Bavaria
Dies ist die bestätigte sowie die neueste Version dieser Seite.
Das Bavaria war ein Kino in der Juliuspromenade 68, das am 22. September 1950 als Bavaria-Film-Theater eröffnete.
Geschichte
Der in der Würzburger Kinoszene fest etablierte Kommerzienrat Ludwig Scheer (* 8. Juni 1876 in Giebelstadt), der seit 1923 erfolgreich die Odeon-Lichtspiele geführt hatte, legte in einem Schreiben an Oberbürgermeister Hans Löffler vom 29. Februar 1948 dar, dass er in der Stadt ein repräsentatives Lichtspielhaus eröffnen möchte. Zu diesem Zwecke hatte er 1937 von der Deutschen Bank den Bauplatz in der Juliuspromenade 68 erworben. Für das neue Kino wählte er den Namen „Bavaria“, ein Ausdruck seiner Heimatverbundenheit.
Die Pläne für den Neubau entwarf der Architekt Peter Feile, dem auch die Oberleitung des Projektes übertragen wurde. Der Rohbau des Bavaria-Hauses wurde 1949 fertiggestellt. Im Erdgeschoss entstanden Geschäftsräume und ab dem Frühjahr 1950 konnte der Theater-Innenausbau seiner Vollendung entgegen gehen. Am 22. September 1950 wurde das „Bavaria“ als größtes Würzburger Kino mit einem 1.100 Zuschauer fassenden Kinosaal eröffnet. Bei der Eröffnung äußerte Scheer den Vorsatz, „daß nur künstlerisch bedeutsame Filme in diesem Haus gezeigt werden, die dem Ruf Würzburgs als Kunst- und Fremdenstadt förderlich sind.“ [1] Als Eröffnungsfilm lief „Schwarzwaldmädel“ [2], der erste deutsche Farbfilm der Nachkriegszeit. Der Erfolg dieses Films zog eine ganze Welle weiterer Heimatfilm-Produktionen nach sich, die auch in Würzburg großen Anklang fanden. Zehn Jahre nach der Eröffnung konnte das „Bavaria“, das sich einen landesweiten Ruf als Premierenkino verschafft hatte, ein positives Resümee ziehen: 5,3 Millionen Besucher hatten über eintausend Filme gesehen, davon 34 deutsche Uraufführungen. Viele prominente Schauspieler und Künstler von Funk und Bühne waren in den ersten zehn Jahren zu Gast, darunter Hans Albers, Karl-Heinz Böhm, Beppo Brehm, Kai Fischer, Joachim Fuchsberger, Paul Hörbiger, Harald Juhnke, Marianne Koch, Hans Moser, Wolfgang Neuss, Gunther Philipp, Heinz Rühmann, Paul Richter, Louis Trenker, Georg Thomalla und Ilse Werner. [3]
Dank des großen Erfolges des „Bavarias“ erlangte Scheers Kino auch eine wirtschaftliche Bedeutung für die Stadt Würzburg, denn von den Einnahmen aus den ersten zehn Jahren flossen über 1,9 Millionen D-Mark an Vergnügungssteuer und Kulturabgaben in die Stadtkasse. Der große Erfolg war darin zu sehen, dass das „Bavaria“ dem Nachkriegspublikum wieder heimatliche Gefühle vermittelte. Im „Bavaria“ war alles „auf Harmonie abgestimmt“. [3] Durch Vergrößerung der Leinwand konnten im „Bavaria“ auch CinemaScope-Filme gezeigt werden.
Hatte das Kinogewerbe noch in den 1950er Jahren hohe Besucherzahlen, so stellte sich um 1960 eine Ernüchterung ein. Spielfilme und Wochenschau hatte das Publikum bisher nur auf der Kinoleinwand verfolgt, nun aber bahnte sich die Fernseh-Technik den Weg in die deutschen Wohnzimmer. Die Besucherzahlen sanken rapide. Die Besucherfrequenz vieler Kinos fiel unter 30 Prozent, so dass die kritische Grenze der Rentabilität überschritten wurde. Würzburgs zweite große Kinogründungsphase zwischen den Jahren 1949 und 1957 hatte ein abruptes Ende genommen.
