Augustinerkirche
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Die Augustinerkirche (ehemalige Dominikanerkirche) befindet sich in der Würzburger Altstadt. Der Augustinerorden bietet in seiner Klosterkirche ein vielfältiges pastorales Angebot. Der Standort zwischen Dominikanerplatz und Dominikanergasse weist noch darauf hin, dass hier bis zur Säkularisation der Dominikanerorden angesiedelt war. Erst 1813 zogen die Augustiner hier ein [1], zuvor befand sich das Augustinerkloster St. Georg an der Ecke Augustinerstraße/Wirsbergstraße.
Geschichte
Der Baubeginn der Kirche war im Jahr 1266 und die Grundsteinlegung erfolgte durch den Dominikanerpater Albertus Magnus. Hierfür musste die dort bereits vorhandene Paulskapelle abgerissen werden. Die Konsekration des Chors erfolgte 1270 durch die Bischöfe Rudolf von Naumburg, Werner von Merseburg und Christian von Samland. 1308 waren das Klostergebäude und das dreischiffige Langhaus fertiggestellt.
Nach den Plänen von Balthasar Neumann entstand 1743/44 der Neubau des dreischiffigen Langhauses. „In der Raumdisposition schloss sich Neumann dem alten gewölbten Chor an. Er ist charakteristisch für das sichere Raumempfinden und den Geist des großen Baumeisters, dass er das Langhaus dem hohen, schlanken Chor anpasste. Neumann verstand es, durch die lichte Weite und das freie Emporstreben seiner Architektur das Raumbild ins Festliche zu steigern. Die gotischen Chorfenster wurden in barocker Weise verändert und rundbogig geschlossen. Auch wurde die gotische Chorwölbung verkleidet, indem zwischen die kräftigen frühgotischen Gewölberippen eine neue Schale eingespannt wurde, um eine weichere Wölbeform zu erreichen. Der Hochaltar wurde in die Mitte des langgestreckten Chorraumes gerückt; dadurch gewann man hinter der hochragenden Altarwand, die den Kirchenraum optisch abschloss, Platz für die Sakristei, über der ein geräumiger Psallierchor eingerichtet wurde.“ [2]
Kirche und Kloster wurden in der Bombennacht vom 16. März 1945 schwer beschädigt und danach bis 1948 wieder aufgebaut. Am 5. November 1952 konsekrierte Bischof Julius Döpfner den neuen Hochaltar, der von Regierungsbaumeister Michael Niedermeier entworfen worden war. 1967 erfolgte die Umgestaltung des Chorraumes nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. 1974 wurde die Klosterkirche innen renoviert und zwischen 1989 und 1992 generalsaniert und ein neuer Dachreiter nach barockem Vorbild aufgesetzt. Die letzte Umgestaltung des Innenraums und Generalsanierung der Klais-Orgel fand in den Jahren 2010/2011 statt. [3]
Patrozinium
Die Kirche war zunächst Pauli Bekehrung geweiht. Auch nach dem Einzug der Augustiner wurde das Fest der Bekehrung des Hl. Paulus weiterhin begangen. Erst in den 1960er Jahren wurde ein Antrag bei der römischen Ritenkongregation gestellt, den Hl. Augustinus von Hippo offiziell als Kirchenpatron zu führen. Patrozinium ist am 28. August.
Baubeschreibung
Die Kirche mit einer Grundfläche von knapp 1.000 m² wurde im romanischen Stil erbaut und erhielt im Barock eine neugestaltete Fassade nach Plänen von Balthasar Neumann. Flache Lisenen [4] gliedern die Front, die von rundbogigen Fenstern und Wandfeldern belebt wird. Seitliche Voluten [5] schmücken das obere Fassadengeschoss, das in einem Dreiecksgiebel endet.
Über dem Portal der zweigeschossigen Westfassade befindet sich in einer Nische die Steinfigur des Hl. Augustinus. Diese Figur entstand als Hl. Dominikus im 18. Jahrhundert. Die Skulptur bekam erst nach 1804 ein Herz in die Hand gedrückt, den Bart modeliert, die Kette um den Hals gehangen und ein Kind zu Füßen gesetzt. Durch die neuen Attribute wandelte sich der Hl. Dominikus in einen Hl. Augustinus. Die Sakristei befindet sich unter der Apsis und dem Konventchor.
