Passage-Lichtspiele

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Passage-Lichtspiele (1956)

Die Passage-Lichtspiele war das erste ständige Kino in Würzburg. Es war von seiner Eröffnung 1906 bis zu seiner Schließung 1977 unter wechselnden Namen bekannt.

Geschichte

Bayer’s Kinematograph

Am 8. Dezember 1906 eröffnete es in der Martinstraße 15 unter dem Namen „Bayer’s Kinematograph“. Es gab Vorstellungen durchgehend von 14 Uhr bis 23 Uhr. Der Antrag auf Ausschank von alkoholischen Getränken wurde dem Kinobetreiber Carl Schmidt nicht genehmigt. Da es in den Anfangsjahren kaum Richtlinien für den Betrieb eines Filmtheaters gab, war dieses Alkoholverbot nicht typisch. Trotz der großen Feuergefahr war anfangs sogar das Rauchen gestattet. Über die Qualität der Darbietungen war in der Main-Post vom 10. September 1960 zu lesen: „Die vorgeführten Filme, zu deren musikalischer Umrahmung meist ein Klavier- und Geigenspieler eingesetzt waren, entbehrten jeder künstlerischen Note; sie trugen nur der anspruchslosen Unterhaltung Rechnung. Raubtierabenteuer, Flucht über Dächer und Abgründe, stürzende Schornsteine, brennende Häuser wechselten mit tragischen Stoffen von weiblichem Edelmut und männlicher Aufopferung. Intriganten und Sünderinnen wetteiferten mit rasenden Automobilen und entgleisten Schnellzügen. Es war Kintopp ohne besondere Abitionen.“ [1]

Zu Beginn schaltete das Bayer’s viele Werbeanzeigen im Würzburger General-Anzeiger, später aber nur wenn ein konkurrierendes Wanderkino vor Ort war. Es gab aber auch Kritik, so wurde behauptet, dass Kriminelle durch das Kino raffinierter würden. Als Grund nannte ein Würzburger Kaufmann, die Vorführung von Einbruchszenen als Auslöser für einen nächtlichen Einbruch in seinen Laden. 1907 starb zudem eine Frau im Kino, die Todesursache ist aber nicht geklärt (Schlaganfall oder Atemnot wegen schlechter Luftverhältnisse). Am 14. November 1907 eröffnete das Zentral-Kinematographen-Theater (später Kammer-Lichtspiele) im Central-Hotel in der Schönbornstraße 8. Zwar kamen auch noch fahrende Kinos weiterhin zu Messen in die Stadt, dennoch wuchs vor allem zwischen den ständigen Kinos die Konkurrenz. Das Bayer’s warb mit „Anerkannt erstes und vornehmstes Kinematogragh-Theater am Platze“. Das Zentral-Kinematographen-Theater bewarb sich als „Größtes und vornehmstes Theater für lebende, singende und musizierende Photographien“. Zwischen den beiden ständigen Kinos entbrannte ein harten Kampf um das bessere Renommee. In den Zeitungsanzeigen übertrafen sich beide gegenseitig; lachender Dritter war die Redaktion des Würzburger General-Anzeigers, die sich über stetige Werbeaufträge freuen konnte.

Tonbild-Theater Colloseum

Ab Januar 1909 wurde Bayer's Kinematograph renoviert und eröffnete am 19. Mai wieder unter der Leitung von M.A. Vater unter dem Namen „Tonbild-Theater Colloseum“. Die ersten sogenannten „Tonbilder“, eine technische Neuerung, wurden gezeigt. Diese wurden in den Werkstätten von Oskar Messter [2] produziert, indem er den Filmprojektor und ein Grammophon koppelte und zeitgleich zuvor synchron aufgezeichnete Schallplatten abspielte. Dieses Gerät nannte er Biophon. Um 1908 erreichten die Biophonfilme die Höhe ihrer Popularität, doch drängten weitere Anbieter auf dem Markt, so dass Messter schon 1909 die Produktion von Tonbildern drastisch einschränkte und um 1912 ganz einstellte. Wahrscheinlich war es die Erkenntnis des Betreibers des Tonbild-Theater, dass es sich bei der Erfindung Messters um eine technische Sackgasse handelte, die ihn veranlasste, den bisherigen Kinonamen durch seinen eigenen Familiennamen zu ersetzen. Ab Januar 1911 nannte sich das Kino „Vaters Lichtspiele“.

