Huttenschlösschen

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Huttenschlösschen (Gesamtansicht von der Sanderglacisstraße)
Blick vom Main in die Sanderglacisstraße mit dem Huttenschlösschen

Das Huttenschlösschen ist ein barockes Bauwerk in Würzburg, das heute von der Studentenverbindung Corps Rhenania Würzburg als Korporationshaus genutzt wird.

Barockes Repräsentationsobjekt

Das Gebäude wurde um das Jahr 1720 vom damaligen Domdekan und späteren Fürstbischof Christoph Franz von Hutten (1673–1729) als privates Sommerschlösschen in einem repräsentativen Park, dem Hutten'schen Garten erbaut. Architekten waren vermutlich Joseph Greissing († 1721) oder dessen Schüler Georg Bayer († 1726). Balthasar Neumann kommt als Architekt weniger in Frage, da er Karriere unter den Schönborns machte und von deren Widersacher Christoph Franz von Hutten nicht gefördert wurde. Der Bauherr wollte mit dem Bauwerk seinen Anspruch auf die Position des Fürstbischofs untermauern, in die er dann 1724 auch gewählt wurde.

Die Anlage mit Schlösschen und Park wurde im Südwesten der Stadt direkt außerhalb der damals noch bestehenden Stadtbefestigung errichtet. Das Schlösschen besteht aus einem dreigeschossigen Mittelbau mit offenem Mezzaninobergeschoss [1] und zwei niedrigeren dreigeschossigen Seitenpavillons. Der zur Sanderglacisstraße hervorspringende Mittelbau besitzt drei Fensterachsen, die zur Gartenseite hervortretenden Seitenpavillons weisen je eine auf. In den Seitenfassaden befinden sich jeweils zwei weitere Fensterachsen. Die Mittelportale des Obergeschosses, durch die man den Festsaal betritt, werden durch geschweifte Verdachungen betont. Die Hauptfassade, die dem Garten zugewandt ist, wird durch die doppelläufige Freitreppe mit ihrem Balustergeländer aus rotem Sandstein geprägt.

Während der Park zur öffentlichen Nutzung freigegeben wurde, blieb das Schlösschen dem Hausherrn vorbehalten. Eine im Mauerwerk des Balkons eingemeißelte Inschrift bezeugte das Konzept: publicae amoenitati et privatae salubritati.

Im Jahre 1803 verkaufte die Familie von Hutten die Grundstücksparzelle und das Gebäude. Am 3. Januar 1823 gab hier die Stadt Würzburg dem König Maximilian I. Joseph von Bayern ein glänzendes Fest, bei dem Nikolausburg und Käppele beleuchtet wurde, und vom 4. August bis 6. August 1845 fand hier das erste große Deutsche Sängerfest statt, bei dem 180 Vereine durch 2000 Mitglieder vertreten waren.

Bis zum Jahre 1884 hatte die Immobilie sechs verschiedene Besitzer. Als um die Mitte des 19. Jahrhunderts die Entfestigung Würzburgs begann, also der Rückbau der alten militärischen Befestigungsanlagen, wurde der Park zunehmend durch den Bau von Mietshäusern zerteilt. Im Jahre 1854 hatte der Garten um das Gebäude herum nur noch ein Zehntel der ursprünglichen Größe und das Grundstück samt Gebäude verwahrloste zunehmend. Da erwarb der Würzburger Universitätsprofessor Martin Theodor Contzen das Gebäude und das umgebende Grundstück zu eigenen Wohnzwecken, das dessen Witwe am 7. November 1884 der Altherrenschaft der Studentenverbindung Corps Rhenania Würzburg verkaufte.

Baubeschreibung

Frontansicht des Huttenschlösschens

„Ehemaliges Huttenschlösschen. Jetzt Korpshaus Rhenania, Sommerschloss des Fürstbischofs Christoph Franz von Hutten, zwei-/zweieinhalbgeschossiger Mansardwalmdachbau mit erhöhtem Mittelrisalit und Balkon, Putzmauerwerk mit Sandsteingliederung, barock, wohl Georg Bayer, um 1720, Versetzung in räumlichen Bezug zum Ringpark 1904/05, Wiederherstellung 1949–61; Mauereinfriedung mit Pfeilerportalen, Sandstein, 1904/05 möglicherweise unter Verwendung barocker Elemente.“

Historische Abbildung

Zeit als Corpshaus

1886 wurden das Schlösschen und vor allem der große Festsaal renoviert, die Stuckdecke erneuert und neu ausgemalt. Das zentrale Deckenmedaillon erhielt eine Ausmalung mit dem „Triumphzug des Bacchus vor Zeus und Hera“. Ebenfalls 1886 wurden, ausgehend von der Mansarde über dem westlichen Nachbarraum, zwei Logen für Musiker zum Saal hin geöffnet und mit schmiedeeisernen Gittern versehen. 1957 wurden die Logenöffnung beim Wiederaufbau in die gegenüberliegende östliche Wandseite verlegt.

Huttenschlösschen im Jahre 1903 vor seiner 90-Grad-Drehung

Bis ca. 1900 erfolgten im Zuge der Mainuferregulierung weitere städtebauliche Maßnahmen, die das Gelände um das Schlösschen maßgeblich veränderten. Beim Bau der Ludwigsbrücke und des Hochkais wurde das Gelände um das Schlösschen um 1,6 Meter aufgeschüttet. Das Huttenschlösschen wurde deshalb in den Jahren 1904 und 1905 abgetragen, unterkellert und unter Rekonstruktion der Freitreppe und der historischen Stuckdecken weitgehend mit Originalmaterial wieder aufgebaut. Dabei wurde das Gebäude zusammen mit den beiden Seitentoren mit der Freitreppe nach Süden um 90 Grad gedreht und dadurch ein Achsenbezug zum neuen Ringpark geschaffen. Die Gartenparzelle um das Gebäude herum erinnerte an die alte Funktion als Gartenschlösschen.

