Lager Wintersheim
Das Lager Wintersheim war ein Barackenlager im Stadtbezirk Heidingsfeld, das unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst als US-Internierungslager für ehemalige SS-Angehörige diente und ab 1946 für Heimatvertriebene und Ausgebombte genutzt wurde. Die Baracken gingen auf ein Reichsarbeitsdienst-Arbeitslager zurück, das Ende der 1930er Jahre neben dem Wehrkreis Sanitätspark XIII Würzburg errichtet wurde.
Lage
Das Barackenlager befand sich am östlichen Ende der Mergentheimer Straße auf dem Gelände zwischen der Haltestelle Reuterstraße und der Pfarrkirche St. Paul. Angrenzend verläuft südöstlich die Reuterstraße.
Vorgeschichte
Auf dem Grundstück befand sich zunächst eine ehemalige Großbrauerei mit Mälzerei und Wirtshaus: Eckert und Kürschner, gegründet im Jahr 1843. Deren Mälzerei übernahm schon ab 1901 der Brauereibesitzer Georg Schmelz für seine neu erbaute Frankenbräu. Im Jahr 1908/1909 wurde dann das gesamte Anwesen bestehend aus Brauerei, Bierkeller, Wirtshaus mit Saalbau und Biergarten von der Frankenbräu Georg Schmelz übernommen. Etwa um das Jahr 1925 übernahm der Sohn Heinrich des Frankenbräu-Besitzers das Areal.
Reichsarbeitsdienst-Arbeitslager und Wehrkreis Sanitätspark
Weil sich die Malzproduktion nicht mehr lohnte, veräußerte Heinrich Schmelz dieses Areal etwa 1937/1938 mit allen Gebäuden an die Deutsche Wehrmacht. Sie richtete hinter dem Gebäude ein Barackenlager des Reichsarbeitsdienstes ein. Die Gebäude wurden zum sogenannten „Sanitätspark“ umgebaut. Dort wurde von Zivil- als auch von Wehrmachtspersonal Verbandsmaterial und andere medizinische Produkte für die Front produziert. Die offizielle Bezeichnung lautete „Wehrkreis Sanitätspark XIII Würzburg“. Die dort arbeitenden Wehrmachtsangehörigen waren vermutlich im dahinter gelegenen Reichsarbeitsdienst-Barackenlager untergebracht. Im Volksmund heißt das Anwesen bei älteren Heidingsfeldern auch noch heute „Sanitätspark“. Während des 2. Weltkriegs sollen dort aufgrund der Einberufung nahezu aller deutschen Männer Zwangsarbeiter aus überfallenen Ländern untergebracht worden sein.
Lager Wintersheim
Nach Kriegsende 1945 übernahmen die Amerikaner dieses Lager, bestehend aus acht Baracken und Gemeinschaftsgebäuden. Sie gaben dem Lager den Namen „Lager Wintersheim“ (Winter(s), möglicherweise ein deutschstämmiger amerikanischer Sergeant aus Oklahoma) und nutzten es für knapp ein Jahr als US-Internierungslager für ehemalige Angehörige der SS. Sie errichteten laut Zeitzeugen einen oder zwei Wachtürme im Lager. Schon ab Monat Mai 1946 – die Amerikaner waren abzogen - wurden hier im Lager Heimatvertriebene und Ausgebombte einquartiert. Vom Jahr 1946 bis 1952 soll das Lager um die 300 Personen beherbergt haben. Bereits 1948 fanden im Lager bzw. im Gemeinschaftsgebäude öffentliche Veranstaltungen statt. Sogar Theatervorstellungen wurden hier aufgeführt. Später diente das Gemeinschaftsgebäude innerhalb des Lagers als erstes Heidingsfelder Kino, es waren die Main-Lichtspiele. Die letzten Bewohner sollen erst im Jahr 1961 in neue Wohnungen in neu errichteten Genossenschaftshäusern in Würzburg umgezogen sein. Ende der 1960er Jahre wurde das Barackenlager dann abgerissen, da es in der topographischen Karte von 1968 nicht mehr zu sehen ist.
Heutige Situation
In den 1970er Jahren entstand auf dem Lagergelände das Berufliches Fortbildungszentrum der Bayerischen Wirtschaft. Das große ehemalige Brauereigebäude bzw. ab den 1930er Jahren Wehrkreis Sanitätspark wurde später zum Kreiswehrersatzamt umfunktioniert. Heute befindet sich darin das Reuterhaus.
Siehe auch
Quellen
- Recherche von Heinz Saueracker, Heidingsfeld. Zum Teil basieren die Informationen auf gesammelten Zeitzeugenberichten.
- Topographische Karten von 1956, 1964 und 1968
- Internetseite „Geschichte erleben - Nachkriegszeit in Würzburg“, Unterseite Heidingsfeld (Projekt des P-Seminars „Fotoausstellung zur Nachkriegszeit in Würzburg“ des Friedrich-Koenig-Gymnasiums Würzburg)