Kurie Rannenberg
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Die Kurie Rannenberg (weitere Bezeichnungen: Bernonis [1], Harmonie) war bis zum Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 ein ehemaliger Domherrnhof in der Würzburger Altstadt.
Lage
Die Kurie Rannenberg lag an der Nordseite des Paradeplatzes, östlich der Einmündung der Herrngasse. Nordöstlich grenzte die Kurie Weinsberg an, östlich die Kurie Osternach. Die alte Bezeichnung war Distrikt II, Nr. 579 [2], die Hausnummer des heute auf dem Grundstück der ehemaligen Kurie liegenden Gebäudes ist Hofstraße 3.
Namensgeber
Der zweite gebräuchliche Name des Hofes, „Bernonis“, führt zu einem sehr viel früheren, urkundlich für 1189 gesicherten Besitzer, dem Domherrn Berno. [3] Drei Domherren mit dem Namen Rannenberg sind um die Wende des 13. Jahrhunderts im Würzburger Domkapitel verzeichnet, keiner jedoch als Besitzer der gleichlautenden Kurie festgehalten.
Geschichte
Das ursprüngliche Gebäude entstand im 12. Jahrhundert. Erster nachgewiesener Resident war Gerhard I., ab 1161 Dekan von Stift Neumünster. Im 15. Jahrhundert wohnten hier zwei Fürstbischöfe, die die unmittelbare Nachbarschaft zum Dom zu schätzen wussten: Gottfried IV. Schenk von Limpurg (1449-1455) und Rudolf II. von Scherenberg (ab 1466). Nach der Säkularisation 1802 wurde der Domherrnhof Bischof Georg Karl von Fechenbach zugeteilt. Ob er dort selbst residierte, ist nicht überliefert. Spätestens nach seiner Wahl zum Bamberger Bischof im Jahre 1805 hielt er sich nur noch selten in Würzburg auf. Eigentümer blieb ihr letzter Besitzer als Domherr Friedrich Karl Ludwig von Guttenberg bis zu seinem Tod 1822. Danach fiel der Hof an das Königreich Bayern, der ihn zur Versteigerung ausschrieb. Im Februar 1823 kaufte die Harmonie-Gesellschaft die ehemalige Domherrnkurie, die noch im gleichen Jahr nach Planungen des Regierungs- und Kreisbaurats Johann Nepomuk Drischütz umgebaut [4] und 1824 in neuer Funktion feierlich eröffnet wurde.
Historische Abbildungen
Baubeschreibung
Die Kurie Rannenberg wurde 1823 völlig umgebaut und erweitert für eine Nutzung als Veranstaltungs- und Kulturzentrum der Harmonie-Gesellschaft. An der Fassade wurde ein Balkon auf Säulen vorgeblendet und ein Tanzsaal eingebaut. Altbausubstanz wurde 1966 beim Abriss der Ruine restlos beseitigt; Baupläne aus der Zeit vor 1945 existieren offensichtlich nicht mehr.
Das heutige Gebäude ist ein dreigeschossiger Walmdachbau mit Säulenaltan in Ecklage um 1790 erbaut und 1823 im Stil des Klassizismus umgebaut. Nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde zwischen 1966 und 1970 die Fassade nachgebildet.
- ► Der Versuch einer Baubeschreibung der Kurie Rannenberg ist dem Buch von Jörg Lusin (siehe Abschnitt „Quellen und Literatur“) zu entnehmen.
Nutzung nach dem Wiederaufbau
Bei der Bombardierung Würzburgs 1945 brannte das Gebäude aus. Die komplette Fassade, die gesamten Umfassungsmauern und die Gewölbe des angebauten Saales hatten den Krieg überstanden, so dass der Architekt H. Rost Pläne vorlegte, die die Erhaltung des historischen Äußeren bei Nutzung der „Harmonie“ als Theater vorsahen. [5] Der Vorschlag wurde 1950 noch einmal aufgegriffen [6]; abschließend wurde bereits auf die Gefahr für die „Harmonie“ aufmerksam gemacht, wenn sie weiterhin ungeschützt dem Wetter ausgesetzt bliebe. Bei weiterem Zögern wäre der Einsturz „der noch gut erhaltenen Gebäudeteile“ die Folge. [7] Finanzielle Gründe verhinderten zunächst den Wiederaufbau. [8] Im Jahre 1956 erwarb die Stadt Würzburg das Grundstück. [9]
1966 wurde die Ruine für den Neubau der Städtischen Galerie abgebrochen, wobei keinerlei alte Substanz erhalten blieb. Der Tanz- und Konzertsaal wurde eingeebnet und dient als Parkplatz. Heute befinden sich in dem Gebäude ein Ladengeschäft der Schwarzweller GmbH sowie die Kanzleiräumlichkeiten des Würzburger Standortes der Bendel & Partner Rechtsanwälte mbB.
Siehe auch
- Baudenkmäler in Würzburg
- Domherrnhöfe in Würzburg
- Harmonie-Gesellschaft
- Stift Neumünster
- Georg Karl von Fechenbach
Quellen und Literatur
- Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Baudenkmäler in Würzburg, Nr. D-6-63-000-200
- Werner Dettelbacher: Zu Gast im alten Würzburg. Heinrich Hugendubel Verlag, München 1993, S. 138 f.
- Franziska Hauck: Zum Gedächtnis. Gedenktafeln der Würzburger Innenstadt: Ein Katalog, 2010, S. 27
- Bernhard Janz: Konzertwesen, in: Ulrich Konrad: Musikpraxis, Musikerziehung und musikalisches Gewerbe, S. 193-195 in: Unterfränkische Geschichte, hrsg. von Peter Kolb und Ernst-Günter Krenig, Band 5/2, Echter Verlag, Würzburg 2002, S. 191-246, S. 199
- Carl Köhl: Würzburger Domherrnhöfe. Altfränkische Geschichten III, Verlagsdruckerei Würzburg G.m.b.H. 1913
- Jörg Lusin: Die Baugeschichte der Würzburger Domherrnhöfe. Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V.] Würzburg / Würzburger Diözesangeschichtsverein 1984 (Stadtbücherei Würzburg Drk 1 Lus)
- Thomas Memminger: Würzburgs Straßen und Bauten. 2. Auflage, Gebrüder Memminger Verlagsbuchhandlung, Würzburg 1921, S. 188
Einzelnachweise, Hinweise und Erläuterungen
- ↑ Diese ältere Bezeichnung geht auf den Domherrn Berno zurück (1189-1217)
- ↑ Uraufnahme im geoportal.bayern.de/bayernatlas
- ↑ Monumenta Boica 37 Nr. 148 [1]
- ↑ Josef Kern: Die Bildende Kunst abseits der Zentren, in: Unterfränkische Geschichte, hrsg. von Peter Kolb und Ernst-Günter Krenig, Band 5/2, Echter Verlag, Würzburg 2002, S. 247-316, S. 250
- ↑ Main-Post vom 6. Dezember 1949
- ↑ Main-Post vom 20. April 1950
- ↑ Jörg Paczkowski: Der Wiederaufbau der Stadt Würzburg (Peller-Liste). Mainfränkische Studien Band 30, Hrsg: Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V.], Würzburg 1982, S. 262 f.
- ↑ Geplant war der Wiederaufbau mit einem Mehrzwecksaal für 1200 Personen, zwei Gaststätten und 120 bis 140 Betten für Studenten (Bauakte, Stadtarchiv Würzburg).
- ↑ Main-Post: „Stadt kaufte Harmoniegebäude“ (8. Oktober 1956)