Würzburger Ratstisch
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Der Würzburger Ratstisch ist ein Prunkmöbel aus der Spätgotik vom Würzburger Bildhauer und -schnitzer Tilman Riemenschneider.
Standort
Das Werk Riemenschneiders befindet sich im Museum für Franken.
Geschichte
Nach seiner Wahl zum Bischof von Eichstätt musste der allseits beliebte Domherr Gabriel von Eyb (1455-1535) Würzburg verlassen. Zum Abschied schickten ihm die Ratsherrn eine Fuhre Frankenwein, wofür der neue Bischof sich 1506 mit einer Tischplatte aus Solnhofer Kalkstein [1] revanchierte.
Der Rat beauftragte Tilman Riemenschneider, der zu diesem Zeitpunkt bereits seit 2 Jahren dem Stadtrat angehörte, den Stein „lustig und hübsch“ zu fassen und ein Tischgestell zu fertigen. Auf der Tischplatte sollten eine Umschrift und die Wappen des Stifters Gabriel von Eyb, des Würzburger Fürstbischofs Lorenz von Bibra und der Stadt Würzburg zu sehen sein, und zwar so angeordnet, dass „wie man den disch kere, das iglichs wappen oben stehen solle“ (wie man den Tisch auch dreht, die Wappen sollten oben stehen). Der Künstler löste das Problem, indem er die Wappen in konzentrischer Anordnung in den Mittelpunkt der runden Platte einfügte.
Ursprünglich stand der Tisch wohl in der Ratsstube, in der Barockzeit in der Ratstrinkstube, dann im Sitzungssaal des Würzburger Rathauses. Nach Gründung der städtischen Kunstsammlungen 1849 wurde der Tisch dorthin überwiesen und kam 1913 in das neu eröffnete Fränkische Luitpoldmuseum in der Maxstraße, wo er seit 1931 im Vorsaal der neuen Riemenschneiderhalle stand.
Beim Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 wurde die Tischplatte unter dem massiven Treppenhaus des Museums verwahrt und bei dessen Einsturz zerquetscht. Das Gestell wurde zu diesem Zeitpunkt separat in einem Nebengebäude eines Landschlosses aufbewahrt und deshalb nicht zerstört. Die Bruchstücke der Platte, die Max Hermann von Freeden unter Bergen von Schutt am 19. Oktober 1945 wiederfand, konnten unter schwierigsten Umständen noch im Herbst geborgen werden. Die Teile des Wappen-Reliefs wurden vom Rest der übrigen Platte abgesägt und neu zusammengefügt; die Ergänzung des Wappens übernahm der Bildhauer Georg Schneider aus Würzburg. Die Beschaffung der neuen Platte vom gleichen Material und die Bearbeitung nach den Maßen der alten Platte in Durchmesser, Stärke und Profil wurde von der Firma Zeidler & Wimmel aus Kirchheim ausgeführt; der abgeschliffene Rand wurde ebenso wiederholt wie die als Flächenteilung so wirksame eingekerbte Rille; dann wurde das Mittelstück der neuen Platte herausgearbeitet und stattdessen das alte Original-Relief eingesetzt. Der Fuß ist original erhalten, eine Strebe in älterer Zeit erneuert.
Nach dem Aufbau des alten Rathauses gewann man Räume zum Empfang einer größeren Anzahl von Bürgern und Gästen im eigenen Haus. So lag es nahe, im Rahmen einer behutsamen Ausstattung mit einem einzigen repräsentativen Möbelstück einen Akzent zu setzen, der in enger Beziehung zur Geschichte der Stadt steht und gleichzeitig auch einen Hauch von Wohnlichkeit zu schaffen. Dafür erschien Riemenschneiders Tisch wie geschaffen; weil aber das Original aus konservatorischen Gründen nicht verwendbar war, haben Meister von hohem Können Platte und Gestell materialgerecht noch einmal neu geschaffen. Die Solnhofer Steinplatte wurde von der Firma Zeidler & Wimmel aus Kirchheim beschafft und bearbeitet, das Wappen darin von Bildhauer Alfred Görig geschaffen, und Schreinermeister Otto Ackermann fertigte den massiven Eichenfuß des Tisches; er ist ein Geschenk der Würzburger Firma Jörg Saalmüller. Ab 2019 stand der Tisch in einer Nische im Wenzelsaal, wo er doch vorher frei im 1. Stock im Foyer des Rathauses untergebracht worden war. Anschließend wurde er von der Nische in den Saal selbst verfrachtet.
Beschreibung
Riemenschneider ordnete die drei Wappen um den Mittelpunkt der Steinplatte aus Solnhofener Kalkstein [1] an. Die freibleibenden Segmente des inneren Kreises füllte er mit Maßwerk, so dass dieses reich verzierte, belebte innere Feld in bewussten Gegensatz zu der ansonsten glatt geschliffenen Tischplatte steht, die nur durch drei eingeschnittene konzentrische Kreise und das schräg abfallende Außenkantenprofil gegliedert ist.
Der mächtige, aus Eichenholz gearbeitete Tischfuß erhebt sich über drei ineinander gelegte Sechsecke. Vom äußeren Rahmen laufen sechs Maßwerkbögen zum eigentlichen Tischfuß in der Mitte, der seinen Halt im inneren Sechseck findet. Auf diesem ist die wiederum auf einem hölzernen sechseckigen Rahmen ruhende Steinplatte drehbar montiert.
Ursprünglich war das Wappenfeld der Tischplatte in Farbe und Gold, der Fuß grün gefasst. Die umlaufende Inschrift war schon im letzten Jahrhundert nicht mehr erhalten; sie wurde, vermutlich wegen mancher Beschädigungen und Absprüngen an der Kante, abgeschliffen.
Der Tisch für das Würzburger Rathaus ist eine Einzelfertigung. Unter den wenigen erhalten gebliebenen Prunkmöbeln der Spätgotik findet sich nichts Vergleichbares und ist eines der wenigen erhaltenen profanen Werke Riemenschneiders.
Ehrenmedaille des Oberbürgermeisters
Das Wappenfeld des Ratstisches bildet die Vorderseite der Ehrenmedaille des Oberbürgermeisters.
Siehe auch
Quellen und Literatur
- Hans-Peter Trenschel (Hrsg.): 150 Meisterwerke aus dem Mainfränkischen Museum Würzburg. Mainfränkisches Museum Würzburg, Würzburg 1997, S. 106
- Informationen von Willi Dürrnagel