Hutten'scher Felsenkeller

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Hutten'scher Felsenkeller 1912

Der Hutten'sche Felsenkeller (auch: Hutt'sche Felsenkeller, Zum Hutt'schen Felsenkeller, Ehemann'scher Felsenkeller) war eine traditionelle Gastwirtschaft mit Biergarten und Kelleranlage in der Randersackerer Straße 21 im Stadtbezirk Sanderau. Der Felsenkeller gehörte einst zum Hutten'schen Garten, beheimatete zwischen 1921 und 1932 die K.D.St.V. Markomannia Würzburg und wurde im Anschluss von der Pfarrgemeinde St. Adalbero zur Einrichtung eines Pfarrheims übernommen.

Lage

Die Gastwirtschaft befand sich wenige Meter südlich der Kreuzung Arndtstraße (ehemals Frühlingstraße bzw. Maistraße) und Randersackerer Straße. Frühere Anschriften waren VI. Distrikt Nr. 335 bzw. Randersackerer Straße 25. Heute befinden sich an dieser Stelle die Hausnummern 21, 21a und 23.

Geschichte

Erwähnung im Würzburger Stadt- und Landbote 1873
Hutten'scher Felsenkeller 1964

Der Bau des Hutten'schen Felsenkellers geht auf die Jahre 1835/1836 zurück, wie die originale Bauakte aus dieser Zeit belegt: [1] Der Ochsenfurter Bierbrauer Friedrich Ehemann beantragte den Bau eines Wirtschaftsgebäudes mit T-förmigen Grundriss bestehend aus dem Kellereingang als Erdgeschoss auf Straßenniveau (Parterre) und einem darüber befindlichen, etwas nach hinten abgesetzten Obergeschoss in offener Holzbauweise. Lediglich der zentrale Mittelteil des Wirtschaftsgebäudes, zugleich Eingangsbauwerk des Kellers, war laut Bauakte in Massivbauweise ausgeführt. Der Grundriss des zu diesem Zeitpunkt geplanten unterirdischen Kellers zeigt Abweichungen von der tatsächlichen Bauausführung. Welche Tatsachen dazu geführt haben, lässt sich anhand der Unterlagen nicht mehr nachvollziehen. Ausschlaggebend könnten geologische oder genehmigungsrechtliche Gründe gewesen sein. Fakt ist, dass mit Ehemanns Bauprojekt insbesondere 1836 ein starker Schriftverkehr einherging. Im Würzburger Adressbuch von 1838 wird das Anwesen erstmals als Ehemann'scher Felsenkeller aufgeführt. Das Eingangsbauwerk wurde demnach vom Tuchbleicher Ankenbrand alleine bewohnt. 1846 wird der Hutten'sche Felsenkeller erstmals als Gartenwirtschaft im Würzburger Adressbuch erwähnt. Als Eigentümer wird der Koch Michael Bezold bzw. Pezold (die Schreibweise des Nachnamens variiert) aufgeführt. [2] In einer weiteren Bauakte von 1855/1856 wird eine Verlängerung der Kellergewölbe, die Einrichtung eines Aufzugs mit Überdachung für den Keller sowie der Bau einer Fasshalle in offener Bauweise in zweiter Reihe hinter dem Wirtschaftsgebäude beantragt. Da die beiliegenden Pläne teilweise nachträglich durchgestrichen wurden, lässt sich nicht mehr nachvollziehen, inwieweit dieses Vorhaben vollständig realisiert wurde. [1]

