Georgskirche (Herchsheim)

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Evang.-Luth. Georgskirche in Herchsheim

Die Georgskirche (auch: St. Georg Kirche) gehört zur Kirchengemeinde Herchsheim im Evangelisch-Lutherischen Dekanatsbezirk Würzburg im Kirchenkreis Ansbach-Würzburg.

Lage

Die Evang.-Luth. Pfarrkirche in Herchsheim liegt in der Ortsmitte am Kirchplatz nahe der Ortsdurchfahrt der Bundesstraße 19.

Patrozinium

Iro-schottische Mönche, u.a. aus dem vom heiligen Märtyrerkönig Oswald gegründeten Kloster Lindisfarne in Schottland, missionierten im 7. Jahrhundert ostwärts des Rheins und brachten seinen Kult ins Ostfrankenreich noch vor der Missionsarbeit von Kilian und Bonifatius. Die Verehrung des Hl. Georg, des frühchristlichen Märtyrers und legendären mittelalterlichen Drachentöters war weit verbreitet, erlebte zur Merowingerzeit und zur Staufer- und Kreuzzugszeit, insbesondere innerhalb des Zisterzienserorden und des Rittertums, seine Blüte. Wie die Ortsnamen in engem Zusammenhang mit den Eroberungs- und Siedlungsphasen des Main-Tauber-Gebietes stehen, so verweisen die Kirchenpatronzinien auf die Missionierungsperioden. Das Kirchenpatronzinium des Hl. Georg in Herchsheim deutet auf die Einrichtung einer Kirche und Gründung der Pfarrei bereits im 7. oder im frühen 8. Jahrhundert hin.

Geschichte

Die Pfarrei Allersheim betreute die Filialen Herchsheim, Gaubüttelbrunn und Gützingen. Eine Kirche ist im Jahr 1311 urkundlich belegt und Herchsheim wurde 1321 zur selbständigen Pfarrei erhoben. Die Bauinschrift über dem Portal des Westgiebels der Kirche berichtet, dass das Gotteshaus im Jahre 1613 von den Brüdern Hans Georg und Hans Ernst Zobel von Giebelstadt errichtet wurde. Sie waren die Söhne von Heinrich Zobel und seiner Gemahlin Amalia unter deren Patronatsherrschaft die Reformation 1601 eingeführt wurde.

Baugeschichte

Die heutige spätgotische Chorturmkirche geht auf eine romanische Pfarrkirche mit einem Zentralturm über dem Altarraum zurück. Die Dorfkirche wurde 1613 unter Leitung von Michael Juncker, dessen Steinmetzzeichen das Kirchenportal und das Kreuzrippengewölbe des Chores zieren, lediglich umgebaut und erweitert. Der Turm wurde neu in drei höhere, durch Gesimse gegliederte Geschosse eingeteilt und um ein Stockwerk, den Glockenstuhl, erhöht. Die Kirchturmspitze, eine wuchtige, achtseitige Kuppel, einem massiven Helm mit aufgesetzter Laterne gleich, wurde wohl im betonten Gegensatz zu den für katholische Kirchen typischen, spitzen „Echtertürmen” gestaltet und gibt der Silhouette des Dorfes Herchsheim sein unverwechselbares Gepräge. Die Herchsheimer Pfarrkirche erlebte der Mitte des 19. Jahrhundert tief greifende Baumaßnahmen, als der baufällige Turm renoviert werden musste. Dabei stürzten Teile der Außenmauern des Langhauses ein und mussten wieder aufgebaut werden. 1961 wurde von Altar, Kanzel und Empore die Übermalung entfernt und die Originalfassung wieder hergestellt, wie eine Inschrift an der Schmalseite des Retabel berichtet.

Außenfassade

Das Eingangsportal stammt wohl aus der Werkstatt von Michael Kern, der Jüngere. Gleich über dem Eingang ist unter einem schützenden Vordach eine Bautafel angebracht.

Im einzelnen ist das heraldisch rechte Wappen geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein roter Pferdekopf mit schwarzem Zaumzeug und Zügeln (Zobel von Giebelstadt), Feld 2 und 3: in Gold ein aufspringender schwarzer Biber mit geschupptem Schwanz und Schwimmhäuten an den Füßen (von Bibra), auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein wachsender roter Pferdekopf mit schwarzem Zaumzeug und Zügeln (Zobel von Giebelstadt). Dieses Wappen steht für Hans Georg Zobel von Giebelstadt (* 1584; † 1638), bambergischer und würzburgischer Geheimer Rat, Amtmann zu Herzogenaurach, vermählt 1609 mit Sabine Catharina von Bibra († 1640).

Das heraldisch linke Wappen ist gleichfalls geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein roter Pferdekopf mit schwarzem Zaumzeug und Zügeln (Zobel von Giebelstadt), Feld 2 und 3: in Rot drei (2:1) silberne Streithämmer mit goldenem Stiel (von Stein zum Altenstein), auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein wachsender roter Pferdekopf mit schwarzem Zaumzeug und Zügeln (Zobel von Giebelstadt). Dieses Wappen steht für Hans Ernst Zobel von Giebelstadt (* 1585; † 1645), würzburgischer Amtmann zu Werneck und Ebrach, vermählt 1605 mit Anna vom Stein zum Altenstein († 1625).

