Oswaldkirche (Giebelstadt)

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Evang.-Luth. Oswaldkirche in Giebelstadt
Nordost-Ansicht der Oswaldkirche
Nordansicht der Oswaldkirche
Hauptportal an der Südseite der Oswaldkirche

Die Oswaldkirche (auch: St. Oswald Kirche) gehört zur Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Giebelstadt im Evangelisch-Lutherischen Dekanatsbezirk Würzburg im Kirchenkreis Ansbach-Würzburg.

Lage

Die Evang.-Luth. Pfarrkirche in Giebelstadt liegt in der Ortsmitte des Marktes Giebelstadt hinter dem Zobelschloss in der Oberen Kirchgasse.

Patrozinium

Iro-schottische Mönche, u.a. aus dem vom heiligen Märtyrerkönig Oswald gegründeten Kloster Lindisfarne in Schottland, missionierten im 7. Jahrhundert ostwärts des Rheins und brachten seinen Kult ins Ostfrankenreich noch vor der Missionsarbeit von Kilian und Bonifatius. Die Verehrung des Hl. Oswald hatte im Merowingerreich im 6. und 7. Jahrhundert, besonders 650 - 700, und - in geringerem Maße - wiederum während der Kreuzzugzeit, als der Johanniterorden ihm einige seiner Spitalkapellen weihte, einen besonderen Höhepunkt. Wie die Ortsnamen in engem Zusammenhang mit den Eroberungs- und Siedlungsphasen des Main-Tauber-Gebietes stehen, so verweisen die Kirchenpatrozinien auf die Missionierungsperioden. Das Kirchenpatrozinium des Hl. Oswald in Giebelstadt deutet auf die Errichtung einer Kirche und die Gründung der Pfarrei bereits im 7. oder frühen 8. Jahrhundert hin.

Geschichte

Zur Zeit der ersten urkundlichen Erwähnung um 820 war Giebelstadt bereits ein bedeutendes Dorf mit einer einfachen Holzkirche als adlige Eigenkirche. Dies kann man mit ziemlicher Sicherheit sagen, da die ersten christlichen Gräber, als eine merowingische Reihengräberanlage, die sich im Ostteil des Dorfes befindet, um ca. 600 n. Chr. einsetzen und hundert Jahre später abrupt enden. Daraus ist zu schließen, dass die Toten der Siedlung Giebelstadt auf dem Friedhof um die Dorfkirche, wohl einer einfachen Holzkirche, beerdigt wurden.

Urkundlich belegt ist erst eine Kirche 1311, als die beiden Adeligen Walter Geyer und Friedrich Zobel von Giebelstadt eine Seelsorgerstelle stifteten. Am 19. Januar 1311 wurde die Filialkirche Giebelstadt vom Würzburger Bischof Andreas von Gundelfingen von der Mutterpfarrei Herchsheim getrennt und zur eigenen Pfarrei erhoben.

Ein Teil des Dachstuhls der heutigen Kirche, dessen Bauholz teilweise im Jahre 1411 gefällt wurde, könnte aus einem Kirchenbau des 15. Jahrhunderts stammen, der im Bauernkrieg im Jahr 1525 beschädigt oder zerstört wurde. 1601 führten die Patronatsherren, die Zobel von Giebelstadt, die Reformation ein. Die heutige Kirche wurde 1673 von Hans Gottlob von Zobel aus der „Friesenhäuser Linie“ erbaut.

Baubeschreibung

Die Evang.-Luth. Oswaldkirche ist ein einfacher Saalbau mit Westturm aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, der im ausgehenden 17. Jahrhundert durch den Einbau der rechteckigen Fenster und der darüber gesetzten Rundbogengiebel sein heutiges, barockes Äußeres erhielt. Folgenschwer waren die Renovierungsarbeiten zur Zeit des Klassizismus im Jahr 1825. Die Innenrenovierung 1961 bis 1965 stellte die Kirche in ihrer ursprünglichen farblichen Schönheit wieder her. 2016 wurden umfassende Renovierungsarbeiten durchgeführt. Dabei wurden Altar, Kanzel und Epithaph gereinigt und konservatorisch behandelt.