Ende der 1850er Jahre wechselte dann erneut der Eigentümer: Fortan führte der gelernte Bäcker Anton Kuchenmeister den Hutten'schen Felsenkeller fort. [3] Kuchenmeister übernahm 1858 auch den Hutten'schen Garten in der heutigen Virchowstraße. [4] 1869 errichtete Kuchenmeister in zweiter Reihe als Ersatz für die Fassbierhalle ein einstöckiges Wohngebäude mit kleinem Gartenhaus. Die Bauwerke fügten sich harmonisch in das Ensemble ein. Die Pläne belegen weiter, dass es zu diesem Zeitpunkt bereits eine Kegelbahn auf dem Gelände gab, die Anton Kuchenmeister leicht umbauen lies. [1] 1871 wird der Felsenkeller in einer Publikation von Carl Heffner erwähnt: „Randersackerer Str. 25, Hutten'scher Felsenkeller, zum Hutten'schen Garten gehörig“. [5] Eine Bauakte von 1885 benennt die „Witwe P. Kuchenmeister“ als Eigentümerin des Hutten'schen Felsenkellers. Die Witwe ließ in den 1880er und 1890er Jahren das Wirtschaftsgebäude an der Straße um- und ausbauen. [6] Das Gebäude erhielt dadurch das Erscheinungsbild wie es auf der Ansichtskarte von 1912 zu sehen ist. Im „Adreß- und Geschäfts-Handbuch für die k. bayer. Kreis-Haupt- und Universitäts-Stadt Würzburg“ von 1888 werden Paul und Margarete Kuchenmeister als Eigentümer angegeben - möglicherweise die nachfolgende Kuchenmeister-Generation. In einem Stadtplan aus dem Jahr 1894 ist der Grundriss des Hutten'schen Felsenkellers sehr gut zu erkennen (siehe Plan unten). Zu sehen ist unter anderem das zur Randersackerer Straße hin ausgerichtete Hauptgebäude mit Eingang zum Felsenkeller, ein Innenhof mit Bäumen sowie ein langgezogenes Bauwerk, in dem sich eine Kegelbahn befand. 1896 erhielt das Wirtschaftsgebäude ein Ober- und ein Dachgeschoss. [6] 1897 war ein beeindruckender, repräsentativer Ausbau des gesamten Objekts geplant, der jedoch so leider nie realisiert wurde. In einer Bauakte von 1914 wird die Witwe Fanni Franz als neue Eigentümerin aufgeführt. Sie lässt im Erdgeschoss zwei Fenster zu einem Schaufenster für ein Ladengeschäft umbauen. Was für ein Laden sich in den Räumlichkeiten befand und wie lange dieser überlebte lässt sich aus den Adressbüchern leider nicht mehr rekonstruieren. Spätestens in den 1920er Jahren wurde das Schaufenster wieder zu Gunsten zweier Fenster zurückgebaut.

1921 wurde die Gastwirtschaft an die Katholische Deutsche Studentenverbindung Markomannia Würzburg veräußert. [7] Der Gastronomiebetrieb als Hutten'scher Felsenkeller wurde eingestellt. Die einstigen Gasträume des Wirtshauses im Obergeschoss wurden zum Kneipsaal (großer Saal), Fuchsenzimmer [8] und Billardzimmer umgewidmet, wie ein Bauplan von 1921 belegt. [9] Im gleichen Jahr wurde das Grundstück an die öffentliche Kanalisation angebunden. Das Gebäude gehörte bis 1932 der Studentenverbindung und war laut Franz Schaub „ein Mittelpunkt fröhlicher Geselligkeit“. [10] Der Kneipsaal der Studentenverbindung befand sich im ersten Stock des Hauptgebäudes und wurde 1920/1921 mit einer repräsentativen, fast schon etwas pompös anmutenden Dekoration (u.a. Kronleuchter, Wandmalereien) versehen. [11] Die Verbindung bezog letztlich die Villa Schwabacher in der Mergentheimer Straße 60, da die Räumlichkeiten in der Randersackerer Straße zu klein geworden waren.

Die katholische Pfarrgemeinde St. Adalbero übernahm im Anschluss das Areal des ehemaligen Hutten'schen Felsenkellers. In den Räumlichkeiten wurde das Pfarrheim eingerichtet. Beim Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 wurden die Gebäude mit Ausnahme des darunter befindlichen Felsenkellers komplett zerstört. [12] Es ist davon auszugehen, dass der Felsenkeller während der Luftangriffe auf Würzburg als Luftschutzkeller genutzt wurde. Allerdings liegen keine Überlieferungen vor, ob und wie viele Menschen sich beim Bombenangriff am 16. März im Keller aufhielten und überlebten. Nach dem 16. März 1945 standen im Süden des Grundstücks noch Mauerreste der Kegelbahn, zur Randersackerer Straße hin Reste der Außenmauer, unter anderem mit Torbogen und bogenförmigem Eingangstor zum Keller. Zentral stand in zweiter Reihe ein alter Bruchsteinbau, in dem zwei Ordensschwestern wohnten. [13]

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde zur Randersackerer Straße hin ein eingeschossiges Gebäude als behelfsmäßiger Kindergarten und Pfarrjugendheim errichtet. [13] Die Reste der früheren Außenmauer verblieben entlang der Randersackerer Straße. 1952 wurde das Pfarrjugendheim erweitert. Für 1954 ist der Bau dreier Autogaragen im Erdgeschoss an der Randersackerer Straße dokumentiert. 1956 wurde für den Kindergarten ein kleines Nebengebäude im rückwärtigen Bereich des Grundstücks geschaffen. Aus dem Jahr 1966 liegen detaillierte Pläne des Zivilschutzamtes vom Keller vor (siehe unten). In der ersten Hälfte der 1970er Jahre wurde der Behelfsbau abgerissen und der bis dato erhaltene Keller bei den Bauarbeiten für die Randersackerer Straße 21 und 21a komplett ausgeschachtet und damit zerstört. Um das Parterre der Nr. 21a auf die Höhe des Bauhorizonts zu bringen, mussten zwei Kellergeschosse vorgesehen werden. [13] Auch das Wohnhaus in zweiter Reihe, das im Kern von 1869 war, wurde im Zuge dessen abgerissen. Während die städtische Hochbauabteilung den Abriss des Gebäudes nicht gut hieß, positionierte sich das Denkmalamt klar für den Abbruch dieses Gebäudes. [14] Auf dem Areal entstanden letztlich die heute noch existenten Gebäude mit ihrer nüchternen Architektur. Bauherr und Eigentümer war die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft (heute: Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau).

