Würzburger Blutmontag
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Der Würzburger Blutmontag war eine Ausschreitung Würzburger Bürger am Montag, dem 28. Juni 1920.
Auslöser der Ausschreitungen
Nach dem Ersten Weltkrieg verschärften sich in den Nachkriegsjahren soziale Probleme, die sich durch eine unzureichende Lebensmittelversorgung und enorme Preissteigerungen bemerkbar machten. [1]
Chronologische Abfolge
Nachdem es bereits am 16. Juni 1920 auf dem Marktplatz zu Ausschreitungen gekommen war, sammelten sich am Vormittag des 28. Juni Hunderte von Würzburger Bürgern zunächst an der Rückseite des Rathauses vor dem Hof der Polizeiwache, um für eine erhöhte Zuckerzuteilung und eine Senkung der Lebensmittelpreise zu demonstrieren. Nachdem Oberbürgermeister Andreas Grieser verschiedene Delegationen der Demonstrierenden empfangen hatte und bei der Landeszuckerstelle eine Zusage über eine einmalige Zuteilung von 350 Gramm, nach nochmaliger telefonischer Verhandlung sogar 500 Gramm aus der Landesreserve erreicht hatte, sprach er zu den Demonstranten selbst, konnte sich aber aufgrund des Lärms kein Gehör schaffen. Ein Teil der Demonstranten zogen nach Grombühl, wo größere Mengen schwarz gehandelten Zuckers vermutetet wurden. Da sich die Vermutung als falsch herausgestellt hatte, fand sich die Menge am Nachmittag wieder am ein, wo sie ihre Forderungen erneuerten. In der Innenstadt kam es zum Sturm gegen Warenhäuser und Lebensmittelgeschäfte.
Eskalation
Nachdem das Einschreiten der Polizei und die Vermittlungsversuche des Zweiten Bürgermeisters Hans Löffler erfolglos blieben, sammelte sich die Reichswehr zum Schutze des Rathauses im Polizeihof. Drei Warnschüsse der Soldaten wurden mit Pistolenschüssen aus den Reihen der Demonstranten beantwortet. Als im Laufe der Auseinandersetzung die Reichswehr eine Salve über die Köpfe der Menge hinweg abgab, löste sich die Ansammlung zwar auf, Gesindel plünderte aber danach ein Waffengeschäft in der Domstraße und ein weiteres in der Schustergasse.
Ergebnis
Es waren, vermutlich durch Querschläger getroffen, zwei nicht beteiligte Tote, die nur beobachtend am Fenster standen, sowie drei Schwerverletzte zu beklagen, die im Juliusspital stationär behandelt werden mussten. Am 29. Juni verhängte der Staatskommissar für Unterfranken, Regierungspräsident Dr. Julius von Henle den Belagerungszustand über Würzburg zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Nach einer Stadtratsdebatte wurde die Regierung aufgefordert, die Reichswehr unverzüglich aus dem Rathaus zu entfernen, da sie durch ihr Verhalten den Rest von Vertrauen verloren hätte. Dies geschah dann am 30. Juni. Der Belagerungszustand wurde am 1. Juli wieder aufgehoben. In den nächsten Tagen kam es zu keinen weiteren Ausschreitungen.
Zu einer politischen Demonstration gestaltete sich die Beerdigung der beiden Opfer vom „Blutmontag“, die am 1. Juli unter großer Beteiligung der Bevölkerung stattfand. Im Stadtrat wurde später ein Antrag auf Bestellung einer Untersuchungskommission zum „Blutmontag“ mit den Stimmen der bürgerlichen Parteien abgelehnt.
Siehe auch
Quellen und Literatur
- Daniel Gerken: Die Selbstverwaltung der Stadt Würzburg in der Weimarer Republik und im „Dritten Reich.“ Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg, Band 17, Hrsg.: Ulrich Wagner, Verlag Ferdinand Schöningh, Würzburg 2011, ISBN: 978-3-87717-835-5
- Fränkisches Volksblatt: „Blutige Teuerungskrawalle in Würzburg“ (30. Juni 1920)
- Christian Fries: Andreas Grieser. Oberbürgermeister in der Zeit des Umbruchs 1918-1920. Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg, Band 3, Hrsg.: Ulrich Wagner, Verlag Ferdinand Schöningh, Würzburg 1990, S. 245 ff., ISBN: 3-87717-763-8
- Matthias Lermann: Der Würzburger Oberbürgermeister Dr. Hans Löffler. Bürgerethik und Liberalismus. Vorwort: Erik Soder von Güldenstubbe, Gesellschaft für Fränkische Geschichte e.V. (Hrsg.), Würzburg 2015, ISBN: 978-3-86652-052-3
Hinweise
- ↑ Die Proteste und Demonstrationen gegen die hohen Lebensmittelpreise waren nicht auf Würzburg beschränkt. Die Presse berichtete von solchen Aktionen aus vielen deutschen Städten. (Bayerische Landeszeitung Nr. 148 vom 1. Juli 1920)