Adam Schäffer
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Adam Schäffer (* um 1560 (?) in Greußenheim (?); † 1640 (?)) war Wunderheiler oder Wunderdoktor aus Greußenheim um 1630.
Leben und Wirken
Adam Schäffer lebte um die Wende des 16. und 17. Jahrhunderts in Greußenheim. Er befasste sich mit Wunderheilungen und hatte großen Zulauf. Er war verheiratet. Im Nachklang zu den Hexenprozessen unter Bischof Philipp Adolf von Ehrenberg in Würzburg kam es nur noch vereinzelt zu solchen Gerichtsverfahren. Wegen derlei Verdacht wird von 1636 bis 1640 gegen den "quacksalbernden" Schäfer Adam Schäffer in Greußenheim ermittelt. In Unterlagen aus den Jahren 1630-40 findet sich das Anklagematerial gegen ihn („sonsten der heyßerich Mann genannt“) wegen seiner verbotenen Heilkünste. Diese sind in den alten Papieren genau beschrieben. Er selbst gab an, dass er 73 Jahre alt sei und lange Zeit Schäfer gewesen. Neben dem Schinder genießen Hirten und Schäfer einen besonderen Ruf als Volksärzte. Sie gelten als kräuter- und zauberkundig, können Tierkrankheiten heilen und böse Mächte von der Herde fernhalten, sie können (wie der Volksmund sagt) „mehr als Brot essen“. So war auch der Greußenheimer Schäfer ein gesuchter Mann, der keine Ruhe vor den Leuten der ganzen Umgebung hatte; auf der anderen Seite war er gefürchtet, weil er nach der Leute Meinung auch Krankheiten antun konnte.
Praxis und Ergebnis
Wie er selbst angab, konnte er nur dort helfen, „woh die Hexen Krankheit angethan haben“. Um dies festzustellen, bediente er sich einer gewissen Probe, die man in ähnlicher Weise auch in Schlesien bei Austreibung des Alpdämons machte. Ein Zeuge schilderte sie so: „Als der heißerich Mann nicht zu hauß gewesen, hab sein Weib (des heißerichen mans) zur Prob ob der Schmid verhext seye oder nicht, gebraucht ein messer mitt sampt der scheyden, darumb hat sie gewicklet einen Zwirnfaden und das eingesteckte messer mittsam dem Zwirnfaden umb (in) ein schnupftüchlein gewickelt. Wan nun der schmid verhext were, so würde der Faden, wan man das Tüchlein von der scheyden wickelte, von der scheyden abgelöst sein; wan er aber nit verhext were, so würde der faden umb die scheyden gewickelt verbleiben.“ – Dass man damals solche Zauberkünste nicht für ernst nahm, davon zeugt die weitere Aussage: „solches Probstücklein hat der schmid alsobalden an vier jungen doch bedachten gesellen ... gebraucht, sie aber ihne mitt seiner Kunst nur verlacht haben.“
Hexerei
War nun festgestellt, dass der Kranke verhext war, dann begann der Schäfer seine Zauberkur, um die Verhexung auszuheben, und den Krankheitsdämon zu vertreiben. Die Handlungen, die er zu diesem Zweck vornahm, beschrieb er selbst in seinem Geständnis sehr genau: „Wenn jemand Zauberey angethan worden, hab er 2 Messer genommen, solche in Handen gehalten und gesagt:
- Behüt mir Gott der Herr Jesu Christ Tag und Nacht mein bluedt und mein Fleisch,
und sich alzeit darzu gebückhet, hernacher lege er die 2 Messer creutzweiß auf solchen ortt. Der kranke Mensch oder Vihe müste selbst 3 mal über die Messer gehen.“
Heilbehandlung
Das Kernstück der Heilhandlung war das Überschreiten der Messer, eine Sitte, der wir auch sonst im deutschen Brauchtum begegnen. In Hessen muss das Brautpaar beim Heraustreten aus dem Hause über ein Messer mit drei Kreuzen hinweg schreiten, in Österreich muss dies die Wöchnerin beim Hervortreten mit dem Kind tun. Es ist die Übel abwehrende Kraft des spitzen und scharfen Messers, die in diesen Bräuchen zum Ausdruck kommt, eine antidämonische Wirksamkeit, wie sie noch der fränkische Volksglaube des vorigen Jahrhunderts kennt. In Mittelfranken steckte man noch in jener Zeit zwei Messer kreuzweise in die Wiege zu Häupten des Kindes und glaubte, dass sich die Hexe daran spießen würde, wenn sie dem Kinde etwas antun wollte.
