Felsenkelleranlagen im Schlossberg

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Felsenkelleranlagen im Schlossberg, östlicher Verbindungsgang, links im Bild Zugang zum Fluchtstollen (© Dr. Wolfgang Bühling)
Felsenkelleranlagen im Schlossberg, Eingangsbereich, darüber Lüftungsöffnung (© Dr. Wolfgang Bühling)

Die Felsenkelleranlagen im Schlossberg sind ein Baudenkmal im Stadtbezirk Altstadt, Stadtteil Mainviertel.

Lage

Die Anlagen befinden sich im Osthang des Marienberges unterhalb der Festung Marienberg hinter dem mehrteiligen Gebäudekomplex Zeller Straße 3b. Der Zugang zu den Kellern befindet sich am Parkhaus Alte Mainbrücke. Ein Notausgang der Felsenkeller endete einst oberhalb der Tellsteige im Hangbereich zwischen der Straße zum Neutor und der östlich davon befindlichen Treppenanlage.

Geschichte

Die Felsenkelleranlagen im Schlossberg blicken auf eine über 290-jährige Geschichte zurück: Rechnungen aus den 1720er Jahren belegen, dass man zunächst die Absicht verfolgte, ein neues Pulvermagazin in den Muschelkalkfels zu schlagen. So finden sich in den Würzburger Fortifikationsbaurechnungen [1] am 15. April 1725 erstmals Abrechnungsposten für Tagelöhner, die an dem „Neuen Pulvermagazin beym Waschhaus“ eingesetzt waren. Da in den Rechnungen nur Tagelöhner gelistet sind, ist anzunehmen, dass in diesem Zeitraum hauptsächlich der arbeitsintensive Ausbau der Stollen durch den Muschelkalk erfolgte. Maurerarbeiten sind zu diesem Zeitpunkt nicht dokumentiert, so dass davon auszugehen ist, dass das Gewölbe erst später eingezogen wurde. [2] Über die Beweggründe für den Bau des Pulvermagazins in den Festungsberg lässt sich heute nur spekulieren. Denkbar wäre, dass man 1680 nach der Explosion der Pulvermühle Karthäusermühle einen sichereren, geschützten Lagerplatz schaffen wollte, da dieses Unglück im bebauten Gebiet erheblichen Schaden angerichtet hatte. Zumal die Keller im Schlossberg einen guten Schutz vor feindlichen Artilleriebeschuss boten. Ein Protokoll der Sitzung der Würzburger Hofkammer (verantwortlich für die zentrale Verwaltung der Güter und Einkünfte des Hochstifts) vom 31. August 1728 zeigt, dass die Arbeiten rund um das neue Pulvermagazin ein sehr zeitintensives Unterfangen waren. [3] Reskripte des Kammerrats Georg Joseph Herzing vom 31. Juli 1751 belegen, dass das bis dato geplante Pulvermagazin auch 23 Jahre später noch nicht vollständig fertiggestellt war und die Keller zu diesem Zeitpunkt bereits für eine zivile Nutzung als Bierkeller vorgeschlagen wurden bzw. möglicherweise schon als Bierkeller genutzt wurden (siehe nächster Abschnitt). Dokumentiert ist ferner, dass das ausgemauerte Gewölbe zu diesem Zeitpunkt zumindest teilweise fertiggestellt war. [3] Für die Abkehr von der geplanten militärischen Indienststellung als Pulvermagazin könnten einerseits die Probleme mit Feuchtigkeit (eindringendes Wasser, hohe Luftfeuchtigkeit), andererseits aber auch eine geänderte politische Haltung des regierenden Fürstbischofs Friedrich Karl von Schönborn gegenüber militärischen Bestrebungen geführt haben. Mit Wassereinbrüchen müssten die Planer der Felsenkelleranlage allerdings durchaus gerechnet haben, da sich am Fuße des Osthangs auch seit jeher die Quellstollen der Festung Marienberg befunden haben. [4]