Die beiden seitlichen Tore, die die Ansicht des Huttenschlösschens maßgeblich prägen, sollten von der Drehung ebenfalls erfasst werden. Da die Straßenfront inklusive der Tore 30,5 Meter beanspruchte, das Grundstück an der Sanderglacisstraße aber nur eine Breite von 29 Metern hatte, musste eine Geländestreifen an der Schießhausstraße von der Stadt gekauft werden.

Chargierte des Corps Rhenania Würzburg zu Pferd, Aufzug zur Neueinweihung des Huttenschlösschens im Juli 1905

Bei der Transposition des Schlösschens wurde 1905 im Festsaal eine Kopie der Stuckdecke eingebaut. Das Original ging ans Nationalmuseum nach München, wo es als Decke eines gleich gestalteten Raumes Verwendung fand. Auch die Ausmalung des Deckenmedaillons von 1896 ging verloren. 1906/07 entstand ein neues Deckengemälde, das höchstwahrscheinlich von August Wolf (1842-1915) stammt.

Beim Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 wurden zwei Drittel des Gebäudes beschädigt. Das Dach, das Dachgeschoss, die Decken über erstem Stock und Erdgeschoss, der Balkon zur Straße hin und die gesamte Inneneinrichtung wurden zerstört. Nur die massiven Außen- und Innenwände blieben stehen. Im Jahre 1950 baute das Corps Rhenania das Huttenschloss wieder auf. Das Richtfest des Wiederaufbaus wurde am 8. Dezember 1951 gefeiert.

Die im Münchner Nationalmuseum konservierte Stuckdecke wurde im Frühjahr 1957 erneut im Huttenschlösschen montiert. Da die Deckenfragmente jedoch vielfach zerbrochen waren, mussten sie zunächst wie ein Puzzle am Boden zusammengesetzt werden. Das seit 1957 weiße zentrale Deckenfeld schmückt seit 1999 ein Gemälde von Karsten Herbert von Schoen.

Bildergalerie

Gartenseite
Festsaal

Siehe auch

Quellen und Literatur

  • Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Baudenkmäler in Würzburg, Nr. D-6-63-000-508
  • Das Huttenschlösschen zu Würzburg. Das älteste Corpshaus. In: Deutsche Corpszeitung 58 (1957), S. 73–77
  • Hermann Eckelmann: Der Wiederaufbau des Huttenschlößchens nach dem Zusammenbruch, In: Festschrift des Corps Rhenania Würzburg zum 140. Stiftungsfest, Würzburg 1982 S. [59] - [62]
  • Guntram Althaus: Tauche die Seele in kühlenden Wein – Die Präsentation des Deckengemäldes in unserem Festsaal am 24. März 1999, in: Das Huttenschlößchen, Nachrichtenblatt der Alten und Jungen Würzburger Rhenanen, Nr. 101, August 1999, S. 27–33
  • Bettina Amthor, Winfried Gaißer: Das Huttenschloß. In: Das Huttenschlößchen, Nr. 100, März 1999, S. 73–78 (mit zahlreichen weiteren Literaturnachweisen)
  • Kurt Stucke: Das Huttenschlößchen – Corpshaus der Rhenania Würzburg. In: Kurt Stucke, Klaus Oskar Leyde (Hrsg.), Geschichte des Corps Rhenania Würzburg 1940–2000, Rasch Verlag Bramsche, S. 149–172
  • Guntram Althaus: Das Huttenschlößchen ; eine barocke Fürstenvilla vor den Toren Würzburgs ; Tag des Offenen Denkmals, 10. September 2000, Corps Rhenania, Würzburg 2000, 11 Seiten
  • Kurt Stucke: Die Stuckdecke im Festsaal unseres Huttenschlößchens ist das Original der Brüder Castelli und kein Abguß. In: Das Huttenschlößchen, Nr. 103, August 2000, S. 84–87
  • Josef Markus Maier: Figuren im Goldstaub ; Dusty - ein Würzburger Maler. In: Würzburg heute; 2000,70, S. 82 - 84 (Deckenmalerei)
  • Joachim Fildhaut: Im Garten des Bischofs ; das Huttenschloss in der Sanderau spiegelt die Geschichte der Domstadt besonders dicht ; am 10. September öffnet es für Besucher die Pforten, Betr. „Tag des Offenen Denkmals 2000“ am 10.9. in Würzburg. In: Rheinischer Merkur ; 55 (2000),35 vom 3.9. = „Sonntags-Merkur“, S. 7

Weblinks

Erläuterungen und Hinweise

  1. Ein Mezzanin (von ital. mezzo = halb) oder Mezzaningeschoss (Entresol) ist in der Architektur ein Halb- oder Zwischengeschoss eines mehrstöckigen Gebäudes, meist über dem Erdgeschoss, oft auch unter dem Kranzgesims. Es enthält untergeordnete Räume, häufig die Räume der Dienerschaft. Vor allem in der Schlossarchitektur des Barock und Klassizismus sind Mezzanine ein häufigeres Gestaltungsmittel aus funktionellen Gründen der Raumunterbringung und wegen gewünschter Fassadenproportionen. Weitere Informationen bei Wikipedia [1].

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