Wüstenzell
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Wüstenzell | |
Ortstyp | Ortsteil |
Gemeinde | Holzkirchen |
Verwaltungsgemeinschaft | Helmstadt |
Landkreis | Würzburg |
Regierungsbezirk | Unterfranken |
Freistaat | Bayern |
Land | Deutschland |
Kfz-Kennzeichen | WÜ |
Fläche | 3,24 km² |
Eingemeindung | 1. Mai 1978 |
Ehemaliges Wappen | |
Wüstenzell ist ein Ortsteil der Gemeinde Holzkirchen im westlichen Landkreis Würzburg.
Lage
Wüstenzell liegt an der Staatsstraße 2310 nahe der Landesgrenze zu Baden-Württemberg und ist seit 1978 Ortsteil von Holzkirchen. Nachbarorte sind Dertingen (Baden-Württemberg) im Westen, Holzkirchen im Osten und Holzkirchhausen im Süden. Südlich fließt der Aalbach durch das Dorf. Seit 2016 gehört Wüstenzell zur Streckenführung der Romantischen Straße.
Bevölkerung
Religion
- Katholische Filialkirche St. Maria und St. Johannes der Täufer
- Die Verstorbenen des Ortes werden auf dem Neuen Friedhof Wüstenzell bestattet.
Persönlichkeiten
- Hugo Karpf, Politiker
Geschichte
Die Entstehung des Ortes Wüstenzell dürfte eine Folge der Klostergründung von Holzkirchen sein, denn Cella wurden die Wirtschaftshöfe eines Klosters genannt. Die älteste Nachricht stammt aus einer von Karl dem Großen im Jahr 775 zu Düren ausgestellte Urkunde, durch welche er das von einem gewissen Troandus, Gaugraf des Waldsassengaus, erbaute und mit seinem Eigengute dotierte Kloster Holzkirchen dem Abte Sturmius zu Fulda übergibt. Da Wüstenzell zum Zeitpunkt der Schenkung von Holzkirchen an das Kloster Fulda bereits ein ansehliches Dorf war, musste es demnach schon länger existieren.
Als Fulda seit dem 12. Jahrhundert politisch in den Hintergrund zu treten begann, hatten die Lehensleute der Reichsabtei dieser weitgehend ihre Grundherrschaft entfremdet. Fast überall im Bereich von Holzkirchen-Wüstenzell erschien die Grafschaft Wertheim als Besitznachfolger der Benediktinerabtei. Im Jahre 1359 wird Wüstenzell als Bestandteil des Cents Remlingen in den Steuerlisten der Grafschaft Wertheim erwähnt. Hier befand sich eine Zollstation der damaligen Besitzer, der Grafen von Wertheim, an der Straße von Würzburg nach Wertheim. Nachdem die Grafen von Wertheim, Schutzherren von Wüstenzell, nach dem Bauernkrieg 1528 den evangelischen Glauben angenommen hatten, wurde auch Wüstenzell evangelisch. Nach dem Aussterben des Grafengeschlechts 1556 machten sowohl das Hochstift Würzburg, als auch die Propstei Fulda ihre Ansprüche an den Wertheimer Besitzungen geltend. 1612 zog Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn das wertheimische Centamt Remlingen mit all den zugehörigen Ortschaften (auch Wüstenzell) für das Hochstift Würzburg ein, führte die katholische Religion wieder ein und übernahm auch den bis dahin ausgeübten Schutz der Grafen von Wertheim für dieses Gebiet durch das Hochstift Würzburg. Im gleichen Jahr schickte Fürstbischof Julius Echter ein altare portatile [1] zur Abhaltung des Gottesdienste für das Kirchlein von Wüstenzell. 1632 verschenkte der Schwedenkönig Gustav Adolf das Kloster Holzkirchen an den Grafen von Löwenstein in Wertheim, womit Wüstenzell wieder evangelisch wurde, jedoch musste Löwenstein das Kloster 1634 wieder an den Propst Hermann Georg von Neuhof zurückgeben und Wüstenzell wurde wieder katholisch.
Ein direkter Eingriff in die Entwicklung Wüstenzells bildete der 1801 verlorene zweite Koalitionskrieg gegen Frankreich. Durch die Verschiebung der französischen Ostgrenze von Napoleon verloren einige deutsche Fürsten ihre linksrheinischen Gebiete. Als Entschädigung dafür wurden ihnen im Reichsdeputationsausschuss von 1803 die im Rahmen der Säkularisation enteigneten Besitze zugeschlagen. Hierbei wurden alle geistlichen Reichsstände aufgelöst, das Vermögen enteignet und auch das Hochstift Würzburg hörte auf zu existieren, Würzburg mit seinem Umland wurde 1815 endgültig bayerisch. Ab 1833 wurden die Wüstenzeller Kinder in einer gemeindeeigenen Volksschule unterrichtet. Aufgrund der Schulreform in Bayern wurde sie 1967 geschlossen. 1922 wurde Wüstenzell an das Elektrizitätsnetz angeschlossen, wobei auch die erste Straßenbeleuchtung eingerichtet wurde.
