Weinbergsbereinigung in Randersacker
Die Weinbergsbereinigung in Randersacker bezieht sich auf die historischen Flurbereinigungen im Weinbaugebiet der Marktgemeinde Randersacker, die in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Neuordnung und Neuanlage der Weinberge zur Folge hatten.
Geschichte
In Randersacker betrug die Ertragsrebfläche im Jahre 1945 150 Hektar. In den 1950er Jahren erlebte der Weinbau bedeutende Strukturwandlungen. Sie vollzogen sich in den Weinbergen wie in der Betriebsstruktur. Die Zersplitterung des Grundbesitzes als Folge der Realteilung führte zu immer kleineren und oftmals ungünstig geformten Parzellangrößen. Daher gab es in Randersacker vor der Flurbereinigung ca. 7.500 einzelne Rebgrundstücke mit etwa 450 Flurnamen. [1] Für An- und Abfahrten war ein großer Zeitaufwand nötig. Ausreichende Wirtschaftswege in den Weinbergen fehlten. Die Wasserführung war oft ungeregelt; viele Weinberge waren überaltert.
Ausgangssituation
Die Gesamtfläche der Randersackerer Gemarkung betrug zu Beginn der Weinbergsbereinigung 1.054 Hektar. Davon waren 330,29 Hektar Weinberge mit Weißweinreben, 0,22 Hektar trugen Rotweinreben, 37,99 Hektar lagen brach, oder sie lagen zumindest nicht im Ertrag. Das Ackerland nahm 412,49 Hektar ein, die Viehweiden 120,44 Hektar. Von den Weinbergen besaß der Staatliche Hofkeller Würzburg 19,13 Hektar, das Weingut Juliusspital 8,95 Hektar und das Weingut Bürgerspital 7,82 Hektar. Zu einem Fleckenteppich von ca. 7.500 Parzellen, vorwiegend in Steillagen, kam ein Kostenaufwand, der ein Doppeltes an Ertrag voraussetzen müsste, wollte man ihn rechtfertigen. Zu hoher Kostenaufwand wurde neben dem zersplitterten Besitz auch durch zu enge Rebbepflanzung verursacht, die den Einsatz von kosten- und zeitsparenden Maschinen blockierten und dazu zwangen, die Arbeiten mit der Hand zu verrichten. Dadurch bedingte Schwierigkeiten in der Schädlingsbekämpfung kamen noch hinzu. Zudem waren viele Weinberge überaltert. Das alles führte schließlich bei den meisten Winzern zu der Einsicht, dass die Vorteile einer Weinbergsbereinigung gegenüber vorhandenen Bedenken überwogen.
Weinbergsbereinigung seit 1958
Die zu erwartenden strukturellen Verbesserungen veranlassten den Markt Randersacker schon frühzeitig sich um eine Flurbereinigung in den Weinbergslagen zu bemühen. Schon im Jahre 1958, zum Beginn der Weinbergsflurbereinigung in Franken, konnte mit der Neuordnung der ersten Teilfläche in der Lage „Riedberg“ begonnen werden. [2] Es folgten die Neuordnung der ersten Teilfläche und der Rebwiederaufbau in den Lagen „Dabug“ im Jahre 1965, „Sonnenstuhl“ im Jahre 1967, „Marsberg“ im Jahre 1973 und „Teufelskeller“ in den Jahren 1975/76. Damit waren zu diesem Zeitpunkt bereits ca. 128 Hektar Rebfläche in einer Flurbereinigung neugeordnet und wiederbepflanzt worden. Den Abschluss der gesamten Rebflurbereinigung bildete im Jahre 1985 der „Pflülben“.
Riedberggebiet
Im Hebst 1958 wurde mit der Räumung des 40 Hektar großen Riedbergebietes, nach der Flurbereinigung Teil der größeren Weinlage Sonnenstuhl, begonnen, im Frühjahr 1959 mit dem Wiederaufbau. An ihm waren 74 Winzer von insgesamt 85 Grundstückeigentümern beteiligt. Ein neues Wegenetz wurde angelegt, die Wasserführung geregelt. Grundstücksformen und Zeilenrichtung verbessert, der Splitterbesitz zusammengelegt. Alles erfolgte mit dem Ziel, den Weinbau zu intensivieren, auf Pfropfreben umzustellen, die richtige Sortenwahl zu treffen, sachgemäße Düngung und weitgehende Mechanisierung der Bodenbearbeitung zu ermöglichen.
