Pleicher Handwerkerhaus
Dies ist die bestätigte sowie die neueste Version dieser Seite.
Das Pleicher Handwerkerhaus in der Pleicherkirchgasse 16 ist das älteste erhaltene Wohnhaus in Würzburg.
Geschichte
Der Erbauer und erste Besitzer des Anwesens war ein Metzger, der 1510 als Bürger aufgenommen wurde. Die Ursprünge des Pleicher Handwerkerhauses können relativ genau auf das Jahr 1521 datiert werden. [1] Schon damals hatte es fünf Geschosse. Der Keller und das Erdgeschoss waren gemauert, die darüber liegenden Stockwerke waren Fachwerkgeschosse, deren Innen- wie Außenseiten farbig verziert waren. Das Erdgeschoss diente als Werkstatt und Laden, die oberen Etagen als Wohnräume, die nur über eine am Gebäude angebrachte Außentreppe erreicht werden konnten. Das Handwerkerhaus war, wie damals üblich, ein Rauchhaus, bei dem der Rauch der Kochstelle, wegen des fehlenden Kamins, durch die oberen Stockwerke zog. Die Technik des Zimmererhandwerks war beim Errichten des Fachwerks äußerst innovativ, da sich das Verzapfen einzelner Bauteile erst um das Jahr 1550 durchsetzte.
Um 1665 fand der erste größere Umbau des Handwerkerhauses statt, wobei die Räume zum Teil neu organisiert und ausgestattet wurden, die Fenster vergrößert und eine Innentreppe angelegt. Die Decken wurden teilweise mit Stuckdekoration versehen und das ganze Gebäude verputzt.
Im 19. Jahrhundert wurden im 1. und 2. Obergeschoss Zwischenwände aus Ziegeln eingezogen, die in späteren Zeiten zu großen Problemen führen sollten. Da die statischen Berechnungen damals nicht so genau waren oder überhaupt nicht durchgeführt wurden, verbogen sich durch das zusätzliche Gewicht der Wände die Decken der darunterliegenden Geschosse. Man versuchte zwar durch eingebaute Stützpfeiler Abhilfe zu schaffen, jedoch trugen diese nicht viel zur Stabilisierung des Gebäudes bei.
Das älteste, nach dem Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 erhaltene Würzburger Bürgerhaus verfiel im Laufe der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunehmend und ihm drohte der Abriss, ehe es 1994 vom Verschönerungsverein Würzburg e.V. erworben, von 1996 bis 1998 vom Architektenbüro Alfred Wiener aus Karlstadt saniert und somit für die Zukunft gerettet wurde. Bei Ausgrabungen im Keller des Handwerkerhauses wurden Keramikscherben aus der Zeit des 8. bis 12. Jahrhunderts gefunden.
Baubeschreibung
Das Gebäude ist ein zweigeschossiger Schopfwalmdachbau mit vorkragendem verputztem Fachwerkobergeschoss und -giebel in Ecklage. Das Erdgeschoss mit rundbogiger Renaissance-Türrahmung stammt aus dem Jahr 1521 und wurde im 18. Jahrhundert verändert.
Historische Abbildungen
Pleicher Handwerkerhaus (1986) (© Roland Pleier)
Heutige Nutzung
Im Erdgeschoss haben die Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. ihre Geschäftsstelle. Darüber befindet sich die Geschäftsstelle des Verschönerungsvereins Würzburg mitsamt Küche und Besprechungsraum, im 2. Stock eine Mietwohnung und im Dachgeschoss ein kleines Hausmuseum mit Fundstücken, die bei der Sanierung des Gebäudes zum Vorschein kamen.
Siehe auch
- Ausstellungen der Geschichtswerkstatt Würzburg
- Baudenkmäler in Würzburg
- Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V.
- Innere Pleich
- Verschönerungsverein Würzburg e.V.
Quellen und Literatur
- Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Baudenkmäler in Würzburg, Nr. D-6-63-000-427
- Erhard Schulz / Christoph Heistermann / Britta Pracher / Friedrich Staib / Dieter Heyse: Das Handwerkerhaus in der Pleicherkirchgasse 16 und das bürgerliche Investitionsverhalten in Würzburg. In: Ulrich Ante (Hrsg.): Würzburg und seine Region. Würzburger Geographische Arbeiten, Heft 100 (2007), S. 21-59
- Pleicher Handwerkerhaus auf verschoenerungsverein-wuerzburg.de
- Altes Handwerkerhaus von 1521 und Innere Pleich. Reihe: Bilder und Dokumente aus dem Archiv der Geschichtswerkstatt im „Verschönerungsverein Würzburg e.V.“, Heft 16 - August 2022 (erhältlich bei der Geschichtswerkstatt im Verschönerungsverein Würzburg e.V.)
Einzelnachweise
- ↑ Nach Informationen des Verschönerungsvereins Würzburg e.V. haben dendrochronologische Untersuchungen, Untersuchungen der Jahresringe des Bauholzes, das Fälldatum des Holzes auf den Winter 1520/21 datieren. Ein weiterer Grund für die relativ sichere Bestimmung des Datums der Fertigstellung ist die Tatsache, dass auf dem Dachboden eine Wetterfahne gefunden wurde mit eben jener Jahresangabe.