Markus Gattinger
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Markus Gattinger (* 29. März 1713 in Ostersee bei Iffeldorf; † 7. August 1753 in Würzburg) war Schlosser und Kunstschmied zu Zeiten des Rokoko in Würzburg.
Leben und Wirken
Markus Gattinger wurde als achtes unter elf Kindern des Matthäus Gattinger geboren. Als fünfter Sohn hatte er wohl weder Gelegenheit noch Neigung, im väterlichen Anwesen dieser alteingesessenen Bauernfamilie zu verbleiben. So kam wahrscheinlich sein Vater zu dem Entschluss, den Sohn ein Handwerk erlernen zu lassen. Wo und bei wem er in die Lehre ging, ist nicht bekannt. Einer Gesellenliste kann aber entnommen werden, dass Gattinger vor Wien in Krems in Österreich war, also vermutlich auch dort gearbeitet hatte. Als Geselle arbeitete er um 1729 in Wien unter Johann Georg Oegg, der im Dienst des Prinzen Eugen stand. Oegg berichtete selbst in einem späteren Handschreiben am 12. Oktober 1764 an seinen Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn, dass Gattinger „12 Jahre lang als Gesell bey mir gestanden“.
Gattinger begleitete Oegg 1733 nach Würzburg, um an der Residenz des Fürstbischofs Friedrich Karl von Schönborn weitere Ausbauarbeiten vorzunehmen. Acht Jahre wirkte er hier an der Seite seines Meisters. Als besondere Arbeiten entstanden damals die Füllgitter für die Eingangstore der Residenz. Dann folgten die feingliedrigen Gitter für die Schönbornkapelle, die zu Frühwerken seines Meisters zählten. Ein Jahr später wurde mit dem Ehrenhofgitter der Residenz begonnen. Alle diese Arbeiten boten Gattinger reichlich Gelegenheit, sowohl seine Kenntnisse zu vertiefen als auch seine Fähigkeiten zu fördern und - angeregt durch den wachsenden Erfolg seines Meisters - diesem nachzueifern.
Nach den damals geltenden Bestimmungen im Schlosserhandwerk (Zunftordnung von 1714) war es möglich, durch Heirat einer Witwe und Bezahlung eines Aufgeldes in die Stellung des Verstorbenen einzurücken. Neben der Hofschlosserei war die Werkstätte des Domkapitels damals wohl die begehrenswerteste und angesehenste in Würzburg. Am 13. November 1741 heiratete Gattinger die gleichaltrige Eva Rosinna Seewald, die Witwe des Schlossermeisters des Würzburger Domkapitels und übernahm dabei dessen Werkstatt. Die Heirat der Witwe allein genügte aber noch nicht zur Fortführung des Geschäftes; Gattinger musste auch noch seine Meisterprüfung ablegen. Gattinger fertigte als Meisterstück eine besonders aufwendige eiserne Truhe mit 18 Riegeln. [1] Da dies nicht das übliche, zunftgemäßig vorgeschriebene Stück war und Gattinger außerdem unerlaubterweise jemanden zur Hilfe einsetzte sowie die Witwe Seewald vor Erlangen der Meistergerechtigkeit geheiratet hatte, verstieß er schwer gegen die Zunftregeln. Nur der Fürsprache des Domdechanten Johann Veit Freiherr von Würtzburg und der Tatsache, dass die Witwe Seewald sieben unmündige Kinder in die Ehe gebracht hatte, war es zu verdanken, dass die Truhe als Meisterstück anerkannt wurde und Markus Gattinger am 27. April 1742 die Meisterwürde der Würzburger Schlosserzunft erhielt.
Werke (Auswahl)
Was Gattinger in den ersten sechs Jahren als selbständiger Meister hervorgebracht hat, ist nicht bekannt. Manche Schmiedearbeiten in Würzburg und Umgebung lassen seine Hand vermuten, so am Sprechzimmergitter der Kirche des Ursulinenklosters aus der Zeit um 1750 und an einem Ausleger, der im Laufe der Zeit auf Umwegen über Hettstadt zu einem Gasthaus nach Wiesentheid gelangte. Die erste, dem Gattinger nachweislich zugeschriebene größere Arbeit ist das Chorgitter in der Kirche der Benediktinerabtei Amorbach, das von 1748 bis 1750 entstanden ist. An diesem Gitter erkennt man deutlich die schwächere Behandlung des Laubwerks im Gegensatz zu Arbeiten von Oegg. Es ist wohl anzunehmen, dass Gattinger von dem Gedanken sich leiten ließ, ein Gitter für den Innenraum zu schaffen, was zu dieser leichteren Art von Behandlung geführt hat. Über die Herkunft des Entwurfs ist nichts bekannt.
