Geschichte des Würzburger katholischen Sonntagsblatts
Dies ist die bestätigte sowie die neueste Version dieser Seite.
Das Würzburger katholische Sonntagsblatt erscheint seit dem Jahr 1850. Damit ist es nach dem „Pilger“ in Speyer (gegründet 1848) die zweitälteste noch bestehende Kirchenzeitung in Deutschland.
Zeit des Umbruchs
Die Gründung des Sonntagsblatts fällt in eine Zeit des Umbruchs: Durch die Säkularisation [1] von 1803 ging die Verbindung von geistlicher und weltlicher Macht in der Hand der Fürstbischöfe unter. Das Hochstift Würzburg als geistlicher Staat wurde aufgelöst, das Bistum blieb allerdings bestehen. Bereits 20 Jahre später, an Ostern 1822, gründet der aus Nordheim vor der Rhön [2] stammende Priester Franz Georg Benkert eine erste katholische Publikation in Würzburg, den „Religionsfreund für Katholiken“. Benkert war ab 1821 Subregens, ab 1832 Regens des Würzburger Priesterseminars. 1835 benannte er die Zeitschrift in „Allgemeiner Religions- und Kirchenfreund“ um. [3] In der Zeitschrift orientierte sich Benkert an der Zeitschrift „Der Katholik“, die der spätere Bischof von Straßburg, Andreas Räß [4], und der spätere Bischof von Speyer, Nikolaus von Weis [5], 1821 in Mainz gegründet hatten. Bis 1836 war Benkert Alleinredakteur, 1838 übernahmen der Religionslehrer Georg Joseph Saffenreuter und Domkaplan Franz Xaver Himmelstein. 1847 wurde das Blatt offenbar eingestellt. Von 1829 bis 1837 gab es zudem die „Aschaffenburger Katholische Kirchenzeitung“. Gründer und Chefredakteur war der katholisch-monarchistische Publizist Johann Baptist von Pfeilschifter. [6] Abgelöst wurde die „Aschaffenburger Katholische Kirchenzeitung“ durch den „Herold des Glaubens“, der allerdings auch nur bis 1843 erscheint.
Revolutionsjahr 1848
Stürmisch ging es im Revolutionsjahr 1848 [7] in ganz Deutschland zu, auch in der katholischen Kirche: Knapp 50 Jahre nach der Säkularisation fand im Oktober 1848 die erste Generalversammlung der Katholischen Vereine Deutschlands [8] in Mainz statt. Sie gilt als erster deutscher Katholikentag. Vom 22. Oktober bis zum 26. November 1848 tagten die deutschen Bischöfe erstmals in der deutschen Kirchengeschichte als „Versammlung der deutschen Bischöfe“ in Würzburg. Anlass waren damals die politischen Umwälzungen, die Revolutionen von 1830 und 1848, die Paulskirchenbeschlüsse [9] in Frankfurt am Main sowie die sich zunehmend gründenden kirchlichen Laienvereine. Würzburger Bischof war damals Georg Anton von Stahl (1840 bis 1870). Um die Bedeutung der katholischen Kirche in der Gesellschaft zu stärken, regten Geistliche in ganz Deutschland die Gründung von regionalen Kirchenzeitungen an.
Gründungszeit
Von diesen Aufrufen ließ sich der Priester Johann Baptist Geiger inspirieren. Geiger wurde 1817 in Aschaffenburg geboren, 1844 weihte ihn Bischof Stahl zum Priester. Er war Lehrer an den Lateinschulen in Neustadt an der Saale und Hammelburg, danach „Studienlehramts- und Benefiziumsverweser“ in Haßfurt. Am Sonntag, 2. Dezember 1849 brachte er eine so genannte Nullnummer, also einen Vorgeschmack auf das „Katholische Sonntags-Blatt für Stadt und Land“ heraus. Darin kündigte er ein vierseitiges Wochenblatt mit frommen Gedichten, Betrachtungen zum Sonntag und zu Kirchenfesten, Artikeln zu Glaubens- und Sittenfragen, Erzählungen und kirchlichen Nachrichten aus dem In- und Ausland an.
