Neumühle (Uettingen)
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Die Neumühle (auch: Untere Mühle) liegt im Aalbachtal am südwestlichen Rand der Gemeinde Uettingen an der Straße Untere Mühle und direkt am Aalbach-Radweg.
Geschichte
Der Bau der Neumühle ist 1614 durch den Landschad von Steinach [1] eingeleitet worden. Er erbte 1593 als Sohn der Walburga von Ratzenburg das Lehen der Grafen von Wertheim und damit hatte er auch die Rechte der Wassernutzung. Ob die Mühle bereits kurz nach der Errichtung 1614 in Betrieb ging, ist unwahrscheinlich. Zunächst einmal begann 1618 der Dreißigjährige Krieg, mit dem Großbrand Uettingens 1634, sicher keine gute Zeit für einen Mühlenbau.
Der Beginn des eigentlichen Mühlenbetriebs in der Neumühle liegt zwischen 1709 und etwa 1730. Für das erste Datum spricht der Huldigungsbrief vom 21. März 1707, in dem nur ein Müller - Hanns Zorn - unter allen Einwohnern Uettingens benannt ist. Er muss Müller auf der Oberen Mühle gewesen sein, denn die „Neue“ wurde erst ab 1709 weitergebaut. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde westlich ein Gebäudeteil für ein Sägewerk angebaut. Die Mühle wurde nun als Mahlmühle und Säge(Holz)-Mühle betrieben. Bis um 1930 war das alte Mühlrad noch vorhanden und trieb einen Schrotgang, wenn Überschusswasser da war. Der Aalbach lieferte bei guter Wasserführung etwa 300 Liter Wasser pro Sekunde. Das nutzbare Gefälle an der Mühle betrug knapp 3 Meter. Daraus lässt sich eine Leistung von 12 PS bzw. 9 KW errechnen. Konstruktionsbedingt konnte das ein oberschlächtiges Mühlrad nicht ausnutzen, weshalb man zwei Francis-Spiralturbinen [2] der Firma Voith mit 3 PS und 9 PS Leistung einbaute, um moderne Walzenstühle antreiben zu können. Beide arbeiteten auf eine gemeinsame quer durch die Gebäude verlaufende Transmissionswelle [3] mit ausrückbarer Kupplung zum Trennen von Sägewerk und Mahlbetrieb. Um mehr Kraft zu gewinnen, wurde auch noch eine stationär gemachte Lokomobile eingesetzt, die mit den Holzabfällen des Sägewerks befeuert wurde.
Mit dem Aufkommen der allgemeinen Versorgung mit elektrischen Strom um die Wende zum 20. Jahrhundert zeigte auch der Müller Adam Seubert Interesse an der neuen Energie und installierte einen Dynamo, der die Mühle mit elektrischem Licht versorgte. Nach dem Aufstellen eines größeren Dynamos konnte über ein Zweileiter-Ortsnetz - betrieben mit 220 Volt Gleichspannung - eine bescheidene, durch die Gemeinde Uettingen errichtete Straßenbeleuchtung betrieben werden. Die Gleichstomnetze verschwanden erst nach dem Zweiten Weltkrieg sukzessive aus den Orten. Der Bedarf an elektrischer Energie stieg zwischen der Jahrhundertwende 1900 und 1950 um jährlich 7%, d.h. der Bedarf hat sich alle 10 Jahre verdoppelt, weshalb die Versorgungsnetze neu gebaut und die Versorgung mit 3-Phasen-Wechselstrom zur Regel wurde. 1942 wurde eine Transformatoren-Turm-Station mit Anschluss - abgebaut 1993 - an die 20.000 Volt Überlandleitung des Überlandwerks Unterfranken errichtet.
Nach dem Tod von Adam Seubert 1962 erbte seine älteste Tochter und Müllermeisterin Karoline Seubert Sägewerk und Mühle. 1966 verwandelte die Mühle zum letzten Mal Getreidekörner mit modernen Walzenstühlen in Mehl. Im Zuge der zweiten Flurbereinigung wurde 1978 das Wasserrecht an den Staat zurückgegeben und der Mühlgraben zugeschüttet. Nach einer Unterbrechung von 1977 bis 1981 endete auch der Betrieb des Sägewerks 1984 endgültig.
Baubeschreibung
Ein in der östlichen Außenwand des Mühlengebäudes vorhandener halbrunder Türsturz aus Sandstein zeigt die Jahreszahl 1614 - wahrscheinlich an der Stelle des ursprünglichen Zugangs zur Mühle. Das heute langgestreckte Mühlengebäude weist etwa in der Mitte der östlichen Außenwand einen deutlichen Versatz auf und trägt an dieser Stelle oben eine Tafel mit der Inschrift BS 1822. Dort beginnt der Erweiterungsbau des alten von 1614 stammenden Mühlengebäudes. Bauherr war Balthasar Seubert.
Siehe auch
Quellen und Literatur
- Klaus Schößler u.a.: Uettingen. Besiedlung, Heimatbuch, Chronik und Bilddokumente. Hrsg.: Gemeinde Uettingen 2002, S. 52 ff.
Weblinks
Einzelnachweise, Erläuterungen und Hinweise
- ↑ Die Landschad von Steinach waren ein mittelalterliches niederes Adelsgeschlecht im Odenwald mit Stammsitz in Steinach am Neckar, das im 12. Jahrhundert als Lehensleute der Bischöfe von Speyer erstmals erwähnt wurde, später mehrere hohe pfälzische Beamte stellte und 1653 im Mannesstamm erlosch. Weitere Informationen bei Wikipedia [1].
- ↑ Eine Spiralturbine, auch geschlossene Turbine, ist eine Wasserturbine, die mit einer Einlaufspirale versehen ist. Weitere Informationen zur Spiralturbine bei Wikipedia [2].
- ↑ Transmissionswelle = Antriebswelle zur Kraftübertragung in Transmissionen. Die Transmission ist ein historisches Riemengetriebe und gehört zu den Zugmitteltrieben. Weitere Informationen bei Wikipedia [3].