Lehmgrubensiedlung

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Lehmgrubensiedlung

Die Lehmgrubensiedlung ist eine Wohnsiedlung am Hang des Blosenbergs und Teil des Stadtbezirks Heidingsfeld westlich der Bahnstrecke Würzburg-Stuttgart. Die Straßenzüge sind geprägt von kleinen Doppelhäusern mit Kleingärten. Die Urzelle der heutigen Lehmgrubensiedlung bildete ursprünglich die Kupsch-Siedlung.

Geographie

Die Lehmgrubensiedlung wird begrenzt durch die Bahnlinie und den Autobahnzubringer zur Anschlussstelle Würzburg-Heidingsfeld. Im Süden begrenzt der Heriedenweg die Siedlungsfläche.

Namensgeber

Siedlungshäuser mit typischer Hainbuchenhecke und Fensterläden

Der Name geht auf die Ziegelei Georg Siegler zurück, deren Ressourcen der Lehm- und Tongrube im Steinbachtal erschöpft waren und deshalb auf dem Gebiet der späteren Fettschmelze Unkel eine neue Lehmgrube eröffnete.

Geschichte

Kupsch-Siedlung

Ihren Ursprung hat die Lehmgrubensiedlung in einer „Erwerbslosen-Kleinsiedlung“, die in Folge der Brüningschen Notverordnung (benannt nach Heinrich Brüning) zur Schaffung von Siedlerstellen und auf Initiative des damaligen evangelischen Pfarrers, Wolfgang Meyer (später: Meyer-Erlach), ab 1930/1931 vorbereitet und ab 1932 gebaut wurde. Da zu diesem Zeitpunkt noch keine Reichszuschüsse gewährt wurden, unterstützte der von dem Projekt begeisterte Unternehmer Bernhard Kupsch (Gründer der gleichnamigen Einzelhandelskette Kupsch) das Siedlungsprojekt mit einem großzügigen Darlehen zu niedrigem Zins. Kupsch stellte zunächst 28.800 Reichsmark für das Pilotprojekt zur Verfügung.[1] Die Siedlung wurde deshalb fortan Kupsch-Siedlung genannt. Die Stadt stellte die benötigten Grundstücke wiederum im Erbbaurecht zur Verfügung.

Mit dem Bau wurde 1932 begonnen: Die künftigen Hauseigentümer - es handelte sich um zwölf vertraglich gebundene Arbeitslose - sollten selbst in kameradschaftlicher Selbsthilfearbeit die Kleingebäude in Form von sechs Doppelhäusern am Alten Lehmgrubenweg im heutigen Stadtbezirk Heidingsfeld errichten. Vorausgegangen waren den Bautätigkeiten diverse Vorarbeiten: So musste der Lehmgrubenweg durch das bis dahin noch nicht ausreichend erschlossene Ackerland für schwere Pferdefuhrwerke ausgebaut werden und Bruchsteine mussten geschlagen und herangeschafft werden. Die sechs Doppelhäuser (teilweise auch als „12 Häuser“ bezeichnet) sollten wiederum erst an die Siedlungswilligen ausgegeben werden, wenn alle Gebäude fertig errichtet waren. Die endgültigen Besitzer wurden ausgelost, damit niemand bevorzugt werden sollte. Der „Fränkische Volksfreund“ berichtete über die Häuser:

„Jedes Haus hat 42m² Grundfläche. Auf dieser Grundfläche befindet sich: Wohnküche (11m²), Elternschlafzimmer (13m²), Kinderschlafzimmer (9m²), der Giebelraum mit dem flachen Dachstuhl lässt den Ausbau eines Giebelzimmers zu (13 m²). Die Gartenstelle wurde zur Verringerung der Baunebenkosten auf 400m² beschränkt.“

Fränkischer Volksfreund, zitiert nach: Walter Obst „Die Kupsch-Siedlung - Urzelle der Lehmgrubensiedlung“: in: Heinrich Weppert „75 Jahre Kupsch-Siedlung“ (2007: S. 9)

Plumpsklos oder Ställe für Tiere gab es zu dieser Zeit noch nicht.[1]

Vorstädtische Kleinsiedlung / Reichs- bzw. Volkssiedlung

Lehmgrubensiedlung um 1937
Lehmgrubenweg vor 1945

Die Kupsch-Siedlung stellte sich als Pionierleistung heraus: Kurz vor Baubeginn dieser Kleinsiedlung erhielt die Stadt Würzburg die Zusage für Reichszuschüsse, so dass nun auch die ersten zehn Doppelhäuser der „vorstädtischen Kleinsiedlung“ errichtet wurden. Deren Siedlungshäuser wurden einen Monat nach den Kupsch-Häusern fertiggestellt. Auch in den darauffolgenden Jahren bis 1936 wurde die Kupsch-Siedlung von den Nationalsozialisten in Form der „Reichssiedlung“ erweitert: In den vier Straßenzügen - benannt wurden diese mit Ausnahme des Lehmgrubenwegs nach im Ersten Weltkrieg verlorengegangenen deutschen Gebieten - Lothringer Weg (heute: Frau-Holle-Weg), Elsässer Weg (heute: Rübezahlweg), Eupener Weg (heute: Dornröschenweg) und Lehmgrubenweg wurden durch den Architekten Hubert Groß rund 120 Siedlerstellen geschaffen (ein Schild der Nationalsozialisten am Eingang der Siedlung verwies auf 124 Siedlerstellen), die 689 Bewohner beheimateten. [2] Die Bauweise ähnelt den Gebäuden in der ehemaligen Hindenburg-Siedlung (heute Gartenstadt Keesburg), die teilweise ebenfalls durch den Architekten Hubert Groß geplant wurden. Finanzielle Unterstützung gab es von der Stadt mit 50.000 Reichsmark und vom Land Bayern im Zuge des Siebert-Wohnungsbau-Programmes (benannt nach dem Ministerpräsidenten) mit 200.000 Reichsmark. [3]

