Stürtz
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Stürtz war ein traditionsreiches Würzburger Druckunternehmen, welches auf das Jahr 1830 zurückgeht und den Titel „Königliche Universitätsdruckerei” verliehen bekam. Die Verlagssparte des Hauses ging im Jahr 2000 im Verlagshaus Würzburg GmbH & Co.KG auf. Der Druckbetrieb bestand bis 2015 unter dem Namen „Stürtz GmbH - Druck- und Mediendienstleistungen”. 2013 wurde Antrag auf Insolvenz gestellt. Zu dem Zeitpunkt waren noch 450 Mitarbeiter bei Stürtz beschäftigt. 2015 erfolgte der Zusammenschluss mit der Augsburger Himmer AG zur Phoenix Print GmbH. Im Januar 2017 läuft die Abwicklung.
Geschichte
Thein'sche Druckerei
Friedrich Ernst Anton Thein eröffnete am 17. Juni 1830 in Würzburg eine eigene Druckerei. Er hatte den Beruf des Schriftsetzers bei Franz Ernst Nitribitt (Würzburger Universitätsbuchdrucker von 1763 bis 1820 [1]) gelernt. Anschließend war er zunächst als Gehilfe tätig, erhielt dann durch Dr. Gottfried Eisenmann eine Anstellung bei dessen linksliberaler Zeitung „Bayerisches Volksblatt”. Die Herausgeber streckten Thein das Geld für die Aufnahme eines Druckbetriebs mit drei Gehilfen und zwei Handpressen in der Augustinerstraße 3 vor. Hier wurden nun das Bayerische Volksblatt aber auch andere Publikationen gedruckt. Allerdings geriet die Zeitung wegen ihrer liberalen Ansichten und Kritik an den Ministerien bald in Schwierigkeiten. Nach der Kundgebung an der Gaibacher Konstitutionssäule 1832 ließ der Würzburger Stadtkommissar Dr. Anton Wiesend 60 Würzburger verhaften. Auch Thein zählte zu den Inhaftierten und man entzog ihm kurzfristig die Konzession. Anderthalb Jahre musste er im Gefängnis verbringen. Seinem Gehilfen Michael Walz war es zwischenzeitlich gelungen, den Betrieb aufrecht zu erhalten. Thein war nun jegliche politische Betätigung und der Zeitungsdruck verboten. So druckte er insbesondere „elegante Schriften” wie Museenalmanache, Lyrik und Reiseberichte. Der Betrieb vergrößerte sich und beschäftigte 1840 bereits sechs Setzer und drei Drucker. Auch konnte eine Schnellpresse der Fabrik Koenig & Bauer erworben werden. Ab 1848 wagte Thein auch wieder politische Betätigungen. Er gab dreimal wöchentlich die Zeitung „Wahrheit und Recht” heraus. Sie sollte für alle Stände und Parteien offen sein, ohne jedoch selbst Parteipolitik zu betreiben. Allerdings konnten kaum Abonnenten für die Zeitung gewonnen werden, sodass sie nach nicht einmal einem Jahr wieder eingestellt wurde. Eines der bekanntesten Produkte des Druckerei war der „Königlich Bayerische Volkskalender”. 1853 zog das Unternehmen in die Neubaustraße 60, wo auf 80 m² Fläche mit einer Schnell- und drei Handpressen gearbeitet wurde. Hauptprodukte waren einerseits Gedichtbände auf hochwertigem Bütten, andererseits Broschüren auf billigem Papier, welche in hohen Auflagen hergestellt und günstig verkauft wurden. Thein war bis zu seinem Tod im Jahr 1869 in dem Unternehmen tätig.
Übernahme durch Ludwig Stürtz
Die Druckerei wurde nach Theins Tod durch Ludwig Stürtz aufgekauft, der bereits 1868 eine lithographische Anstalt am Johanniterplatz 2 gegründet hatte. Um genug Platz für die Arbeit seiner 20 Gehilfen und die Pressen zu haben, erwarb er ein Gelände an der Ludwigstraße 7 im Bereich des nicht mehr genutzten ehemaligen Bahngeländes. Am 1. Mai 1870 wurde der Betrieb in den neuen Räumen von 1.000 m² Fläche aufgenommen. Das Unternehmen wuchs weiter und beschäftigte schließlich 93 Mitarbeiter, die technische Einrichtung umfasste acht Buchdruckmaschinen und vier Steindruckschnellpressen. Selbst der Dachboden wurde noch für den Handsatz ausgebaut und im Rückgebäude Raum für die Lithographie geschaffen. 1875 trat Heinrich Stürtz, der Bruder Ludwigs mit in die Firma ein, wurde Gesellschafter und ab 1878 alleiniger Inhaber. Ab 1875 druckte das Unternehmen die Zeitung „Würzburger Presse”, welche aber nur bis 1888 bestand. In einer eigenen Autotypie-Abteilung wurden Abbildungen, z.B. für medizinische Werke gefertigt. So konnte u.a. der medizinischer Fachverlag J.F. Bergmann aus Wiesbaden als dauerhafter Auftraggeber gewonnen werden.