Historischer Innenraum (bis 1945)
Beschreibung
Die Altarwand zierte ein Hochaltarbild aus der alten Dominikanerkirche von Nikolaus Treu aus dem Jahr 1771, das Überreichung des Rosenkranzes an den Hl. Dominikus durch Maria anlässlich der Seeschlacht von Lepanto darstellte. Am Chorbogen befand sich das Wappen des Fürstbischofs Adam Friedrich von Seinsheim. Die Stukkierung der Chorrippen im Dachgewölbe stammte von Antonio Bossi um 1755. Prachtvolle Rokoko-Altäre vor allem aus der Werkstatt von Johann Georg Wolfgang van der Auwera schmückten die Augustinerkirche noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Seitenaltäre enthielten links die Beschneidung Christi von Georg Anton Urlaub aus dem Jahr 1755 und rechts die Geburt Christi von Johann Zick von 1760.
Historische Abbildungen
Innenraum (bis 2010)
Bildergalerie
Heutiger Innenraum
Beschreibung
Nach fast 15-monatiger Umbauphase wurde die Augustinerkirche am 26. November 2011 wiedereröffnet. Die Kosten für den Umbau und die Erneuerung der Orgel beliefen sich auf knapp 1,7 Millionen Euro. Die Diözese Würzburg gab für den Umbau 400.000 Euro sowie weitere 54.000 Euro für die Orgel. Ausgangspunkt für die Umstrukturierung war, dass die Augustiner ihr Profil als Bettelorden schärfen wollten. Als neuen pastoralen Schwerpunkt entschieden sie sich für die Trauerarbeit.
Der Eingangsbereich ist auf die Individualfrömmigkeit ausgelegt, die Augustiner nennen ihn „ZwischenRaum“. Geschwungene Wände bilden eine Rückzugsmöglichkeit vor den hereinströmenden Besuchern. Die Wand zum Hauptschiff ist in goldener Farbe gefasst. Gold ist das Ur-Symbol für Transzendenz. Außerdem liegt ein Buch bereit, in das die Gläubigen Namen von geliebten Personen eintragen können – von Lebenden und Verstorbenen. Das große Hauptschiff ist der Bereich für die Eucharistiefeier. Die fest installierten Kirchenbänke sind verschwunden. An ihren Platz sind einzelne Stühle getreten, die beliebig angeordnet werden können. Altar und Ambo sind ebenfalls bewegbar, sodass sich die Gläubigen dazwischen versammeln können.
Die barocke Augustinusfigur ist von der Wand im Kirchenschiff verschwunden. Nun sitzt eine geschnitzte Skulptur des Ordensvaters im Chorraum. Von oben ergießt sich ein Papierband und schlängelt sich um das Handgelenk des Kirchenvaters, bevor es kurz vor dem Boden endet. Der Bildhauer Thomas Hildenbrand hat diese Figur geschaffen. Das Altarkreuz schuf der Würzburger Goldschmied Josef Amberg. Das in Gold gefasste Gemälde von der Seeschlacht von Lepanto an der Rückwand des Chorraums wird von Jacques Gassmanns „Das himmlische Jerusalem“ verdeckt. Ebenfalls von Jacques Gassmann stammt der neue Kreuzweg in den Seitenschiffen der Kirche. Zusammen mit dem Gemälde im Chorraum bilden sie die einzig farbigen Punkte in der sonst weißen Augustinerkirche. Gegenüber des Chorraums an der Rückseite des „ZwischenRaums“ steht Maria, die Mutter Jesu – eine Figur von Jacob van der Auwera, um 1720 entstanden, aus der alten Augustinerkirche. [6]
Ritakapelle
Links vom Chor war die Ritakapelle als Beichtkapelle konzipiert. Die einstige Rita-Grotte wurde um 1900 in eine kleine Kapelle umgewandelt und 1939 erweitert. 1954 erfuhr sie erneut eine Vergrößerung und Umgestaltung nach Plänen von Michael Niedermeier. Eine vergoldete Holzfigur der Heiligen Rita von Cascia (1380–1447) hing über dem Altar, die ruhende Gestalt der Heiligen in einer Wandnische sowie ein Bild der hl. Monika an der linken Seitenwand von Lukas Gastl.
