Neuer Hafen
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Der Neue Hafen ist ein Binnenhafen (Stichbecken) mit Gewerbegebiet im Stadtteil Dürrbachau im Westen von Würzburg. Dieser wurde im Herbst 1940 nach sechs Jahren Bauzeit in Betrieb genommen. Das Hafengebiet hat eine Fläche von insgesamt 87 Hektar. Unmittelbar angrenzend befindet sich der Flusshafen, der oftmals dem Areal des Neuen Hafens zugerechnet wird.
Geschichte
Aufgrund der starken Auslastung des Alten Hafens - zu dieser Zeit ein Staatshafen - fasste das Würzburger Stadtbauamt bereits vor dem Ersten Weltkrieg einen Hafenneubau ins Auge. Ziel war es ursprünglich, dadurch den Alten Hafen zu entlasten. Erste Pläne wurden bereits 1911 von der Stadtverwaltung vorgestellt. [1] Durchkreuzt wurde das städtische Vorhaben jedoch vom Ersten Weltkrieg und der daran anschließenden schwierigen wirtschaftlichen Lage.
Schwung in die Planungen kam erst in den 1930er Jahren: Die Mainkanalisierung und damit der Ausbau des Mains zur Großschifffahrtsstraße sollte im Bereich des Maindreiecks mainaufwärts fortgeführt werden. Nachdem die Umschlagmöglichkeiten am Alten Hafen ausgeschöpft waren, war ein Hafenneubau unumgänglich. [1] Für den Neubau war das Gebiet der Dürrbachau vorgesehen. Anfang Dezember 1931 wurden Planungen des städtischen Tiefbauamts zur Errichtung dieses neuen Hafens dem Stadtrat vorgelegt, [2] zwei Jahre später legte der Stadtrat die Pläne dem Bayerischen Staatsministerium des Innern vor. Die Pläne wurden von dem Ministerium zwar akzeptiert, eine finanzielle Förderung des Projekts kam für dieses jedoch nicht in Frage. [3]
Die Stadt Würzburg nahm deshalb die Finanzierung in die eigene Hand: 110.000 Reichsmark verabschiedete der Stadtrat im September 1933 für den Aushub des Hafenbeckens. Der erste Auftrag für die Aushubarbeiten ging an die Würzburger Baufirma Buchner, die insbesondere die Bauaufsicht und die Gerätschaften stellte. Unterstützung gab es zeitweise vom Reichsarbeitsdienst. [3] Mehrere Abteilungen des RAD-Gau 28 „Franken“ waren an Bauprojekten entlang des Mains eingesetzt und hoben in der Regel mit Muskelkraft die Hafenbecken aus. Der Abraum wurde mit Feldbahnen abtransportiert [4] Der erste Spatenstich erfolgte am 4. Februar 1934. [2] Für den weiteren Ausbau des Hafens bekam die Würzburger Baufirma jedoch nicht mehr den Zuschlag - den Auftrag erhielt 1935 die Mannheimer Firma Grün & Bilfinger. Sechs Millionen Reichsmark kosteten der Stadt die weiteren Bauarbeiten in der Dürrbachau. [5]
Das Richtfest des Neuen Hafens wurde am 11. Dezember 1937 begangen. Der Hafenneubau wurde von den Nationalsozialisten unter Bürgermeister Theo Memmel pompös gefeiert. Es war ein Hafenbecken von bis zu 65 Metern Breite und über 3 Metern Tiefe entstanden, dazu gab es zahlreiche Verlade- und Lagereinrichtungen. Darunter auch drei Reichsnährstandssilos Die Gleise der Hafeneisenbahn sorgten für eine Anbindung an die Reichsbahn. Die erste Schiffsladung wurde am 27. September 1940 im neuen Hafen gelöscht. Offiziell in Betrieb gingen die Anlagen am 1. Oktober 1940. [2] Bereits die Jahre darauf erfuhr der Hafen einen enormen Warenumschlag, einher ging damit ein Bedeutungsverlust des Alten Hafens.
Bei den Bombenangriffen auf Würzburg im Jahr 1945 blieb der Neue Hafen aufgrund seiner Lage weitestgehend verschont. [1] Von 1946 bis 1984 befand sich die Schiffswerft Neckermann & Hofmann an der Südlichen Hafenstraße.
Neuer Hafen mit Blick auf die Reichsnährstandssilos (1940)
Neuer Hafen, unten am Bildrand die Schiffswerft Neckermann & Hofmann (1960er Jahre)
Blick auf die Raiffeisen Kraftfutterwerke im Neuen Hafen (1986) (© Roland Pleier)
Hafenbetrieb
Betreiber
Betreibergesellschaft ist die Würzburger Hafen GmbH (WHG).