Die ehemals eigenständige Gemeinde Wüstenzell gehörte seit 1949 zum Alt-Landkreis Marktheidenfeld und wurde, wie auch Holzkirchen, 1972 durch die Landkreisreform dem Landkreis Würzburg zugeteilt. 1976 erfolgte der Ausbau der Ortsdurchfahrt von West nach Ost (Aalbachtalstraße) durch den Landkreis Würzburg. Seine Selbstständigkeit verlor der Ort 1978 mit der Eingemeindung nach Holzkirchen.
Namensherkunft
Bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde das Dorf „Zell“ oder „Bösenzell“ genannt. [2] Später setzte sich der Name „Wüstenzell“ durch, der wie Bösenzell eine wüste, öde, unbebaute Gegend bezeichnet. [3]
Wappen
Blasonierung
Geteilt von Weiß und Blau; oben ein schwarzes Tatzenkreuz, unten eine silberne heraldische Rose.
Wappendeutung
Das schwarze Tatzenkreuz ist das Wappen der Abtei Fulda und bezieht sich auf die seit dem 8. Jahrhundert bestehende Verbindung zu diesem Kloster. Die Rose sowie die Farben Blau und Gold sind dem Wappen der Grafen von Wertheim entnommen, zu deren Herrschaftsgebiet Wüstenzell einst gehörte.
Sehenswertes
- Wüstenzeller Mühle (Getreidemühle, Mühlenweg 17, Inhaber: Roland Müller)
- Bildeiche und Kriegerdenkmal 1939-45 im Waldgebiet Steinert
Vereine
- Freiwillige Feuerwehr Wüstenzell mit First Responder (Helfer vor Ort, kurz HvO)
- Liederkranz Wüstenzell
- Radler Club Grenzland-Franken Wüstenzell e.V.
- Vereinsring Wüstenzell (vereinsübergreifender Zusammenschluss)
Ehemalige Vereine
Wirtschaft und Infrastruktur
Unternehmen
- Noxum (Zweigbetrieb von Noxum Würzburg)
- Raiffeisenbank Höchberg e.G. (Geldautomat, Frankenstraße 20)
- Roth Senger Sonnenschutztechnik
Ehemalige Gastronomiebetriebe
- Berti's Heuboden (Frankenstraße 6) (heute: Veranstaltungsraum)
- Gasthaus Zum Weißen Roß (Frankenstraße 8)
- Gasthaus Zum grünen Baum (Frankenstraße 10)
Verkehr
Wüstenzell wird von der Staatsstraße 2310 geteilt. Im Ort kreuzt sich diese mit der Kreisstraße WÜ 59. Anschluss an das Bundesfernstraßennetz besteht über die Anschlussstelle Wertheim/Lengfurt der Bundesautobahn 3.
ÖPNV
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Siehe auch
- Landkreis Würzburg
- Verwaltungsgemeinschaft Helmstadt
- Alt-Landkreis Marktheidenfeld
- Romantische Straße
Quellen und Literatur
- Festschrift: 1250 Jahre Holzkirchen 775-2025. Hrsg.: Gemeinde Holzkirchen im Juni 2025
- Bernhard Weigand: Ortschronik des Dorfes Wüstenzell. Hrsg.: Gemeinde Holzkirchen, 2012
Weblinks
Einzelnachweise, Erläuterungen und Hinweise
- ↑ Ein Altarstein (auch Trag[e]altar oder lat. Altare portatile, „tragbarer Altar“, genannt) gehört in der römisch-katholischen Kirche zur Ausstattung von Altären, die nicht aus Stein gefertigt oder fest angebracht waren. Weitere Informationen bei Wikipedia [1].
- ↑ Johann Georg Friedrich Jacobi: „Neue Sammlung geographisch-historisch-statistischer Schriften“, Bd. 3, 1784, S. 281
- ↑ „„Wüsten“ stehet manchen Oertern nur zufälliger Weise vor, um anzuzeigen, daß sie ungebauet gelegen.” Ch. L. Eber: „Geographisches Reise- Post- und Zeitungs-Lexicon von Teutschland“ 1756, S. 458 Das würtzburgische Wüstenzell wird hier Hohenburg zugeordnet, was sich auf Homburg am Main bezieht. „Topographisches Reise-, Post- und Zeitungslexicon von Deutschland“ 1782, S. 561