Ludwigsbahnhof

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Ludwigshalle (zwischen 1910 und 1920)

Der Ludwigsbahnhof (auch Alter Bahnhof, die spätere Ludwigshalle) entstand als erster Würzburger Bahnhof mit der staatlichen Ludwigs-West-Bahn, die von 1844 bis 1854 zwischen Bamberg und Aschaffenburg errichtet wurde. Er wurde 1854 eröffnet und erfüllte seine Funktion bis zu seiner Ablösung durch den neuen Hauptbahnhof im Jahr 1864. Benannt wurde die Station nach König Ludwig I. von Bayern. In späteren Jahren diente das Empfangsgebäude unter dem Namen Ludwigshalle als Veranstaltungssaal, bis es 1945 durch Kriegseinwirkung zerstört wurde. In den 1960er Jahren wurden die Ruinen abgerissen und das heutige Mainfranken Theater errichtet.

Geschichte

Standort

Gleisplan mit Gebäuden und Walltor

Der Standort des Empfangsgebäudes war am heutigen Mainfranken Theater. Die zuführenden Gleise mit Einsteighalle und Betriebsgebäuden erstreckten sich nach Nordosten entlang der heutigen Ludwigstraße und führten mittels stark befestigter Tore durch die damals noch bestehende massive Stadtbefestigung.

Ob der Würzburger Bahnhof innerhalb oder außerhalb der Stadtmauern entstehen sollte, wurde mit dem Näherkommen der Bahnlinie lange diskutiert. Dabei gab es eigentlich eine klare königliche Vorgabe für die gesamte Strecke der Ludwigs-West-Bahn: „Seine Majestät der König haben sich allerhöchst dahin auszusprechen geruht, daß die Eisenbahnhöfe vor den Städten zu erbauen seyen, indem Allerhöchst Dieselben es ungern sehen, wenn Stadtmauern durchbrochen und Stadtthore abgebrochen werden.”

Für das ganze Würzburger Stadtgebiet galt damals noch die Festungseigenschaft. D.h., die Stadt war von massiven Mauern und Wällen umgürtet, die lediglich durch wenige enge und gesicherte Tore passiert werden konnten, die Bautätigkeit außerhalb der Mauern war strikt reglementiert, die Befestigungen und ihr Vorfeld waren staatliches Eigentum und unterlagen den Bestimmungen des Militärs.

Erste Standortvorschläge zogen bereits das Gelände am Ausflugslokal Smolensk in Erwägung, das sich etwas östlich des heutigen Hauptbahnhofs befand. Hier wären die Grunderwerbskosten besonders niedrig gewesen und man hätte der Vorgabe des Königs entsprochen und von Beginn an einen verkehrstechnisch günstigeren Durchgangsbahnhof gestalten können. Auch sah man eine Chance der Ausweitung der Stadt, welche allgemein durch die Festungseigenschaft so stark eingeengt und in ihrer Entwicklung beschränkt war. Für den Platz außerhalb der Mauern sprach auch der größere Abstand zur Wohnbebauung, um Feuergefahr, Lärm und Qualmbelästigung einzuschränken. Zudem wäre der hohe Kostenaufwand für die Walldurchbrüche entfallen. Das Militär sah sogar eine Option, den Bahnhof als Vorwerk der Stadt auszubauen.

Der Magistrat der Stadt sprach sich jedoch dafür aus, die Schienenanbindung in das bisherige Stadtgebiet mit einzubeziehen und die Gleise durch die Wälle im Nordosten der Stadt zu einem Kopfbahnhof nahe der Theaterstraße zu führen. Hier befand sich ein wenig bebautes, großteils sumpfiges Gebiet (vor 1803 zur Kartause Engelgarten und zum Kapuzinerkloster Würzburg gehörig), das günstig zu erwerben und für Wohnbebauung zu der Zeit kaum verwendbar war. Begründet wurde der Wunsch der Innenlegung insbesondere damit, dass der Verkehr und Zugang zu einem außen liegenden Bahnhof durch die engen Stadttore nicht ausreichend zu gewährleisten sei. Die Bahn sollte gut und bequem erreichbar sein, der Bahnhof im Schutz der Ummauerung liegen.