Die Geschichte der Felsenkelleranlagen im Schlossberg steht in engem Kontext mit der geschichtlichen Entwicklung des Areals vor den Felsenkellern an der Tellsteige: So stand dort bis 1736 mit einem T-förmigen Grundriss das fürstliche Waschhaus. [5] Am 4. April 1936 erteilte Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn dem Baumeister Balthasar Neumann den Auftrag, das Waschhaus zu einem fürstbischöflichen Brauhaus umzubauen. Dies dokumentiert eine Notiz des Fürstbischofs am Rande eines Hofkammergutachtens. Die Arbeiten wurden im Februar des Folgejahres abgeschlossen. [6] Während aus den oben aufgeführten Reskripten des Kammerrats Georg Joseph Herzing nicht eindeutig hervorgeht, ob die Felsenkeller 1751 bereits als Bierkeller genutzt wurden, schreibt Josef Friedrich Abert: „Und man hatte tatsächlich bereits 1737 in dem Felsenkeller am Festungsberg 47 Fuder braunes Lagerbier bergen können. Im Frühjahr wurde durch Neumann ein Vorkeller für den Tagesbedarf eingerichtet und abgeteilt, damit die großen Keller nicht geöffnet werden mussten und dadurch zuviel Wärme von außen erhielten.[6] In den folgenden Jahrzehnten wurde das Brauhaus im Mainviertel erweitert und ab 1739 als gewinnbringende Einnahmequelle verpachtet. Am 1. Juli 1863 wurde das Brauhaus an den Bierbrauer Matthias Mäx verkauft. Am 15. Juli 1866 wurden die Keller kurzfristig vom Festungskommandant General von Steinsdorff zur Unterbringung von Heu- und Futtervorräten für das Heer beschlagnahmt. 1876 zog die Brauerei an den heutigen Standort an der Höchberger Straße um. Die Felsenkeller dienten fortan bis ca. 1940 als Lager der Mälzerei des Würzburger Hofbräu. [7]

Während des Zweiten Weltkrieges - insbesondere beim Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 - boten die ehemaligen Brauereikeller den Bürgern auf der linken Mainseite Schutz bei Luftangriffen. Von der Nutzung als Luftschutzkeller zeugen sowohl zahlreiche mündliche Überlieferungen von Zeitzeugen, aber auch Unterlagen des Zivilschutzamtes Würzburg, dem heutigen Amt für Zivil- und Brandschutz. [8] Demnach wurden die Felsenkeller mit Wirkung vom 1. Juni 1940 an den Reichsfiskus vermietet und provisorische Umbaumaßnahmen zum Luftschutzkeller vollzogen: [9]

  • Das östliche Eingangsportal wurde mit Ziegelsteinen so abgemauert, dass eine geschützte Schleuse mit zwei Durchgängen entstand, die die Druckwellen der Bomben abfing (Gasschleuse bzw. Druckschleuse).
  • Im östlichen Teil des zweiten Stollens wurden mit Ziegelsteinen kleinere Räume abgemauert. Möglicherweise für sanitäre Zwecke.
  • Vom westlichen Teil der Felsenkelleranlage wurde durch Kriegsgefangene ein 68,5 Meter langer Fluchtstollen in den Berg getrieben, der einst im Norden an der Tellsteige zwischen der Straße und der Treppenanlage zum Neutor endete. Der Fluchtstollen war etwa in der Hälfte seiner Länge mit einer weiteren Schleuse versehen.
  • Die Wände erhielten für eine bessere Orientierung der Schutzsuchenden teilweise Anstriche in weißer fluoreszierender Farbe.

Während des Bombenangriffs auf Würzburg am 16. März 1945 fanden mehrere Hundert Personen in den Felsenkellern Schutz und überlebten so die Angriffe. Dabei bewährte sich der Fluchtstollen, da der östliche Haupteingang durch Trümmer verschüttet war. [10]

In der Nachkriegszeit wurden in der Felsenkelleranlage Notwohnungen eingerichtet. In den 1950er Jahren wurde der Fluchtstollen auf Betreiben der Bayerischen Schlösserverwaltung an seinem nördlichen Ende verfüllt, um ein unbefugtes Betreten zu verhindern. 1962 gab es Bemühungen, die Keller als Jugendheim für die neugegründete Würzburger Gruppe des Deutschen Pfadfinderbundes zu nutzen - diese Bestrebungen mussten jedoch im Folgejahr schon eingestellt werden. Vom 25. Januar 1963 bis 1. April 1993 wurden die Keller dem Zivilschutz zugeordnet. Bauliche Veränderungen wurden in den Kellern seitdem nicht mehr vorgenommen. [4] Die Keller waren lange Zeit vom Parkhaus aus offen zugänglich und wurden stark mit Graffiti und Müll verunreinigt. Ende der 1990er Jahre wurde vor dem Eingangsbereich der heutige mehrteilige Gebäudekomplex „Am Spitäle“ errichtet. Aktuell sind die Keller nicht mehr öffentlich zugänglich und werden stattdessen von zahlreichen Fledermäusen bewohnt. [11]

Baubeschreibung

In der Liste der Baudenkmäler in Würzburg lautet die Beschreibung:

„Felsenkelleranlagen im Schlossberg, ehem. Pulvermagazin von 1725-29, dann Braukeller, im 2. Weltkrieg Luftschutzkeller, vierflügelige rundbogig gewölbte Stollen.“

Eine ausführliche Baubeschreibung enthält die unten aufgeführte Veröffentlichung von Dr. Wolfgang Bühling, der sich intensiv mit der Felsenkelleranlage auseinandergesetzt hat und auch auf Erkenntnisse einer Höhlenforschergruppe zurückgreift: [12]

