Albert Boßlet
Dies ist die bestätigte sowie die neueste Version dieser Seite.
Prof. e.h.Albert Boßlet (* 23. Januar 1880 in Frankenthal (Pfalz); † 28. Oktober 1957 in Würzburg) war ein deutscher Architekt. Stilistisch gilt er als Vertreter der so genannten Heimatschutz-Bewegung [1], trat vor allem auf dem Gebiet des katholischen Kirchenbaus hervor und schuf allein bis zum Zweiten Weltkrieg annähernd 100 katholische Kirchen.
Leben und Wirken
Nach dem Abitur am Humanistischen Gymnasium absolvierte Albert Boßlet ein zweijähriges Volontariat im Architekturbüro Wilhelm Schulte sen. in Neustadt an der Haardt. Von 1901 bis 1903 studierte er Architektur am privaten Technikum in Neustrelitz in Mecklenburg. Nach verschiedenen Stationen als Mitarbeiter in namhaften Architekturbüros in Köln, Saarbrücken und Stuttgart ließ er sich 1909 in Landau (Pfalz) als selbstständiger Architekt nieder.
Der Erste Weltkrieg unterbrach Boßlets Karriere als Architekt. 1915 wurde er als Ingenieur zum Generalstab der Pioniere einberufen. Nach dem Ersten Weltkrieg arbeitete Boßlet von 1919 bis 1925 als Referent für Wohnungsbau im bayerischen Innenministerium in München, zuletzt im Rang eines Landesbaurats. Im Rahmen dieser Tätigkeit machte er sich Anfang der 1920er Jahre beim Wiederaufbau des durch eine Explosion im Werk der BASF zerstörten Oppau einen Namen. Die Bayerische Staatsregierung ernannte Boßlet 1928 zum Professor. Der Titel wurde ehrenhalber verliehen und war nicht mit dem Ruf an eine Hochschule verbunden.
Ab 1925 übte er dann seinen Beruf wieder in selbstständiger Tätigkeit aus, zunächst in München und ab 1929 in Würzburg. In den Jahren 1935 bis 1937 arbeitete er wieder in Landau. Nach Kriegsende gründete er im Oktober 1945 in Würzburg zusammen mit seinem Neffen Erwin van Aaken eine Arbeitsgemeinschaft im neuen Büro in der Greisingstraße 7.
Albert Boßlet errichtete mehr als 100 Kirchen. Zahlreiche weitere Entwürfe wurden nicht ausgeführt. Das Wirken des Architekten blieb im Wesentlichen auf Süddeutschland beschränkt. Die meisten seiner Bauten finden sich in den Diözesen Speyer, Würzburg und Regensburg. In Speyer fand Boßlet in Bischof Ludwig Sebastian (1917 – 1943) einen wichtigen Förderer. Einige Spätwerke des Architekten entstanden in der Erzdiözese Freiburg. Boßlet plante außerdem Klöster, Krankenhäuser, Schulen und Wohnhäuser.
Bauten (Auswahl)
- 1910: katholische Pfarrkirche/Kapelle in Ramsen (Pfalz)
- 1913: katholische Pfarrkirche in Ballweiler
- 1913: katholische Pfarrkirche in Wackersdorf (Oberpfalz)
- 1927: Pfarrkirche St. Laurentius in Schifferstadt
- um 1927: Pfarrkirche St. Mariae Immaculata in Ludwigshafen am Rhein (in Zusammenarbeit mit Karl Lochner)
- 1928: Säuglingsheim in der Henlestraße
- 1927-1928: Studienkolleg St. Benedikt
- 1927-1928: Herz-Jesu-Kirche und Mariannhiller Pius-Seminar (Priesterseminar) in Würzburg, Mariannhillstraße/Salvatorstraße
- 1927-1929: Krankenhauskirche St. Pius V. in Regensburg
- 1928-1929: Pfarrkirche St. Hildegard in St. Ingbert
- 1929: Pfarrkirche Zum Heiligsten Herzen Jesu (Herz-Jesu-Kirche) in Aschaffenburg, Saarstraße 2
- 1931: Pfarrkirche der Unbefleckten Empfängnis Mariens in Weselberg (Pfalz)
- 1931-1933: Pfarrkirche Christus König in Hauenstein (Pfalz)
- 1933-1936: Pfarrkirche St. Ludwig in Frankenthal (Pfalz), Wormser Straße 43
