Würzburger Markbeschreibung von 779
Die Würzburger Markbeschreibungen sind urkundenähnliche Dokumente aus dem Frühmittelalter, die das Gebiet der Stadt Würzburg beschreiben.
Geschichte
Die Würzburger Markbeschreibungen sind in einer Pergamenthandschrift der Universitätsbibliothek Würzburg überliefert. Wie aus einem Eintrag auf dem Vorsatzblatt hervorgeht, ließ der Würzburger Bischof Heinrich I. (995-1018) diese aus Fulda stammende Evangelienhandschrift des 9. Jahrhunderts mit einem kostbaren Einband versehen. Wohl bei dieser Gelegenheit hat der Schreiber dieses Eintrags auch die beiden Würzburger Markbeschreibungen in einer der karolingischen Minuskel nahe stehenden Schrift auf das ursprünglich leere erste und letzte Blatt eingetragen. Dabei kopierte er offensichtlich eine ältere Vorlage, deren wichtige Texte durch den Eintrag in eine der wertvollsten und deshalb am sorgfältigsten gehüteten Handschriften der Würzburger Dombibliothek gesichert werden sollten.
Seit Lorenz Fries, der in seiner Würzburger Bischofs-Chronik im 16. Jahrhundert die Markbeschreibungen erstmals wiedergab und übersetzte, wurden die Texte immer wieder gedeutet. Um die korrekte Interpretation der Ortsbezeichnungen wurde in einer Vielzahl wissenschaftlicher Aufsätze seither gerungen, jedoch sind nicht alle Ortsangaben zweifelsfrei zu identifizieren.
Beziehungen zwischen den beiden Markbeschreibungen
Wie aus den teilweise übereinstimmenden Zeugennamen hervorgeht, dürften die beiden Markbegehungen zu ungefähr derselben Zeit stattgefunden haben. Die offizielle Grenzumgehung der Ersten Würzburger Markbeschreibung verläuft gegen den Uhrzeigersinn und beschränkt sich auf linksmainisches Gebiet. Der Grenzumgang der Zweiten Würzburger Markbeschreibung verläuft im Uhrzeigersinn und umfasst auch rechtsmainisches Territorium. Es wurde vorgeschlagen, die Zweite Markbeschreibung als Vorakt zur Ersten zu deuten, die dann als genaue Abgrenzung der Würzburger Mark gegenüber den westlichen Gauen Badenachgau und Waldsassengau aufzufassen wäre. Dennoch stimmt die Abmarkung des linksmainischen Gebiets in beiden Texten nicht überein. Es ist daher auch möglich, verschiedene Entstehungszeiten der zwei Dokumente anzunehmen. Eine andere Interpretation [1] geht davon aus, dass der die Grenze festlegende Gesandte bei der Grenzbeschreitung sein Gebiet zur rechten Hand hat. Dann würde die Erste Markbeschreibung die Abgrenzung des Waldsassengaus (und Badenachgaus) von Würzburg beschreiben. Dies würde auch erklären, wieso die rechtsmainischen Gebiete außen vor bleiben. Bei der Zweiten Markschreibung ist der grenzsetzende Teil der Inhaber der Mark Würzburg. Er umgeht die Grenze des gesamten Gebiets so, dass es zur rechten Hand liegt.
Erste Markbeschreibung
Die Erste Würzburger Markbeschreibung ist ein im Stil einer Urkunde angelegtes lateinisches Protokoll einer Grenzbegehung durch den Gesandten Karls des Großen namens Eburhard am 14. Oktober 779. Die Grenze wird in vier Abschnitten beschrieben, dazu werden jeweils die Namen der Zeugen genannt, die diesen Abschnitt mitbegangen haben. Der Anfang der Grenzabschnitte wird lateinisch formuliert, der weitere Text althochdeutsch, auch die Konjunktionen und Präpositionen.
Erwähnte Orte
Im Gegenuhrzeigersinn beginnend im Norden am Main:
- Otwinsquelle
- Dornensumpf
- Hettstadter Hof
- Weidensee
- Hain des Noto
- Schellenhügel
- Hof des Heibist
- Hügel des Rotgis
- Emmerfeld
- Grenzstein des Moruch (erste Erwähnung)
- Brunnen des Chist (Kist)
- Mit Rohr bewachsener See
- Alter Waldpfad
- See des Brezzo
- Erdburg (Irtenberg)
- Grenzstein des Moruch (zweite Erwähnung)
- Fallen-Ried
- Brunnberg
- Mitte des Mains
- Badenachgau
- Main
Kartenausschnitt
Zweite Markbeschreibung
Die Zweite Würzburger Markbeschreibung wirkt wie ein inoffizielles Kurzprotokoll. Der rein althochdeutsche Text beginnt nach der lateinischen Überschrift Marchia ad VVirziburg unvermittelt mit der Grenzbeschreibung und protokolliert formlos ohne Datum und Unterzeichner den Grenzverlauf als Zeugenaussage.
Erwähnte Orte
Im Uhrzeigersinn beginnend im Norden am Main:
- Rabansquelle (erste Erwähnung)
- Entensee
- Quelle des Blidherr
- Habichtstal
- Steiniger Hügel
- Heerstraße (erste Erwähnung)
- Mahdplatz des Gick
- Pleichach
- Steinige Furt
- Greinberg
- Wasserloch
- Kürnach
- Kürnachsberg
- Blutegelsee
- Hügel des Stacko
- Wolfsgrube
- Weingarten des Fredthandt
- Rabans-Buche
- Main (tiefste Stelle der Furt)
- Mitte des Mains (erste Erwähnung)
- Brunnen, der auf der westlichen Seite des Mains liegt
- Brunnenberg
- Fallen-Ried
- Grenzstein des Moruch
- See des Brezzo
- Heerstraße (zweite Erwähnung)
- Büchelberg
- Steinbachtal
- Stausee
- Höchberg
- Hügel im Weideland
- Bach des Gozolf
- Mitte des Mains (zweite Erwähnung)
- Rabansquelle (zweite Erwähnung)
Kartenausschnitt
Siehe auch
Quellen und Weblinks
- Würzburger Markbeschreibungen bei Topographia Franconiae auf uni-wuerzburg.de
- Rolf Bergmann: „Pragmatische Voraussetzungen althochdeutscher Texte: Die Grenzbeschreibungen“ in Jahrbuch für Germanistische Sprachgeschichte Bd. 13 (2012) S. 57-74)
- Friedrich Anton Reuß: „Aelteste Urkunde über den Umfang der Würzburger Stadtmarkung“ Thein, Würzburg 1838, S. 5
Einzelnachweise
- ↑ Gotthold Wagner: Comitate in Franken. Hrsg.: Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V., Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst 6, Archiv des historischen Vereins für Unterfranken und Aschaffenburg, Band 77, Würzburg 1954, S. 26 (Online-Fassung).
