Kreuzkapelle (Eibelstadt)
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Die Kreuzkapelle (auch Heilig-Kreuz-Kapelle) ist ein denkmalgeschütztes katholisches Gotteshaus in Eibelstadt.
Geschichte
Nachdem Johann Philipp von Schönborn am 8. September 1642 zum 66. Bischof von Würzburg ernannt worden war, ging er daran, das durch den Dreißigjährigen Krieg stark vernachlässigte Kunstschaffen auf fränkischem Boden wiederzubeleben. Von ihm wurde eine Anzahl von Künstlern, die aus den damaligen Kunstzentren, Niederlande und Italien, stammten, nach Würzburg berufen.
Als typisches Beispiel der Kulturpolitik Johann Philipps gilt der wohl zunächst von ihm geplante Neubau der Kreuzkapelle in Eibelstadt, der zwischen 1657 und 1661 durch die Finanzierung weltlicher Spender anstelle einer früheren Jakobuskapelle ermöglicht wurde. Da anders als in früheren Jahren nicht mehr der Fürstbischof als Bauherr auftrat, musste der größte Teil der Geldmittel für den Bau der Kreuzkapelle von den Eibelstadter Bürgern aufgebracht werden. Auch der Eibelstadter Stadtrat beschloss 1655 einen Teil zur Finanzierung aus Strafgeldern beizusteuern. Abgesehen von diesen Strafgeldern und Spenden wurde der damals in Eibelstadt tätige Ratsherr und Organist Wilhelm Doles zum Hauptstifter, der eine stattliche Summe aus seiner Hinterlassenschaft zum Bau und zur Erhaltung der lokalen Kunst- und Baudenkmäler bereitstellte. Noch heute erinnern die auf dem Wappen eingravierten Initialen W D, die über dem Portal der Kreuzkapelle zu sehen sind und die Statue seines Namenspatrons, des Heiligen Wilhelm, an Wilhelm Doles als Hauptfinanzierer der Kapelle. Aber auch die Namen der anderen Eibelstadter Spender sind noch heute auf einer in der Kapelle befindlichen Inschriftentafel zu lesen, die an der Wand über dem südlichen Eingang (rechts) angebracht ist.
Obwohl das Domkapitel keine Gelder zur Finanzierung des Baus beigesteuert hatte, trat es als faktischer Bauherr auf und spielte bei der gesamten Bauführung eine maßgebliche Rolle. So wählten die Mitglieder der Baukommission des Domkapitels die Künstler und Handwerker aus. Auch im Hinblick auf die architektonische Gestaltung ließen sie keine große Freiheit. Im Jahre 1657 trat Antonio Petrini als Schöpfer von zwei nicht ausgeführten Entwürfen der Kreuzkapelle in Erscheinung, die deutlich ein norditalienisches Gepräge aufwiesen. Das Domkapitel hatte einen sogenannten „Architekturwettbewerb“ zum Bau der Kapelle ausgeschrieben, bei dem auch Baumeister Heinrich Eberhard, Angehöriger des Bauamtes des Domkapitels einen Bauplan abgeliefert hatte. Den Zuschlag erhielt Meister Eberhard. Als Grund für die Auswahl erklärte das Domkapitel nur, dass Heinrich Eberhardt ein „Teutscher“ sei, mit dem reden könne und dessen Plan „so weniger umb ein Zimbliches costen würdte“ [1] als jener Petrinis. Petrini musste sich mit einer Entschädigung für seine Risse begnügen.
Die Grundsteinlegung erfolgte am 13. August 1657. Die Maurerarbeit dürfte grundsätzlich im September 1658 abgeschlossen gewesen und das Dach danach mit Schiefersteinen gedeckt worden sein. Im September und Oktober 1658 wurde durch den Würzburger Zimmermeister Johann Hirzel über dem Altarraum und den Sakristeien die Turmhaube aufgestellt. Der erste Bauabschnitt mit Vollendung des Rohbaus war Ende 1658 abgeschlossen. Am 7. September 1660 wurden zwei Glocken aufgehängt, die aus der Werkstatt des Würzburger Stück- und Glockengießers Sebald Kopp stammten.
