Ehemaliges Rathaus (Güntersleben)

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Ehemaliges Rathaus in der Josef-Weber-Straße 4 in Güntersleben
Ehemaliges Rathaus in der Josef-Weber-Straße 4 in Güntersleben

Das ehemalige Rathaus ist das älteste Ratsgebäude der Gemeinde Güntersleben.

Geschichte

Dorfschmiede

Der älteste Teil des Hauses ist der Gewölbekeller im Untergeschoss, die frühere Gemeindeschmiede. Sie wird in einer Ortsbeschreibung von 1594 zum ersten Mal genannt. Sie war eine Einrichtung der Gemeinde, die sie bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts immer für drei oder zuletzt auch mehr Jahre an einen Schmied verpachtete, der meistens von auswärts kam. 1824 heiratete Johann Wolf aus Veitshöchheim die Witwe des jung verstorbenen Gemeindeschmieds und übernahm damit auch die Schmiede. Obwohl er auch nur drei Jahre sein Handwerk dort ausübte, ist die Schmiedsstube im Dorf seitdem bis heute als Wolfsschlucht bekannt.

Amtsgebäude

1731 überbaute die Gemeinde die Schmiede mit dem Haus, wie es heute noch dort steht. Mit seiner Größe war es für die damaligen Verhältnisse ein stattliches Bauwerk. Die immer noch lesbare Inschrift über der Eingangstüre an der Stirnseite weist das Baujahr und die Bestimmung des Hauses aus: „Zur grösseren Ehr Gottes für die gemeine Wohlfart erbaut 1731.“ Was die Gemeinde gebaut hatte, war demnach das erste Rathaus von Güntersleben.

Im Geschoss über der Schmiede war der Ratssaal. Hier tagte der Schultheiß mit den Mitgliedern des Gerichts, wurden die Gemeindeversammlungen abgehalten und Verhandlungen geführt. Im Stockwerk darüber wohnten der Schmied und immer wieder auch andere Handwerker oder Familien aus dem Dorf. Um 1757 ließ der damalige Pfarrer P. Ignatius Gropp die große Treppe anlegen, die zur Pfarrkirche hinaufführt.

Schulgebäude

Nachdem der Platz in der Dorfschule im heutigen Alten Rathaus nicht mehr für alle Kinder ausreichte, brauchte die Gemeinde 1821 ein weiteres Unterrichtslokal. Mangels anderer Möglichkeiten nahm man dafür das Sitzungszimmer im Rathaus und fand dort auch noch eine kleine Kammer als Wohnung für den zweiten Lehrer, den man jetzt brauchte. Das Klassenzimmer im Sitzungssaal war nur eine Notlösung, und eine schlechte dazu, wie man einem Visitationsbericht von 1835 entnehmen kann. Der Vertreter der Aufsichtsbehörde legte der Gemeinde ans Herz, „sobald als möglich eine zweckmäßige Gestaltung der Schul-Lokalitäten herbei­zuführen, insbesondere das Ungereimte zu entfernen, dass in dem Gemeindezimmer die Schule gehalten und der Unterricht durch den im nämlichen Hause wohnenden Gemeindeschmied und einen Leinenweber gestört werde.“

Armenhaus

1838 baute die Gemeinde ein neues und größeres Schulhaus neben der Kirche, das heutige Kolpinghaus. Da war dann Platz für beide Schulklassen. Eigentlich hätte sich die Gemeindeverwaltung jetzt in ihrem Rathaus ausbreiten können. Doch sie zog es vor, in das ebenfalls frei gewordene alte Schulhaus am Kirchplatz, das heutige Alte Rathaus, umzuziehen, das damit zum zweiten Rathaus von Güntersleben wurde. Das bisherige Rathaus über der Schmiede erhielt eine neue Zweckbestimmung als Armenhaus. Die Gemeinde brachte dort meist alleinstehende und ältere Ortsbewohner unter, die keine eigene Unterkunft hatten und sich eine solche auch nicht leisten konnten.

Pächter der Schmiede

Nachdem die Gemeinde 1852 das bisherige Hirtenhaus am Kuhhaug, in der heutigen Neubaustraße, als Armenhaus hergerichtet hatte, hatte sie keine Verwendung mehr für ihr früheres Rathaus über der Schmiede. Sie verkaufte es daher samt der Schmiede an den damaligen Gemeindeschmied Adam Rothenhöfer. Nach dem Tod von Rothenhöfer kaufte der Schmied Georg Kuhn 1878 das Anwesen mit dem Haus und der Schmiede. Als der 1896 verstarb, verpachteten seine Nachkommen die Schmiede nochmals. Mit Liberat Derlet aus der Rhön endete 1906 die Geschichte der früheren Gemeindeschmiede.

