Kalkofen Fuchsenmühle (Hohestadt)

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Kalkofen unterhalb von Hohestadt

Der Kalkofen an der Fuchsenmühle ist ein Baudenkmal im Ochsenfurter Stadtteil Hohestadt. Bei dem Schachtofen handelt es sich um einen der größten noch erhaltenen Kalköfen Süddeutschlands.

Standort

Die ehemalige Kalkbrennerei steht östlich oberhalb der Fuchsenmühle und oberhalb des Gaubahn-Radweges im Hangbereich. Südlich des Kalkofens liegt der Ort Hohestadt. Im Umfeld befinden sich mehrere aufgelassene Steinbrüche.

Geschichte

Die Steinindustrie um Ochsenfurt siedelte sich erst nach dem Anschluss an die Bahn in den 1870er Jahren (Steinwerke Krämer und Gresser) an. [1] Aus einem Gemeindeprotokoll der früheren politischen Gemeinde Hohestadt ist überliefert, dass der Kalkofen nach dem 2. Juli 1922 und damit Anfang der 1920er Jahre errichtet wurde. Der Architekt Dietrich Oechsner aus Duisburg zeichnete sich für die Planung und Umsetzung des Kalkofens in der Gemarkung Hohestadt verantwortlich. Dokumentiert ist in dem Gemeindeprotokoll, dass für den Bau der Anlage Grundstücke von unterschiedlichen Privatpersonen abgetreten wurden. Die Gemeinde Hohestadt stellte wiederum ein Grundstück für eine Durchfahrt zur Verfügung und erhielt dafür im Gegenzug eine finanzielle Entschädigung. Einmalig musste eine Entschädigung von 2.000 Mark für die beim Durchbruch anfallenden Steine gezahlt werden, darüber hinaus wurde eine jährliche „Anerkennungsgebühr“. [2] 1986 wurde der Kalkofen unter Denkmalschutz gestellt.

Baubeschreibung

Bei dem denkmalgeschützten Kalkofen handelt es sich um einen etwa 20 Meter hohen, zylindrischen Schachtofen, der über teils gewölbeähnlichen Substruktionen [3] errichtet wurde. Der Kalkofen mit Ofenfundament ist größtenteils in Kalkbruchstein (heimischer Muschelkalk) ausgeführt. Die Brennkammer und die beiden Öffnungen für die Befeuerung bestehen aus Schamottmauerwerk. Massive Eisenringe (Ringanker) auf unterschiedlichen Höhen rund um den Schachtofen verliehen dem Bauwerk bei hohen Temperaturen im laufenden Betrieb Stabilität. Im Gegensatz zu anderen Kalköfen im Landkreis ist der Schachtofen nämlich freistehend und nicht in den Hang gegraben. Die Ringe konnten dank einer Steigleiter an der Südostseite des Turms überprüft und gegebenenfalls nachgespannt werden. Gut sichtbar sind außerdem mehrere Luftlöcher im Turm (Windöffnungen) sowie die Öffnungen für die Befeuerung. Letztere waren ursprünglich beide mit Eisentüren versehen, die jedoch nur noch teilweise erhalten sind.

Bei der Befüllung des Schachtofens machte man sich die topographischen Gegebenheiten des Geländes zu Nutze: Über eine mit Schmalspur-Gleis versehene Brücke wurde der Ofen einst von dem höhergelegenen Teil des Hanges mit Hilfe von Kipploren beschickt. Während die Brückenrampe und Gleisreste - darunter auch eine kleine Drehscheibe - noch weitestgehend erhalten sind, zeugen vom einstigen Brückenbauwerk gegenwärtig lediglich noch die Fundamente.

Wenige Meter nördlich des Turms ist eine motorbetriebene Siebtrommel neuzeitlichen Datums noch inklusive Beton-Fundament erhalten.

Funktion

Anhand des technischen Kalkkreislaufs mit den drei beteiligten chemischen Stoffen lässt sich der Prozess des Kalkbrennens nachvollziehen.