Am 4. September 1661 wurde die Kapelle durch Weihbischof Johann Melchior Söllner eingeweiht.
1804 schien das Ende der Kreuzkapelle in greifbarer Nähe. Die Kapelle wurde auf Anordnung von der Kurbayerischen Herrschaft geschlossen. [2] und zum Verkauf angeboten, es fand sich aber kein Käufer. Auf Bitten und Betreiben des Baseler Domherrn Philipp Valentin von Reibelt, der in Eibelstadt ein Haus besaß und hier seinen Lebensabend verbrachte, durfte die Kapelle 1808 wieder geöffnet und benutzt werden.
1959 wurde eine gründliche Außenrenovierung durchgeführt. Die Instandsetzung des Innenraumes erfolgte ein Jahr später anlässlich des 300-jährigen Jubiläums der Einweihung im Jahre 1960/61. In den Jahren 1993 bis 1994 erfolgte eine umfassende denkmalpflegerische Sanierung unter dem Architekten Ludwig Bechinie Ritter von Lazan.
Baubeschreibung
Der Kapellenbau ist eine kreuzförmige, einschiffige Anlage von ca. 24,8 Metern Gesamtlänge. Das saalartige Langhaus wird durch Querarme, die auch Sakristei und Oratorien aufnehmen, erweitert und mündet im Vorchor sowie in der Apsis. Am östlichen Ende stellt - auf mächtigem Grundriss - ein mächtiger Turm, der sich über dem Zwischenjoch des Altarhauses erhebt, den künstlichen Mittelpunkt des gesamten Bauwerks dar. Die Westseite zieren ein mit Ortganggesims verzierter dreieckiger Giebel und das schlichte Portal, das der Erbauer der Kapelle, Heinrich Eberhard aus Würzburg, entworfen hat.
Künstlerische Ausstattung
Ausstattung in der Erbauerzeit (1658-1670)
Die Feststellung starker Stil- und Qualitätsunterschiede der Ausstattungselemente lässt zwei Hauptphasen der Ausstattung - die der Erbauerzeit und die der Umgestaltung des 18. Jahrhunderts - erkennen. Zeitlich beschränken sich die ersten Ausstattungsmaßnahmen nicht nur auf die unmittelbare Erbauungszeit, sondern erstrecken sich von 1658 bis zum Jahr 1670. In diesen Jahren kamen noch einige Bestandteile des Kircheninventars in die Kapelle. Im Sinne der Bautradition Julius Echters konzentriert sich diese Periode vorrangig auf die Vollständigkeit des Rauminventars, insbesondere auf die Bildausstattung der Altäre, sowie auf Predigtstuhl bzw. Kanzel. Dadurch konnte die Kapelle als religiöse Stätte ihre liturgische Funktion erfüllen.
Das prachtvolle Gewand, welches in dieser Phase entstanden ist, verleiht der Kreuzkapelle - anders als die architektonische Leistung - seinen, mit anderen Objekten der mainfränkischen Kunstgeschichte des 17. Jahrhunderts unvergleichbaren Glanz. Dies verdankt sie drei großen Künstlern. Ursprünglich bestand die Ausstattung aus der plastischen Figur des Hl. Wilhelm, dem Altarretablel des Bildhauers Johann Philipp Preuß und den Altarbildern der flämischen Maler Oswald Onghers und Johann Baptist de Ruel zur Passion Christi. Daneben gehören Empore, Beichtstuhl, Predigtstuhl (verschollen), Kanzel (erneuert im 18. Jahrhundert) und Kruzifix zum Inventar. Alle diese Gegenstände waren erst aufgrund der Anforderungen der Liturgie geschaffen worden.