Frühmessnerhaus

1904 wollte die Gemeinde ihr früheres Rathaus zurückkaufen, um dort wieder mit der Gemeindeverwaltung einzuziehen. Doch die Verhandlungen zerschlugen sich. Erfolgreicher war 1929 die Kirchenverwaltung. Sie konnte das Haus von den Geschwistern Georg Kuhn und Katharina Herbst, Nachkommen des früheren Schmieds, erwerben.

Die Pfarrei St. Maternus (Güntersleben) kaufte das Haus, um eine Wohnung für einen Ruhestandspriester zu haben, der neben anderen Gottesdiensten am Sonntag die Frühmesse halten sollte. Auch wenn Güntersleben seit 1956 keinen „Frühmessner“ mehr hatte, hat sich die Bezeichnung Frühmessnerhaus bis heute erhalten.

Das Haus war schon 1929 nicht mehr im besten Zustand. So musste die Pfarrei zum Kaufpreis von 8.500 Mark weitere 18.000 Mark an Renovierungskosten aufbringen. Bewältigen konnte sie das nur, weil sich zahlreiche Ortsbewohner mit Geldspenden oder mit der Überlassung von Grundstücken beteiligten, deren Verkauf dann ebenfalls zur Finanzierung beitrug. Soweit die Räume im Frühmessnerhaus nicht für die Wohnung gebraucht oder vom bisherigen Eigentümer vereinbarungsgemäß weiter bewohnt wurden, wusste man diese auch anderweitig zu nutzen. Es gab einen Saal und Räume für die Jugend und für die Proben des Kirchenchors, der als einzige örtliche Vereinigung während der Zeit des Nationalsozialismus außerhalb der Parteistrukturen geduldet war.

Luftschutzwache im Zweiten Weltkrieg

Am 12. September 1940 unterzeichneten der Pfarrer und der amtierende Bürgermeister eine Vereinbarung des Inhalts, dass die Kirchenverwaltung „auf unbestimmte Zeit, d.h. solange ein Bedürfnis besteht, der Gemeinde Güntersleben den untersten Raum des Frühmessnerhauses, die ehemalige Gemeindeschmiede ‚Wolfsschlucht‘ genannt, als Warte- und Aufenthaltsraum für die Wachtposten des Luftschutzes“ überlässt. Der Mietpreis wurde auf monatlich 5.- RM festgelegt. Im Wechsel waren jede Nacht mehrere Männer, oft auch Jugendliche, als Luftschutzwächter eingeteilt. Wenn drohende Luftangriffe gemeldet wurden, mussten sie die Bevölkerung alarmieren. Dazu hatten sie eine transportable Sirene, die sie mit einer Handkurbel in Gang setzten.

Am Ende des Krieges waren sämtliche Räume des Frühmessnerhauses wie alle Häuser im Dorf bis in den letzten Winkel mit Evakuierten aus den zerstörten Städten und Vertriebenen belegt. Für einige Zeit war auch in der Wolfsschlucht eine Familie untergebracht.

Nachkriegsnutzung

Die Wolfsschlucht mietete 1953 der Schreibwarenhändler Karl Weißenberger. 1960 folgte ihm als Mieter ein Herrenfriseur und 1974 zog die Pfarrbücherei dort ein. Schließlich war der Gewölbekeller noch für einige Zeit ein Kinderkleiderladen, bevor ihn die Kolpingsfamilie als Lagerraum übernahm.

Unter der Auflage, das Anwesen zu renovieren, konnte es Spenglermeister Stefan Bott im September 2022 notariell erwerben. Im folgenden Frühjahr starteten die Bauarbeiten. Als Vorlage diente eine alte Aufnahme von 1912, die die Fotofreunde in ihrem Archiv aufbewahren. Damals wurde letztmals gründlich saniert. Mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege wurde das Vorhaben bei drei Ortsterminen abgestimmt. Beim Innenausbau hatte Bott freie Hand. Schwieriger umzusetzen waren die Auflagen für die Außenfassade: Innen- statt Außendämmung, ein Verzicht auf künstlichen Silikatputz und Kunststoff-Armierungen. Mehrflügelige Holzfenster mit echtem Wetterschenkel, Fensterbänke mit Wulst und Sandstein-Gewänder. Anfang 2024 wurde das Gebäude fertiggestellt. [1]

Baubeschreibung

Das ehemalige Rathaus in der Josef-Weber-Straße ist ein zweigeschossiger, verputzter Massivbau mit Halbwalmdach, Sockelgeschoss und geohrten Fensterrahmungen aus dem Jahr 1731. Es besitzt eine Figurennische aus dem Jahr 1757, das die Kopie einer Madonnenfigur des 14. Jahrhunderts beherbergt. Die Originalfigur befindet sich in der kath. Pfarrkirche.

Bildergalerie

Siehe auch

Quellen

Weblinks

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