Franz von Rinecker

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Professor Franz von Rinecker

Prof. Dr. Franz von Rinecker (* 3. Januar 1811 in Scheßlitz/Oberfranken; † 22. Februar 1883 in Würzburg) war ein auf mehreren Gebieten tätiger Mediziner, unter anderem war er Professor für Arzneimittellehre und für Kinderheilkunde sowie Dekan der Medizinischen Fakultät und Rektor der Universität. Zudem war er Begründer der ersten eigenständigen Universitäts-Kinderklinik der Welt.

Leben und Wirken

Er studierte nach dem Gymnasialabschluss als 16jähriger ab 1826 Medizin in München und ab dem Wintersemester 1830/31 in Würzburg und Wien. Sein Studium schloss er 1832 in München ab, wo er auch am 3. August desselben Jahres promoviert wurde und wo seine Assistentenzeit begann. 1833 wechselte er nach Würzburg ans Juliusspital und erhielt 1834 seine Approbation als Arzt. Am Juliusspital, wo er im Juli 1836 zum Privatdozenten ernannt wurde, war er Schüler von Schönlein und Marcus. [1] [2]

Professor in Würzburg

1837 wurde Rinecker Extraordinarius und übernahm am 1. April 1837 die Leitung des „poliklinischen Instituts“. 1838 wurde er von König Ludwig I. von Bayern zum ordentlichen Professor für Arzneimittellehre und Direktor der Medizinischen Poliklinik an der Universität Würzburg ernannt. [3] [4] 1840/41 unternahm er eine Studienreise nach Frankreich und England. Im Wintersemester 1845/46 schuf er gemeinsam mit seinem Assistenten Franz von Leydig das Würzburger Physiologische Institut und 1849 war er einer der Begründer der Physikalisch-Medizinischen Gesellschaft („Würzburger Physico-Medica“).

Im November 1850 hatte Rinecker, der bereits 1839 Vorlesungen über Kinderkrankheiten abhielt und 1844 [5] eine Professur für Kinderheilkunde bzw. Pädiatrik verliehen bekam, in Würzburg die aus der von Hofrat Carl Friedrich von Marcus 1847 eingeweihten „Separat-Anstalt für kranke Kinder“ hervorgegangene erste eigenständige Universitäts-Kinderklinik der Welt [6] eröffnet und war damit als „öffentlich-ordentlicher Professor der Kinderkrankheiten“ auch erster Lehrstuhlinhaber für Kinderheilkunde. [7] [8] Die ambulante Behandlung kranker Kinder fand ab 1851 im Erdgeschoss des Gebäudes in der Klinikgasse 3 statt. Im selben Jahr wurde Rinecker mit der Leitung dieser „stabilen Kinderklinik“ beauftragt und 1855 berief man ihn zum Vorstand der Gesamtkinderklinik. Die Selbständigkeit der „Separat-Anstalt“ ging 1864 wieder verloren. 1872 beendete Rinecker seine Tätigkeit als Kinderarzt und sein Schüler Carl Gerhardt übernahm die „stabile Kinderklinik“. [9]

1863 übernahm Rinecker auch die Psychiatrische Klinik am Juliusspital, wo später Emil Kraepelin, bevor er zum bedeutenden Psychiater wurde, als sein Assistent wirkte. Weitere, für die Entwicklung der Psychiatrie bedeutsame Schüler von Rinecker waren der bereits erwähnte Internist und Kinderarzt Carl Gerhardt sowie der von 1873 bis 1880 in Würzburg wirkende Kinderpsychiater Hermann Emminghaus (1845-1904) und 1850 bis 1852 F. Siebert (1829-1882), welcher Psychiatrie-Professor in Jena wurde [10]

Der vielseitig tätige, auch als Konsiliararzt angesehene Rinecker befasste sich unter anderem mit Pharmakologie und Dermatologie, insbesondere im Hinblick auf die Therapie der Geschlechtskrankheit Syphilis mit neuen, auch aufgrund der dazu von ihm bereits 1852 gemachten Versuche an Patienten umstrittenen, Behandlungsmethoden. [11] 1872 wurde dann auf seine Initiative hin eine eigenständige dermatologische Abteilung zur Behandlung von Haut- und Geschlechtskrankheiten („Abteilung für Syphilis und Hautkrankheiten“) geschaffen und von ihm - zusätzlich zu seinen weiteren Tätigkeiten - geleitet [12], die jedoch nach seinem Tod zunächst wieder der Abteilung für Innere Medizin eingegliedert wurde. [13]

Leiter der Berufungskommission

Rinecker versuchte als Leiter der Berufskommission der Medizinischen Fakultät, die damals in der Medizin herrschende Naturphilosophie durch naturwissenschaftliche Grundlagen zu ersetzen und wurde zum „Wiedererwecker“ einer mit den Namen Ignaz Döllinger und Johann Friedrich Christian Karl Heusinger verbundenen physiologisch-anatomischen Schule. [14] Albert von Koelliker und Rudolf Virchow berief er an die Medizinische Fakultät. Auch die für die Entwicklung der Medizinischen Fakultät bedeutsamen Professoren Kiwisch, Scherer, Scanzoni von Lichtenfels, Johann Theodor August Förster, Heinrich von Bamberger und Ernst von Bergmann sind mit Unterstützung Rineckers in Würzburg tätig geworden. [15] Durch seine Berufungspolitik hat Franz von Rinecker entscheidend zur herausragenden Bedeutung der Würzburger Medizinischen Fakultät bis etwa 1880 [16] im Gebiet des Deutschen Bundes beigetragen.

