Zuchthaus (Burkarderstraße)

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Kgl. Staatserziehungsanstalt, vor 1909 Zuchthaus
Zuchthaus um 1900
Zuchthaus Burkarderstraße, Aufriss 1818

Das Zuchthaus im Mainviertel wurde zwischen 1761 und 1765 von Johann Michael Fischer errichtet.

Geschichte

Das Gebäude entstand auf dem früheren Burkarder Kirchhof. 1787 wurde der ursprünglich von Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim als „Kaserne der fürstbischöflichen Leibgarde zu Pferde“ gedachte Bau in der Burkarderstraße zum Zuchthaus „für Missethäter beyderley Geschlechts“ umgebaut, war also „einzig und allein für schwere Verbrecher“ bestimmt. Die Einrichtung des Zuchthauses am Burkarder Tor wurde von einigen Domherren als zu streng empfunden, diese Meinung scheint Franz Ludwig nicht geteilt zu haben. Das Strafarbeitshaus in der Juliuspromenade beherbergte nun nur noch „weibliche Sträflinge protestantischer und jüdischer Religion“.

1842 wurde das Zuchthaus aufgehoben und das Gebäude von der Militärverpflegungskommission benützt. 1849 diente es zur Unterbringung von Militärsträflingen. 1857 wurden die bis zu diesem Zeitpunkt im Strafarbeitshaus befindlichen weiblichen Sträflinge hierher verlegt. 1909 wurde das Zuchthaus nach Aichach verlegt.

Nach einer Ministerialverfügung vom 4. Januar 1909 wurden die Gebäude zur Errichtung einer Staatserziehungsanstalt bestimmt, und zwar in erster Linie für solche Zwangszöglinge, die in Privatanstalten überhaupt nicht oder nur schwer Aufnahme fanden.

Baubeschreibung

Der Aufriss von 1818 zeigt ein zweigeschossiges Barockgebäude mit einer Abfolge von sechs, in beiden Geschossen risalitartig betonten Fensterachsen. Die Fenster des Erdgeschosses sind hochliegend. Abgerundete Ecklisenen betonen die Gebäudekanten. Im Mansarddach befinden sich drei Dachgauben. Die Hoffassaden, durch eine Mauer zur Straße abgeschlossen, sind ähnlich proportioniert und gestaltet. In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Gebäude um ein Geschoss aufgestockt.

Nach Angaben von Carl Gottfried Scharold gab es im Inneren eine strikte räumliche Trennung der männlichen und weiblichen Insassen. So befand sich 1836 etwa 80 männliche Gefangene im Erdgeschoss, wo es einen beheizbaren straßenseitigen Arbeitssaal hinter hochliegenden Fenstern gab; weiterhin einen Speisesaal und 16 gewölbte Zellenräume („Kustodien“ [1]), die sich in die Tiefe des Baus erstreckten. Im 1. Stock lagen neben der Wohnung des Inspektors fünf weitere Kustodien, jede mit 4 Mann belegt und ein zweiter Arbeitssaal mit zehn Leinwand-Webstühlen, welche zwölf männliche Sträflinge beschäftigten. Die 36 weiblichen Gefangenen arbeiteten und schliefen in größeren Räumen im Mansardgeschoss. Dort befand sich laut Scharold auch die „allgemeine Koch- und Speise-Anstalt“. Im rückseitigen Flügel schloss sich die männliche Krankenpflege an und im Erdgeschoss die Hauskapelle, worin unten die männlichen und oben die weiblichen Sträflinge an Sonn- und Feiertagen dem Gottesdienst und Religionsunterricht beiwohnten, ohne einander sehen zu können.

Da die Verhältnisse sehr beengt waren, forderte die großherzogliche Landesregierung bereits seit 1806 eine Erweiterung des Zuchthauses in der alten Kaserne. Der Erweiterungsbau wurde allerdings erst 20 Jahre später, Mitte 1828, fertiggestellt.

Heutige Nutzung

In dem Gebäude befindet sich heute die Jugendherberge.

Siehe auch

Quellen und Literatur

  • Antje Hansen und Suse Schmuck: Das ehemalige Zuchthaus von Peter Speeth. Hefte für Würzburg 6, Heiner-Reitberger-Stiftung (Hrsg.), Würzburg 2017, S. 10 f. (Stadtbücherei Würzburg Drk 1 Han)
  • Jörg Lusin: Würzburg, wie es früher war. Band 1. Mainpresse Zeitungsverlagsgesellschaft mbH & Co, Würzburg 1999, S. 19 ff.
  • Thomas Memminger: Würzburgs Straßen und Bauten. 3. Auflage, Gebrüder Memminger Verlagsbuchhandlung, Würzburg 1923, S. 70 (Stadtbücherei Würzburg Dek 4 Mem)
  • Carl Gottfried Scharold: Würzburg und seine Umgebungen. Ein Wegweiser und Erinnerungsbuch. Etlinger, Würzburg 1836, S. 276 f. (Virtuelle Bibliothek Würzburg)

Erläuterungen

  1. von lateinisch custodia „Wache, bewachter Bereich“

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