- 1935: Erweiterung der Seminarkirche St. Ludwig in Speyer, Große Greifengasse 11 (in Zusammenarbeit mit Ludwig Ihm)
- 1935-1938: Abteikirche Münsterschwarzach in Schwarzach am Main
- 1936-1937: Pfarrkirche Unsere Liebe Frau in Würzburg, Frauenlandplatz 1
- 1937-1939: Pfarrkirche St. Josef in Neidenfels
- 1949-1950: Heilig-Kreuz-Kirche in Zweibrücken, Wiederaufbau der kriegszerstörten Kirche
- 1950-1952: Pfarrkirche und ehemalige Wallfahrtskirche Herz Mariä in Elmstein
- 1951-1952: Pfarrkirche St. Bonifatius in Düren
- 1951-1953: Pfarrkirche St. Josef der Bräutigam in Giebelstadt (in Zusammenarbeit mit Erwin van Aaken)
- 1955: Pfarrkirche St. Kilian in Unterschüpf (Baden)
- 1956-1957: Pfarrkirche St. Maria in Fulda (in Zusammenarbeit mit Erwin van Aaken)
- 1957: Herz-Jesu-Kirche in (Weinheim-) Oberflockenbach
- 1958: Herz-Jesu-Kirche in Baden-Baden-Varnhalt
Ehrungen und Auszeichnungen
Posthume Würdigung
Oberbürgermeister Helmuth Zimmerer ehrte ihn durch Benennung der Boßletstraße im Stadtbezirk Frauenland.
Letzte Ruhestätte
Seine letzte Ruhestätte fand Albert Boßlet auf dem Würzburger Hauptfriedhof.
Siehe auch
Quellen und Literatur
- Holger Brülls: Neue Dome. Berlin, München, 1994.
- Ulrich Coenen: Die katholische Pfarrkirche Herz-Jesu im Baden-Badener Stadtteil Varnhalt. Ein Spätwerk von Albert Boßlet. In: Die Ortenau. Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden 88 (2008), S. 355–364.
- Clemens Jöckle: Albert Boßlet (1880–1957). Ein Kirchenbaumeister zwischen Historismus und Moderne. In: Jahrbuch des Vereins für Christliche Kunst in München, 19. Bd. (1993), S. 542–617.
- Barbara Kahle: Deutsche Kirchenbaukunst des 20. Jahrhunderts. Darmstadt, 1990.
- Hugo Schnell: Albert Boßlet. Ein fränkischer Kirchenbaumeister. In: Das Münster 3 (1950), S. 86–89.
- Hugo Schnell: Der Kirchenbau des 20. Jahrhunderts in Deutschland. München, Zürich, 1973.
Weblinks
- Barnabas Stephan: Albert Boßlet und der Mönchberg. in: Der Mönchberg in Würzburg 1927 -1928. Mariannhill und das Missionsärztliche Institut
- Albert Boßlet bei archINFORM
Anmerkungen
- ↑ Die Heimatbewegung, auch Heimatschutzbewegung, war eine Bewegung gegen Ende des 19. Jahrhunderts, deren Ziel die Stärkung nationaler Identität war und die schließlich in die Gründung zahlreicher regionaler Heimatvereine, Trachtenvereine, Geschichtsvereine und Volkskunstvereine und der Bewegung der Wandervögel mündete. Spezifisch für die Heimatbewegung war die starke Romantisierung und Idealisierung von Natur, die Fiktion eines „unverdorbenen Landlebens“ sowie ihre Zivilisationskritik an der industriellen Revolution sowie den damit einhergehenden Verarmungs- und Verstädterungsprozessen. In einer völkischen Deutung wurden im Begriff Heimat deutsche „Kultur“ mit deutscher „Natur“ verbunden. Vertreter eines „völkischen Heimatschutzes“ hielten „germanisches Wesen“ und das „lateinische Christentum“ für „unabsehbare Gegensatze“ und forderten unter anderem eine Germanisierung des Christentums oder einen Rückgriff auf einen rekonstruierten vorchristlichen „Volksglauben“ (Neopaganismus). Heimatschutz wurde als Grundlage einer „unverwechselbare[n] völkische[n] Eigenart und Überlebensfähigkeit“ interpretiert, womit oft die Betonung völkischer Überlegenheit verbunden war. Der Heimatbegiff wurde schließlich von der NSDAP aufgegriffen und in ihren Dienst gestellt.