- Ausstattung der Kreuzkapelle
- Statue des Heiligen Wilhelm am Portal: Die Sandstein-Statue des Namenspartons des Hauptstifters Wilhelm Doles befindet sich in der Portalnische der wenig geschmückten Fassade und ist ein Werk von Johann Philipp Preuß aus dem Jahre 1658.
- Wappen des Domkapitels und des Stifters Wilhelm Doles: Das Wappen des Domkapitels mit dem Rechen ist über der Wilhelmstatue am Bogenscheitel der Portalnische angebracht. Mittig am Türsturz befindet sich das Wappen des Stifters. In der Mitte ist das Motiv eines von zwei Pfeilen durchgebohrten Herzens zu sehen, die Versinnbildlichung der Liebe Gottes. Die Fratze in fließender Teigornamentik unter dem Wappen soll „misswollende Elemente“ abschrecken. Beide Wappen stammen aus dem Jahre 1658.
- Altäre: Der Hochaltar (Stifter: Domherr Reichardt von und zu Franckenstein) steht frei von der Apsisrückwand und wird von zwei kleineren Seitenaltären, die vor der Stirnwand des Langhauses stehen, flankiert. Sie wurden von Johann Philipp Preuß und seinen Gesellen in den Jahren von 1659 bis 1661 geschaffen.
- Altarblätter: Die Altarblätter „Kreuzabnahme“ (1659) am Hochaltar und „Ecce Homo“ (1661) am linken Seitenaltar stammen von Johann Baptist de Ruel. Das Altarblatt „Pieta“ (1660) am rechten Seitenaltar ist von Oswald Onghers mit „Osw. Onghers fecit Ao 1660“ signiert.
- Empore: Die zweigeschossige hölzerne Empore - ein Werk vom Zimmerermeister Johann Hirzel mit Unterstützung der Eibelstadter Schreiner aus dem Jahre 1659 hat sich noch von der ursprünglichen Ausstattung erhalten.
- Beichtstuhl: Von den beiden Beichtstühlen, gestiftet von der Eibelstädter Witwe Barbara Renck und angefertigt vom Schreiner Michael Thumm im Jahre 1666, ist einer erhalten geblieben.
- Kruzifix: Das Kruzifix, welches sich vor dem Chorbogen in der Mitte des Kapelleninnenraums erhebt, wurde 1670 von der Eibelstadter Familie Christoph Schraudenbach gestiftet.
Umgestaltung der Ausstattungselemente im 18. Jahrhundert
Im 18. Jahrhundert erhielt die Kreuzkapelle weitere kostbare Schenkungen spendenfreudiger Eibelstädter Einwohner. Die von ihnen finanzierten Ausstattungsmaßnahmen zogen sich durch das ganze Jahrhundert und führten zu einem stilistischen Übergang von herannahenden Rokoko bis zur Stilphase des Klassizismus. Zu dieser Phase zählt die Vollendung der Innenausstattung, die sich vornehmlich auf die Erneuerung oder Modifikationen einiger kirchlicher Kunstwerke des vorangegangenen Jahrhunderts konzentrieren, wie z.B. der Kanzel, des Hochaltars, der Kreuzwegstationen und der Orgel.
- Kanzel: Die erste Kanzel war bereits in den Jahren 1668/69 von Schreiner Michael Thumm und Steinmetz Kilian Eberhardt fertiggestellt worden. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, in der das Rokoko im Bereich der Ornamentik zum dominierenden Stil wurde, erhielt der alte Kanzelaufbau in den Jahren 1759/60 von Johann Georg Moritz und seinen Gesellen oder Söhnen sein neues Antlitz. In den von Rahmen und Volutenspangen straff gegliederten Feldern am Kanzelkorb treten die drei theologischen Tugenden „Glaube, Hoffnung und Liebe“ reliefartig in Erscheinung. Begleitet werden sie von plastischen Ausführungen der vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes mit ihren Symbolen. Den Schalldeckel bekrönt die Figur der Hl. Helena, sich stützend auf ein lateinisches Kreuz. Ihr zu Füßen sitzt auf einer Volute jeweils ein Putto mit Leidenswerkzeug Christi. Die Gewänder der Putten und der Hl. Helena zeigen Übereinstimmung mit den vier Evangelisten und weisen eine Stildiskrepanz zu den Putten auf dem Hochaltar auf.