Wie angekündigt, erschien am Sonntag, 6. Januar 1850, das erste reguläre Heft. [10] Auf der Titelseite des „Katholischen Sonntagsblatts für Stadt und Land“ hieß es: „Zweck desselben ist: Mitwirkung zur Neubelebung christlicher Gesinnung und Gesittung im Volke durch religiöse Belehrungen, erbauende Erzählungen und interessante kirchliche Mittheilungen. So soll es eine angemessene, lehrreiche und nützliche Sonntagslektüre für jede christliche Familie werden.“ Der Preis betrug 21 Kreuzer vierteljährlich. In der Rubrik „Prophezeiungen“ hieß es: „Das Jahr 1850 wird wieder sehr fruchtbar sein an menschlichem Unverstand und vielfacher Thorheit, obschon es die Menschen nicht einsehen wollen; und von Hohen und Niederen werden so viele dumme Streiche gemacht werden, dass, hätte man für jeden einen Silbergroschen, man den Dom zu Cöln fertig bauen könnte.“
Inhaltlich arbeitete Priester und Redakteur Johann Baptist Geiger eng mit dem 1848 gegründeten „Christlichen Pilger“ in Speyer zusammen.. Geiger kam immer wieder in Konflikt mit staatlichen Autoritäten. Zu Kiliani 1853 wurde sogar eine Ausgabe beschlagnahmt. 1854 wechselte Geiger nach Aschaffenburg und verlegte auch den Druck des Sonntagsblatts von der Würzburger Druckerei C.A. Zürn zur Druckerei Hembt nach Aschaffenburg. 1855 verließ Geiger die Diözese Würzburg, um in Altötting dem Redemptoristen-Orden [11] beizutreten.
Redaktion unter Pfarrer Hofmann
1855 übernahm Pfarrer Franz Jakob Hofmann die Redaktion des Sonntagsblatts und verlagerte den Druck zurück nach Würzburg zur Firma Michael Walz. Hofmann wurde 1818 in Bürgstadt bei Miltenberg geboren, ab 1862 war er Seelsorger in Güntersleben. Dreißig unruhige Jahre lang leitete er das Sonntagsblatt. In diese Zeit fiel unter anderem der Krieg von 1866, den das protestantisch geprägte Preußen gewann. Nach dem ersten Treffen der Bischöfe 1848 in Würzburg fand die erste als solche bezeichnete Bischofskonferenz in Fulda im Jahr 1867 statt. Dabei wurden verstärkt katholische Tageszeitungen gefordert. Theologe Johann Baptist Stamminger aus Zell a. Main gründete daraufhin im Juni 1868 in Würzburg das „Fränkische Volksblatt“ als katholische Tageszeitung und damit starke Konkurrenz für das Sonntagsblatt. [12]
Um die Zensur zu umgehen, bevorzugte Hofmann vor allem erbauliche Erzählungen und Meditationen, politische Fragen wurden nur gestreift. In seinem Nachruf im Jahr 1893 heißt es, dass er jeden Mittwoch zwei Stunden von Güntersleben nach Würzburg lief, das Sonntagsblatt schrieb und nachts wieder nach Hause lief. „Auf dem Weg betete er sein Brevier“, steht in dem Bericht. Die Auflage schwankte in den ersten Jahrzehnten zwischen mehr als 1000 und unter 500.
Sonntagsblatt nach Pfarrer Hofmann
1887 übernahm Johann Erk, Rektor an der Marienkapelle Würzburg, die Redaktion von Hofmann. 1892 wurde der Titel in „Würzburger Katholisches Sonntagsblatt für Stadt und Land“ geändert, also die Bischofsstadt in Unterfranken explizit erwähnt. Im Jahr 1900 zog die Redaktion vom Burkardushof in die neu gegründete Fränkische Gesellschaftsdruckerei an der Juliuspromenade (Echterhaus) um. Dort blieb sie bis zum Umzug ins Medienhaus der Diözese Würzburg am Kardinal-Döpfner-Platz im Jahr 2008.
Entwicklung im 20. Jahrhundert
Um das Sonntagsblatt auch wirtschaftlich sicherer aufzustellen entwickelte sich eine Zusammenarbeit mit den neu gegründeten Arbeiter- und Bauernvereinen. 1906 überahm der Diözesanverband der Katholischen Arbeiter- und Arbeiterinnenvereine sogar das Sonntagsblatt als Eigentümer. Schriftleiter Leo Wolpert konnte ab 1912 die Auflage steigern bis auf 45.000. Im Ersten Weltkrieg wurden zeitweise mehr als 20.000 Exemplare über die Pfarrämter den Soldaten ins Feld geschickt. Wolpert stand 30 Jahre lang an der Spitze des Sonntagsblatts und erhielt den Beinamen „der Press-Priester“. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 und mehreren Ermahnungen der Redaktion wurde das Eigentum am Sonntagsblatt sicherheitshalber im September 1933 dem Domkapitel übertragen. Im April 1938 wurde zudem der Titel in „Würzburger Bistumsblatt“ geändert. Trotz oder wegen der Repressalien durch die Nationalsozialisten erreichte die Zeitung unter Bischof Matthias Ehrenfried eine Auflage von 70.000. Die Kriegswirtschaft setzte dem ein jähes Ende: Am 25. Mai 1941 erschien die vorerst letzte Ausgabe.