Kirchturm

Beachtenswert ist der schlanke, fünfgeschossige Westturm der heutigen Kirche mit seinem glockenförmigen Helm. Er ist wohl älter als Chor und Langhaus der Kirche, deren Altar im Osten des Kirchenraumes steht, und könnte der Turm einer Vorgängerkirche aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts sein. Möglicherweise ist er ein Teil der vormaligen, möglicherweise im Bauernkrieg zerstörten Kirchenburganlage, an den der Kirchenbau im 16. Jahrhundert angelehnt wurde.

Innenraum

Innenraum mit Blick auf die Brenck-Kunstwerke

Georg Brenck, der Ältere und sein gleichnamiger Sohn Georg Brenck, der Jüngere aus der Windsheimer Renaissancekünstlerfamilie schufen 1614 und 1615 den charakteristischen Altar, die Kanzel und das Epitaph aus der späten fränkischen Renaissance.

Altar

Der Altar besteht aus einem steinernen Altartisch und einem künstlerisch gestalteten Retabel aus Holz. Das Mittelfeld im Untergeschoss des Altaraufbaus (Predella) trägt mit ihren verzierten Anschwüngen den Altaraufbau. Ganz im Stil der Echterzeit schmücken die Predella beiderseits die Stifterwappen. Auf der linken Seite das Wappen von Heinrich Georg Zobel und seiner Gemahling Sabina Catharina von Bibra und auf der rechten Seite das Wappen von Hans Ernst Zobel von Giebelstadt und seiner Gemahlin Anna Stein von Altenstein. Die farbig gefasste Kreuzigungsgruppe im Rundbogenfeld des Hauptgeschosses dominiert das Gesamtwerk. Über dem Hauptgeschoss erhebt sich auf einem hohen Sockelfeld der verkleinerte, dreiteilige Ädikulaaufsatz. Im farbig gefassten Relief der Hl. Dreifaltigkeit thronen Gottvater und Christus nebeneinander, die Weltkugel in beiden Händen. Über ihnen der Hl. Geist in Gestalt einer Taube. Auf dem Giebel des Aufbaus steht als bekrönende Figur der auferstandene Christus als Salvator mundi mit der segnenden Hand.

Moseskanzel

Nach Einführung der Reformation im Jahre 1601 wurde die Kirche mit einer Kanzel ausgestattet, deren Figurensymbolik auf die Wortverkündigung bezogen ist. Sie gehört zum Kanzeltypus mit einfiguriger Stütze, der „Moseskanzel“, und ist gegen 1614/15 entstanden. Der Kanzelkorpus wird durch Prophetenfiguren verziert, die allerdings nicht mehr eindeutig zuzuordnen sind. Im Hauptfeld sitzen die vier Evangelisten mit ihren Symbolen. [1] Die Kanzel wird nach oben durch einen sechseckigen, kuppelförmigen Schalldeckel abgeschlossen. Um den Deckel ziehen sich Brustbilder der 12 Apostel mit dazwischen angeordneten Blattspitzen. Den kuppelförmigen Deckel bekrönt die Figur des Gnadenstuhls, Gottvater mit seinem toten Sohn im Schoß. Die Unterseite des Schalldeckels ziert in einer stufenförmig eingelassenen Vertiefung die Heilig-Geist-Taube.

Taufstein

Der Taufstein wurde 1596 vom Gaukönigshöfer Bildhauer Hans Rappolt geschaffen. Er wird geziert durch das Wappen der Zobel von Giebelstadt und der Truchseß von Wetzhausen. Neben der Datierung trägt das Becken außen ein kunstvolles Steinmetzzeichen. Der Schaft ist mit abwechselnd konkaven und konvexen Profilen gedreht.