„„Der Keller selbst besteht aus zwei, in etwa westlicher Richtung in den Schloßberg vorgetriebenen Parallelstollen, die durch zwei Strecken miteinander verbunden sind. Stollen und Strecken sind mit Tonnengewölben aus Naturstein ausgemauert und weiß gekalkt. Der Boden ist mit Solnhofener Platten belegt. Die Gewölbewände weisen vom Boden bis in 50 cm Höhe einen umlaufenden, schmalen Vorsprung auf, der an seiner Oberkante mit einer Rinne versehen ist. Größere Teile der Gewölbeflächen sind mit stark verrosteten Eisenhaken im Abstand von 20 bis 60 cm versehen. Die äußere Wand der westlichen Strecke weist einen Durchbruch auf, von dem ein Stollen zunächst circa 7 m nach Westen, dann etwa 70 m nach Nordwesten führt. Auf halber Strecke findet sich eine Erweiterung, die mit Ziegelsteinausbauten versehen ist. [13] Von hier an ist der Gang mit Backsteinen verkleidet und endet nach weiteren 30 bis 35 m in einer Verschüttung. Zwischen der Oberseite der Gewölbe und dem darüber anstehenden Gebirge befindet sich ein Hohlraum von ca. 0,9 bis 2,0 m Höhe, der eine Art oberes Stockwerk bildet und durch Lüftungsschächte mit dem Keller verbunden ist. Auf Gewölbedecke liegt Versturzmaterial, von dem ein Teil durch die Schächte in den Keller gefallen ist. Diese Lüftungsetage besitzt über den Stollenenden gemauerte Durchbrüche ins Freie. [14]

Pläne

Das fürstbischöfliche Brauhausgelände an der Tellsteige (Mainviertel) auf einem Situationsplan ca. 1882. Mit Modifizierung von Dr. Wolfgang Bühling. Der Situationsplan zeigt das Brauhausgelände bestehend aus:

Die nachfolgenden Pläne des Zivilschutzamtes Würzburg (heute: Amt für Zivil- und Brandschutz) zeigen die Felsenkelleranlagen in den 1940er Jahren in ihrer Funktion als Luftschutzkeller. Im ursprünglichen Dokument sind der Grundriss und die Schnitte alle auf einem Blatt zusammengefasst. Zu Gunsten einer besseren Übersichtlichkeit wurden diese nachträglich freigestellt und sind hier für sich aufgeführt:

Siehe auch

Quellen und Literatur

Weblinks

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Rechnungen für den Bau von Befestigungsanlagen
  2. Staatsarchiv Würzburg: Fortifikationsbaurechnungen 32169 bis 32172
  3. 3,0 3,1 Wolfgang Bühling: Pulvermagazin, Brauhauskeller, Luftschutzraum. Aus der Geschichte des Felsenkellers im Schloßberg zu Würzburg. In: Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst 47/1995, Würzburg, 1995, S. 208/209.
  4. 4,0 4,1 Wolfgang Bühling: Pulvermagazin, Brauhauskeller, Luftschutzraum. Aus der Geschichte des Felsenkellers im Schloßberg zu Würzburg. In: Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst 47/1995, Würzburg, 1995, S. 213/214.
  5. Kriegsarchiv München, Plansammlung, Würzburg Nr. 285: Kopie des Neumann-Planes von 1715 durch Josef Fischer (1775) - das Original ist verschollen.
  6. 6,0 6,1 Josef Friedrich Abert: Geschichte des Hofbrauhauses Würzburg. In: Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst 6/1954, Würzburg, 1954, S. 184/185.
  7. Josef Friedrich Abert: Geschichte des Hofbrauhauses Würzburg. In: Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst 6/1954, Würzburg, 1954, S. 199/200.
  8. Stadt Würzburg Amt für Zivil- und Brandschutz: Akte Felsenkeller Tellsteige.
  9. Wolfgang Bühling: Pulvermagazin, Brauhauskeller, Luftschutzraum. Aus der Geschichte des Felsenkellers im Schloßberg zu Würzburg. In: Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst 47/1995, Würzburg, 1995, S. 211.
  10. Main-Post: Festung in Flammen: Kaspar Bader berichtet über die Löscharbeiten 1945 (Leserbeitrag)
  11. Auskunft der Bayerischen Schlösserverwaltung, Schloss- und Gartenverwaltung Würzburg, 19. November 2019.
  12. Wolfgang Bühling: Pulvermagazin, Brauhauskeller, Luftschutzraum. Aus der Geschichte des Felsenkellers im Schloßberg zu Würzburg. In: Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst 47/1995, Würzburg, 1995, S. 203.
  13. In diesen Bereich befand sich eine Schleuse der Luftschutzkeller.
  14. Bei den Luftangriffen wurden diese Öffnungen mit massiven Eisenklappen verschlossen.

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