Hochhaus Augustinerstraße

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Das eingerüstete Hochhaus in der Augustinerstraße
Das Hochhaus aufgenommen von der Festung Marienberg

Das Hochhaus Augustinerstraße (Ämterhochhaus, offiziell: Hans-Löffler-Haus) wurde im Jahr 1930 als erstes Hochhaus in Franken in der Augustinerstraße 9 erbaut und als städtisches Ämtergebäude genutzt.


Namensgeber

Offizieller Namensgeber ist der ehemalige Oberbürgermeister der Stadt Würzburg Hans Löffler, der in der Bauzeit des Gebäudes amtierte.

Baubeschreibung

Das Verwaltungs-Hochhaus ist ein siebengeschossiger Walmdachbau mit umlaufendem Konsolgesims und Erdgeschosspassage und war das zweite Hochhaus in Bayern[1] Das historische Ämterhochhaus war der erste weitgehend konsequent im Stil der neuen Sachlichkeit gehaltene Bau in der Würzburger Innenstadt. Die Kubatur [2] und das Dach sind dem Stadtbild angepasst, die Formensprache der späten Zwanzigerjahre ist in den Proportionen der Fenster und Türen, dem prägnanten Obergeschoss mit den Bullaugenfenstern erhalten. Die Obergeschosse wurden schmal ausgebildet, während die unteren Geschosse einen massiven Block bilden, der jedoch im Stadtbild nicht wahrgenommen wird. Somit ragte der Bau relativ schlank über die Alt-Würzburger Dachlandschaft und störte die Stadtkrone der Türme und Kuppeln nicht. [3]

Baulinie in der Augustinerstraße

Mit der besseren Verkehrserschließung in der Altstadt zum Ende des 19. Jahrhunderts und mit dem Aufkommen der Straßenbahn erwiesen sich die immer noch engen Straßen in der Altstadt als problematisch, so auch in der Augustinerstraße. Ihre Engführung verhinderte eine zügige Durchfahrt und bescherte den Fußgängern einen gefahrenvollen Durchgang. Deshalb beschloss der Stadtrat um die Jahrhundertwende, die bestehenden Baulinien zurückzunehmen und die Straße auf 150 Meter zu verbreitern. 1898 wurde das gut gegliederte Barockhaus mit der mehrfach geknickten Front in der Augustinerstraße 7 (siehe Foto von 1898), das „Haus Frankenfelder“, ehemals „Hof Fürstenberg“, abgerissen. Der Folgebau, das „Haus Perthoner“ von 1901 folgte bereits dieser neuen Baulinie, die barocken Nachbarhäuser Augustinerstraße 9-11 blieben jedoch weiter stehen. Als sich 1927 ein möglicher Erwerb des Gebäudes Augustinerstraße 9, des „Hauses Oppenheimer“, anbahnte, war die Stadtverwaltung ihrem Ziel einer Straßenerweiterung wieder ein Stück näher gekommen.

Vorgängerbau

Der zuvor bestehende barocke Gebäude an der Augustinerstraße 9 wurde „Haus Oppenheimer“ genannt und war das Geburtshaus des Lyrikers Jehuda Amichai (Geburtsname Ludwig Pfeuffer). Um eine Engstelle in der Augustinerstraße zu beseitigen wurde das Gebäude 1928 von der Stadt erworben und 1929 abgerissen. Auf der historischen Abbildung von 1928 erkennt man das „Haus Oppenheimer“. Vor der Brandwand, die man als Riesenplakattafel vermietete, steht eine hochgedrehte Feuerwehrleiter und hält an einer Stange eine Latte in die Luft: So hoch sollte der Hochhausneubau werden, der auf dem Foto mit Bleistift einskizziert ist.

Geschichte

Augustinerstraße mit dem Hochhaus nach dem 16. März 1945

Der erste Spatenstich für das - nach Meinung damaliger Kritiker die Würzburger Dachlandschaft störende [4] - neue Hochhaus mit zurückversetzter Fassade nach Plänen von Regierungsbaurat Franz Kleinsteuber und dem Architekten Christoph Mayer aus dem Jahr 1928 erfolgte am 27. Mai 1929. Kleinsteuber selbst war mit dem im Sommer 1930 fertiggestellten Hochhaus jedoch unzufrieden, da seiner Meinung nach die Stadt über ihr eigenes Bauamt auf die Gestaltung der Fassaden und des Dachs erheblichen Einfluss genommen hatte. Notgedrungen musste Kleinsteuber typische Elemente der Moderne wie horizontale Fensterbänder, Putzpfeiler und Flachdach abändern in hochformatige Einzelfenster, Muschelkalkverkleidungen und gewalmtes Ziegeldach. Diese deutlich lokale Färbung steigerte die Akzeptanz des Hauses für die Stadtbevölkerung, blieb für seinen Architekten aber zeitlebens schmerzhaft.