Als zweite große Schmiedearbeit, deren Kenntnis überliefert ist, durfte Gattingen im Anschluss an das Amorbacher Werk das Abschlussgitter des Domchores im Würzburger Dom St. Kilian in Angriff nehmen. Es ist wohl die bedeutendste dieser Art in ganz Franken und die beste Arbeit Gattingers, die bekannt ist. Sieben Gesellen haben mitgeholfen. 1750 wurde begonnen, für Maria Lichtmess 1752 war die Fertigstellung vorgesehen. Der Entwurf stammt von Johann Georg Wolfgang van der Auwera, der seit 1736 die Werkstatt seines Vaters Jakob van der Auwera leitete und auch in Amorbach tätig war. Es mag für den Meister kein leichtes gewesen sein, dem harten und so zähen Metall mit Hilfe des Feuers und der Werkzeuge die gewünschten Formen abzugewinnen, die der Bildhauer Auwera gefordert hatte. Beim Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 wurde das Werk nicht nennenswert beschädigt.
Am 7. August 1753 starb der Meister des Domchorgitters im Alter von nur 40 Jahren. Sein Meister, der Hofschlosser Oegg, überlebte ihn noch viele Jahre.
Bildergalerie
Posthume Würdigung
Nach Markus Gattinger wurde die Gattingerstraße im Osten Würzburgs benannt.
Siehe auch
Quellen und Literatur
- Handbuch der bayerischen Geschichte, Geschichte Frankens bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, herausgegeben von Max Spindler, Andreas Kraus, S. 1354
- Markus Gattinger auf deutsche-biographie.de
- Philipp Schrepfer, Josef Stumpf: Johann Georg Oegg und Markus Gattinger - Festgabe zur Oegg-Feier Würzburg. Würzburg 1952
- Hans-Peter Trenschel (Hrsg.): 150 Meisterwerke aus dem Mainfränkischen Museum Würzburg. Mainfränkisches Museum Würzburg, Würzburg 1997, S. 114
Weblinks
Hinweise und Erläuterungen
- ↑ Das Meisterstück des Markus Gattinger befindet sich heute im Museum für Franken. Über einem profilierten, mit einem Blattfries belegten Sockel auf Füßen, die aus gerollten Blättern gebildet sind, erhebt sich der Truhenkasten. Die Kanten sind abgeschrägt; das untere Drittel stark ausgebaucht, darüber sind die Wände gekehlt. Der Deckel ist zweiteilig: Der flache, leicht geschweifte untere Teil beinhaltet das Riegelwerk. Der hoch gewölbte Aufsatz lässt sich aufklappen und birgt ein verstecktes Schlüsselloch.
Die Truhe ist mit reichhaltigem Beschlag aus geschmiedetem und angenietetem Eisen in Form von Blattranken versehen. Die Henkel sind aus gegenständigen C-Bögen mit Voluten und kleinen Palmetten, Akanthusblätter und Bandwerk. Der Deckel ist an den Ecken mit prächtigen Maseken aus gegossenem Messing verziert, deren Bärte sich nach oben winden und zusammen mit den Haaren sich in Rocaillen verwandeln. Am Rand ist der Deckel mit einem Blattfries belegt sowie mit schmalen Bändern. Auf dem Aufsatz befinden sich zusätzliche Palmetten und in der Mitte ein Motiv aus gegenständigen C-Bögen, einer Blattrosette und einem kleinen, gerieften Kugelknauf.
Der Aufsatzdeckel ist mit einem Schnappverschluss versehen. Wenn man ihn zurückklappt, wird ein flacher Riegel sichtbar. Durch einen versteckten Federmechanismus kann man diesen Riegel drehen, so dass das Schlüsselloch freigegeben wird.
Das Innere des Deckels birgt das aufwendige Riegelwerk mit 18 Riegeln, das um ein Kapelleneingerichte mit einem Dach aus Messing angeordnet ist. Das Riegelwerk wird von einem prächtigen Gitter aus Messing abgedeckt, das asymmetrisch aus C-Bögen, Voluten, Rocaillen und Gitterwerk gestaltet ist. Der Rahmen besteht aus einer schmalen profilierten Leiste. (Text: Frauke van der Wall)