Am 19. Dezember 1958 war der erste Bauabschnitt beendet worden und im Frühjahr 1959 120.000 neue Reben gepflanzt werden konnten. Im Winter 1959/60 wurde die Drahtanlage errichtet. Im Frühjahr 1960 erfolgte die Zuteilung der neuen Grundstücke an die Grundeigentümer.
Dabug
Das auf die Riedbergbereinigung folgende zweite Flurbereinigungsprojekt betraf hauptsächlich den Autobahnbau und die Lage „Dabug“. Der Dabug gehört bis zum „Roten Graben“ zur Gemeindeflur von Randersacker. Von den 40 Hektar der Gesamtfläche waren 9,5 Hektar Rebflächen zur Bereinigung und zum Wiederaufbau vorgesehen. 27 Hektar erfuhren nur geringe Veränderungen. 3,5 Hektar frostgefährdete Lagen wurden als Äcker zugeteilt. Im Frühjahr 1964 wurde mit den Arbeiten begonnen. Im Mai 1965 konnten 55.000 neue Reben gepflanzt werden. Im Sommer 1966 war der Wegebau beendet und das Gebiet konnte an die Eigentümer verteilt werden.
Vom „Roten Graben“ ab gehört der Dabug zur Flur von Lindelbach. Die Fläche umfasst 17,5 Hektar und wurde in den Jahren 1979/80 bereinigt. Die Besitzeinweisung erfolgte 1982. In der Neuanlage wurden 78.000 junge Reben gepflanzt.
Sonnenstuhl
Die Umlegung des „Sonnenstuhls“ wurde am 24. August 1964 vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten angeordnet. Schon 1962 wollten einige Winzer den südlichen Sonnenstuhl bereinigt haben. Sie mussten sich gedulden, bis nach langem Hin und Her endlich im Herbst 1965 begonnen werden konnte, die Hecken zu entfernen. Im Hinblick auf die bevorstehende Bereinigung waren seit 1963 keine Neuanlagen mehr erstellt worden. Im Frühjahr 1966 wurde mit den Baumaßnahmen begonnen. 31 Hektar betrug die zu bereinigende Fläche. Für Wege und Gräben wurden noch 139 Hektar beigezogen, so dass sich ein Gesamtausmaß von 170 Hektar ergab, von dessen 250 Besitzern ca. 100 von der Weinbergsbereinigung betroffen waren. Die Umlegearbeiten wurden 1966 und 1967 in zwei Wiederaufbauabschnitten durchgeführt. Die Mauern wurden 1967/68 gebaut. Mit dem Anlegen der Wege und Gräben konnte im Herbst 1968 begonnen werden. In den beiden Jahren wurden insgesamt 183.000 Reben gepflanzt.
Spielberg und Marsberg
Als die Bereinigung von „Spielberg“ und „Marsberg“ ins Auge gefasst wurde, lagen von den 40 Hektar Bereinigungsgebiet 14 Hektar brach. In beiden Lagen kann wegen des Gefälles nur Weinbau betrieben werden. Am 14. April 1971 wurde mit der Umlegung begonnen. Für die Anlage von Wegen mussten 300.000 m³ Erde bewegt werden. Die rund 100 Eigentümer am „Spielberg“ und „Marsberg“ mussten pro Hektar eine Eigenleistung von 50.000 Mark pro Hektar aufbringen. [3] Bis zum Jahre 1973 waren dann „Spielberg“ und „Marsberg“ mit Pfropfreben neu bepflanzt, neu aufgeteilt und mit Wegen, Mauern und Abschlussrinnen versehen.
Teufelskeller
Die Bereinigung und der Rebwiederaufbau der Lage „Teufelskeller“ folgten in den Jahren 1975 und 1976. Dabei ging es um eine Rebfläche von 28,44 Hektar mit 49 Teilnehmern. Als befestigte Wege wurden 6,9 km ausgewiesen, für Gräben usw. 2,3 km. Insgesamt mussten 300.000 m³ Erde bewegt werden.