Den Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 überstand das Hochhauses relativ unbeschadet, was seinen neuartigen Konstruktionen zu verdanken war: Eisenbetondecken statt Holzdecken und Verzicht auf hölzerne Dachstühle. Somit fanden die Phosphorbomben kaum brennbare Materialien. Die Baumaterialien, die für die Instandsetzung notwendig waren, wurden rasch bewilligt und konnten schnell beschafft werden. Mit relativ geringem Aufwand wurde das Hochhaus in den Jahren 1946 und 1947 wieder funktionsfähig; die notwendigen Kosten wurden auf 100.000 DM geschätzt, in der Endabrechnung 1950 waren dann 146.000 DM angefallen.

Bereits im Januar 1948 war das Hochhaus wieder bezogen. Im Adressbuch von 1950 sind 24 Mietparteien angeführt, darunter auch das Städtische Hochbauamt, vor allem aber diente es als Bürohaus. Zum Ämterhochhaus mit Tiefbauamt, Hochbauamt, Liegenschaftsamt, Schulamt und Planarchiv wurde es erst im Laufe der späteren Jahre. 1951 wurde das Hochhaus neu verputzt und erhielt seinen braunen Anstrich. Im selben Jahr malte Willi Wolf die Figur des Hl. Georg auf den freistehenden Teil der Südfassade.

1974 wurde es als Zeugnis der „Neuen Sachlichkeit“ unter Denkmalschutz gestellt. Allerdings wurde auch seit den 1970er Jahren der wenig ansehliche Zustand des Hochhauses angemahnt. 1979 wurde zwar die Aufwertung der Augustinerstraße beschlossen, allerdings blieb das Hochhaus im Zustand von 1951. 1988 forderte man eine Generalinstandsanierung des Gebäudes für 2,40 Millionen DM, die schrittweise durchgeführt werden sollte, realisiert wurde aber wenig und im Erscheinungsbild änderte sich nichts. Ab dem Jahre 2000 investierte die Stadt erneut: Das Dachgeschoss wurde ausgebaut, der Brandschutz verbessert durch neue Fluchttreppen, Brandschutztüren und eine Treppenhausabzugsanlage. Anzeichen einer geschädigten Statik gab es nicht und über eine Viertel Million Euro waren bereits investiert worden, als 2004 sich ein Stück Beton aus einer Konsole des Kranzgesimses löste. Umgehend wurde das Hochhaus gegen Steinschlag eingerüstet und eine Fassadensanierung und der Austausch der Fenster in Höhe von 305.000 Euro vom Ferienausschuss des Stadtrates für die Maßnahme genehmigt. Im April 2005 ergaben Gutachten eines Statikbüros und der Landesgewerbeanstalt jedoch gravierende Schäden an der Tragkonstruktion des Hochhauses, was zur Folge hatte, dass das Gebäude umgehend geräumt und gesichert wurde.

Planungen seit 2005

Die ersten Planungen sahen nach dem Abriss des Gebäudes den Neubau des 10-geschossigen, 34 Meter hohen Flachdachbaus vor, der den Namen „Tricyan Towers“ tragen sollte. Für das Projekt wurden 8 Millionen Euro veranschlagt, der Investor Informica Real Invest AG hatte das Ämterhochhaus im Jahr 2007 für 1,25 Millionen Euro erworben. Kritiker des Vorhabens, u.a. der Verschönerungsverein Würzburg e.V. und der Stadtheimatpfleger, befürchteten eine „Beeinträchtigung der historischen Dach- und Turmlandschaft“ der Altstadt.

Über den Bauantrag wurde im Stadtrat lange nicht entschieden, da Nachbarn des Hochhauses eine Klage am Verwaltungsgerichtshof eingereicht hatten. [5] Sie sahen die möglichen Auswirkungen des Neubaus auf das Grundwasser und damit auf die Statik ihrer eigenen Gebäude zu wenig berücksichtigt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof erklärte daraufhin am 13. September 2011 den Bebauungsplan für unwirksam. Begründet wurde das mit Fehlern der Stadt beim Aufstellen des Bebauungsplans (hinsichtlich des Grundwassers) und mit Bedenken bezüglich der Wirkung des neuen Gebäudes auf das denkmalgeschützte Altstadtensemble. [6]

Im Juli 2012 gab der Investor bekannt, dass das 33 Meter hohe Hochhaus in seiner Dimension und auch in seinem Erscheinungsbild - zumindest soweit möglich - erhalten werden solle. Auf Grund der damit verbundenen Verringerung der Nutzfläche folgten nochmals Verhandlungen über den Kaufpreis. [7] Im Juli 2013 genehmigte der Stadtrat den veränderten Bauantrag. [8]

Am 3. März 2016 wies das Verwaltungsgericht Würzburg nach mündlicher Verhandlung die Klage der benachbarten Eigentümer und Betreiber des Odeons gegen die von der Stadt Würzburg 2014 erlassene Baugenehmigung ab. Die „Tricyan Tower GmbH“ aus Reichenberg stellte damit in Aussicht, bald die Arbeiten für die Sanierung des Hochhauses ausschreiben zu können. [9]