Für die Bewohner entstanden je nach Ausbaustufe der Häuser folgende Kosten: Ein Siedlerhaus ohne ausgebautes Dachgeschoss kostete 2.350 Reichsmark, ein Siedlerhaus und Dachgeschoss mit einem Raum kostete 2.600 Reichsmark und ein Siedlerhaus mit Dachgeschoss und zwei Zimmern kostete 2.850 Reichsmark. Selbsthilfeleistungen zwischen 500 und 560 Reichsmark sind davon bereits abgezogen. Das Reichsdarlehen aus dem Siebert-Programm betrug pro Siedlerstelle 2.350 Reichsmark, das Zusatzdarlehen für eine Familie mit bis zu vier Kindern 250 Reichsmark und für Familien mit mehr als vier Kindern 500 Reichsmark. Die Miete betrug laut Mainfränkischer Zeitung in den ersten drei Jahren 7,55 Reichsmark monatlich und erhöhte sich bei Einsetzen des Erbbaurechtes auf 13,50 Reichsmark monatlich.[4]

Auf dem mit einer Hainbuchenhecke umzäunten Grundstück (in den meisten Fällen heute noch so) gab es außerdem neben dem Wohnhaus noch ein 15 Quadratmeter großes Nebengebäude, in dem sich eine Waschküche und ein Kleintierstall befanden. Da viele Bewohner keine Erfahrung mit Kleintieren (Ziegen, Kaninchen, Geflügel) hatten, gab es kostenlose Beratungen und Vorträge der sogenannten Tierzuchtinspektion zum Thema Kleintierzucht. Die Tiere - ein Hahn und sechs Hühner - wurden den Siedlern bei Einzug gestellt. Ähnlich verhielt es sich auch mit der Grundausstattung des Gartens: Obstbäume und Beerensträucher wurden den Siedlern ebenfalls gestellt. Die Grundstücke fielen mit 600 bis 800 Quadratmeter auch etwas größer aus als bei der Kupsch-Siedlung.[4]

Die „Reichssiedlung“ bzw. „Volkssiedlung“ wurde von den Nationalsozialisten letztendlich auch für propagandistische Zwecke hergenommen. Gerade auch bei der Auswahl der Siedler - diese mussten sich beim Gauheimstättenamt dafür bewerben - wurden auf politische und ideologische Einstellungen Rücksicht genommen. In den meisten Fällen wurden außerdem Handwerker bervorzugt.

Weiterentwicklung zur heutigen Lehmgrubensiedlung

Kupsch-Siedlung und die vorstädtische Kleinsiedlung der Nationalsozialisten um den Lehmgrubenweg bildeten die Keimzelle des neuen Ortsteils Lehmgrubensiedlung. 1957 wurde die katholische Pfarrkirche Zur Heiligen Familie eingeweiht. In den kommenden 30 Jahren wurde das Baugebiet immer wieder erweitert - nicht immer wurde dabei auf eine der Umgebung angepasste Architektur Rücksicht genommen.

Die ursprünglichen Häuser der Kupsch-Siedlung und vorstädtischen Kleinsiedlung stehen nicht unter Denkmalschutz.

Damals und heute

Kirchengemeinden

Die katholische Pfarrgemeinde Zur Heiligen Familie bildet das geistliche Zentrum der Lehmgrubensiedlung.

Einrichtungen

Gastronomie

Ehemalige Gastronomiebetriebe

ÖPNV

Die Lehmgrubensiedlung wird von der Buslinie 16 bedient.

Bildergalerie

Unterwegs in Würzburg (Video)

„Unterwegs im Stadtteil Lehmgrubensiedlung in Würzburg“ von wuerzburg-fotos.de

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Siehe auch

Quellen und Literatur

  • Heinrich Weppert: 75 Jahre Kupsch-Siedlung: Urzelle der Lehmgruben-Siedlung. Ausstellungskatalog, Freundeskreis Geschichtswerkstatt, Würzburg 2007.
  • Annemarie Brenner: Die sozialen Aktivitäten der Nationalsozialisten in Würzburg. Würzburg, 1985, S. 23-28.
  • Werner Dettelbacher: Von der Fähre zum Steg: Eine Informationsschrift über das Naherholungsgebiet Steinbachtal, anläßlich der feierlichen Eröffnung der Sebastian-Kneipp-Steges, am 22. Juli 1978, Würzburg 1978, Werbe-Verlag Ingrid Beck, S. 14.

Weblinks

Einzelnachweise

  • Angaben im Kapitel Geschichte teilweise entnommen aus: Heinrich Weppert: 75 Jahre Kupsch-Siedlung: Urzelle der Lehmgruben-Siedlung. Ausstellungskatalog, Freundeskreis Geschichtswerkstatt, Würzburg 2007.
  1. 1,0 1,1 Meeviertel-Anzeiger: Kupsch-Siedlung im Würzburger Rathaus - Ausstellung informiert über Entstehung der Lehmgrubensiedlung (12.11.07)
  2. Ulrich Wagner (Hrsg.): Geschichte der Stadt Würzburg. Band III. S. 251
  3. Dissertation Daniel Gerken: Die Selbstverwaltung der Stadt Würzburg in der Weimarer Republik und im Dritten Reich. S. 368
  4. 4,0 4,1 Annemarie Brenner: Die sozialen Aktivitäten der Nationalsozialisten in Würzburg. Würzburg, 1985, S. 23 ff.

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