Das Wappenpaar am Becken gehört zu Heinrich Reichsfreiherr Zobel von und zu Giebelstadt zu Friesenhausen (* 1534; † 4. November 1589), würzburgischer Rat und Amtmann, Begründer der älteren Linie zu Giebelstadt, und seiner 1568 angetrauten Frau Amalie Truchseß von Wetzhausen (* 1556; † 1606), Tochter von Christoph Truchseß von und zu Wetzhausen und Friesenhausen, würzburgischer Amtmann zu Haßfurt und Bischofsheim vor der Rhön, und dessen Frau Dorothea von Maßbach. Heraldisch rechts befindet sich der Schild der Zobel von und zu Giebelstadt, in Silber ein roter Pferdekopf mit schwarzem Zaumzeug, links derjenige der Truchseß von Wetzhausen, golden mit zwei in zwei Reihen silbern-rot geschachten Balken.

Orgel und Empore

In Giebelstadt prägt die dreiseitig, entlang der Außenwand umlaufende Empore das Langhaus der Kirche und kennzeichnet sie als „protestantisch“, weil sie die Bedeutung der „Wortverkündigung“ unterstreicht. Die eingeschossige, nachträglich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in den Kirchenraum eingefügte Empore ist eine einfache Holzgalerie, die bereits 1853 erweitert werden musste. Im Rahmen der 1857/58 erfolgten, grundlegenden Innen- und Außenrenovierung der Kirche wurde der Fußboden mit Solnhofer Platten ausgelegt und die Empore erhielt einen Außenzugang aus Eichenholz.

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dürfte in der Oswaldkirche auch die der Empore vorgelagerte Herrschaftsempore zusammen mit dem separaten Zugang über eine Außentreppe errichtet worden sein. Sie ist dem Stile nach klassizistisch und orientiert sich am Vorbild des Fürstenstandes in den Markgrafenkirchen und an den Adelslogen in den katholischen Barockkirchen.

1673 schuf der Rothenburger Orgelbaumeister Georg Siegmund Leyser (* in Bonnland; † 1708) die erste Orgel für Giebelstadt. 1868 erfolgte ein Neubau durch Georg Friedrich Steinmeyer aus Oettingen. 1982 wurde von der Firma Deininger und Renner, ebenfalls aus Oettingen, die heutige Orgel eingebaut.

Grablege der Adelsfamilien Zobel und Geyer

Die Zobel'sche Grablegekirche birgt mehrere für die Genealogie der Zobel und Geyer bedeutende Grabsteine und exemplarische Beispiele der Epitaphentwicklung des 16. und 17. Jahrhunderts.

Das kunsthistorisch bedeutendste Werk ist das Epitaph der Amalia Zobel, einer Arbeit der Künstlerfamilie Brenck. Den Sockel ziert eine Inschrift mit den Lebensdaten Amalias, ihrer Familie und einem ausführlichen Lobpreis der Verstorbenen wegen ihrer Verdienste um die Einführung der Reformation. Auf dem Sockel kniet unter dem Kreuz im Zentrum die Patronatsherrenfamilie bestehend aus den Eltern Amalia Truchseß von Wetzhausen (* 1549; † 1609) und Heinrich Zobel von Giebelstadt (+ 1534; † 1598) mit ihren sechs Töchtern und sechs Söhnen.

Folgende Inschrift ziert das prachtvolle Epitaph:

„Anno Domini MDLVI ist geboren die Wohledle und viel Ehrtugendreiche Frau Amalia Zoblin geborne Truchsesin von Wezhausen, von dem WohlEdelGestren und vesten Christoph Truchszes von Wetzhauszen und der auch Wohledlen und viel ehrntugendsamen Frauen Dorothea Truchszesen gebornen von Masbach ist verheyrathet zu dem WohlEdlen und gestreng und vesten Heinrich Zobeln von und zu Giebel(stadt), damals Fürstl. Würzb. Rath und Amtman zu Bütthard im Jahr Chr. 1570 hat mit wohlgedachtem Junkherrn in der Ehe gelebt 19 Jahr und in währender Ehe 12 Kinder 6 Söhne und 6 Töchter mit Ihme erzeuget, unter welchen 8 noch im Leben 4 aber Todes verfahren, nach Absterben ihres lieben Junkherrn seel. Anno 1589 seines Alters 54 hat sie gelebt in Wittibstand 17 Jahr und wie Sie auch bin in ihr seel. Ende beständig anbei verharret, Gottes Wort geliebet, und nach Vermögen befördert die Römische Religion aber aus ihrer Kirchen Giebelstadt und Herchsheim ausgemustert und anstatt der Mespriester einen Evangelischen Prediger introducirt und eingesetzt Anno 1601 Domi. 7 Trinitatis ist ein Christo ihrem Seeligmacher in wahren Glauben verschieden Anno 1606 den 14ten May ihres Alters 51 Jahr deren Gott eine fröhliche Auferstehung verleihen wolle Amen“

Gottesdienste

Siehe auch

Quellen und Literatur

  • Evangelisch-Lutherische Pfarrkirchen Herchsheim und Giebelstadt - 400 Jahre Reformation 1601 - 2001. Evangelisches Pfarramt Herchsheim-Giebelstadt (Hrsg.), Giebelstadt 2001
  • Marktgemeinde Giebelstadt (Hrsg.): 1150 Jahre Markt Giebelstadt. Giebelstadt 1970
  • Friederike Langeworth: Die St. Oswald Kirche. In: Markt Giebelstadt (Hrsg.): Chronik Marktgemeinde Giebelstadt. Giebelstadt 2020, S. 118 ff.
  • Christine Schlör: Die evangelische Kirchengemeinde. In: Markt Giebelstadt (Hrsg.): Chronik Marktgemeinde Giebelstadt. Giebelstadt 2020, S. 124 ff.
  • Peter Wamsler: Giebelstadt und Ortsteile - ein kulturhistorischer Streifzug. Markt Giebelstadt 2005, S. 30-33 (Onlinefassung)
  • Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Baudenkmäler in Giebelstadt, Nr. D-6-79-138-6

Weblinks

Erläuterungen und Hinweise

  1. Symbole der Evangelisten:
    Auf vielen Bildern werden die vier Evangelisten mit ihren jeweiligen Symbolen dargestellt: Matthäus mit einem Menschen oder Engel, Markus mit einem Löwen, Lukas mit einem Stier, Johannes mit einem Adler. Diese vier Bilder sind der Offenbarung des Johannes (4, 6) entnommen, wo es in einer Vision des Gottesthrones heißt: „Das erste Lebewesen glich einem Löwen, das zweite einem Stier, das dritte sah aus wie ein Mensch, das vierte glich einem fliegenden Adler.“ Auch die Darstellung der vier Wesen mit Flügeln ist dieser Bibelstelle entnommen. Der Kirchenlehrer Hieronymus (347 bis 419) ordnete die vier Lebewesen den einzelnen Evangelisten zu, indem er auf die Anfänge ihrer Evangelien verwies: Matthäus beginnt mit dem Stammbaum und der Menschwerdung Jesu, daher der Mensch. Markus stellt an den Anfang seines Textes die Bußpredigt des Johannes, der wie ein Löwe seine Stimme in der Wüste erschallen lässt. Lukas berichtet zuerst vom Opferdienst des Priesters Zacharias, so dass der Stier als Opfertier zu seinem Attribut wurde. Und Johannes schließlich beginnt mit dem Prolog über das Wort Gottes und schwingt sich in einer Art „geistigem Höhenflug“ wie der Adler in Höhen, die die anderen nicht erreichen.
    Außer dieser Zuordnung zu den Evangelisten symbolisieren alle vier Wesen in der gemeinsamen Darstellung Jesus Christus selbst, dessen vier wichtigste Heilstaten in den Evangelientexten bezeugt werden: Der Mensch ist Abbild der Menschwerdung, der Stier bedeutet seinen Opfertod, der Löwe die Auferstehung und der Adler seine Himmelfahrt.
    (Quelle: Würzburger katholisches Sonntagsblatt)

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