Fränkische Herzogswürde

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Güldene Freiheit, Urkunde Friedrichs Barbarossa von 1168 mit der Übertragung der Herzogswürde an den Würzburger Bischof Herold von Höchheim

Die fränkische Herzogswürde ist erst seit dem Spätmittelalter förmlich in der Verfassungsterminologie des römisch-deutschen Reiches verankert. In der wissenschaftlichen Forschung ist sie für die Zeit des Früh- und Hochmittelalters, für die nur wenige Quellenzeugnisse vorliegen, ein äußerst vielfältig diskutiertes Phänomen, mit dem sich zahlreiche führende Mediävisten beschäftigt haben. Im Ergebnis lässt sich pauschal festhalten, dass es ein weltliches Herzogtum Franken nie als dauerhafte Einrichtung gab, und dass die 1168 formell begründete Herzogswürde der Bischöfe von Würzburg keinen gesamtfränkischen Anspruch behaupten konnte. Erst die bayerischen Könige haben den in ihrem Nebentitel als Herzöge von Franken formulierten Herrschaftsanspruch in die politische Wirklichkeit umsetzen können.

Ansätze fränkischer Herzogsherrschaft im Früh- und Hochmittelalter bis zum 12. Jahrhundert

Anders als in Bayern, Schwaben und Sachsen gibt es vor dem 12. Jahrhundert kaum Zeugnisse für eine dauerhaft beanspruchte oder auch faktisch ausgeübte Herzogswürde im heute so bezeichneten Franken, dessen weiteste historische Erstreckung man naturräumlich durch die Höhenzüge von Odenwald, Spessart, Rhön, Thüringer und Frankenwald, Fränkischer Alb und Frankenhöhe sowie den Fluss Neckar umreißen kann.

Das Geschlecht der Hedene in Würzburg übte wohl zunächst im Auftrag der Merowinger seit dem zweiten Drittel des 7. Jahrhunderts eine Führungsposition in diesem Gebiet und dann auch in Thüringen aus. Ihr letzter Vertreter war Heden II., der 704 und 716 auch urkundlich bezeugt ist. Nach seinem – gescheiterten – Versuch, eine eigenständige Herzogsherrschaft zu etablieren, war das Gebiet um den Main fest in der Hand der Karolinger, die es durch adelige Amtsträger und den Aufbau kirchlicher Strukturen herrschaftlich durchdrangen.

Um die Wende zum 10. Jahrhundert wurde in diesem Gebiet ein Eigenbewusstsein erkennbar, dem man in der Forschung eine gewisse Analogie zur Ethnogenese der Bayern, Schwaben und Sachsen zuerkennt. Die Ansätze des Adelsgeschlechtes der Konradiner, ihre um 900 erworbene Führungsposition in Franken zu einer Herzogsherrschaft auszubauen, scheiterten jedoch. Der „Stammesführer“ der Franken Konrad wurde 911 selbst zum König gewählt (reg. 911-918); sein kinderloser Bruder Eberhard fiel 939 bei einem Aufstand gegen König Otto I. (reg. 936-973).

Im Kontext der ottonisch-salischen Kirchenpolitik wurde hingegen die herrschaftliche Rolle der Bischöfe von Würzburg stark aufgewertet, da diesen zahlreiche Herrschaftsrechte (Forst, Wildbann, Markt, Zoll, schließlich ganze Grafschaften) übertragen wurden. Um 1075 bezeichnete daher Adam von Bremen (gest. 1081) in seiner Hamburgischen Kirchengeschichte den Würzburger Bischof als einzigen Bischof des Reiches, der alle Grafschaften seiner Diözese innehabe und deshalb die Herzogswürde (Dukat) in seiner Provinz ausübe: „Solus erat Wirciburgensis episcopus, qui dicitur in episcopatu suo neminem habere consortem, ipse cum teneat omnes comitatus suae parrochiae, ducatum etiam provintiae gubernat episcopus.“ Freilich handelte es sich auch hier nur um eine Tendenzaussage; eine offizielle Titelführung ist nicht bezeugt. Zum Jahr 1116 berichtete der zeitgenössische Geschichtsschreiber Ekkehard von Aura (gest. 1125), dass dem Würzburger Bischof das Herzogtum Ostfranken (ducatus orientalis Franciae) entzogen und dieses dem Staufer Konrad (dt. König, reg. 1138-1152) übertragen worden sei. Doch in der Formulierung der Urkunde von 1120, mit der dem Würzburger Bischof seine Stellung zurückgegeben wurde, ist nur von einer richterlichen Würde (dignitas iudiciaria) in ganz Franken die Rede.