Vaters Lichtspiele

Ankündigung des Auftrittes „E.P. Chaplin“ in Vaters Lichtspielen im Würzburger General-Anzeiger vom 4. August 1926

In „Vaters Lichtspielen“ blieben dennoch die „Messter-Wochenschau“ [3], wenn auch im Hintergrund, bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges ein fester Bestandteil des Programms. Nach der Niederlage Deutschlands wurde die Wochenschau ab November 1918 vorübergehend aus dem Programm genommen.

Im Jahre 1926 bewarb das Kino den Auftritt eines gewissen C. P. Chaplin in „Vaters Lichtspiele“ höchstpersönlich: „Die große Kanone! Kurzes Gastspiel des berühmten Original C.P. Chaplin.“ [4] Dies war eigentlich nicht anders als ein Auftritt von Charlie Chaplin zu verstehen. Doch die Skeptiker sollten recht behalten, denn bis der Tag des ersten Auftritts kam änderte sich der Text der Annonce. Zuerst wurde aus „C. P. Chaplin“ „E. P. Chaplin“ und am Premierentag wurde die Katze schließlich aus dem Sack gelassen. Es handelte sich um das „persönliche Auftreten des besten deutschen E. P. Chaplin Imitators“ mit der eine Woche lang im Vorprogramm von Alfred Hitchcocks heute verschollenem zweitem Spielfilm „Der Bergadler" mit Bernhard Goetzke in der Hauptrolle zu sehen war. Das Gastspiel vom 5. August bis zum 12. August scheint jedenfalls ein großer Erfolg gewesen zu sein, denn der Würzburger General-Anzeiger vermeldete wenige Tage später: „Der Riesenerfolg! Ganz Würzburg spricht davon!“ [5] Der Schauspieler war in der Mainmetropole zum Publikumsliebling geworden. [6]

Emelka-Lichtspiele

Am 4. April 1931 übernahm die Münchner Firmengruppe „Emelka“ [7] das Kino der Familie Vater und führte es nun unter der Bezeichnung „Emelka-Lichtspiele“ (auch „Emelka-Theater“). Das Luitpold-Lichtspiel-Theater hatte bereits am 2. Januar 1930 die Ära des Tonfilms in Würzburg eingeläutet. Kurze Zeit später zogen auch die anderen Würzburger Kinos nach. Das „Emelka“ zeigte ab dem 4. Februar 1932 den Film „Die Fledermaus“.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten bekam auch in Würzburg das Kinopublikum ein einschlägig politisch gefärbtes Programm zu sehen, welches sich zusammensetzte aus Wochenschau, offenkundigen und latenten Propagandastreifen, Lustspielen mit Heinz Rühmann oder Theo Lingen und den vermeintlich informativen „Kulturfilmen“. Zur Zeit des Dritten Reiches hielt sich der Starrummel in Würzburg in Grenzen, allerdings kam am 12. und 13. Dezember 1938 die Schauspielerin Magda Schneider [8] nach Würzburg, wo sie dem „Emelka“ einen Besuch abstattete. Der Grund dafür war, dass der Film „Die Frau am Scheideweg“ mit Magda Schneider in der Hauptrolle im „Emelka“ bereits in die sechste Spielwoche ging, einem „Rekord, wie ihn selbst ganz große Städte nur selten aufweisen können.“ [9]

Am 8. September 1939 standen die Würzburger Schlange: Die „Emelka-Lichtspiele“ zeigten in der Wochenschau bereits Aufnahmen von den ersten Kampfhandlungen in Polen.

Wie auch die anderen vier Würzburger Lichtspieltheater wurden auch die „Emelka-Lichtspiel“ beim Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 zerstört.

