Sanderbräu
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Die Sanderbräu bzw. Sanderbrauerei war eine Würzburger Brauerei, die sich von 1815 bis 1919/1920 in der Rotlöwengasse auf einem Areal zwischen Sanderstraße und Zwinger befand. Die Braustätte wurde zeitweise mit Sanderbräu Georg Beer & Söhne, Beers Brauerei bzw. Brauerei Beer auch nach den späteren Besitzern benannt.
1919/1920 erwarben die Würzburger Hofbräu und Würzburger Bürgerbräu zu gleichen Anteilen das Braukontingent.
Geschichte
- Auf dem Areal der Sanderbräu befand sich das Ökonomieanwesen Freudenberger Hof, welches an das Domstift und an das Barfüßerkloster zinspflichtig war. Von 1801 bis 1815 befand sich das Anwesen im Besitz von Landesdirektionsrat Ignaz Herz. 1815 erwarb Herz das Braurecht und läutete so den Beginn der Sanderbrauerei ein.
- Die Konzession zum Bierbrauen und Ausschenken verkaufte der Landesdirektionsrat kurz darauf an H. Fuchs und K. Reuter, die eine Brauerei errichteten. 1821 wurden die Anteile des zu diesem Zeitpunkt verstorbenen H. Fuchs an Fr. Neser, da dieser die Witwe heiratete.
- 1838 übernahm Reuters Sohn erst nur die Anteile seines Vaters, dann ab 1848 die Brauerei vollständig, indem er Nesers Tochter heiratete.
- Ab 1854 stand die Brauerei unter wechselnden Besitzverhältnissen, bis 1881 Georg Beer die Brauerei vollständig übernahm. Er hatte in München das Brauwesen erlernt, war dort Besitzer des Gasthofes „Senefelder Hof“ und hatte dementsprechend auch Erfahrung in der Gastronomie.
- Beer renovierte die bis dahin heruntergewirtschaftete Sanderbrauerei und richtete diese neu ein. Um in den Sommermonaten die Kundschaft zu halten, pachtete er schräg gegenüber einen Biergarten. Eine Besonderheit ist, dass Beer der erste Würzburger war, der 1884 mit elektrischem Licht seinen Biergarten beleuchtete und mit dieser Innovation die Aufmerksamkeit vieler Würzburger auf sich zog.
- Einige Jahre später erhielt die Brauerei eine Kühlanlage und eine Eismaschine - der elektrische Strom machte es möglich.
- 1897 erfolgte der Umbau der Gastronomie.
- 1905 erbaute Beer eine vollständig neue Brauerei mit modernster Technik: An der Rotlöwengasse stand das hochgewölbte Malzhaus mit der gedrehten Schornsteinklappe, am Eck die Gastwirtschaft mit Parterre und niederem Stock darauf. Gegenüber am Zwinger befand sich der Sanderbräu-Biergarten.
- 1919/1920 endete die Ära der ältesten in Privatbesitz befindlichen Brauerei Würzburgs: Die Würzburger Hofbräu und die Würzburger Bürgerbräu erwarben zu gleichen Anteilen das Braukontingent. Die Brauerei wurde geschlossen - die Gastronomie dagegen weiterbetrieben.
Erstes elektrisches Licht
Georg Beer beleuchtete als erster Würzburger ab 1884 seinen Biergarten mit elektrischem Licht. Die Glühlampe wurde von einem Gleichstromgenerator angetrieben, der heute als Museumsexponat im Historischen Archiv der WVV steht. Bei der Würzburger Bevölkerung erzielte die Innovation eine hohe Aufmerksamkeit. So schreibt Max Dauthendey in seinem Werk „Der Geist meines Vaters“:
- „Als die erste elektrische Bogenlampe Anfang der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts in Würzburg eines Abends in dem Garten einer großen Brauerei vor der Stadt scheinen sollte, lief ich als Schulknabe nachts heimlich aus dem Hause, um dieses Licht zu sehen, vom dem mein Vater lange vor der Einführung preisend gesprochen hatte.
- Meine jüngste Schwester, die eben aus London gekommen war, wo sie das elektrische Licht zum erstenmal [sic!] gesehen, hatte mir nicht genügend erklären können, ob dieses neue Licht so hell wie wirkliches Tageslicht oder nur so hell wie der Mondschein sei.
- Es war wohl eine Viertelstunde Entfernung von unserer Wohnung in der Kaiserstraße bis in das Stadtviertel, wo das erste Licht strahlen sollte. Unterwegs sah ich immer den Himmel an. Ich dachte mir die Bogenlampe müsste wie ein Nordlicht leuchten und man müßte den Schein von einer Lampe schon über alle Dächer sehen.
- Als ich dann endlich nach vielen Fragen und atemlosem Laufen den Gartenzaun des Brauereigeländes erreicht hatte und an einem hohen Mast nur eine weißleuchtende Glaskugel im Sommerabend hängen sah, war ich sehr ernüchtert. Viele Leute standen mit mir am Zaun und sahen in die Luft auf das neue Licht, an dem, so fand ich, nicht viel zu sehen war. Sehr enttäuscht schlich ich mich nach Hause.“
Heutige Situation
Heute steht ungefähr anstelle der Brauerei ein FH-Gebäude, der ehemalige Biergarten ostseitig der heutigen Münzstraße am Zwinger ist heute ein Parkplatz für Zweiräder. Ein paar Bäume des Biergartens sind erhalten geblieben.
Siehe auch
Quellen
- Thomas Memminger: Würzburgs Straßen und Bauten. 2. Auflage, Gebrüder Memminger Verlagsbuchhandlung, Würzburg 1921, S. 326
- Albert Gieser: Unternehmensgeschichte
- Angaben von Willi Dürrnagel
Kartenausschnitt
- Ehemaliger Standort der Brauerei