St. Michael (Altstadt)

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Seminarkirche St. Michael im Jahr 2014
Seminarkirche St. Michael im Jahre 2021

Die Kirche St. Michael ist als Seminarkirche Bestandteil des Priesterseminars der Diözese Würzburg und das Kirchengebäude der Pfarrei des Bischöflichen Klerikalseminars.

Lage

Die katholische Kirche befindet sich am Josef-Stangl-Platz zwischen Neubaustraße und Domerschulstraße in der Würzburger Altstadt.

Patrozinium

Die Kirche ist dem Erzengel Michael geweiht. Michael war der Überlieferung des ersten Buches Mose nach der Engel mit dem Schwert, der Adam und Eva aus dem Paradies trieb und den Lebensbaum bewachte. Patrozinium ist am 29. September.

Nutzung

In St. Michael finden keine regelmäßigen Sonntagsgottesdienste statt. Montags sind Gläubige zur Messfeier um 19 Uhr eingeladen mit anschließendem Gebet vor dem Allerheiligsten und Komplet.

Tradition haben sonntägliche Maiandachten und Meditationen in der Adventszeit. Nach der Priesterweihe im Dom feiern die Neupriester hier ihre Dankandacht. Auch als Stätte der geistlichen Musik hat sich St. Michael seit der Fertigstellung der Orgel durch regelmäßige Konzerte etabliert. Aktivitäten und Veranstaltungen in der Seminarkirche werden an der Anschlagtafel in der Domerschulstraße angekündigt.

Öffnungszeiten

Die Kirche ist täglich von 8.00 bis 16.00/17.00 Uhr über den Seiteneingang in der Domerschulstraße öffentlich zugänglich.

Baugeschichte

Herbipolis Wirtzpurg (Holzschnitt von 1548) - aus der Cosmographia universalis von Sebastian Münster

Im westlichen Teil der heutigen St. Michaels-Kirche sind historisch drei vorhergehende Sakralbauten belegt: Die Agneskapelle, die Klosterkirche St. Agnes und die Jesuitenkirche von 1610, welche im ausgehenden 18. Jahrhundert umgebaut und auf die jetzige Größe erweitert wurde. Fundamente aller drei Vorgängerbauten konnten bei Grabungen anlässlich der Verlegung einer Fußbodenheizung 1989 dokumentiert werden.

Kapelle St. Agnes

Zur Kapelle St. Agnes, die nahe des Stephanstors innerhalb der Stadtmauern stand, findet sich urkundlich die erste Erwähnung im Jahr 1221. Damals wies Bischof Otto I. von Lobdeburg den ersten in Würzburg ankommenden Franziskanerbrüdern (Minderbrüder) einen Standort „bei der Kapelle St. Agnes“ zu. 1250 erfolgte der Umzug der Franziskaner zur Valentinuskapelle, wo sie ihr Kloster ausbauten (heutiger Standort des Franziskanerklosters). Die Beginen der nahegelegenen Bartholomäusklause bekundeten daraufhin Interesse an den leerstehenden Räumlichkeiten. Ihr Umzug wurde durch Papst Innozenz genehmigt unter der Auflage, dass alte Patrozinium der Agneskapelle beizubehalten. [1]

Klosterkirche St. Agnes

Wenig später formte sich die Beginengemeinschaft in ein Klarissenkloster um. Bereits im Jahr 1257 konnten sie ihr Kloster ausbauen und eine größere Kirche an der Stelle der bisherigen Kapelle errichten. Aus einem erhaltenen Lageplan des ausgehenden 16. Jahrhunderts kann im Groben die Form der Klarissenkirche herausgelesen werden. Demnach umschloss die geostete Kirche St. Agnes einen rechteckigen Innenraum von ca. 10 x 22 m. Nördlich schloss die Sakristei an, südlich eine Vorhalle, östlich eine verwinkelte Kapelle. Nach Westen folgte der Kreuzgang. [2]

Jesuitenkirche

Die Kollegskirche der Jesuiten entstand in den Jahren 1607-1610 im nachgotischen Stil. Am 14. November 1610 wurde sie durch Weihbischof Eucharius Sang im Beisein Julius Echters den Heiligen Michael und Agnes geweiht. Später wurde der Weihetitel auf St. Michael verkürzt. Die Jesuitenkirche war geostet, der Chorraum befand sich etwa in der Mitte des heutigen Grundrisses. Beidseitig des Chors erhob sich je ein schmaler Turm.

Ein Reisebericht zweier Jesuiten-Patres aus dem Jahr 1660 gibt eine Vorstellung des Innenraums der Kollegskirche. Aus der Beschreibung ergibt sich eine dreischiffige Hallenkirche mit durchgehendem Netzgewölbe, welches beidseitig von je vier Säulen getragen wurde. Eine ringsumlaufende Empore ruhte auf Schwibbögen, vor der Westwand war eine doppelte Empore angelegt. Eine Besonderheit war ein Stockwerk oberhalb des Deckengewölbes. Hier war großflächig über Langhaus und Chor die Bibliothek der Jesuiten untergebracht. Mehrere Fenster im Kirchengewölbe waren dafür vorgesehen, im Fall eines Dachstuhlbrandes die Bücher zu deren Rettung in den Kirchenraum zu werfen. [3] Eine Darstellung der Jesuitenkirche findet sich im Hintergrund auf Salomon Kleiners Radierung der Universitätskirche aus dem Jahr 1723.

