Matthäus Schiestl d.Ä.
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Matthäus Schiestl, der Ältere (* 5. August 1834 in Obergreider/Tirol; † 11. März 1915 in Lohr-Sendelbach) war Vater der Künstlerfamilie Schiestl und Holzschnitzer mit einer Werkstatt in Würzburg.
Leben und Wirken
Jugend und Lehrjahre
Matthäus Schiestl d.Ä. kam 1834 in Obergreider am Schwendberg bei Hippach im Zillertal als Sohn des Peter Schiestl und seiner Frau Anna, geborene Brandacher (vom Sporerhof im Gschwend, einem Bergbauernhof am Schwendberg-Sidantal), auf die Welt. Es war einer der Tiroler Bauernhöfe, die entlang des oberen Zillertales zwischen Zell und Mayrhofen an den steilen Hängen zerstreut sind. Eigentlich hätte er den Hof übernehmen sollen, wie es Brauch war, aber das Schnitzen, von vielen Tirolern als Liebhaberei empfunden, wurde ihm zum Beruf. Seine Eltern schickten ihn, nachdem der als Erstgeborener auf den Hof verzichtet hatte, nach Kufstein in die Holzschnitzerlehre. Nachdem er ausgelernt hatte, trat er in eine Münchner Werkstatt ein. Da ihm aber die Serienarbeit nicht lag, kehrte er ins Zillertal zurück. Dort heiratete er Maria Adamer, eine Bauerntochter zum Korn in Unterlangkampfen bei Kufstein, die am 23. Februar 1867 ihren ersten Sohn Heinrich, genannt Heinz gebar.
Weg nach Würzburg
1868 zog Mattäus mit seiner Familie nach Gnigl bei Salzburg, weil im Zillertal aufgrund der vielen Laienschnitzer Holzfiguren kaum abzusetzen waren. Salzburg hatte mit seinen zahlreichen Stiften und Klöstern mehr Bedarf an Kruzifixen und Heiligenfiguren. Dort wurde er durch den Kunst- und Verlagsbuchhändler Leo Woerl, der eine „Anstalt für religiöse Kunst” in Würzburg gegründet hatte, entdeckt. Er überredete den Bildschnitzer nach Würzburg umzuziehen und für ihn allein tätig zu werden. 1873 zog die Familie Schiestl, um den vierjährigen Matthäus d.J. vermehrt, nach Würzburg, wo er eine Bildhauerwerkstätte in der Oberen Johannitergasse 11 und am Johanniterplatz 4 eine Wohnung fand.
Bald zeigte sich, dass Leo Woerl zwar für seine Stadt- und Reiseführer Kunden fand, die Figuren Schiestls aber zu wenig absetzen konnte. Dies resultierte daraus, das Matthäus d.Ä. seine Vorbilder ausschließlich in der deutschen Gotik suchte, zu dieser Zeit aber noch die barocken Formen beliebt waren. Um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können, restaurierte er schadhafte Kunstwerke und kopierte auf Bestellung Figuren spätgotischer Meister. Erst allmählich bildete sich ein Freundeskreis, die bei ihm Apostel und Heilige bestellten, die dem Künstler mit seiner kräftigen Gestalt und seinem Vollbart alle irgendwie ähnlich waren.
Alle drei Söhne, 1878 war Rudolf geboren worden, waren nach sieben Klassen in der Peterschule in die Werkstätte des Vaters eingetreten, der den Umgang mit Holz für den Grundstock jeglicher künstlerischer Betätigung erachtete. Obwohl Matthäus d.J. und Rudolf Maler wurden, hielten sie die Schnitzerlehre für wichtig.
Letzte Ruhestätte
Am 11. März 1915 ist Matthäus Schiestl d.Ä. bei seiner einzigen Tochter in Lohr-Sendelbach verstorben und wurde auf dem dortigen Friedhof beigesetzt. Auf dem Grabstein der Familie Schiestl im Würzburger Hauptfriedhof wird seiner gedacht.
Werke
- Holzrelief „Heilige Familie“ in der katholischen Pfarrkirche St. Vitus in Veitshöchheim (1894)
- Marienaltar und Skulptur Johannes der Täufer in der katholischen Pfarrkirche St. Peter und Paul in Rimpar (1894)
- Neugotischer Hochaltar in der Burkarder Kirche (Gemeinsam mit seinem Sohn Heinz Schiestl schnitzte er die Figuren.) (1895)
- Seitenaltäre in der katholischen Pfarrkirche St. Laurentius in Lengfeld (1897; gemeinsam mit seinem Sohn Heinz Schiestl)
- Skulpturen des Hl. Aloysius und Wendelin in der kath. Pfarrkirche St. Peter und Paul im Giebelstadter Ortsteil Eßfeld (um 1900; gemeinsam mit seinem Sohn Heinz Schiestl)
Siehe auch
Quellen und Literatur
- Hanswernfried Muth/Karl Heinz Schreyl: Die Brüder Schiestl - Eine Künstlerfamilie aus Franken. Mainfränkische Hefte Nr. 68, Würzburg 1977
- Werner Dettelbacher: Meister Heinz Schiestl - ein Würzburger Bildhauer. Verlag Ingrid Beck, Würzburg 1990