Würzburg Giant Pop-Festival

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Plakat des „Würzburg Giant Pop-Festivals“

Das Würzburg Giant Pop-Festival war eine musikalische Open-Air-Großveranstaltung, die am 8. Juli und 9. Juli 1972 auf dem Blosenberg stattfand.

Geschichte

Drei Jahre nach dem legendären Woodstock-Festival wollte sich auch Würzburg auf der deutschen Festival-Landkarte verewigen. Als Veranstaltungsort war das Dallenbergstadion geplant und auf den Plakaten angekündigt. Die Stadt Würzburg, damals Eigentümerin der Sportanlage, untersagte den Würzburger Kickers, das Stadion für die geplante Musikveranstaltung unterzuvermieten. Nach der Vereinbarung zwischen der Stadt und den Kickers durfte das Stadion nur für sportliche Zwecke genutzt werden. Ihre Absage begründete die Stadtverwaltung damit, dass bei den erwarteten 20.000 Besuchern der Rasen des noch ziemlich neuen Stadions komplett zerstört werden könnte. Obwohl die Veranstalter keinen Vertrag hatten, starteten sie den Kartenvorverkauf.

Nachdem die Festivalabsage auch überregional Schlagzeilen machte, befasste sich der Stadtrat am 3. Juli, fünf Tage vor Festivalbeginn, mit der Veranstaltung. Der damalige CSU-Fraktionschef Karl Hatzold sprach von Empörung in der Öffentlichkeit, weil das Festival ausgerechnet an Kiliani stattfinden sollte. Der städtische Sicherheitsreferent warnte vor Drogenmissbrauch und hielt es für unmöglich, das Festival im Stadion zu veranstalten. Er berichtete, dass die Stadt den Veranstaltern bereits am 29. Juni ein städtisches 20.000 Quadratmeter großes Grundstück bei den „Sieben Eichen“ zur Verfügung gestellt und zahlreiche Auflagen gemacht habe. Letztendlich lenkte der Stadtrat ein und stimmte dem Festival zu, „wenn es polizeitaktisch möglich“ ist. Drei Hundertschaften Bereitschaftspolizei und 30 Beamte des Landeskriminalamtes sollten dafür sorgen, dass alles in geordneten Bahnen verläuft.

Organisiert wurde das Festival im Haus von Karl-Heinz Wolf, der bis zu seinem Tod im September 2022 direkt am damaligen Konzertgelände wohnte. „Gegen ein kleines Geld“ hatten die Veranstalter ihr Büro in seiner Garage eingerichtet. Joe Cocker nutzte zudem Haus und Garten als improvisierten Backstage-Bereich für sich und seine schillernde Gefolgschaft. Dass die Musik nach 22.00 Uhr nicht nur im benachbarten Heidingsfeld, sondern im gesamten Stadtgebiet zu hören war, sorgte dann auch für ein abruptes Ende. Die Stadt nutzte die fragile Stromversorgung des Festivals zu ihren Gunsten. Noch während Joe Cocker auf der Bühne stand, schaltete sie gegen 1.00 Uhr das Notstromaggregat der Stadtwerke aus und zog damit dem gesamten Gelände den Stecker.

Unter den offiziell 15.000 Besuchern feierten auch einige hundert GI's der US-Army mit den Hippies. Nach Werbung über ihren Radiosender AFN Würzburg waren sie nicht nur aus den Würzburger Kasernen in ihren Armee-Trucks angereist, um ein Stück heimischer Popkultur mitzuerleben. [1]

Am ersten Tag traten vor 15.000 musikbegeisterten Fans die Bands Sixtynine, Frank K., Nazareth, Raw Material, Juicy Lucy und der Sänger Gerry Lockran auf. Auf den Auftritt von Joe Cocker mussten die 15 000 Fans mehrere Stunden warten, ehe er kurz vor Mitternacht auf die Bühne kam und eineinhalb Stunden sang. Zuvor war die Licht- und Tonlage ausgefallen. Am Sonntag traten dann noch Zero, Kin Ping Meh, Odin, Status Quo und Barclay James Harvest auf. Mehrere Bands, die auf dem Plakat angekündigt waren, standen nicht auf der Bühne.

Besonders die Furcht vor ausuferndem Drogenkonsum führte zu weitreichenden Polizeieinsätzen. Die Würzburger Polizei verzeichnete rund um das Wochenende 131 Festnahmen, bei denen unter anderem 7,1 Kilogramm Haschisch gefunden wurden. Ein 22-Jähriger, der wegen 400 Gramm desselben festgenommen wurde, hatte sich in seiner Zelle erhängt.

Festivalgelände

Das Festivalgelände am Blosenberg befand sich auf der Fläche zwischen dem Oskar-Neisinger-Weg, Mittleren Blosenbergweg und Oberen Blosenbergweg, also genau dort, wo heute der geschützte Landschaftsbestandteil Magerrasen am Blosenberg ist. Die Bühne war am heutigen Standort der Wetterstation des Amateurfunk Unterfranken e.V.[1]

Nachspiel

Das Würzburg Giant Pop-Festival führte auf Landesebene sogar noch zu einem Nachspiel: Die Bayerische Regierung verbot Festivals grundsätzlich und „bis auf Weiteres“.

Nicht um kriminelle Auswüchse und Spekulationen (...) ging es dem Bayerischen Innenministerium, als es durch eine „innerdienstliche“ Verfügung, einen Schnellbrief vom 21. Juli 1972, den zuständigen Stellen mitteilte, dass die Erlaubnis zur Veranstaltung von Pop-Festivals auf dem Gebiet des Freistaates Bayern „grundsätzlich versagt werden“ solle. Irgendwer im Bayerischen Staatsministerium des Innern musste auf die Idee gekommen sein, Pop-Festivals könnten unter Umständen den olympischen Frieden stören und die „heiteren“ Spiele in ein Rocker- und Rauschgift-Inferno verwandeln, bei dem die Sicherheit der ausländischen Gäste nicht mehr gewährleistet wäre...
Auch beschränkte man das Verbot plötzlich nicht mehr auf die Olympischen Spiele, „es gilt jetzt auf unbeschränkte Dauer...“. Für seine defensive Politik nannte das Ministerium unter anderem folgende Gründe:
„schwere Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ während des Würzburger Pop-Festivals, „obwohl umfangreiche polizeiliche Vorkehrungen und Maßnahmen getroffen worden waren“, „umfangreichen illegalen Handel und (...) Genuss von Rauschgiften an dem Veranstaltungsort", sowie bedenkliche hygienische Verhältnisse. Mit der ihm eigenen Logik folgerte der Schreiber des Schnellbriefes: „Es muss daher angenommen werden, dass Veranstaltungen dieser Art mit hoher Wahrscheinlichkeit zu verbreitetem Rauschgifthandel und -genuss benützt, dass dabei insbesondere Jugendliche zum Rauschgiftgenuss verleitet werden und dass sonstige Gesundheitsgefahren und schwere Belästigungen der Allgemeinheit auftreten.“ [2]

Siehe auch

Quellen

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Interview mit Zeitzeugen am 16. Juni 2023
  2. ZEIT online: „Ist Rock Drogenmusik?“ (18. August 1972)

Kartenausschnitt

Ehemaliger Veranstaltungsort
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