Aufsichtsbehörden
Umschlag
Wichtigste Umschlaggüter
Obwohl die Bezeichnung Hafen insbesondere auf den Umschlag von/auf Binnenschiffe hinweist, sind hier auch Güter erfasst, die auf dem Hafengelände von Straße zu Straße oder Schiene zu Straße verladen werden. Die großen Silos, welche die Silhouette des Neuen Hafens sehr markant prägen, dienen dabei der Zwischenlagerung. Die wichtigste Umschlaggüter sind laut Würzburger Hafen GmbH (Abweichungen möglich):
- Mineralölprodukte 75 %
- Landwirtschaftliche Produkte 9 %
- Nahrungs- und Futtermittel 6 %
- Baumaterial, Steine und Erden 3 %
- Düngemittel 3%
- Feste mineralische Brennstoffe 3 %
- Sonstige 1%
Umschlagsanlagen
Folgende Umschlagsanlagen gibt es laut Würzburger Hafen GmbH (Abweichungen möglich):
- 4 elektrische Kräne bis 10 Tonnen
- 1 mobiler Kran bis 15 Tonnen
- 4 Getreideverladeeinrichtungen
- 5 Mineralölentladeeinrichtungen
- 1 Kohleverladeeinrichtung
Lagerfläche
Über die Größe der Lagerflächen gibt es unterschiedliche Zahlen. Nachfolgende Angaben stammen von der Würzburger Hafen GmbH:
- 250.000 m² Freilagerflächen
- 50.000 m² Lagerflächen unter Dach
- Siloraum 160.000 m²
- Tankraum 80.000 m³
Gewerbegebiet Neuer Hafen
Im Gewerbegebiet sind laut WHG
- 26 Handelsbetriebe
- 14 Produktionsbetriebe
- 10 Speditions- und Lagereibetriebe
- 16 sonstige Betriebe
angesiedelt.
Hafeneisenbahn
Der Neue Hafen ist über die Hafeneisenbahn (kurz: HEW, Hafenbahn) an das Gleisnetz der Deutschen Bahn angeschlossen.
Gastronomie
Straßen unmittelbar im Hafengebiet
- Nördliche Hafenstraße nördlich des Hafenbeckens
- Südliche Hafenstraße südlich des Hafenbeckens
- Paradiesstraße zwischen Nördlicher Hafenstraße und Rothofstraße
Angrenzende Straßen
- Rothofstraße bzw. Brücke nach Zell a. Main: Laurentiusbrücke
- Veitshöchheimer Straße (zugleich B 27, Ausfallstraße von Wü bis zum Ortseingang von Veitshöchheim)
- Friedrich-Koenig-Straße (Flusshafen)
Bildergalerie
Video
„Würzburg Neuer Hafen | Dji Mavic Mini“ von marcusfliegt (17. Mai 2020)
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Siehe auch
- Alter Hafen
- Flusshafen
- Hafeneisenbahn
- Einwurfstelle für Floßholz Dürrbachau
- Heeresverpflegungshauptamt
- Reichsnährstandssilos
- Schiffswerft Neckermann & Hofmann
- Bunkerstation
Literatur
- Heinz Puchner: Der Hafen Würzburg. Würzburg, 1973.
Weblinks
- Infoseite der WVV / Würzburger Hafen GmbH
- Dissertation Daniel Gerken: Die Selbstverwaltung der Stadt Würzburg in der Weimarer Republik und im Dritten Reich. S. 446 (Geschichte)
- Stadt Würzburg Statistikamt: Gesamtumschlag Neuer Hafen 2000 bis 2020 auf wuerzburg.de
- Historische Aufnahme des Hafens (1960er Jahre)
- Würzburg Erleben: „Würzburger Hafen GmbH – 50-jährige Erfolgsgeschichte“, 13. Dezember 2019
- Hafen Würzburg auf wikipedia.org
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Heinz Puchner: Der Hafen Würzburg. Würzburg, 1973.
- ↑ 2,0 2,1 2,2 Ulrich Wagner (Hrsg.): Geschichte der Stadt Würzburg. Band III/1 und III/2. Vom Übergang an Bayern 1814 bis zum 21. Jahrhundert. Verlag Theiss, Stuttgart 2007, S. 244
- ↑ 3,0 3,1 XXX. Verwaltungsbericht der Stadt Würzburg 1933
- ↑ Fritz Schinnerer: Reichsarbeitsdienst: Unser Arbeitsgau 28 (Franken)
- ↑ Ratsprotokoll 399, Stadtratsbeschluss vom 15. März 1935