Neumann-Pavillon
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Der barocke Gartenpavillon oder Neumann-Pavillon befindet sich abgeschottet von der Außenwelt im begrünten Innenhof des Unternehmens Frankonia in der Randersackerer Straße 3-5.
Geschichte
Um und nach 1700 entstanden in Würzburg einige Gartenhäuser, die man zumeist auf Joseph Greissing zurückführt: der Gartenpavillon des Juliusspitals, das Talavera-Schlösschen, der Gartenpavillon in der Spiegelstraße, der Gartenpavillon hinter dem Polizeipräsidium und vor allem das Huttenschlösschen. Greissing war unter Fürstbischof Johann Philipp von Greiffenclau zum Hofarchitekten avanciert, wurde aber unter Fürstbischof Johann Philipp Franz von Schönborn durch den jungen Balthasar Neumann abgelöst.
Der Neumann-Pavillon [1] wurde um 1720 vermutlich von Balthasar Neumann erbaut und diente den Fürsten wahrscheinlich als Sommerschlösschen. Im Zuge der Bauerschließung der Sanderau im 19. Jahrhundert entstand auch im Neumann-Pavillon ein Wohnhaus. Um 1850 gehört das Anwesen dem Gärtner Michael Laufer, sein Nachfolger Andreas Kaiser ließ in den 1860er Jahren in das Gartenhaus einen neuen Kamin, eine Küche und eine Toilette einbauen. So konnte der kleine Barockbau bewohnt werden. Zehn Jahre später wurde in die hohe Gartenmauer ein ansehliches Tor eingesetzt. Ende der 1880er Jahre kaufte der britische Privatier Carl Martin Shaw den Garten und ließ eine historische Villa erbauen. Das zweigeschossige Gebäude wies eine einfache Fassade auf, aber auch eine Schaufassade zur Straße und einen Turm. Insgesamt wirkte das Gebäude pittoresk und verspielt trotz seiner Repräsentativität. Nach dem Tod des Bauherrn lebte die Witwe in der Villa, ihre Kinder zogen in das großbürgerliche Berlin-Wilmersdorf um.
Zwischen 1906 und 1920 wohnte Albrecht Mendelssohn Bartholdy, ein Völkerrechtler und Universitätsprofessor von internationaler Reputation, in der großbürgerlichen Würzburger Villa, zu deren Grundstück das barocke Gartenhaus gehörte. Beim Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 wurde der Pavillon erheblich beschädigt und verlor sein komplettes Dach. [2] 1954 durch stützende Maßnahmen mittels einer Betondecke über dem Obergeschoss vor dem Verfall bewahrt. 1956 wurde ein langer, neuer Verkaufstrakt an der Randersackerer Straße errichtet. Eine Änderung der Fassade und Schaufenster wurde 1971 durchgeführt. 1974/75 wurde eine Komplettrenovierung des Pavillon vorgenommen. Heute befindet sich der Pavillon umschlossen von den Verkaufsräumen des Unternehmens Frankonia in einem begrünten Innenhof.
Lage und Baubeschreibung
Der Neumann-Pavillon als architektonische Krönung des einstigen Gartens ist eines von wenigen Beispielen, die erhalten geblieben sind oder wiederhergestellt wurden. Ein Blick auf den Katasterplan von 1832 zeigt deutlich, wie wichtig der Zusammenhang zwischen Garten und Pavillon war. In den sich aneinanderreihenden Parzellen wechseln sich reine Nutzgärten mit Gemüsekulturen, Weinstöcken und Obstbäumen mit Ziergärten ab. Die Mittelachse wird hier mit einem Pavillon betont.
Die Aufhebung der Festungseigenschaften der Stadt duch einen königlichen Erlass am 26. September 1856 [3] ermöglichte die Ausdehnung und das Anwachsen der seit Jahrhunderten von Festungswällen eingeschlossenen Stadt und die Sanderauer Gärten wurden begehrter Baugrund. Es entstanden neue Wohnviertel, die von breiten Straßen durchschnitten wurden, wie z.B. die Randersackerer Straße. Dies hatte zur Folge, dass die alten Strukturen verloren gingen und die ehemaligen Gärten nahezu vollständig überbaut wurden. [4]
Das kleine Grundstück des Neumann-Pavillons ist im Katasterplan von 1832 in zwei Bereiche aufgeteilt, die durch die Querachse getrennt werden. Im östlichen Teil sehen wir den Pavillon, im westlichen Teil das Achsenkreuz mit einem Brunnen. Längs- und Querachse bestimmten in dem ursprünglich von einer Mauer umgebenen und mit einem Gittertor geschlossenen Grundstück die Ordnung.
Der Pavillon besteht aus zwei Geschossen und erhebt sich damit aus der Umgebung. Betont wird der Mittelteil durch die polygonal vorspringende Form des Grundrisses und die Ausbildung des Daches. In das obere Stockwerk führt eine geschwungene doppelläufige Freitreppe [5] mit kleinen Puttenfiguren als Allegorien der vier Jahreszeiten auf ihren Postamenten. Diese „Prachttreppe“ verbindet den kleinen Festsaal im oberen Stockwerk mit dem Garten. Hier finden wir die barocke Monumentalarchitektur des Schlossbaus in einem verkleinerten Maßstab wieder.
Siehe auch
Quellen
- Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns (Hrsg.): Gärten und Grünanlagen in Würzburg. Ihre Entwicklung und Bedeutung. Eine Ausstellung des Staatsarchivs Würzburg und des Stadtarchivs Würzburg anlässlich der Landesgartenschau in Würzburg 1990. Bonitas Bauer, Würzburg 1989, S. 186 ff.
- Main-Post: „Verstecktes Kleinod in Würzburg: Die Geschichte des barocken Gartenhauses an der Randersackerer Straße“ (18. August 2023)
Einzelnachweise und Erklärungen
- ↑ Der Begriff Pavillon stammt vom lateinischen Wort papillio ab, was soviel wie „Das Lustzelt“ bedeutet. Begriffserklärung bei Wikipedia [1]
- ↑ Stadtarchiv Würzburg: Fotomappe Randersackerer Straße nach 1945
- ↑ Gering, Ludwig: Würzburger Chronik, Würzburg 1927, Band IV, S. 302. Die königlicher Verfügung bedurfte noch des Regierungsreskripts vom 9. Oktober 1856
- ↑ Siehe auch Huttenscher Garten.
- ↑ Dies finden wir auch beim Huttenschlösschen.