Untere Mainmühle
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Die Untere Mainmühle war eine bis 1921 existierende Mahlmühle am Standort des heutigen Lokals „Alte Mainmühle“. [1]
Geschichte
Im Dreißigjährigen Krieg war die am Fuß des Steinberges gelegene Bischofsmühle, erbaut in den Jahren 1512 bis 1517 zerstört worden. Schon gleich nach seinem Regierungsantritt am 8. September 1642 ging Fürstbischof Johann Philipp von Schönborn mit dem Stadtrat daran, eine neue Mühle, geschützt im Stadtbereich, zu errichten. An der Alten Mainbrücke am rechtsseitigen Ufer des Mains wurde 1643/44 die Untere Mainmühle erbaut. Sie konnte zwischen 30 und 36 Scheffel Korn pro Tag mahlen und wurde zu einem Drittel durch das Domkapitel finanziert. Die Erträge aus den Anteilen wurden jährlich an ein Waisenhaus gespendet.
Als Baumeister konnte der Fürstbischof den Frankfurter Mühlmeister Johann Georg Fernauer gewinnen. Fernauer hatte bereits in Frankfurt die zweite Brückenmühle erbaut und auch in Besitz und sich dadurch wohl einen guten Ruf erworben. Der umfangreiche Bau in Würzburg mit seinen technischen Besonderheiten, Streich- und Nadelwehr und die Mühle mit 10 Gängen sowie seine Tätigkeiten in Mainz, scheinen sein Ansehen beim Fürstbischof so gehoben zu haben, dass er ihn als Baumeister in Dienst nahm.
Technische Daten
Technische Daten zur Unteren Mainmühle: [2]
- Vier unterschlächtige Wasserräder mit einem Durchmesser von fünf Meter und einer Breite von 2,20 Meter
- Zehn Mahlgänge, ein Rollengang
- Breite des Gerinnes: 5,50 Meter
- Fallhöhe: 1,15 Meter
- Leistung zwischen 31 und 44 PS (23 bis 33 kW)
- Gesamtwirkungsgrad: ca. 25%
- Wasserverlust: ca. 60%
- Mahlleistung: Sechs Tonnen in 24 Stunden
Streich- und Nadelwehr
Im Frühjahr 1644 wurde mit dem Bau des Streichwehres vom Altwasser am Burkarder Tor zum dritten Brückenpfeiler der Alten Mainbrücke hin begonnen. Dieses hatte ein Länge von 315 Meter und staute den Main um etwa 4 Fuß (1,20 Meter). Der dritte Brückenbogen wurde durch ein Nadelwehr geschlossen. [3] Das große Steichwehr und das Nadelwehr zusammen ermöglichten den Stau des Wassers, um die für die Mühle notwendige Wasserführung und Strömung zu erreichen.
Als Folge der Abriegelung des Mains durch das Streichwehr verblieb für die Schiffe und Flöße nur mehr die Durchfahrt unter dem dritten Brückenbogen, an dem das Nadelwehr für den Stau sorgte. Die ganze Breite des Durchlasses war durch eine dichtstehende Reihe von etwa 5 Meter langen Holzpfählen (den „Nadeln“) gesperrt; sie legten sich unten im Wasser an eine steinerne Grundschwelle und oben an einen den Durchlass überspannenden Quersteg. Diese Hölzer bildeten also eine ziemlich dichtabschließende Wand, welche zusammen mit dem Streichwehr das Wasser staute. Schon seit altersher hat sich für den Nadelwehr-Durchlass der Name „Loch“, auch „Wehrloch“ eingebürgert. Wollte nun ein Schiff oder Floß die Brücke passieren, so musste der „Lochfischer“, ein Mitglied der Fischerzunft Würzburg, auf dem Stege stehend, die Nadeln einzeln anheben, worauf sie von der Strömung mitgenommen und unterhalb der Brücke von seinen Gehilfen aufgefangen wurden. Waren alle Nadeln entfernt, so hob ein Windwerk den an zwei Seilen oder Ketten hängenden Steg in die Höhe und die Durchfahrt war frei. Nach dem Passieren wurde der Steg wieder heruntergelassen und die Nadeln mussten wieder einzeln mühsam gegen den Wasserandrang erneut eingesetzt werden. Der ganze Vorgang nahm Stunden in Anspruch; während dieser Zeit sank der Stau beträchtlich ab und der Mühlbetrieb war gestört.
Da die Untere Mainmühle mit herrschaftlichen Mitteln, aus der Kasse des Fürstbischofs errichtet wurde, und die Stauanlagen zum erweiterten Mühlenbereich gehörten, entwickelte sich dieser Abschnitt des Mains zum Bannwasser, das mit dem Namen Wehr- oder Lochfischerei belegt wurde. Die Lochfischerei verdankt also der Errichtung der Wehre und der Mainmühle ihre Entstehung.
1675 bis 1680 wurde zur Verbesserung der Schifffahrt anlässlich der Errichtung der Stadtbefestigung bei der Burkarder Kirche ein Schifffahrtskanal, der Umlaufkanal, mit einer Kammerschleuse angelegt, so dass das mühsam zu bedienende Nadelwehr nur noch dem Floßdurchgang diente. Der „Lochfischer“ erhielt als Ausgleich für seine mühselige Arbeit das Fischrecht im Umlaufkanal und ums Nadelwehr herum. Das Wein- und Fischhaus Zum Lochfischer in der Ersten Felsengasse erinnerte an dieses schweißtreibende Amt.
1890/91 wurde das Streichwehr so umgebaut, dass es am Fuße des vierten Pfeilers die Alte Mainbrücke erreichte. Im vierten Brückenbogen wurde ein Trommelwehr eingebaut und im Unterwasser eine neue Floßgasse errichtet. Das alte Nadelwehr vor dem dritten Brückenbogen wurde als Reserve zur Regulierung des Wasserstandes bei Hochwasser und Eisgang belassen.
Am oberen Ende des Streichwehres wurde auf der linken Seite des Mains in den Jahren 1891 bis 1893 eine Kammerschleuse eingerichtet, wodurch der alte Umlaufkanal mit seiner kleinen Schleuse für die Schifffahrt entbehrlich wurde.
1921 wurde die Mühle abgerissen um das Wasserkraftwerk Untere Mainmühle zu errichten. Symbolisch ist noch ein eisernes Mühlrad am Gebäude angebracht.
Siehe auch
Quellen und Literatur
- Alexander Lehrmann: Die Lochfischer. In: Aus Würzburgs Fischereigeschichte. Mainfränkische Hefte 55, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V., Würzburg 1971, S. 15 ff.
- Jörg Lusin: Würzburg, wie es früher war. Band 1, Mainpresse Zeitungsverlagsgesellschaft mbH & Co., Würzburg 1999, S. 28 ff.
- Franz Seberich: Die Stadtbefestigung Würzburgs II. Mainfränkische Hefte 40, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte, Würzburg 1963, S. 22 und 45
- Harald Zoepffel und Andreas Mettenleiter: Würzburg 1943 bis 1945 - Bilder aus einer versunkenen Zeit. Band 1, 2. Auflage, Akamedon Verlag, Pfaffenhofen 2010, S. 87
Einzelnachweise und Hinweise
- ↑ Uraufnahme im geoportal.bayern.de/bayernatlas
- ↑ Informationen im Rahmen einer Führung durch das Wasserkraftwerk Untere Mainmühle am 29. April 2017
- ↑ Der erste Brückenbogen überbrückt die Uferstraße.
Kartenausschnitt
- Ehemaliger Standort