Innenausstattung

Innenraum der Georgskirche mit Blich auf den Chorraum

Georg Brenck, der Ältere und sein gleichnamiger Sohn Georg Brenck, der Jüngere aus der Windsheimer Renaissancekünstlerfamilie schufen 1613 den charakteristischen Altar und 1614 die Kanzel aus der späten fränkischen Renaissance.

Altar

Der zweigeschossige Retabelaltar [1] ruht auf einer schlichten Steinmensa und ist dem Altar in der Oswaldkirche in Giebelstadt ähnlich. Er ist dennoch aber kein bloßer Nachbau und stellt gerade wegen seines unterschiedlichen figürlichen Schmucks ein eigenständiges Kunstwerk dar.

Auffällig ist das für protestantische Altäre typische Abendmahlsbild in der Predella [2] des Retabelaltars. Darüber befindet sich eine Kreuzigungsgruppe, der Hl. Dreifaltigkeit im Auszug und der auferstandenen Christus als Bekrönung.

Kanzel

Nach Einführung der Reformation im Jahre 1601 wurde die Kirche mit einer Kanzel ausgestattet, deren Figurensymbolik auf die Wortverkündigung bezogen ist. Sie gehört zum Kanzeltypus mit einfiguriger Stütze, der „Moseskanzel“. Unter der Matthäusfigur trägt die Kanzel das Werkstattzeichen „Gb“ und darunter die Jahreszahl 1614. Den Kanzelbecher trägt „Moses mit der Gesetzestafel“, der auf einem massiven Steinsockel steht. Über dem Kapitellstück, das auf dem Haupt der Mosesfigur aufliegt, ruht der Kanzelkorpus auf sechs Rippen, in Form von Engelsköpfen gestaltet.

Der sechseckige Kanzelkorpus wird an den fünf Seiten durch Prophetenfiguren verziert, die allerdings nicht mehr eindeutig zuzuordnen sind. Im Hauptfeld sitzen, durch kannelierte Säulen voneinander getrennt und mit einander verbunden, in rahmenlos eingetieften Rundbogennischen: Lukas, Matthäus, der thronende Christus, Markus und Johannes. Die vier Evangelisten sind mit ihren Attributen oder Symbolen dargestellt. [3] Um das obere Fries zieht sich die geschnitzte Inschrift:

NACH DEM GESETZ UND ZEIGNUS WERDEN SIE DAS NICHT SAGEN, SO WERDEN SIE DIE MORGENRODE NICHT HABEN. ESAIAAN.

Die Bogenzwickel und auch die einfache Treppenanlage zieren die für die Brenck'sche Werkstatt typischen Engelsköpfe.

Taufstein

Der Taufstein mit seiner achteckigen Schale und den Wappen der Zobel von Giebelstadt und der Truchsesse von Wetzhausen stammt vom Gaukönigshöfer Steinmetz Hans Rappolt aus dem Jahre 1600.

Orgel und Empore

Orgel und Empore in der Georgskirche

Als 1774 Johann Michael Voit aus Schweinfurt die Herchsheimer Orgel schuf, hatte der Orgelbau Hochkonjunktur. Die schmucke Vorderansicht des Orgelgehäuses mit den Prospektpfeifen und den beidseitigen Verzierungen hat sich bis heute erhalten.

In der Georgskirche und Oswaldkirche prägen die dreiseitig, entlang der Außenwand umlaufenden Emporen das Langhaus der Kirchen und kennzeichnen sie als „protestantisch“, weil sie die Bedeutung der „Wortverkündigung“ einzigartig unterstreichen. Die eingeschossig, nachträglich 1773 in den Kirchenraum eingefügte Empore ist eine einfache Holzgalerie, eine Zimmermannskonstruktion aus Holz, getragen von schlichten Holzstützen auf profiliertem Sockel und mit profiliertem Kapitellteil.

Die Blumenornamente und Malereien an Kirchengestühl und Empore aus dem 18. Jahrhundert in der Herchsheimer Kirche sind ein Kleinod besonderer Art. Diese Blumenornamente und Malereien stehen in der Tradition der gotischen Wandbilder, der „Bilderbibeln“ an den Kirchenwänden. Mit dem Einbau der Emporen ging dafür der Platz verloren. Ersatz boten die Brüstungsflächen der Emporen, um im 16./17. Jahrhundert in betonter Abgrenzung zu katholischen Kirchen mit der Darstellung biblisch christologischer Themen von der neuen „reinen“ Lehre Zeugnis zu geben. Als 1773 in Herchsheim eine neue „Emporenkirche“ eingebaut wurde, hatte die Kirchenbaukunst den „Gesamtkirchenraum als künstlerische Einheit“ entdeckt, in der für die belehrenden und erzählenden Wand- und Emporenbilder kein Platz mehr war. Ornamentale und dekorative Malerei ersetzte die obligatorischen biblischen Bilderzyklen. Zeitgleich dürften auch die Darstellung der vier Evangelisten beiderseits der Hl. Dreifaltigkeit am Mittelstück der Emporenbrüstung und die alttestamentarischen Bibeldarstellungen „Simsons Kampf mit dem Löwen“ und „David und Goliath“ sowie das Zobel'sche Wappen an der Herrenloge entstanden sein.