Ende 2016 erwarb schließlich die „Hans-Löffler-Haus-Augustinerstraße GmbH“ das Hochhaus und das benachbarte Gebäude Nr. 11 von der Reichenberger Informier Real Investieren AG. Hinter der neuen Eigentümergesellschaft stehen die Familien Barlian und Seissiger sowie der FDP-Stadtrat Joachim Spatz. Seitdem wird die Planung verfolgt, das Hochhaus abzubrechen und nach der Orginalvorlage wieder zu errichten. Auf dem Grundstück des Hauses Nr. 11 soll nach dem Abriss ein moderner Glas-Beton-Bau entstehen. [10] Im Juli 2018 genehmigte der Bau- und Ordnungsausschuss den Abbruch des Gebäudes. [11]

Am 2. April 2020 erteilte der Not- und Ferienausschuss des Stadtrats ohne Diskussion die Baugenehmigung für den Rück- und Neubau des ehemaligen Ämterhochhauses. [12] Dem geplanten Neubau samt Nachbargebäude auf dem Grundstück Augustinerstraße 11 steht damit baurechtlich nichts mehr im Weg. [13]

Ende 2022 erklärte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München nach Klage der Nachbarn den vom Stadtrat verabschiedeten vorhabenbezogenen Bebauungsplan für die Grundstücke Augustinerstraße 9 und 11 aus formalen Gründen für ungültig. Damit sind das Hochhaus in der Augustinerstraße oder ein gleich hoher Neubau beide Geschichte. Untersuchungen verschiedener Statikbüros hatten ergeben, dass das alte Hochhaus so marode ist, dass es abgerissen werden muss. Nach Aussage von Frank Barlian, Geschäftsführer der Bona Wohnungsbaugesellschaft, einer hundertprozentigen Tochter der ArbaNova Familienstiftung, also der Eigentümerin des Hauses [14], ist eine Sanierung wirtschaftlich nicht umsetzbar. Mit dem Abriss gelten für einen Neubau die Vorgaben des bestehenden Bebauungsplans, der die First- und Traufhöhen und Baulinien vorschreibt, womit ein Neubau an gleicher Stelle nicht höher sein darf, als die Gebäude um ihn herum. Die vom Stadtrat aufgrund des vorhabenbezogenen Bebauungsplans erteilte Baugenehmigung für eine höhere Bebauung wird damit unwirksam und hinfällig. [15]

Siehe auch

Quellen und Literatur

Weblinks

Einzelnachweise, Erläuterungen und Hinweise

  1. Das älteste Hochhaus Bayerns ist das „Städtische Hochhaus“ in München, das bereits 1928 errichtet und 1929 in Betrieb genommen wurde. Siehe auch „Städtisches Hochhaus (München)“ bei Wikipedia [1].
  2. Der Begriff Kubatur bezeichnet im Bauwesen das Volumen eines Bauwerks, unabhängig von der Gestaltung oder der Materialität. Der Begriff bezeichnet ursprünglich ein geometrisch messbares Volumen, wird aber in der Architektur oft im Sinne von Gestalt/Form eines Baukörpers gebraucht. Weitere Informationen bei Wikipedia [2].
  3. AZ 1017-2020 Stellungnahme des Stadtheimatpflegers Hans Steidle zum Abriss des Ämterhochhauses
  4. Josef Kern: Die Bildende Kunst abseits der Zentren, in: Unterfränkische Geschichte, hrsg. von Peter Kolb und Ernst-Günter Krenig, Band 5/2, Echter Verlag, Würzburg 2002, S. 247-316, S. 270 f.
  5. Main-Post: „Stadt vertagt Entscheidung über Tricyan Tower“ (20. September 2010)
  6. Main-Post: „Augustinerstraße: Gericht kippt Hochhaus-Abriss“ (14. September 2011)
  7. Main-Post: „Wir wollen das Hochhaus erhalten“ (6. Juli 2012)
  8. Main-Post: „Hochhaus Augustinerstraße weiter hinter grünem Vorhang“ (9. Mai 2014)
  9. Main-Post: „Klage abgewiesen: Geht jetzt was am Hochhaus?“ (3. März 2016)
  10. Main-Post: „Ämterhochhaus: Neubau statt Sanierung“ (8. März 2017)
  11. Main-Post: „Ehemaliges Ämterhochhaus darf abgerissen werden“ (23. Juli 2018)
  12. Main-Post: „Die Tage des Würzburger Ämterhochhauses sind endgültig gezählt“ (7. April 2020)
  13. „Rückbau und Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses (Hochhaus) mit Tiefgarage Würzburg, Augustinerstraße 9, 11, Flurstück 10089, 10090, 10091/1 Gemarkung Würzburg“ auf wuerzburg.sitzung-online.de
  14. Informationen über die ArbaNova Familienstiftung auf deren Internetseiten
  15. Main-Post: „ In Würzburg gibt es bald kein Ämterhochhaus in der Augustinerstraße 9 mehr: Das ist der Grund“ (12. April 2023)

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