Amulett
Der Schäfer begnügte sich aber nicht mit dieser einen Heilbehandlung, er hing, um eine länger dauernde Wirkung zu erzielen, dem Kranken auch noch ein Amulett an, das neben geweihten Dingen Pflanzenteile enthielt. Wie bei allen Kräutern, die zum Zauber Verwendung finden sollen, musste er auch bei seinen Wurzeln eine gewisse Eintragszeit einhalten und beim Einsammeln einen Zauberspruch murmeln. Das beschreibt er selbst alles sehr schön: „Darzu brauche er auch underschiedlich wurzel und kreütter, nemblich Peterswurzel, Weißwurzel (Polygonatum offic.), Johannskrauth dafür, weinrauch und geweihtes salz, solches werde eingeflückht und den kranken angehenckt, wann er die wurzel grab er am Charfreitag früe vor der Sonne):
- Peterswurzel du geweckhet bist,
- Ich grab dich im Namen Jesu Christ,
- in der glückseligen Stunde, da er geboren ist,
- daß Vihe unde Menschen damit beholffen ist.“
Zur Erhöhung der suggestiven Wirkung dieser Anhängsel, durften die Leute die „Knöttlein“ ja nicht aufmachen. Neugierige, die sie dennoch öffneten, sagten geringschätzig, „seyn mehr dürre biernschalen und würtzelein darin.“
Vergleichsfälle
Dieses Geschehnis hat ein merkwürdiges ähnliches Gegenstück aus unserer Zeit im Ochsenfurter Gau. Dort wurde von einem ähnlichen Wunderdoktor einem Kranken ein mit Kräuter gefüllter Lederbeutel umgehängt. Auf die Frage, welche Kräuter er dazu nehme, antwortete er, das dürfe er nicht sagen, er habe es von seinem Vater überkommen; dann setzte er vertraulich hinzu: „Wenn ich die Kräuter gerade nicht habe, tue ich Kleeheu hinein, das hilft auch.“
Verschwiegenheit gegenüber der Kirche
Von den Heilmaßnahmen des Schäfers durften die Leute auch „dem pfaffen nix davon sagen, auch nitt beichten und communicieren, sonst helffe seine Kunst nichts“. Als einmal der Pfarrer trotzdem zu einem Schwerkranken gerufen wurde und „hernahen der heyserich schäffer wider in die stuben kommen den Kranken zu besuchen, hatt er alsobalt in der stuben herumb angefangen zue blasen und sagen der pfaff ist dagewesen, solches dreymal, hatt darzu gesetzt, habe ich nitt gesagt, wann ihr den pfaffen braucht, so helff mein kunst nix“.
Dritte magische Heilbehandlung
Am geheimnisvollsten ist die dritte der magischen Heilbehandlungen, die der alte Schäfer vornahm und die ihn offenbar am meisten belastete. Zunächst sagte ein Zeuge aus: „hab den heyserichen mitt sampt zwee schwarzen Männer bey dem marterstock an der creutzstraßen am gäuckhel (am Gaigel, Waldbezeichnung bei Greußenheim) stehen sehen, ist hernahen solger bildstock durchbort gefunden worden.“ Der Schäfer selbst „gestehe im geringsten nit, das er auf ein Zeit auf den straßen in einen bildstock geboret habe!“ Seine Frau aber gab auf des Schultheisen Frage, „warumb Ihr mann die Bildstöck also durchbohre“, folgendes an: „Darumb habe er durchbohrt (salva venia) man einem die freudt genommen, hab er heysericher wiederumb durch das pohren geholffen.“
Man weiss, zu welchem Ende der Schäfer den Brauch ausübte. Wie er aber dabei verfuhr, wird in den Akten nicht erwähnt. Dies kann man nur im Vergleich mit anderen Heilbräuchen erklären und muss annehmen, dass der Hilfsbedürftige einen Körperteil in das künstlich gebohrte Heilloch stecken musste, wie z.B. in Allaines in Frankreich junge Eheleute den Arm in die Öffnung eines aus der Vorzeit stammenden aufrechten Steines zur Erlangung der Fruchtbarkeit legten. Auch bei Franken sind solche Steine mit Vertiefungen, in denen die Leute ihre mit Geschwüren oder Warzen behafteten Finger baden, nicht unbekannt. So steht bei Untereschenbach der „Tränenstein“ und bei Morlesau der „Warzenstein“
Erfolg
Das waren die magischen Heilhandlungen des Wunderdoktors von Greußenheim, mit deren Hilfe er eine ausgedehnte Praxis ausübte. Es ist zu lesen, dass er in Zell a. Main, Leinach , Helmstadt, Roßbrunn und Mädelhofen Mensch und Vieh segnete. Für eine Reise nach „Heydenfeldt“ versprach ihm sogar der Centgraf sicheres Geleit. Auch zu Würzburg in der Lindlesmühl und bei den fürstlichen Räten hat er Vieh gesegnet. Dies scheint auch der Grund zu sein, warum er immer wieder straffrei blieb. Sagte er doch selbst einmal: „Fürstl. Räthe Vühe auch gesegnet, sie ihme wohl durchhelfen.“ Wenn er sich auch verbürgte, von keinem Menschen einen Heller und Pfennig zu nehmen, so mag er doch gut dabei verdient haben; denn sein neidischer Nachbauer sagte, „er wölle ihm (sich) auch ein weißen bart kauffen, das segnen lehrnen und auch Reichsthaler verdienen“. Es sei ihm aber vergönnt; denn das Bannen der Krankheiten ist mit Gefahren verknüpft. Der Schäfer hat oft „so starck gesegnet, daß er selber darüber kranck geworden“.
Wie der Strafprozess ausgegangen ist und wann und wie Adam Schäffer starb, ist leider nicht bekannt.
Siehe auch
Quellen
- Dr. Fritz Heeger: Der Wunderdoktor von Greußenheim. In: Die Frankenwarte - Blätter für Heimatkunde Nr. 12 (UB Hinweis in NA 93720)
- Staatsarchiv Würzburg (Misc. 2888)
- Die Frankenwarte - Blätter für Heimatkunde Nr. 11, 1929 Nr. 44 939
- Winfried Romberg, Germania Sacra, Dritte Folge 4, Die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz, Das Bistum Würzburg 7, Die Würzburger Bischöfe von 1617 bis 1684, S. 279 (Online-Fassung)