Dekan der Medizinischen Fakultät

Rinecker war mehrmals Dekan der Medizinischen Fakultät. [17]

Rektor der Universität Würzburg

Franz von Rinecker war Rektor der Universität von 1846 bis 1847 und nochmals von 1865 bis 1866.

Ehrungen und Auszeichnungen

  • Ab 1864 Wahl zum Mitglied der Leopoldina.

Posthume Würdigung

Siehe auch

Quellen und Literatur

  • Thomas Sauer und Ralf Vollmuth: Briefe von Mitgliedern der Würzburger Medizinischen Fakultät im Nachlaß Anton Rulands. Quellen zur Geschichte der Medizin im 19. Jahrhundert mit Kurzbiographien, Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 9 (1991), S. 135-206, S. 166-171
  • Rolf Pfeffer: Professor Franz von Rinecker, medizinische Dissertation, Würzburg 1981
  • Werner E. Gerabek: Rinecker, Franz von, in: 'Enzyklopädie Medizingeschichte, hrsg. von Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil und Wolfgang Wegner, Walter de Gruyter, Berlin und New York 2005, S. 1252
  • Rolf Pfeffer: Professor Franz von Rinecker 1811-1883, medizinische Dissertation, Würzburg 1981
  • Ralf Vollmuth und Gundolf Keil: Beständigkeit und Fortschritt: Die Würzburger Medizin im Spiegel der Jahrhunderte. Ein Beitrag zur Erstgründung der Universität Würzburg vor 600 Jahren, Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 22 (2003), S. 7-20, S. 13 f.
  • Gundolf Keil: Franz von Rinecker (1811-1883), Mediziner. In: Peter Baumgart (Hrsg.): Lebensbilder bedeutender Würzburger Professoren (= Quellen und Beiträge zur Geschichte der Universität Würzburg, 8), Neustadt a. d. Aisch 1995, S. 20-59
  • Reinhard Jeschke: Meilensteine in der Geschichte der Universitäts-Kinderklinik Würzburg. Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 20 (2001), S. 96-107; S. 96-99

Weblinks

Einzelnachweise und Hinweise

  1. Thomas Sauer und Ralf Vollmuth: Briefe von Mitgliedern der Würzburger Medizinischen Fakultät im Nachlaß Anton Rulands. Quellen zur Geschichte der Medizin im 19. Jahrhundert mit Kurzbiographien, Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 9 (1991), S. 135-206, S. 166
  2. R. Schwab: Über die Bedeutung des Juliusspitals für die Entwicklung der Inneren Medizin, Sonderdruck aus der Festschrift zur Einweihung der wiederaufgebauten Pfarrkirche des Juliusspitals 1593, S. 22
  3. R. Schwab, a.a.O., S. 22 f.
  4. Otto Schrappe †: Psychiatrie in Würzburg und Psychiatrische Universitätsklinik Würzburg in den letzten 5 Jahrzehnten, Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 1 (1983), S. 91-106, S. 94
  5. Gundolf Keil: Rinecker und die Anfänge der Pädiatrie. Der Kinderarzt 29 (1998), S. 198-201 und 345-351
  6. Die 1829 errichtete Universitäts-Kinderklinik an der Berliner Charité war hingegen als Abteilung nicht eigenständig
  7. Johannes Oehme: Erste Ordinarien für Kinderheilkunde. Der Kinderarzt 23 (1992), S. 693 f.
  8. Gundolf Keil: Kinderheilkunde, in: Enzyklopädie Medizingeschichte, hrsg. von Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil und Wolfgang Wegner, Walter de Gruyter, Berlin und New York 2005, S. 743
  9. Reinhard Jeschke: Meilensteine in der Geschichte der Universitäts-Kinderklinik Würzburg. Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 20 (2001), S. 96-107; S.96-99 (zitiert), Online-Version
  10. Gerhardt Nissen: Frühe Beiträge aus Würzburg zur Entwicklung einer Kinder- und Jugendpsychiatrie, in: Vierhundert Jahre Universität Würzburg. Eine Festschrift, hrsg. von Peter Baumgart, Verlag Degener & Co., Neustadt an der Aisch 1982, S. 935-949, S. 938-940 und 949
  11. Barbara Elkeles: Syphilis, medizinische Forschung und Humanität. Neues zu Rineckers Prozeß (1854-1856), Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 9 (1991), S. 57-71
  12. Gerhardt Nissen, a.a.O., S. 938
  13. Gerald Metz: Das Archiv der Würzburger Universitätsklinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten und seine Bestände, Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 9 (1991), S. 37-55, S. 37-39
  14. R. Schwab, a.a.O., S. 23
  15. Josef Ströder, unter Mitarbeit von J. Sauerbier und A. Derks: Zur Geschichte der Kinderheilkunde und der Kinderklinik der Universität Würzburg, in: Vierhundert Jahre Universität Würzburg. Eine Festschrift, hrsg. von Peter Baumgart, Verlag Degener & Co., Neustadt an der Aisch 1982, S. 897-908, S. 899
  16. Eberhard Weis: Bayerns Beitrag zur Wissenschaftsentwicklung im 19. und 20. Jahrhundert, in: Handbuch der bayerischen Geschichte, hrsg. von Max Spindler, IV/2: Das neue Bayern. 1800-1970, München 1975, S. 1034-1088, S. 1047
  17. Thomas Sauer und Ralf Vollmuth: Briefe von Mitgliedern der Würzburger Medizinischen Fakultät im Nachlaß Anton Rulands. Quellen zur Geschichte der Medizin im 19. Jahrhundert mit Kurzbiographien, Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 9 (1991), S. 135-206, S. 166 f.

Dieser Artikel basiert zum Teil auf dem Artikel Franz von Rinecker aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported (Kurzfassung). In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.

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