Heute lädt die schlicht gehaltene Kapelle mit der liegenden Figur der heiligen Rita zum Beten und Verweilen ein und ist dafür jeden Tag geöffnet. Auf der linken Seite ist in einer Wandnische hinter Glas der Habit der hl. Rita zu sehen. Am Eingang zur Kapelle zeigt ein Wandgemälde Szenen aus dem Leben der Heiligen, gemalt von Willy Jakob aus Würzburg. Ein Fürbittbuch im Eingang zur Ritakapelle ermöglicht, persönliche Anliegen der heiligen Rita schriftlich anzuvertrauen.
Mater-Dolorosa-Kapelle
Rechts vom Chor ist die Kapelle der schmerzhaften Muttergottes als stille Anbetungskapelle und Standort des Allerheiligsten eingerichtet. Der Dominikanerfrater Christoph Pfriem schuf den Altar, der einzige, der den Zweiten Weltkrieg überstanden hat, um 1760. Er besteht aus einer Marmormensa und Baldachinaufbau aus Holz und zeigt in der Mitte eine spätgotische Pietà aus der Zeit um 1470/80 in einem Glasschrein; darunter die Inschrift: „Mater Dolorosa, ora pro nobis“. Als Assistenzfiguren sind rechts die Hl. Katharina und links die Hl. Barbara dargestellt. Im Baldachin befindet sich das Auge Gottes.
Aktuelle Bildergalerie
Chor mit dem Hochaltarbild „Neues Jerusalem“ von Jacques Gassmann und der Augustinusfigur von Thomas Hildenbrand
Altarkreuz vom Würzburger Goldschmied Josef Amberg
Madonna mit dem Jesusknaben (Jakob van der Auwera, um 1720)
Geläut
Der Dachreiter auf dem Dach beherbergt drei Glocken aus dem Jahr 1949:
- Augustinusglocke, Schlagton a', 450 kg
- Marienglocke, Schlagton c", 230 kg
- Paulusglocke, Schlagton d", 200 kg
Kirchenmusik
Regelmäßig gibt es in der Kirche Orgelkonzerte und Orgelmessen an der Klais-Orgel.
ÖPNV
Nächste Bushaltestelle: | Dominikanergasse | |
Nächste Straßenbahnhaltestelle: | Juliuspromenade |
Siehe auch
- Augustinerorden
- Augustinerkloster St. Georg
- Baudenkmäler in Würzburg
- Liste der Kirchengebäude in Würzburg
- Neues Licht Würzburg
- Denkmäler und Erinnerungstafeln
Quellen
- Thomas Wehner (Bearb.): Realschematismus der Diözese Würzburg. Dekanat Würzburg-Stadt, 1992, S. 38
- Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Baudenkmäler in Würzburg, Nr. D-6-63-000-100
Weblinks
- Internetseiten der Augustinerkirche
- Informationen über die Klais-Seifert-Orgel
- Informationen über die Orgel bei Orgelbau Klais Bonn
- Main-Post: „Augustinerkirche ist nicht wiederzuerkennen“ (24. November 2011)
Hinweise, Erläuterungen und Einzelnachweise
- ↑ Noch um 1830 nannte man die Kirche, deren Garten von der Würzburgern zum Wäschetrocknen- und -bleichen verwendet werden durfte, umgangssprachlich „Dominikanerkirche“; Intelligenzblatt für den Unter-Mainkreis des Königreichs Bayern (1831), Nr. 29, Würzburg: C. A. Bonitas'sche Buchdruckerei, Sp. 648
- ↑ Hugo Schnell und Hanswernfried Muth: Augustiner Würzburg. Verlag Schnell & Steiner, München, Zürich 1978, S. 4 und 6
- ↑ Pressestelle Ordinariat Würzburg (POW): „Augustinerkirche wird wegen Renovierung geschlossen“ (2010)
- ↑ Die Lisene (von frz. lisière „Saum“, „Rand“‚ „Kante“), auch Mauerblende genannt, ist im Bauwesen eine schmale und leicht hervortretende vertikale Verstärkung der Wand.
- ↑ Volute (lat. volutum „das Gerollte“) ist ein aus dem Französischen abgeleiteter Ausdruck für eine Schneckenform (Spirale) in der künstlerischen Ornamentik, besonders in der Architektur.
- ↑ Pressestelle Ordinariat Würzburg (POW): „Wir haben etwas gewagt“ (2011)