Baubeschreibung der Kelleranlage

Die Kelleranlage unter der Gartenwirtschaft bestand aus mehreren unterschiedlich großen Gewölbekellern, die allesamt miteinander verbunden waren. Aus dem Grundriss von 1966 geht die erhebliche Dimension der gesamten Kelleranlage eindrucksvoll hervor. Teilweise lagen die Gewölbe mehr als vier Meter unter der Erdoberfläche, was sich auch im Sinne des Luftschutzes als gute Eigenschaft herausstellte. Sowohl das Mauerwerk, als auch die Gewölbe waren vollständig in Bruchsteinmauerwerk ausgeführt. Die Deckenhöhe lag in der Spitze bei 4,10 Meter, im Schnitt jedoch bei etwa drei Meter. Um in den unterirdischen Keller zu gelangen musste man insgesamt 26 Treppenstufen hinabsteigen. Das breiteste Kellergewölbe maß 5,90 Meter, das längste Gewölbe erstreckte sich über mehr als 22 Meter. Aus den Schnitten geht hervor, dass die Gewölbe über Luftschächte mit Sauerstoff versorgt wurden, mindestens ein Gewölbe verfügte über einen Aufzugschacht. Leider ist nicht näher überliefert, was in den Kellern in welchen Mengen eingelagert wurde. Es ist jedoch davon auszugehen, dass größere Mengen Bier (auch auswärtiges Bier!) und Wein bei stets konstanter Temperatur gelagert wurden.

Die Bezeichnung „Felsenkeller“ ist unter geologischen Gesichtspunkten eigentlich nicht richtig, da die Sanderau von den Sand- und Kiessedimenten des Mains geprägt war und ist. Der Keller wurde somit eher in den Sand gegraben, als in den Fels getrieben.

Pläne

vor 1945
nach 1945

Heutige Situation

Eine Muschelkalk-Bruchsteinmauer an der Grenze zum Nachbargrundstück ist heute ein letztes Zeugnis der Gartenwirtschaft Hutten'scher Felsenkeller. Die Steine sind noch von der früheren Mauer, wurden aber nach dem Zweiten Weltkrieg teilweise neu aufgebaut. [15]

Siehe auch

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. 1,0 1,1 1,2 Bauakte Nr. 3284, Stadtarchiv Würzburg
  2. Neuestes Adreß-Buch für Würzburg, königl. bayer. Universitäts- und Kreis-Hauptstadt von Unterfranken und Aschaffenburg, 1846.
  3. Recherche in den Würzburger Adressbüchern von 1859, 1862, 1872
  4. Zu Gast im alten Würzburg. Hugendubel Verlag, München 1993, S. 140
  5. Carl Heffner: Würzburg und seine Umgebungen, ein historisch-topographisches Handbuch. (Illustriert) Würzburg 1852, 2. verm. Aufl. 1871, S. 472.
  6. 6,0 6,1 Bauakte Nr. 3285, Stadtarchiv Würzburg
  7. Thomas Memminger: Würzburgs Straßen und Bauten. 2. Auflage, Gebrüder Memminger Verlagsbuchhandlung, Würzburg 1921, S. 309
  8. Ein Fuchs ist ein neues Mitglied einer Studentenverbindung.
  9. Bauakte von 1921, Stadtarchiv Würzburg
  10. Franz Schaub: Würzburg in alten Ansichten, Zaltbommel, Europäische Bibliothek 1990, S. 86
  11. Franz Schaub: Würzburg in alten Ansichten, Zaltbommel, Europäische Bibliothek 1990, S. 87
  12. In der Karte „Plan des zerstörten Würzburg“ des Stadtplanungsamtes ist der ehemalige Hutten'sche Felsenkeller als „Totalschaden“ vermerkt, siehe Schadenserhebung.
  13. 13,0 13,1 13,2 Zeitzeugenaussage Dr. Wolfgang Bühling, wohnhaft ab 1960 in der Arndtstraße.
  14. Bauakte Nr. 3286 (mit Foto vom Haus), Stadtarchiv Würzburg
  15. In der Ansichtskarte von 1912 oben kann man ganz links im Bild den Standort der Mauer noch erahnen. Zu sehen ist neben dem Kind noch der Radabweiser. In der Aufnahme von 1964 ist diese Mauer deutlich zu erkennen.

Kartenausschnitt

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