- Der Hochaltar wurde 1774 durch einen prächtigen monumentalen Altarbau von Johann Michael Becker ersetzt. Das Altarblatt wurde durch den Würzburger Hofmaler Johann Christoph Fesel einer gründlichen Restaurierung unterzogen.
- Zeitgleich mit Beckers Altarbau entstand noch eine Bildserie von „Kreuzwegstationen“, die 1775 durch die Stiftung der Hofrätin Rosa Apollonia Hahn finanziert und nach der Genehmigung von Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim am 8. September desselben Jahres zur Vervollständigung des ikonografischen Programms der Kapelle präsentiert wurde. Angefertigt hatte die Bilder laut Signierung auf dem ersten Bild die Malerin Maria Theresia Flachner.
- Die zweite Ausstattungsphase endete mit der Ersetzung der alten Orgel von Nikolaus Will (1676) durch die Ausstattung 1815 mit einer klassizistischen Orgel aus dem Jahr 1794, die der Würzburger Orgelbaumeister Winfried Elenz während der Restaurierung 1974 aufgrund eines in der Windlade entdeckten Zettels, als die einzige erhaltene Orgel, neben jener in Bieberehren, des Orgelbauers Adam Adolph Otto identifiziert hatte. [3]
Ausführliche Beschreibungen aller Kunstwerke in der Kreuzkapelle finden sich im Buch von Lianming Wang: Die Kreuzkapelle zu Eibelstadt (siehe „Quellen und Literatur“).
Pfarreisprengel
Die Kreuzkapelle gehört zur Stadtpfarrei St. Nikolaus.
Pfarreiengemeinschaft
Die Pfarrei St. Nikolaus bildet zusammen mit der Pfarrei St. Johannes der Täufer in Theilheim und St. Stephanus in Randersacker die Pfarreiengemeinschaft Randersacker-Theilheim-Eibelstadt und ist heute Teil des Pastoralen Raums Würzburg Süd-Ost.
Heutige Nutzung
Das frühere Wallfahrtskirchlein wird heute gerne als Trauungskapelle von beiden Konfessionen genutzt.
Siehe auch
- Baudenkmäler in Eibelstadt
- Kirchengebäude im Landkreis Würzburg
- Johann Baptist de Ruel
- Johann Philipp Preuß
- Oswald Onghers
Quellen und Literatur
- Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Baudenkmäler in Eibelstadt, Nr. D-6-79-124-95
- Eugen Kainz: Oswald Onghers (1628-1706) - Eine kunstgeschichtliche Untersuchung., Inaugural-Dissertation, Universitäts-Buchdruckerei J.H.ED. Heitz (Heitz & Mündel), Straßburg 1913, S. 27 ff.
- Lianming Wang: Die Kreuzkapelle zu Eibelstadt - Eine kunsthistorische Untersuchung zu Architektur und Ausstattung. Hrsg.: Heimatverein Eibelstadt e.V. 2010 (Stadtbücherei Würzburg Drl 4 Eib)
- Pfarrei Eibelstadt. In: Realschematismus der Diözese Würzburg. Dekanat Ochsenfurt. Echter Verlag, Fränkische Gesellschaftsdruckerei und Verlag GmbH, 1991, S. 33 ff.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Staatsarchiv Würzburg, Protokollbücher des Würzburger Domkapitels, 12. Juli 1657, fol. 254v)
- ↑ Pfarramt Eibelstadt, Guttäterbuch: „Im Jahr 1804 [...] wurde vermöge eines Landherrlichen Decrets vom 20. Juli ejusdem anni die Kreutz Capelle geschlossen.“
- ↑ Orgel in der Eibelstadter Kreuzkapelle auf organindex.de