Grablege der Adelsfamilie Zobel

Die Georgskirche ist die Grablege des lutherischen Zweiges der Adelsfamilie Zobel zu Giebelstadt. Bei Heizungsbauarbeiten im Jahr 1936 wurde eine Gruft mit zwei Grabkammern und mehr als zehn Gräbern entdeckt, die überwiegend aus dem 17. Jahrhundert stammen.

An der Nordseite des Langhauses steht das 4,60 m hohe, sandsteinerne Grabmal des Johann Wilhelm Zobel von Giebelstadt. Johann Wilhelm Zobel war kaiserlicher und reichsfränkischer Kürassieroberst und kur- und hochfürstlicher Amtmann zu Röttingen. Die im Sockelbereich angebrachte Inschrift lautet:

AN(N)O 1695 DEN 18 JVNY STARB DER HOCHEDEL / GEBORNER VND GESTRENGER HERR IOHAN(N) WILHELM / ZOBEL VON VND ZV GI(E)BELSTADT DERO RÖM(ISCH) KAYS(ERLICHEN / MAY(ESTÄT) WIE AVCH DES HOCH LÖB(LICHEN) FRÄNCKISCHEN / REICHS KREISSES BESTEL(L)TER OBRISTER ÜBER / EIN REGIMENT CÜRASSI(E)RER GEGEN DEM / ERBFEIND IN HVNGARN CHVR VND HOCH/FÜRSTLICHER (WÜR)TZB(VRGISCHER) AMPTMAN(N) ZV / RÖT(TINGEN DEM)E GOTT GNAD(E) / SEINES (ALTERS 78 J)AHR WENIGER 5 TAG

Seelsorgsgebiet

Das Gebiet der Filiale Georgskirche umfasst lediglich die evangelischen Christen des Ortsteils Herchsheim.

Gottesdienste

Siehe auch

Quellen und Literatur

  • Evangelisch-Lutherische Pfarrkirchen Herchsheim und Giebelstadt - 400 Jahre Reformation 1601 - 2001. Evangelisches Pfarramt Herchsheim-Giebelstadt (Hrsg.), Giebelstadt 2001
  • Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Baudenkmäler in Giebelstadt, Nr. D-6-79-138-48
  • Peter Wamsler: Giebelstadt und Ortsteile - Ein kulturhistorischer Streifzug. Giebelstadt 2005, S. 40

Weblinks

Erläuterungen und Hinweise

  1. Als Altarretabel (das Retabel, von lat. retabulum, sinngemäß „rückwärtige Tafel“, auch Pala) bezeichnet man jeden Altaraufsatz Näheres zu Retabel auf wikipedia.org.
  2. Die Predella (von italienisch für Stufe, Tritt) ist in christlichen Kirchen ein meist hölzerner flacher Sockel auf der Altarmensa, der ein Retabel trägt.Näheres zu Predella auf wikipedia.org
  3. Symbole der Evangelisten:
    Auf vielen Bildern werden die vier Evangelisten mit ihren jeweiligen Symbolen dargestellt: Matthäus mit einem Menschen oder Engel, Markus mit einem Löwen, Lukas mit einem Stier, Johannes mit einem Adler. Diese vier Bilder sind der Offenbarung des Johannes (4, 6) entnommen, wo es in einer Vision des Gottesthrones heißt: „Das erste Lebewesen glich einem Löwen, das zweite einem Stier, das dritte sah aus wie ein Mensch, das vierte glich einem fliegenden Adler.“ Auch die Darstellung der vier Wesen mit Flügeln ist dieser Bibelstelle entnommen. Der Kirchenlehrer Hieronymus (347 bis 419) ordnete die vier Lebewesen den einzelnen Evangelisten zu, indem er auf die Anfänge ihrer Evangelien verwies: Matthäus beginnt mit dem Stammbaum und der Menschwerdung Jesu, daher der Mensch. Markus stellt an den Anfang seines Textes die Bußpredigt des Johannes, der wie ein Löwe seine Stimme in der Wüste erschallen lässt. Lukas berichtet zuerst vom Opferdienst des Priesters Zacharias, so dass der Stier als Opfertier zu seinem Attribut wurde. Und Johannes schließlich beginnt mit dem Prolog über das Wort Gottes und schwingt sich in einer Art „geistigem Höhenflug“ wie der Adler in Höhen, die die anderen nicht erreichen.
    Außer dieser Zuordnung zu den Evangelisten symbolisieren alle vier Wesen in der gemeinsamen Darstellung Jesus Christus selbst, dessen vier wichtigste Heilstaten in den Evangelientexten bezeugt werden: Der Mensch ist Abbild der Menschwerdung, der Stier bedeutet seinen Opfertod, der Löwe die Auferstehung und der Adler seine Himmelfahrt.
    (Quelle: Würzburger katholisches Sonntagsblatt)

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