Passage-Lichtspiele

Passage-Lichtspiele (1956)

Die Planung für den Wiederaufbau der „Emelka-Lichtspiele“ an selbiger Stelle hatte der politisch nicht belastete Friedrich Schmidt, geboren 1880 in Würzburg, bereits im Januar 1946 begonnen, jedoch war die behördliche Regelung extrem langwierig. Am 21. Oktober 1949 konnten die „Passage-Lichtspiele“ nach einer dreieinhalb jährigen Planungsphase ihren Betrieb aufnehmen. Betreiber Friedrich Schmidt hatte das Kino an einen Herrn Hornig verpachtet, nahm aber die Leitung des mit 615 Sitzen ausgestatteten Kinos jedoch selbst in die Hand.

1965 sorgte die komplette Renovierung und Verkleinerung des Kinosaals auf 529 Sitzplätze für mehr Bequemlichkeit in den „Passage-Lichtspielen“. Der allgemeine Besucherrückgang durch den Einzug der neuen Fernseh-Technik in die Wohnzimmer der Stadtbewohner machte aber auch den „Passage-Lichtspielen“ schwer zu schaffen. Im Jahre 1969 ging das Kino in die Corso-Kette (Inhaber: Lothar Michel und Hildegard Jung) über, die damit ihr drittes Kino eröffnete.

Von 1974 bis 1976 fand das Internationale Filmwochenende in den „Passage-Lichtspielen“ statt bevor es in das Corso Kino Center umzog. Nach beinahe 28 Jahren gaben die „Passage-Lichtspiele“ am 18. Juni 1977 mit dem Film „Die Fahrten des Odysseus“ (Hauptrolle Kirk Douglas) ihre letzte Vorstellung. Die Main-Post spekulierte: „Offenbar spielten dabei [...] Überlegungen eine Rolle, daß die Konzeption des ,Passage’ vielleicht nicht mehr den gegenwärtigen Forderungen des Kinomarktes entsprochen hat. Nachdem der Trend immer mehr zum kleinen Kino gegangen war und sich Häuser wie das ,Corso’ und das ,Bavaria’ auf jeweils drei kleinere Lichtspieltheater eingerichtet hatten, war das ,Passage’ mit 500 Zuschauerplätzen zuletzt das größte Filmtheater der Stadt. Deutlich war auch geworden, daß deutsche Filme, die das ,Passage’ ausschließlich im Programm hatte, beim Publikum nicht mehr in der Gunst wie einst standen.“ [10]

Heutige Nutzung

Nach der Schließung nutzten die Räumlichkeiten verschiedene Läden und Boutiquen. Im Jahre 1990 wurde das 1949 wiedererrichtete Gebäude abgerissen. Heute befindet sich dort eine Fußgängerpassage und die Filiale der Liga Bank.

Siehe auch

Quellen und Literatur

Weblinks

Einzelnachweise, Hinweise und Erläuterungen

  1. Main-Post: „Die ersten Filme auf Volksfesten“ (10. September 1960)
  2. Nähere Informationen über Oskar Messter bei Wikipedia [1]
  3. Kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges produzierte Oskar Messter aus Dokumentationen zum Kriegsgeschehen, die er als Leutnant in der Presseabteilung des Generalstabes produzierte, die erste deutsche Wochenschau. Die Messter-Wochenschau wurde erstmals am 23. Oktober 1914 gezeigt. Für den Generalstab arbeitete Oskar Messter die Zensurbestimmungen für fotografische und kinematografische Bilder aus. Bilder von aktuellen Kriegsereignissen, Toten, Schwerverletzten, Waffen, Flugzeugen und militärischen Hafenanlagen wurden grundsätzlich verboten.
  4. Würzburger General-Anzeiger vom 4. August 1926
  5. Würzburger General-Anzeiger vom 10. August 1926
  6. Siehe hierzu auch: Main-Post: „War Charlie Chaplin in Würzburg?“ (25. November 2016)
  7. „Emelka“ ist die phonetische Version der Abkürzung M.L.K. Dieses Kürzel steht für die Münchner Lichtspielkunst AG, dem Vorgänger der heutigen Bavaria-Film.
  8. Nähere Informationen über die Schauspielerin Magda Schneider bei Wikipedia [2]
  9. Mainfränkische Zeitung: „Würzburg ist für Magda Schneider glücklicher Begriff“ (13. Dezember 1938)
  10. Main-Post: „Im Passage-Kino bleibt die Leinwand für immer dunkel“ (23. Juni 1977)

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