In der Bevölkerung wurde eine rege Debatte um die Standortwahl geführt. Am 2. August 1851 sollte schließlich eine Bürgerabstimmung stattfinden, die jedoch wegen befürchteter politischer Ausschreitungen verboten wurde. Da es sich um eine staatliche Bahnlinie handelte, blieb die Entscheidung über die Standortwahl den staatlichen Entscheidungsträgern vorbehalten. Den Ausschlag gab letztlich die Forderung des Kriegsministeriums, den Bahnhof wegen der bestehenden Festungseigenschaft innerhalb der Wälle zu platzieren. Daher entsprachen schließlich auch der König und die Regierung den Vorstellungen des Magistrats. Am 8. Juli 1851 erfolgte die königliche Genehmigung, das Gelände vom heutigen Theater bis zum damaligen Wall und Stadtgraben als Bahngelände auszubauen. Noch im selben Jahr begannen die Arbeiten.

Bau

Das Stationsgebäude mit einem sehr repräsentativen Charakter wurde 1853-1856 [1] [2] von Gottfried von Neureuther im Stil der Neurenaissance (Neorenaissance) errichtet, der auch alle anderen Bahnhöfe an der Ludwigs-West-Bahn schuf. Der Bau gliederte sich in das Empfangsgebäude mit Wartehalle und Gastronomie, sowie die daran anschließende 100 Meter lange und 24 Meter breite Einsteighalle. Wobei das Empfangsgebäude quer zur Gleisrichtung ausgerichtet war und die Anlagen zur Straße abschloss (Kopfbahnhof). In die Bahnhofshalle führten vier Gleise, die wiederum in zwei Drehscheiben an den Gleisenden mündeten. In Richtung Bastionstunnel schlossen sich auf engstem Raum Güterschuppen, Lokschuppen und Wirtschaftsgebäude (u.a. eine Remise zur Abstellung von Waggons und eine Werkstatt) an. Auf dem etwa 400 Meter langen und zwischen 50 und 100 Meter breiten Areal gab es außerdem Abstellgleise und weitere Drehscheiben, die das Rangieren auf engstem Raum erleichtern sollten.

Gebäude und Anlagen des Würzburger Ludwigsbahnhofs und des Alten Bahnhofs in Hof [3] wurden zum Teil nach den gleichen Plänen errichtet.

Eröffnung

Da die Bauten am Bahnhof zu Würzburg bis zur Eröffnung der Bahn von Schweinfurt nach Würzburg nicht soweit fertiggestellt waren, dass das Gebäude benützt werden konnnte, wurde zunächst ein provisorischer Bahnhof errichtet. Zu diesem Zwecke wurden Bestandteile des bis 1846 in Bamberg benutzten bretternen Bahnhofgebäudes zu Wasser nach Würzburg transportiert. [4] Der Bahnhof wurde mit einer feierlichen Eröffnung am 1. Juli 1854 in Betrieb genommen. König Maximilian II. Joseph von Bayern war dazu in einem eigenen Salonwagen mit dem ersten einfahrenden Zug um 11 Uhr eingetroffen und fuhr nach kurzem Verweilen im Bahnhof zur Residenz, wo er mehrere Privataudienzen erteilte, die angesagte allgemeine Vorstellung aber sich verbat. Nachmittags bei etwas besserem Wetter machte der König eine Fahrt durch die geschmückten Straßen der Stadt und nahm dann, zur Residenz zurückgekehrt, einen feierlichen Aufzug der Gewerbe an. Abends verherrlichte Seine Majestät den Festball der Harmoniegesellschaft mit seiner Gegenwart; er eröffnete den Ball mit der Gemahlin des 1. Bürgermeisters Josef Friedrich Treppner, verweilte gegen 4 Stunden und sprach seine Zufriedenheit mit dem ihm gewordenen Empfang zu wiederholten Malen aus. Am nächsten Vormittag um 10 Uhr verließ der König, nachdem er noch die Garnison hatte die Revue passieren lassen, mit einem Extrazug Würzburg wieder. [5] Das Bahnhofsgebäude wurde erst zwei Jahre später fertiggestellt und am 16. Juni 1856 seiner Bestimmung übergeben. [6]