Pfülben, Kapellenberg (Lämmerberg) und Tiefe Klinge
Der letzte Abschnitt zur Neuordnung der Weinlagen in Randersacker war im Jahre 1983 an der Reihe. Ursprünglich waren in diesem Wiederaufbauabschnitt die Flurlagen „Pfülben“ (25 Hektar), „Kapellenberg“ und „Tiefe Klinge“ mit einer Rebfläche von ca. 70 Hektar vorgesehen. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wurde das Wiederaufbaugebiet jedoch um die Lagen „Hinterer Kapellenberg“ und „Tiefe Klinge“ reduziert. Gegen die Einbeziehung dieser Lagen sprachen einsturzgefährdete Mauern, zu schmale Zufahrtswege und Mängel bei der Wasserableitung. Die Bereinigung des Gebiets östlich des Kapellenberges in Richtung Gerbrunn (ca. 20 Hektar) hing nicht zuletzt von der Verrohrung des Rottendorfer Flutgrabens ab. Die Gesamtkosten allein für diese Maßnahme beliefen sich auf neun Millionen DM. [4] Im Rahmen der Weinbergsbereinigung des „Pfülbens“ stand fest, dass zukünftig ein Teil der Weinbergsabwässer des „Lämmerbergs“ in den Flutgraben geleitet werden muss, der sie dann weiter zum Main führt. Hierfür wurde eine entsprechende Verrohrung bergabwärts vorgenommen. Aus Sicherheitsgründen musste der Anschluss an den Flutgraben so entstehen, dass ein hundertjähriges Hochwasser aufgefangen werden kann. [5]
Im verbliebenen Wiederaufbaugebiet waren vor der Flurbereinigung ca. 41 Hektar mit Reben bepflanzt. Infolge des Flächenbedarfs für Wege usw. wurden lediglich ca. 34 Hektar neu mit Reben bepflanzt. Die Planfeststellung erfolgte 1983 und 1984 wurde mit den Baumaßnahmen begonnen. Die Neupflanzung erfolgte 1985. Von den 72 Grundstückeigentümern traten im Verlauf des Verfahrens zehn Eigentümer zurück, deren Flächen vorrangig für Biotopflächen verwendet wurden. 8,7 km befestigte Wege wurden angelegt, 3,3 km Gräben, Wasserrinnen usw. und 11 Rückhaltungen.
Naturschutz und Landschaftspflege
Bei der Planung des Neuordnungsgebietes wurden die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege berücksichtigt. Der natürliche Bewuchs im Teufelskellergraben blieb erhalten. Im Pfülben und im Kapellenberg wurden einige Biotopflächen gesichert, ebenfalls der Biotopgürtel im Norden des Wiederaufbaugebiets. Auch die Naherholungsfunktion dieses Bereiches wurde berücksichtigt. Es wurde ein Rast- und Aussichtspunkt gebaut, die Kapellensteige instand gesetzt und Ruhebänke aufgestellt. Von den etwa 4.000 Metern Weinbergsmauern sind etwa 10 Prozent übriggeblieben. Im flurbereinigten Pflülben entstand als Museumsweinberg der Altfränkische Wengert.
Durch den Fortfall von zahlreichen Weinbergsmauern und zahlreicher liebgewonnener Lagenamen ging ein Stück Weinbergs-Romantik verloren. Ursache für das Verschwinden der Lagenvielfalt ist das Weingesetz vom 19. Juli 1971. Es sieht eine „Weinbergsrolle“ nur für Lagen von mindestens 5 Hektar vor. Übriggeblieben sind die Lagen:
Weinort | Einzellagen | Großlage |
Randersacker | Dabug, Ewig Leben, Lämmerberg, Marsberg, Pfülben, Sonnenstuhl, Teufelskeller | Ewig Leben |
Schutzgebiete
In der Marktgemeinde Randersacker gibt es zahlreiche, an die Weinbergslagen angrenzende Schutzgebiete.
Naturschutzgebiete
Naturdenkmale
- Steinbruchgelände Neuriss
- Naturdenkmal Maulbeerbäume (Randersacker)
- Naturdenkmal Pyramidenpappel (Randersacker)
- Naturdenkmal Teufelskellergraben (Randersacker)
Geschützte Landschaftsbestandteile
Geotope
Künstlerische Ausstattung
Zu den fränkischen Weinbergen gehören auch die Bildstöcke von altersher. Sie blieben entweder erhalten oder wurden neu geschaffen. Im Zuge der Weinbergsbereinigung musste zwar so mancher Bildstock zunächst einmal verschwinden, doch in Wahrung einer alten Tradition wurde der eine oder andere wieder aufgestellt, wurden neue Bildstöcke von heimischen Künstlern geschaffen. Sie bilden zusammen mit Aussichtsplattformen, Ruhebänken und einem gut in die Landschaft eingebundenen Wegenetz, das Weinbergsgebiet auch als Naherholungsraum zu nutzen.