Königliche Universitätsdruckerei von H. Stürtz
Am 16. März 1887 verlieh das Kgl. Bayerische Staatsministerium dem Unternehmen den Titel „Königliche Universitätsdruckerei von H. Stürtz”. Es war eine Anerkennung für die hohe Qualität der Druckerzeugnisse und gab der Firma das Privileg, offizielle Schriften der deutschen Universitäten zu drucken. Daneben wurde ab 1895 der besonders prachvoll gestaltete Kalender „Altfränkische Bilder” publiziert sowie ab 1897 das jährliche Würzburger Adressbuch.
Nachdem die Räume wiederum zu klein für das Unternehmen wurden errichtete Stürtz einen großen Neubau neben der Tabakfabrik Schürer an der Beethovenstraße 5. Auf 3000 m² wurde neue und hochwertige Satz- und Drucktechnik untergebracht.
H. Stürtz AG
1909 wurde die Firma in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, um mehr Kapital verfügbar zu machen. Der Berliner Julius-Springer-Verlag wurde Hauptaktionär und Heinrich Stürtz Aufsichtsratsvorsitzender. Die Einstellung Rudolf Leonhardts als Direktor im Jahr 1911 verschaffte der Firma nochmals einen Aufschwung. Er ergänzte das Haus auch um eine Notendruck-Abteilung, deren Produkte international begehrt waren, sowie um den Wertpapierdruck. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs brachen die Aufträge ein, 60 der 660 Angestellten wurden zum Militärdienst eingezogen. Das Unternehmen bemühte sich aber, die hohe Qualität beizubehalten. Das zeigte sich insbesondere im hochwertigen Druck der Notgeldscheine. Beim Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 wurde das Firmengebäude zerstört und in den Folgejahren wieder errichtet. Auch wurden über eine gemeinnützige Baugesellschaft zahlreiche Wohnungen für Angestellte erbaut. Im Juni 1948 wurde die Firma aus der Treuhänderschaft entlassen. Der Mehrheitsaktionär Julius-Springer-Verlag veranlasste den weiteren Ausbau. In den 1970er Jahren wurden die modernen Betriebsgebäude an der Alfred-Nobel-Straße bezogen.
Insolvenz
Nach einem unbefriedigenden Geschäftsjahr 2012 stellte das Unternehmen am 31. Januar 2013 beim Amtsgericht Würzburg einen Antrag auf Eröffnung der Insolvenz. Davon vorerst nicht betroffen ist die Schwesterfirma CMS – Cross Media Solutions (Vorstufen- und Agenturdienstleister). Alle Arbeiten im Unternehmen liefen zunächst weiter. [2] Am 30. September 2016 schloss die Druckerei Stürtz nach 186 Jahren ihre Tore.
Fusion
Im April 2015 wurde der länger angebahnte Zusammenschluss mit der Augsburger Himmer AG vollzogen. Es entstand das neue gemeinsame Druckunternehmen Phoenix Print GmbH.
Pressespiegel
- Main-Post: „Stürtz will sich selbst aus dem Sumpf ziehen (03. Juli 2016)
- Main-Post: „Stürtz-Pleite: Gläubiger stimmen Sozialplan zu (24. Januar 2017)
Literatur
- Werner Dettelbacher: 150 Jahre Universitätsdruckerei H. Stürtz AG. In: Würzburg heute Nr. 29/1980. S. 77ff.
Einzelnachweise
- ↑ Karlheinz Bartels: Die Würzburger Pharmakopöen, Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 25 (2006), S. 75-112, S. 105
- ↑ Main-Post: Traditionsunternehmen Stürtz stellt Insolvenzantrag (31.01.2013)