Nutzung als Bahnhof

Bald zeigten sich aber die verkehrstechnischen Nachteile des Kopfbahnhofs: Durch ein gestiegenes Verkehrsaufkommen gab es Platzmangel in allen Bahnhofsbereichen, die Gleise erwiesen sich als zu kurz und das Rangieren erwies sich als umständlich und für den fließenden Verkehr gefährlich. [7] Zudem wurde das Streckennetz erweitert (fünf Streckenrichtungen), dies war auf der bisherigen Anlage nicht zu bewältigen. Mit der Aufhebung der Festungseigenschaft der rechtsmainischen Stadt 1856 war der Weg zu einem Durchgangsbahnhof frei, der nun außerhalb der bisherigen Stadtgrenzen geplant wurde. So entstand am Standort des heutigen Hauptbahnhofs ab 1862 ein komplett neues Betriebsgelände. Am 1. Juli 1864 nahm der neue Bahnhof seinen Betrieb auf, 1866 wurde der Ludwigsbahnhof außer Dienst genommen. 1868 erwarb die Stadt für 380.000 Gulden das gesamte Bahngelände.

Entstehung der Ludwigstraße

Im Bereich der ehemaligen Gleis- und Betriebsanlagen entstand mit der Ludwigstraße eine neue prachtvolle Ausfallstraße. Das angrenzende Gelände (mit Ausnahme des Empfangsgebäudes) erwarb eine neu gegründete Aktiengesellschaft zur Errichtung von Neubauten gehobenen Standards. Bereits 1869/1870 wurden hier mehrere Häuser nach einem einheitlichen Plan errichtet. [8] [9] Das Walltor wurde 1870 im Zuge der Stadtentfestigung abgebrochen. Bis 1873 war auch die Grabenbrücke vollständig entfernt. Deren große Steinquader fanden an der Ufermauer des Oberen Mainkais, am neuen Hofgartenabschluss entlang des Rennwegs sowie zur Erweiterung der sogenannten dürren Brücke an der Veitshöchheimer Straße Verwendung. [10] [11]

Nutzung als Ludwigshalle

Die Empfangshalle des alten Bahnhofs wurde in der Folgezeit als Ludwigshalle für Ausstellungen und Festlichkeiten genutzt. Das Würzburger Theater sowie das Luitpold-Museum lag auf der anderen Straßenseite. Die Würzburger Kickers nutzten die Ludwigshalle zeitweise auch als Sportstätte, beispielsweise 1910 für Tennis („Ludwigshallen-Tennis”). [12] Auch wurden dort Veloziped-Kurse (für das als Sportart sich damals verbreitende Radfahren) abgehalten. [13] Im April 1914 fand in der Ludwigshalle eine Gartenbauausstellung [14] und im Sommer 1917 eine Luftkriegs-Ausstellung statt. Der Alte Bahnhof wurde darüber hinaus teilweise auch an Gastronomie („Theater-Gaststätten” bis 1900) und Einzelhandel verpachtet und im oberen Stockwerk waren seit 1877 Schulzimmer eingerichtet. [9] 1921 erfolgten die Zusammenlegung der Bibliothek des Volksbildungsvereins mit der Stadtbibliothek und der Umzug in die Ludwigshalle. 1923 kam die städtische Lehrerbücherei hinzu. [15] Am 16. Oktober 1932 hielt Adolf Hitler im Rahmen einer Großveranstaltung eine Rede in der Ludwigshalle. [16]

Abriss nach Zweitem Weltkrieg und heutige Zeugnisse

Die Ruinen der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Ludwigshalle wurden erst in den 1960er Jahren entfernt, um Platz für den Neubau des Stadttheaters (heute Mainfranken Theater) zu schaffen. Zwei steinerne Löwen, die ursprünglich auf dem Dach eines Vorbaus zum Wartesaal der 1. Klasse gestanden hatten, befinden sich gegenwärtig am Alten Kranen und auf der gegenüberliegenden Mainseite in einer Höhlung im rekonstruierten Stumpf des Dicken Turms (Dreikronenstraße).

Mehrere Steinquader an der Stützmauer des Hofgartenwalls weisen entlang des Rennwegs mehrfach markante Löcher auf. Diese sind dadurch zu erklären, dass Steinquader der ehemaligen Eisenbahnbrücke des Ludwigsbahnhofs im Zuge der Entfestigung der Altstadt hier wiederverwendet wurden. [17]

Damals und heute

Heutige Situation im Jahre 2023.