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Randersackerer Dabug | Bildstock in der südöstlichen Weinlage Dabug |
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Randersackerer Lämmerberg | Bildstockaufsatz am westlichen Rand der Weinlage Lämmerberg |
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Randersackerer Lämmerberg | Relieftafel am Kapellenberg in der Weinlage Lämmerberg |
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Randersackerer Lämmerberg | Relieftafel in der Weinlage Lämmerberg |
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Randersackerer Marsberg | Bildstock an der Straße Am Marsberg |
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Randersackerer Marsberg | Monumentale Plastik „Christus in der Kelter“ in der Flurlage „Marsberg“ |
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Randersackerer Marsberg | Monumentale Skulptur „Maria mit Kind und Traube“ im östlichen Teil der Weinlage Marsberg |
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Randersackerer Pfülben | Sühnekreuz am Mittleren Pfülbenweg |
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Randersackerer Pfülben | Bildstock am Mittleren Pfülbenweg |
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Randersackerer Pfülben | Bildstele St. Urban an der Grenze zwischen den Weinlagen Randersackerer Lämmerberg und Pfülben oberhalb der Maria-Schmerz-Kapelle |
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Randersackerer Pfülben | Modernes Gedenkkreuz in der Flurlage „Oberer Pfülben“ |
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Randersackerer Pfülben | Pietà in der Flurlage „Oberer Pfülben“ |
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Randersackerer Pfülben | Dreifaltigkeitsbildstock auf der Weinbergsmauer im Altfränkischen Wengert |
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Randersackerer Pfülben | Kreuzschlepper (Kopie) auf der Weinbergsmauer im Altfränkischen Wengert |
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Randersackerer Sonnenstuhl | Kreuzschlepper nordwestlich unterhalb des Sonnenstuhlturms auf dem Hohenrotberg |
Randersackerer Teufelskeller | Halbfigur einer Madonna auf einer Weinbergsmauer an der Staatsstraße 2449 |
Siehe auch
Quellen und Literatur
- Bruno Rottenbach: Chronik Markt Randersacker. Heimatbuch der Gemeinde Randersacker und des Ortsteiles Lindelbach. Hrsg.: Markt Randersacker 1988, S. 274 ff.
- Main-Post: „In Randersacker sind Äcker rar“ (24. Februar 1971)
- Main-Post: „Stolz und Bitternis am Pfülben vereint“ (19. September 1988)
- Gemeindearchiv Randersacker
Weblinks
Erläuterungen, Hinweise und Einzelnachweise
- ↑ Siehe hierzu die Uraufnahme im BayernAtlas
- ↑ Die früheren Lagen des „Hohen Rothes“ und des „Riedberges“ bilden heute die Weinlage Randersackerer Sonnenstuhl. Der Sonnenstuhl gehört nach der Klassifizierung des Verbandes Deutsche Prädikatsweingüter (VDP) zu den „Ersten Lagen“ Frankens. Die Lage Sonnenstuhl liegt im oberen Bereich des Muschelkalks. Die oberen Bodenschichten im steil abfallenden Bereich sind toniger Lehm, im oberen äußeren Rothberg und im Riedberg sandiger toniger Lehm, im unteren Teil, in der Nähe der Straße Am Sonnenstuhl, Sand bis lehmiger Sand. Der Riedberg mit 20 Hektar Rebfläche wurde 1959 flurbereinigt, der Rothberg mit 30 Hektar 1967/68.
- ↑ Fränkisches Volksblatt: „Marsberg/Spielberg werden bereinigt“ (15. April 1971)
- ↑ Main-Post: „Teuere Zeiten erschweren Weinbergsbereinigung“ (10. März 1981)
- ↑ Main-Post: „Das Wasser des Lämmerbergs spült eine Million in den Graben“ (6. Oktober 1984)