Römischer Kaiser
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Der Römischer Kaiser war ein bis 1900 bestehender Gasthof zwischen Tellsteige und Schloßgasse in der Zeller Straße 21 (früher: V. Distrikt Nr. 160) im Würzburger Mainviertel und ein stark besuchtes Vergnügungsetablissement der besseren Kreise Würzburgs.
Geschichte
Kaisergarten
Zwischen der Tellsteige und der Schloßgasse lag der Kaisergarten. Schon im 16. Jahrhundert wurde er in Einzelgärten umgewandelt, bis er schließlich ganz in Privatbesitz überging. In mehreren Jahrhunderten wechselte er nur dreimal den Besitzer. Der Garten strebte in vier Terrassen zur Höhe, auf dessen oberster ein reizvolles gotisches Turmhäuschen stand, das wohl identisch mit den von Fürstbischof Konrad II. von Thüngen erbauten Wachhäuschen ist und zur Befestigung bei der Tell gehörte. Es diente der Überwachung des Weges zur Festung Marienberg vor dem städtischen Telltor. Spätestens nach dem Bau der Barockbastionen, die Festung und Mainviertel in einem zusammenhängenden System umgaben, verlor der Turm seine Bedeutung und wurde Teil eines unbebauten und später locker bebauten Gartengrundstücks. Es stellte von 1767 bis 1862 einen Teil des fünffach gestuften Terrassengartens des Gasthofes „Römischer Kaiser“ dar. Als der Garten dem Gasthof „Römischer Kaiser“ angegliedert worden war, war er Schauplatz großer Festlichkeiten. [1]
Römischer Kaiser
1767 verlieh Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim dem Würzburger Metzgermeister Simon Gaggel für sein Haus die Schildgerechtigkeit [2] zum „Römischen Kaiser“.
Da der Gasthof an einer wichtigen Ausfallstraße lag, stellten hier die durch das Zeller Tor zum „Grünen Markt“ fahrenden Landleute ihre Wagen und Pferde ein. Nach erfolgreichem Verkauf ihrer Waren oder dem Besiegeln größerer Geschäfte mit Wein übernachtete so mancher am Markttag im „Römischen Kaiser“, weil es zu spät geworden war.
Nachdem die Universität Würzburg ab 1803 auch evangelische Professoren und Studenten aufnahm, fanden diese sich bald im „Römischen Kaiser“ ein. 1805 zählte der „Römische Kaiser“ zu den fünf berühmtesten Gasthöfen der Stadt. Hier trafen sich die Gelehrten, in ihm wohnten unter anderem die Dichter August Graf von Platen-Hallermünde und Dr. Ignaz Hub. Auch die Harmonie-Gesellschaft hielt hier ihre Bälle ab, bis sie 1823 in ein eigenes Haus einziehen konnte.
In der folgenden Biedermeierzeit und nach der Entfestigung der Stadt spazierten die Würzburger Bürger lieber vor den Stadttoren. Der „Römische Kaiser“ wurde eine ruhige Bier- und Weinwirtschaft. Ab 1900 befand er sich in Privatbesitz und wurde zum Wohnhaus.
Baubeschreibung
Der alte Gebäudekomplex war ein dreigeschossiger, siebenachsiger Bau mit einem durch ein Krüppelwalmdach gebildetem Dachgeschoss. Die Kanten waren rustiziert, die Fenster regelmäßig gereiht. Gurtgesimse gliederten die Straßenfront horizontal.
Bildergalerie
Sgraffitobild von Ludwig Martin am Haus Zeller Straße 21
Siehe auch
Quellen und Literatur
- Thomas Memminger: Würzburgs Straßen und Bauten. 2. Auflage, Gebrüder Memminger Verlagsbuchhandlung, Würzburg 1921, S. 60, 396
- Werner Dettelbacher: Zu Gast im alten Würzburg. Heinrich Hugendubel Verlag, München 1993, S. 97 ff.
- Dr. Hans Steidle: Konzeptentwurf Flurstücke 10881, 10872 und 10881/1 Würzburg. Würzburg 2011 [1]
- Bruno Rottenbach: Würzburger Straßennamen - Band II. Fränkische Gesellschaftsdruckerei, Würzburg 1969, S. 36
- Mainfränkisches Museum Würzburg (Hrsg.): Ansichten aus dem alten Würzburg 1545 - 1945, Teil III. Bearbeitet von Hanswernfried Muth, Würzburg 2000
- Franziska Hauck: Zum Gedächtnis. Gedenktafeln der Würzburger Innenstadt. 2010, S. 42
- Jörg Paczkowki: Der Wiederaufbau der Stadt Würzburg nach 1945, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V., Würzburg 1982, S. 358
Einzelnachweise und Erläuterungen
- ↑ „Die Terrassierung und die weite Begrünung des Areals noch vorhanden sind. Der historische Turm ist in das südlichere Gebäude, das mit einem Satteldach versehen ist, integriert. Nordwestlich ist ein eingeschossiger Flachbau in das Areal wohl in den 50er und 60er Jahren eingefügt worden.“ (Quelle: Dr. Hans Steidle: Konzeptentwurf Flurstücke 10881, 10872 und 10881/1 Würzburg. Würzburg 2011)
- ↑ Schildgerechtigkeit ist ein juristischer Begriff, der in früheren Jahrhunderten das Recht bezeichnete, eine Gastwirtschaft vermittels Anbringung eines Schildes als solche kenntlich zu machen und als öffentliches Gewerbe zu betreiben. Eine sogenannte Schildwirtschaft besaß Schild und Namen, konnte Fremde beherbergen, Speis und Trank anbieten sowie Gesellschaften wie Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen bewirten.