Bahnhofsmodelle

Der Ludwigsbahnhof als Modell
  • Der Ludwigsbahnhof existiert als H0-Modell im Maßstab 1:87 (5 x 1,40 Meter groß - siehe Abbildung rechts). Das Modell wurde in zehnjähriger Arbeit zwischen 1989 und 1999 von einer Firma in Roth bei Nürnberg hergestellt und war mehrere Jahre im unterfränkischen Verkehrsmuseum in Gemünden untergebracht, welches heute nicht mehr existiert. 2010 plante das Bürgerforum Würzburg, das Modell wieder nach Würzburg zu holen und am ehemaligen Standort im heutigen Mainfranken Theater auszustellen. [18] Das Modell stand vorläufig im Landratsamt Würzburg. Von Anfang Mai bis zum 7. Juni 2013 konnte dieses Modell im Foyer der Regierung von Unterfranken betrachtet werden. [19] Anfang 2014 stand das Modell zeitweise in der Sparkasse Mainfranken Würzburg in der Hofstraße. Der Würzburger Club der Eisenbahner ist noch auf der Suche nach einer dauerhaften Bleibe. [20]
  • In zehnjähriger Arbeit baute der Würzburger Modellbau-Fan und Vorsitzende des Modellsportclubs Taubertal, Willi Treiblmair, den alten Ludwigsbahnhof in der Spur H0 nach. Er hielt sich dabei an Pläne des Bahnmuseums in Nürnberg und verwendete Plastikreststoffe. Das Modell ist in der Dimension deutlich größer und umfasst daneben auch die Festung Marienberg. Willi Treiblmair kündigte an, sein Modell kostenlos der Stadt Würzburg zur Verfügung zu stellen und nach seinem Ableben das Eigentum der Stadt zu übertragen. [21]

Siehe auch

Quellen und Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Würzburger Adreßbuch Bd. 44 (1941) S. XX
  2. Eisenbahn Journal: „Elektrolokomotiven beim Bw Würzburg“ Heft II (1988) S. 8
  3. Wikipedia: Alter Bahnhof Hof
  4. Tagblatt der Stadt Bamberg (15. März 1954). Das Bahnhofsgebäude in Bamberg wurde im September 1846 eröffnet (siehe Bahnhof Bamberg bei wikipedia.org).
  5. Regensburger Zeitung (5. Juli 1854)
  6. Münchener Bote für Stadt und Land (22. Juni 1856)
  7. Heinrich, Peter; Schülke, Hans: Bahnknotenpunkt Würzburg. Das große Bahnbetriebswerk in Unterfranken. S. 12
  8. Bruno Rottenbach: Würzburger Straßennamen. Band I. Fränkische Gesellschaftsdruckerei, 1967.
  9. 9,0 9,1 Thomas Memminger: Würzburgs Straßen und Bauten. 2. Auflage, Gebrüder Memminger Verlagsbuchhandlung, Würzburg 1921, S. 249 f.
  10. Franz Seberich: Der alte Bahnhof und seine Schicksale. In: Die Mainlande. Nr. 17 S. 65
  11. Würzburger Stadt- und Landbote: allgemeiner Anzeiger für Würzburg und Umgebung, 17. August 1872
  12. Archiv Rainer Adam (Würzburger Kickers)
  13. Bruno Rottenbach: Mosaik aus 100 Jahren. Würzburg von 1868 bis 1968, in: 15 Jahrhunderte Würzburg. Eine Stadt und ihre Geschichte. hrsg. von Heinz Otremba, Echter Verlag, Würzburg 1979, S. 435-448, S. 440a
  14. Thomas Memminger: Würzburgs Straßen und Bauten. 2. Auflage, Gebrüder Memminger Verlagsbuchhandlung, Würzburg 1921, S. 279
  15. Eberhard Dünninger, Karen Kloth, Irmela Holtmeier: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Georg Olms Verlags AG, Hildesheim 1997, S. 153 ff.
  16. Peter Weidisch: Würzburg im Dritten Reich. In: Geschichte der Stadt Würzburg. Band III. Hrsg. Ulrich Wagner, Theiss-Verlag Stuttgart 2007, S. 214
  17. Main-Post: „Warum die Mauer am Rennweg Löcher hat“ (4. Dezember 2018)
  18. Main-Post: „Räte wollen großes Bahnhofs-Modell kaufen“ (21. April 2010)
  19. Würzburg erleben: Modell des alten Ludwigsbahnhofs zu sehen (7. Mai 2013; mit Bildern)
  20. Main-Post: „Fünf Meter Erinnerung an den Ludwigsbahnhof“ (26. Januar 2014)
  21. Main-Post: „Ludwigsbahnhof: Privatmann stellt sein Modell zur Verfügung“ (14. Mai 2010)

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