Nachdem Balthasar Neumann den Westflügel des Kollegs erneuert hatte, fertigte er 1742 auch einen Plan für den Neubau der Michaelskirche. In diesem sollte der Chor nach Westen verlegt werden. Der Grundriss zeigte eine Wandpfeilerkirche als Halle ohne Querschiff, aber mit einem Chorraum. Der Plan kam jedoch nicht zur Ausführung, da der nötige Grund noch in fremdem Eigentum war und sich östlich der Kirche damals noch Reste der mittelalterlichen Stadtmauer befanden.

Erst die Schenkung eines Grundstückes durch Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim im Jahre 1763 an die Jesuiten schaffte die Voraussetzung für eine großzügige Erweiterung des Kirchenbaus. Die Überbleibsel der Stadtmauern wurden entfernt und die Kirche schließlich nach Plänen von Johann Philipp Geigel und Johann Michael Fischer (Architekt) in der heutigen Größe neu errichtet. Den Grundstein legte Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim am 10. Juli 1765. In die Ausführungen gingen einige Elemente aus Balthasar Neumanns Entwurf ein, unter anderem die neue Ausrichtung nach Westen.

Seminarkirche

Am 16. August 1773 wurde der Jesuitenorden von Papst Clemens XIV. unter dem politischen Druck aus Spanien und Frankreich aufgelöst. [4] Ein Teil der Jesuiten durfte noch einige Zeit im Kolleg verbleiben, in den Jahren 1786 bis 1791 ließ dann Fürstbischof Franz Ludwig von Erthal die Kollegsgebäude für den Einzug des Priesterseminars, das damals noch im Bereich der Alten Universität gelegen hatte, herrichten. Am 9. Juni 1789 wurde das Priesterseminar in das ehemalige Jesuitenkloster transferiert, und der Regens Andreas Joseph Fahrmann wurde in diesem Zuge Pfarrer der Pfarrei des Bischöflichen Klerikalseminars – mit der noch unvollendeten Kirche St. Michael als Pfarrkirche.

Das Langhaus war bereits fertiggestellt. Es war mit reichhaltigen Stukkaturen von Materno Bossi geschmückt, der auch die Kanzel und die vier Seitenaltäre gestaltete. Der Mainzer Hofmaler Giuseppe Ignacio Appiani schuf die Fresken an den Decken des Langhauses und der Seitenschiffe. Zwischen 1796 und 1798 baute der Architekt Johann Andreas Gärtner schließlich den Chor aus. Der sparsame Fürstbischof Georg Karl von Fechenbach verfügte, dass der Chorraum nicht wie das Langhaus reich ausgemalt und stuckiert wurde. Um die Baukosten aufzubringen waren auch Ornate und Kirchensilber veräußert worden. 1798 wurde der Hochaltar aufgerichtet, es fand jedoch zunächst keine feierliche Konsekration statt. Die Säkularisation verzögerte zudem weitere Baumaßnahmen. So fand die Kirchenweihe erst am 3. Mai 1831 statt, nachdem der Turm der Kirche vollendet war. Ende des 19. Jahrhunderts gestaltete Franz Plattner die bis dahin kahle Wand hinter dem Hochaltar mit einem Fresko, welches das heilige Messopfer thematisierte.

Am 16. März 1945 fielen die gesamte Inneneinrichtung sowie der Dachstuhl der Kirche den Flammen zum Opfer. Zerstört wurde auch ein Großteil des Stucks und der Fresken. Außenmauern und Gewölbe jedoch hatten standgehalten. Die Wiederherstellung der Kirche erfolgte „mit bescheidener und sachlicher Ausstattung“ innerhalb von zehn Jahren, so dass 1955 der neue Altar geweiht werden konnte. 1959 erklang erstmals die neu installierte Klais-Orgel, 1979 war auch der Helm des Kirchturms wieder errichtet.

Bildergalerie

Außenbau

Die nach Westen ausgerichtete Kirche ist eine Emporenbasilika mit vierjochigem Langhaus, angedeuteten Querhausarmen und apsidialem Chor. Darüber steht der Chorturm mit dem Geläut. Die Vierung ist im Inneren von einer Flachkuppel überwölbt und trägt außen einen Dachreiter.

Die nach Osten zeigende Fassade mit drei Portalen besteht aus wechselnd rotem und gelbem Sandstein auf einem Muschelkalksockel ist als repräsentative Schaufassade nach dem Vorbild des römischen Barock gestaltet. Das Hauptportal wird rechts und links von je zwei Säulen flankiert, über denen sich zwei Statuen erheben. Sie stellen die Jesuitenheiligen Ignatius von Loyola und Franz Xaver dar. Der Dreiecksgiebel zeigt symbolisch das Auge Gottes, umgeben von Engelsköpfen und Wolken auf goldenen Strahlen. Auf dem First erhebe sich ein Kreuz, das von Engeln verehrt wird. [5] Seit der Renovierung 2014 sind die Schmuckelemente und Figuren in Weiß hervorgehoben.