Robert Schneider, der damalige Direktor der beiden größten Lichtspieltheater der Stadt (Bavaria und CC) traf aus jener misslichen Lage heraus die Entscheidung, die beiden Lichtspielhäuser der Scheer & Co. KG in einem Gebäude zu vereinen. 1964 verließ das CC-Filmtheater aus wirtschaftlichen Gründen seinen Standort in der Eichhornstraße 21 und eröffnete im Dachgeschoss des Bavarias mit 330 Sitzplätzen. Gezeigt wurden weiterhin „anspruchsvoller Filme“ mit Auslese-Programmen.
1970 verfolgte das Unternehmen Scheers das Ziel, seine Kinos in neuer, zeitgerechter Form zu präsentieren. Ein Kino „muß der Unterhaltung und der Geselligkeit dienen, es soll ein Ort der Begegnung sein und eine interessante, moderne Atmosphäre um sich bilden.“ [4] Um dies zu verwirklichen, verwandelte die Scheer und Co. KG das Bavaria-Haus unter der architektonischen Planung von Sven Lusin in eine bunte Kino-Stadt, weshalb das CC am 15. Januar 1971 wieder ausquartiert werden musste. Die neu angelegte Kinopassage verfügte über ein reichhaltiges gastronomisches Angebot und vielfältige Einkaufsmöglichkeiten. Erstmals präsentierte sich das neue „Cina-Citta-Bavaria“ am 2. Oktober 1970 der Würzburger Bevölkerung.
Gemäß dem Trend zu kleineren Kinosälen ergriff die Verkleinerungswelle auch das „Bavaria“. Dem „Bavaria“ gesellte sich 1976 ein „Atelier“ hinzu. 1982 wurden die beiden Kinosäle in Kino A, B (ehemaliges „Atelier“) und C und D unterteilt. Die Entwicklung zu den winzigen „Schachtelkinos“ wurde von Fachkreisen äußerst kritisch beurteilt. So äußerte der damalige Vorsitzende der Filminitiative Würzburg e.V. Georg Förster, dass der Kleinkino-Trend als inzwischen schon wieder veraltet galt und verwies auf die Wichtigkeit eines gehobenen äußeren Auftritts. [5] Auf internationaler Ebene entstanden bereits Riesen-Kino-Komplexe, so dass ein baldiges Ende der kleinen „Schachtelkinos“ nicht lange auf sich warten ließ.
Die kleineren Säle wurden bei den Besuchern nicht gut angenommen und waren - neben der Eröffnung der Multiplexkinos CinemaxX und Cineworld - mit ein Grund, dass das Bavaria am 31. Dezember 1999 den Betrieb einstellte. Das Gebäude wurde 2001 abgerissen. Danach war dort bis Januar 2018 die Sportarena zu finden (seit Februar 2018: Sportabteilung der Galeria Kaufhof).
Bildergalerie
Siehe auch
Quellen und Literatur
- Margit Maier: Das Geschäft mit den Träumen. Kinokultur in Würzburg. Verlag Königshausen & Neumann GmbH, Würzburg 2009
Weblinks
Einzelnachweise, Hinweise und Erläuterungen
- ↑ Main-Post: „Die ersten Gäste“ (21. September 1950)
- ↑ „Schwarzwaldmädel“ ist eine deutsche Operettenverfilmung aus dem Jahr 1950. Regie führte Hans Deppe. Die Geschichte des Films beruht auf der gleichnamigen Operette von Leon Jessel mit dem Libretto von August Neidhart. Nähere Informationen bei Wikipedia [1]
- ↑ 3,0 3,1 Main-Post: „10 Jahre Bavaria-Filmtheater“ (3. August 1960)
- ↑ Main-Post: „,Cine-Citta-Bavaria’ das Filmtheater in der neuen Zeit“ (3. August 1970)
- ↑ Fränkisches Volksblatt: „Kein Platz für Riesenkinos“ (13. September 1988)