Vorwerk am Oberen Tor (Ochsenfurt)

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Das Vorwerk am Oberen Tor war eine barocke Befestigungsanlage und Teil der Stadtbefestigung von Ochsenfurt. Das im Grundriss als schräges Pentagon angelegte Werk deckte das Obere Tor und den Zugang zur Stadt aus Richtung Osten. Im Zuge der Stadterweiterung über den mittelalterlichen Mauergürtel hinaus wurde das Befestigungswerk abgetragen. Heute ist sein Standort nicht mehr ersichtlich.

Zweck und Beschreibung

Schematische Darstellung des Vorwerks, über c befindet sich das Zollhaus.

Bereits im 16. Jahrhundert finden sich Hinweise auf ein an derselben Stelle existierendes Bollwerk aus Erde und Palisaden, welches den Zugang zur Stadt erschwerte. Das Vorwerk wurde vermutlich im Rahmen der bastionären Befestigungsarbeiten rund um die Bischofsstadt Würzburg im Auftrag des Domkapitels in Ochsenfurt angelegt, um das Eindringen in die Stadt zu erschweren. Ein Verweis über Erdaushub am oberen Tor datiert auf 1667 und fällt damit in die Regierungszeit des Fürstbischofs Johann Philipp von Schönborn[1]

Das auch Bollwerk genannte steinerne Befestigungswerk bestand aus einer Mauerschalung, welche innen mit Erde gefüllt war und somit Beschuss besser statthalten konnte. Es ist also der niederländischen Festungsbaukunst zuzurechnen, was auch zeitlich korrespondieren würde. Die Außenmauer der Schalung war ca. einen Meter stark, die Innenmauer ca. 0,6 m. Zwischen Oberem Tor und Vorwerk überquerte eine gemauerte Brücke den Stadtgraben, die zum Teil als Schnellbrücke errichtet war. Die Mauer wird als 2 Stockwerke hoch angegeben und war mit einem gemauerten Wehrgang im oberen Stockwerk versehen. Dieser enthielt Schießscharten für Wallbüchsen bzw. Musketen. Links nach dem Eingang ins Bollwerk befand sich das Zollhäuschen. Es ist anzunehmen, dass sich rings um das Vorwerk ein kleiner Graben mit Annäherungshindernis zog. Die Maße des Vorwerks betrugen etwa 33x30 m. Von ihm konnte nicht nur das rasche Eindringen in die Stadt verhindert, sondern auch die Stadtmauer entlang der schräg verlaufenden Südost- und Nordostmauern flankiert werden.

Geschichte

Situationsplan am Oberen Tor 1860

Das Vorwerk existierte etwa von 1667 bis 1831 und wurde nach dem Übergang an das Königreich Bayern 1814 zunehmend als Belastung empfunden, da es ein Nadelöhr darstellte und auch nicht mehr dem herrschenden ästhetischen Zeitgeist entsprach. Militärisch trat es etwa bei den Preußeneinfällen 1759 und 1760 in Erscheinung, als es durch Verschließen des Tores diejenigen am handstreichartigen Eindringen in die Stadt hinderte. Zu Beginn des Siebenjährigen Krieges wurden zur Deckung des Tores außerdem 10 Messingbüchsen im Vorwerk platziert. [2] Beim Einfall der Franzosen 1796 spielte es hingegen keine Rolle, da die Stadt sogleich kapitulierte.

1829 ließ der Stadtmagistrat von Ochsenfurt den oberen Stadtgraben ausräumen und richtete zugleich die Bitte an das Landgericht Ochsenfurt, den Abbruch des Vorwerks zu gestatten:

„Gleichermaßen ist der ernstliche Bedacht zu nehmen, dass das Vorwerk am oberen Thor, welches sehr baufällig, und keiner Reparaturen mehr werth ist, abgebrochen, und die Ausfuhre auf die Straße gegen Marktbreit in grader Richtung eingerüstet werden.“ [3]

Das Landgericht wies daraufhin die Stadt an, vorzubringen, ob durch den Abbruch entscheidende Vorteile entstünden, was vom Stadtmagistrat bejahrt wurde, da die Zollfunktion weggefallen wäre und den Fuhrwerken das Verlassen der Stadt erleichtert würde, außerdem sei das Werk baufällig. Das einzige Problem sah die Stadtverwaltung in der Wohnung des ehemaligen Zöllners Karl Beck, der seine Bleibe im alten Zollhaus im Vorwerk gefunden hatte. Nachdem 1831 eine neue Wohnung für den betagten Veteranen gefunden worden war, stand dem Abbruch seitens der Stadt nichts mehr im Wege. [4]

Den Abriss führten die beiden Maurermeister Thomas Kimmel und Friedrich Rückert durch. Sie tätigten folgende Arbeiten:

„An dem oberen Tor links gegen Marktbreit 112 Schuh lang wechzuprechen das Dach, samt zwei Stockwerk hoch das Gemäuer. Es ist ein doppelte Mauer die eine ist 3 ½ Schuh dick, die andere 2 Schuh dick. Auf die andere Seiten rechts 104 Schuh lang auch so wie auf der linken Seiten wechzureißen, dann 8 Ruthen zu planieren, chausseemäßig herzurichten, alle nöthiche Stein werden von der abgebrochenen Mauerstein genommen. Die übliche Schutt und Mauerstein geht uns nichts an, so auch das Bauholz und die Ziegel gehören der Gemeindeverwaltung.“

Die Abbrucharbeiten wurden unter Aufsicht des Bauaufsehers Magistratsrat Lewe durchgeführt, dauerten von Dezember 1831 bis April 1832 und kosteten die Stadt Ochsenfurt 108 fl. Die Steine, Erde, Ziegel und Balken wurden auf Haufen geschichtet und unter der Bürgerschaft verstrichen. [5]

Im Dezember 1831 wies der Stadtmagistrat die Maurer an, aus den Steinen der Mauer eine vier Schuh hohe Brüstung am Graben zu errichten, um ein Abstützen von Fußgängern in denselben zu verhüten. [6]

Nach dem Abbruch des Vorwerks wurde der Eingang in die Stadt mit zeitgemäßer Parkanlage angelegt. Beim Bau der Auf- und Abfahrt der Bundesstraße 13 wurden 2010 die Reste des Vorwerks im Boden entdeckt.

Siehe auch

Quellen

Weblinks

Einzelnachweise

  1. STAOch (Stadtarchiv Ochsenfurt) Baumeisterrechnung 1667.
  2. STAOch Recessbücher. Eintrag vom 15. Juni 1758.
  3. STAOch STR 5 Magistrat Ochsenfurt an Landgericht vom 2. April 1829.
  4. STAOch STR 5 Magistrat Ochsenfurt an Landgericht vom 8. April 1829.
  5. STAOch Stadtratsprotokolle. Einträge vom 18.3.1831, 9.12.1831 und 29.3.1832.
  6. STAOch Stadtratsprotokolle. Einträge vom 9.12.1831.
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