Neuerscheinung nach dem Zweiten Weltkrieg
Fast genau fünf Jahre später, am 19. Mai 1946, durfte das Sonntagsblatt neu erscheinen. [13] Bischof Ehrenfried beauftragt den jungen Domvikar Dr. Helmut Holzapfel mit der Leitung. Mit Unterstützung des neuen Bischofs Julius Döpfner erweiterte Holzapfel den Umfang kontinuierlich von vier auf 32 Seiten. „In jede katholische Familie unseres Bistums gehört unser Sonntagsblatt“, forderte Döpfner anlässlich des 100-jährigen Bestehens 1950. In den 1970er Jahren stieg die Auflage auf mehr als 90.000. Mit der Auflage wuchs auch das Team: Es kamen Redakteure, Anzeigenleiter und der Vertrieb mit mehr als 1000 Agenturen hinzu. Inhaltlich prägten das Zweite Vatikanische Konzil [14] (1962 bis 1965) und die Würzburger Synode (1971 bis 1975) die Kirchenzeitung.
Eingliederung in das Bischöfliche Ordinariat
1978 wurde das Sonntagsblatt ins Bischöfliche Ordinariat Würzburg eingegliedert. Als erster katholischer Laie übernimmt der gebürtige Bamberger Dr. Wilhelm Kirchner 1978 die Leitung des Sonntagsblatts. Nachfolger wurden 1989 der gebürtige Fuldaer Dr. Winfried Jestaedt und 1996 der gebürtige Nürnberger Diplom-Theologe Wolfgang Bullin. In Bullins Amtszeit fallen technische Neuerungen wie der Ganzseiten-Umbruch am Computer und die Umstellung auf Digital-Fotografie. Seit den 1990er Jahren wirken sich allerdings auch Kirchen- und Zeitungskrise immer stärker aus, die Auflage schwindet von Jahr zu Jahr. Zum 150-jährigen Bestehen im Jahr 2000 hatte das Sonntagsblatt noch mehr als 50.000 Auflage, aktuell sind es noch rund 13.000.
Umstellung 2024
Im Frühjahr 2024 stellte das Ordinariat auf ein 14-täglich erscheinendes Magazin in Kooperation mit 14 weiteren deutschen Bistümern um. [15] Seit Mai 2024 leitet Ralf Ruppert die Redaktion und treibt den Transformationsprozess voran. Das Sonntagsblatt baut auf journalistische Erfahrung und die Bereitschaft zum klaren Standpunkt. Mit der Umstellung auf ein Magazin wurde die Zahl der Agentur-Texte und der Berichte der bischöflichen Pressestelle reduziert. Stattdessen sollen exklusive und von der Würzburger Sonntagsblatt-Redaktion geschriebene Texte Glaubensfreude, spirituelle Impulse und Mehrwert für die Leserinnen und Leser durch Ankündigungen und Vorberichte bieten. Die Redaktion fühlt sich dabei dem konstruktiven Journalismus verpflichtet: Kritik wird zwar nicht gescheut, aber die Redaktion sucht stets lösungsorientiert nach Perspektiven. Mit Sekretariat, Buchhaltung und Vertrieb beschäftigt das Sonntagsblatt derzeit neun feste Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zur Redaktion gehört ein Ausbildungsplatz für Nachwuchsjournalisten. Das zweijährige Volontariat ergänzen Kurse am „Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses“ (ifp), der 1968 gegründeten Journalistenschule der katholischen Kirche mit Sitz in München. [16] Auch durch Impulse der Volontäre bleibt das Sonntagsblatt am Puls der Zeit.
Quellen
- Würzburger katholisches Sonntagsblatt/Ralf Ruppert
Weblinks
Einzelnachweise, Erläuterungen und Hinweise
- ↑ Im Rahmen der Säkularisation in Bayern fand in den Jahren 1802 und 1803 eine Säkularisation kirchlicher Güter im Kurfürstentum Bayern statt. Weitere Informationen bei Wikipedia [1].