Der Kalkofen an der Fuchsenmühle ist ein Brennofen zur Herstellung von Branntkalk (Calciumoxid bzw. CaO) aus Kalkstein (Calciumcarbonat bzw. CaCO3), der dann wiederum zu Löschkalk (Calciumhydroxid bzw. Ca(OH)2) bzw. Kalkmörtel weiterverarbeitet werden konnte. Der Betrieb des Kalkofens war ein sehr zeit- und arbeitsintensives Vorhaben, das einerseits reichlich Füll- und Brennmaterial, andererseits aber auch ein fundiertes Wissen über das Kalkbrennen voraussetzte. Folgende Arbeitsschritte wurden durchgeführt: [4]

  • Befüllen des Kalkofens: Schon das Befüllen des Kalkofens nahm sehr viel Zeit in Anspruch und trug wesentlich dazu bei, ob der Brennvorgang erfolgreich verlief. Zunächst wurde mit einem Gitterrost ein Gewölbe über der Feuerung an den unteren Öffnungen errichtet, über die der Kalkofen später angezündet werden konnte. Über dem Gewölbe wurde die Brennkammer - unter Zuhilfenahme von Kipploren - komplett mit dem Brennstoff und natürlichen Kalksteinen befüllt, wobei die größeren Steine unten und die kleineren Steine oben im Schacht platziert wurden. Bei den Muschelkalk-Steinen handelte es sich um Lesesteine aus den benachbarten Weinbergen und um gebrochenes Material aus den Steinbrüchen.
  • Befeuerung und Austreiben von Wasser: Über die unteren Öffnungen wurde der Kalkofen im nächsten Schritt befeuert. Der bis oben mit Kalksteinen und Koks gefüllte Schacht wurde zunächst nicht abgedeckt, so dass den Steinen zunächst das Wasser entzogen wurde. Das Volumen der Kalksteine nahm dadurch bereits leicht ab.
  • Abdecken und Durchglühen: Nach einer gewissen Zeit konnte das Gestein in der Brennkammer oben mit Lehm abgedeckt werden. Beim Brennvorgang entwickelten sich Temperaturen von etwa 900 bis 1.200°C und es wurde reichlich CO2 freigesetzt. Somit setzte ein chemischer Vorgang ein, der einen Teil des technischen Kalkkreislaufes (Umwandlung von natürlichem Kalkstein) darstellt. [5] Der Brennvorgang dauerte je nach Witterung etwa vier bis fünf Tage.
  • Abkühlen und Entnahme des Branntkalks: Das Abkühlen des Ofens nahm viel Zeit in Anspruch. Der Branntkalk (auch als „ungelöschter Kalk“ bezeichnet) konnte daraufhin unten aus dem Schacht entnommen werden. Kalksteine die nicht oder nicht vollständig durchgebrannt waren, wurden als Hünde bzw. Kälber bezeichnet. Diese mussten aussortiert werden.
  • Weiterverarbeitung: Die gewonnene Branntkalk (auch als „ungelöschter Kalk“ bezeichnet) wurde in Behältnissen mit sehr viel Wasser abgelöscht, wodurch sich das Volumen verdreifachte. Das ergab den Löschkalk („gelöschter Kalk“) bzw. Sumpfkalk. Je nach Mischungsgrad gibt es verschiedene Benennungen: Sumpf- oder Fettkalk wird die zähe teigig-joghurtartige Suspension genannt, die nur wenig Wasser enthält. Verdünnt man diese weiter, so spricht man von Kalkschlämme und erhält dann breiig-milchige Kalkmilch, die als Kalkfarbe verwendet werden kann. [6] Abgebunden mit Sand entstand Kalkmörtel. Der Kalkofen Fuchsenmühle diente in erster Linie der Produktion von Kalkmörtel.

Heutige Situation

Der Kalkofen und dessen Unterbau sind in weitestgehend gutem Zustand erhalten und zugänglich, so dass sich deren ursprüngliche Funktion noch gut erahnen lässt. Am Bauwerk zeigen sich jedoch auch schon deutlich Spuren des Verfalls. Ein Metallring des Schachtofens liegt bereits abgerissen am Boden, die einstige Brücke ist nicht mehr vorhanden. Erklimmt man über Treppenstufen den Hang, so stößt man oberhalb des Ofens auf Gleise der Kipploren und Zuwege für das Material für den Betrieb des Kalkofens (Kalksteine, Brennstoff). Über das Gelände verteilt liegen noch einige Utensilien der Kalkgewinnung. Die Natur erobert sich das Gelände größtenteils zurück.

Bildergalerie

Siehe auch

Quellen

Weblinks

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Auskunft Stadtarchiv Ochsenfurt
  2. Günter Jäger: Rund um die Ochsefurder Steebrüch. Arbeitskreis Geschichte der Stadt Ochsenfurt, 2013, S. 33
  3. Substruktion (lat. substructio: „Unterbau“) ist ein in der Archäologie und der Architektur üblicher Fachausdruck für die Unterbauten eines Gebäudes, in diesem Fall eines Schachtofens.
  4. Wikipedia: Kalkofen
  5. Technischer Kalkkreislauf in Wikipedia
  6. Sumpfkalk in Wikipedia

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