Die fränkische Herzogswürde der Würzburger Bischöfe

Fränkisches Herzogsschwert

Erst 1168 schrieb ein Rechtstext ein Herzogtum in Franken fest: Mit der sog. Güldenen Freiheit (MGH DD F I. Nr. 546), einer Urkunde mit Goldsiegel, begründete Kaiser Friedrich Barbarossa (reg. 1152-1190) ein Herzogtum Würzburg (ducatus Wirzeburgensis). Die Beschränkung auf Würzburg ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass die auf ganz Franken bezogenen Würzburger Ansprüche, die durch entsprechend formulierte Urkundenfälschungen untermauert worden waren, auf Widerstand stießen, insbesondere beim erst 1007 gegründeten Bistum Bamberg. Die terminologische Einschränkung hatte vor allem räumliche Auswirkungen: Das Herzogtum des Würzburger Bischofs sollte (nur) so weit reichen wie sein Bistum, also sein kirchlicher Amtssprengel, der große Teile Frankens umfasste. Diese räumliche Identität von Diözese und Herzogtum wurde in der Tendenz auch andernorts angestrebt, aber nur in Würzburg formalrechtlich umgesetzt. Auf diesen Umstand bezog sich wohl der seit etwa 1200 überlieferte Spruch: „Herbipolis sola / iudicat ense [et] stola“ (Würzburg allein richtet [zugleich] mit dem [weltlichen] Schwert und der [geistlichen] Stola).

Aber selbst in diesem Raum waren die Würzburger Ansprüche nicht vollständig durchsetzbar. Im späten 13. Jahrhundert wurden sie zunehmend von Fürsten und Adeligen angefochten, die in der Diözese Würzburg begütert waren. Als Reaktion darauf entstanden schließlich die ersten urkundlichen Zeugnisse eines institutionalisierten Herzogtums Franken: seit 1309 in vielen Dokumenten als Anspruch des Würzburger Bischofs, 1346/47 in Form königlicher Privilegien. Erst seit dieser Zeit gibt es in der urkundlichen Überlieferung einen kontinuierlichen Rekurs auf das Herzogtum Franken (ducatus Franciae orientalis), das räumlich – wie 1168 vorgesehen – auf die kirchlichen Grenzen der Diözese Würzburg bezogen und sachlich zur Untermauerung fürstlicher Herrschaftsansprüche eingesetzt wurde.

Nachdem ab 1440 Markgraf Albrecht Achilles von Brandenburg-Ansbach (reg. 1440-1486) eine aggressive Territorialpolitik gegen Würzburg begonnen hatte, nahmen die Würzburger Bischöfe ab 1446 die feste Wendung „Herzog zu Franken“ bzw. „Franciae orientalis dux“ bis zum Ende des Alten Reiches in ihre Titulatur auf. Diesen Anspruch lehnten vor allem ihre Standeskollegen immer grundsätzlicher ab. 1521 beschwerten sich sieben Reichsfürsten anlässlich der Belehnung des Würzburger Bischofs über diese Beeinträchtigung ihrer Stellung in ihren fränkischen Herrschaftsgebieten. Sie konnten den kritisierten Vorgang zwar nicht verhindern, erreichten aber eine förmliche Erklärung des Kaisers, dass der fränkische Herzogstitel ihre Rechte in keiner Weise beeinträchtigen solle.

Gleichwohl blieb der fränkische Herzogstitel ein häufig und prominent eingesetztes Würzburger Propagandamittel, besonders aufwendig umgesetzt im Kaisersaal der im 18. Jahrhundert glanzvoll aufgebauten Würzburger Residenz. Das symbolische Potential dieser Titelführung kam dabei immer wieder zum Vorschein - so bei der schwedischen Besetzung des Hochstifts Würzburg, in dem 1643/44 Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar (1604-1639) als Herzog von Franken regierte.

Die fränkische Herzogswürde als Symbol fränkischer Identität im 19. und 20. Jahrhundert

Bereits im Januar 1803 nahm der bayerische Kurfürst den Titel „Herzog von Franken“ in seine Titulatur auf, um seine Gebietsansprüche im Gefolge der Säkularisation zu untermauern. Dies löste sofort Proteste aus den zollerischen Markgraftümern Ansbach und Bayreuth aus. In der Rechtsnachfolge der Würzburger Bischöfe war diese Titelführung freilich korrekt.

Im Gegensatz zur Zeit des Alten Reiches wurde sie schließlich in allen fränkischen Landesteilen Bayerns integrativ verstanden. So konnten sich die beiden wichtigsten Symbole der fränkischen Herzogswürde – das Wappenzeichen des würzburgischen Rechens (heute allgemein: „fränkischer Rechen“) und das Würzburger Herzogsschwert (heute allgemein: „fränkisches Herzogsschwert“) als bedeutende Identifikationspunkte in allen fränkischen Regierungsbezirken etablieren. Und bis heute wird der Titel des „Herzogs von Franken“ vom Chef des Hauses Wittelsbach geführt.

Siehe auch

Quellen

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