- ↑ Nordheim vor der Rhön (amtlich: Nordheim v.d.Rhön) ist eine Gemeinde und ein Pfarrdorf im unterfränkischen Landkreis Rhön-Grabfeld. Weitere Informationen bei Wikipedia [2].
- ↑ Benkert, Franz Georg in der „Deutschen Biographie“
- ↑ Andreas Räß (* 6. April 1794 in Sigolsheim, Département Haut-Rhin; † 17. November 1887 in Straßburg) war Bischof von Straßburg. Weitere Informationen bei Wikipedia [3].
- ↑ Nikolaus von Weis (* 8. März 1796 in Rimlingen (Lothringen); † 13. Dezember 1869 in Speyer; geadelt 1855[1]) war ein deutscher Theologe und von 1842 bis 1869 Bischof der römisch-katholischen Diözese Speyer. Er war eine wichtige Persönlichkeit des Wiederaufbaus der Diözese nach der Zeit der Säkularisation. Weitere Informationen bei Wikipedia [4].
- ↑ Johann Baptist Pfeilschifter, ab 1829 von Pfeilschifter (* 27. September 1792 in Höfen bei Cham (Oberpfalz); † 16. November 1874 in Regensburg), war ein deutscher Publizist. Weitere Informationen bei Wikipedia [5].
- ↑ Die Deutsche Revolution von 1848/1849 – bezogen auf die erste Revolutionsphase des Jahres 1848 auch Märzrevolution – war das revolutionäre Geschehen, das sich zwischen März 1848 und Juli 1849 im Deutschen Bund ereignete. Weitere Informationen bei Wikipedia [6].
- ↑ Der Katholikentag ist eine mehrtägige Zusammenkunft primär römisch-katholischer Christen des jeweiligen Landes in Deutschland, Österreich und der Schweiz, die in einem mehrjährigen Turnus stattfindet (in Deutschland in der Regel alle zwei Jahre). Ihre Ursprünge liegen im Verbandskatholizismus und den Laienbewegungen des 19. Jahrhunderts. Weitere Informationen bei Wikipedia [7].
- ↑ Die Verfassung des deutschen Reiches vom 28. März 1849, auch Frankfurter Reichsverfassung (FRV) oder Paulskirchenverfassung genannt, war die Verfassung für einen deutschen Bundesstaat. Weitere Informationen bei Wikipedia [8].
- ↑ Wolfgang Weiß: Die katholische Kirche im 19. Jahrhundert. In: Ulrich Wagner (Hrsg.): Geschichte der Stadt Würzburg. Band III/1 und III/2. Vom Übergang an Bayern 1814 bis zum 21. Jahrhundert. Verlag Theiss, Stuttgart 2007. ISBN 3-8062-1478-6, S. 438.
- ↑ Die Redemptoristen, kirchenamtlich Kongregation des Heiligsten Erlösers (lateinisch Congregatio Sanctissimi Redemptoris, Ordenskürzel CSsR), sind eine römisch-katholische Ordensgemeinschaft, die am 9. November 1732 von Alfonso Maria de Liguori in Scala (Italien) gegründet wurde. Weitere Informationen bei Wikipedia [9].
- ↑ Eva Pleticha-Geuder: Presse, Medien und Verlagswesen. In: Ulrich Wagner (Hrsg.): Geschichte der Stadt Würzburg. Band III/1 und III/2. Vom Übergang an Bayern 1814 bis zum 21. Jahrhundert. Verlag Theiss, Stuttgart 2007. ISBN 3-8062-1478-6, S. 623.
- ↑ Eva Pleticha-Geuder: Presse, Medien und Verlagswesen. a.a.O., S. 630.
- ↑ Das Zweite Vatikanische Konzil, das von der römisch-katholischen Kirche als das 21. Ökumenische Konzil angesehen wird, fand vom 11. Oktober 1962 bis zum 8. Dezember 1965 statt. Es wurde von Papst Johannes XXIII. mit dem Auftrag zu pastoraler und ökumenischer „instauratio“ (Erneuerung, italienisch aggiornamento) einberufen. Weitere Informationen bei Wikipedia [10].
- ↑ Pressestelle Ordinariat Würzburg (POW): „Neues Konzept für das Sonntagsblatt“ (9. August 2023)
- ↑ Die Katholische Journalistenschule ifp ist die Journalistenschule der römisch-katholischen Kirche in Deutschland. Im Jahr 1968 wurde das Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses gegründet. Weitere Informationen bei Wikipedia [11].