Innenraum

Das Bildprogramm der von Heinrich Gerhard Bücker von 1989 bis 1995 geschaffenen figürlichen Ausstattung folgt den Visionen der Johannesoffenbarung, des letzten Buchs der Bibel.

Im Blickzentrum steht eine 6 Meter hohe Christusfigur nach der Beschreibung von Offenbarung 1,12–20 [1]. In der Apsiswölbung darüber ist das Lamm Gottes mit dem Buch mit den sieben Siegeln dargestellt (Offenbarung 5,6–12 [2]), umgeben von den zwölf Toren des himmlischen Jerusalem, aus denen zwölf Männer mit Verehrungsgesten heraustreten. Auf den Torbögen stehen in hebräischer Schrift die Namen der zwölf Stämme Israels, auf den Torschwellen in griechischer Schrift die Namen der zwölf Apostel (Offenbarung 21,10–14 [3]).

Im Zentrum der Kuppel steht der hebräische Gottesname, das Tetragramm, im Dreieck der Dreifaltigkeit und im Kreis der Vollkommenheit. Er ist umringt von zwölf Männern, die auf Thronen sitzen und Harfen tragen. In den vier Pendentifs darunter befinden sich die vier Evangelistensymbole. Die Darstellung kombiniert Offenbarung 4,1–11 [4] mit Offenbarung 15,2–3 [5]. Die Zahl der 24 Ältesten ergibt sich als Summe der Zwölf in der Kuppel mit den Zwölf in der Apsis.

Das Deckengewölbe des Langhauses trägt drei ovale Bildmedaillons von 4,2 x 5,2 Meter Größe. Sie zeigen von hinten nach vorn

  • die Unheil bringenden apokalyptischen Reiter (Offenbarung 6,1–8 [6]);
  • die sieben Engel mit den sieben Posaunen (Offenbarung 8 [7]);
  • die apokalyptische Frau und den Sieg Michaels über den Drachen (Offenbarung 12 [8]). [6]

Kreuzweg

Die 14 Kreuzweg-Reliefs wurden 1991 von Heinrich Gerhard Bücker geschaffen.

Geläut

Im Dachreiter hängt eine Glocke, 189 kg schwer und gestimmt auf Schlagton f", ohne Umschrift. Sie stammt vermutlich aus der Mitte des 15. Jahrhunderts und wurde 1957 bei Schilling in Heidelberg restauriert. Jahrelang rief sie alleine zu den Gottesdiensten in der Seminarkirche, da das Vorgängergeläute im Krieg entweder zerstört worden oder verloren gegangen war. Erst 2013 konnte die Glockengießerei Perner aus Passau mit dem Guss der drei größeren Glocken ein ansprechendes Geläute schaffen.

  • Gl. 1 | Sankt Kilian | c | Glockengießerei Perner, Passau (2013)
  • Gl. 2 | Sankt Kolonat | es | Glockengießerei Perner, Passau (2013)
  • Gl. 3 | Sankt Michael | f | 189 kg | 659 mm | unbezeichnet (15. Jahrhundert)
  • Gl. 4 | Sankt Totnan | g | Glockengießerei Perner, Passau (2013)

Glockengeläut (Video)

„Die Glocken der kath. Seminarkirche Sankt Michael (Turmaufnahme)“ von glockenzeit

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Siehe auch

Quellen und Literatur

  • Karl Hillenbrand und Rudolf Weigand: Mit der Kirche auf dem Weg. 400 Jahre Priesterseminar Würzburg 1589-1989. Echter Verlag, Würzburg 1989 (UB 20/NZ 97962 P949 H6)
  • Karl Hillenbrand: Stationen der Hoffnung. Ein Kreuzweg für unsere Zeit. Bereich Medien der Diözese Würzburg, 2007
  • Thomas Wehner (Bearb.): Realschematismus der Diözese Würzburg. Dekanat Würzburg-Stadt, 1992, S. 158.

Weblinks

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Jörg Lusin: Von der Agneskapelle zur Jesuitenkirche. Eine baugeschichtliche Spurensuche. In: Karl Hillenbrand und Rudolf Weigand: Mit der Kirche auf dem Weg. 400 Jahre Priesterseminar Würzburg 1589-1989. Echter Verlag, Würzburg 1989, S. 225
  2. Jörg Lusin, a.a.O., S. 232 f.
  3. Jörg Lusin, a.a.O., S. 229 f.
  4. Der Jesuitenorden überlebte in Rußland und Preußen. Er wurde durch Papst Pius VII. 1814 wieder hergestellt.
  5. Erik Soder von Güldenstubbe: Historische Nachrichten über die Seminarkirche und ihre Vorgängerinnen. In: Karl Hillenbrand und Rudolf Weigand: Mit der Kirche auf dem Weg. 400 Jahre Priesterseminar Würzburg 1589-1989. Echter Verlag, Würzburg 1989. S. 218
  6. Seminarkirche St. Michael auf www.priesterseminar-wuerzburg.de

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