kartause leitet sich von dem lateinischen Cartusia für den Gründungsort der ersten Kartause, das im Jahr 1084 entstandene Stammkloster La Grande Chartreuse ab.
  2. Die Prämonstratenser (lateinisch: Candidus et Canonicus Ordo Praemonstratensis – Weißer und Kanonischer Orden von Prémontré), mit dem Ordenskürzel O.Praem., sind der größte römisch-katholische Orden regulierter Chorherren; er ist ein Zusammenschluss selbständiger Klöster (Kanonien) und wurde im Jahr 1120 von Norbert von Xanten mit dreizehn Gefährten in Prémontré bei Laon, auf Fernbesitz der Abtei Prüm, gegründet.
  3. Ausführliche Beschreibung bei Wikipedia
  4. Im Klosterbuch des Diöcese Würzburg 1873 über die Geschichte der Benediktinerklöster von Georg Link ist auf S. 576 zu lesen: „Es wurden nun die Mönche abberufen, so daß 1307 nur noch ein einziges, nämlich ein weibliches Kloster daselbst war. Diesem Kloster wurden auch die Nonnen von Michelfeld bei Kitzingen 1307 zugetheilt, welche jedoch bei gänzlicher Vernachlässigung der Zucht eine solche Verwirrung anrichteten, daß der Abt von Oberzell gegen sie einschreiten mußte. Allein diese zuchtlosen Nonnen achteten das Ansehen ihrer Ordensoberen nicht. Deßhalb wurde der ordenswidrige Zustand zur Kenntnis des Generalkapitels gebracht, welches die Aufhebung des Nonnenklosters und die Uebersiedlung der Nonnen nach Unterzell verfügte, das Kloster aber an der Orden der Karthäuser abtrat.“ (Online-Fassung)
  5. In den Konventgebäuden findet man heute das Kartäusermuseum.
  6. „Cella Salutis“ - Die Kartause Tückelhausen. Hrsg.: Tourist Information Ochsenfurt

Kartenausschnitt

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