Josef Kentenich

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P. Josef Kentenich SAC (1956)

P. Josef Kentenich SAC (* 16. November 1885 in Gymnich bei Köln; † 15. September 1968 in Schönstatt) war Pallottinerpater und Gründer der Schönstattbewegung.

Geistliche Laufbahn

Nach dem zweijährigen Noviziat studierte er von 1906 bis 1911 im Missionshaus der Pallottiner in Limburg an der Lahn katholische Theologie. Am 8. Juli 1910 empfing er in Limburg die Priesterweihe. Am 18. September 1911 wurde er Lehrer in Ehrenbreitstein. Von 1912 bis 1919 wirkte er als Spiritual am Studienkolleg der Pallottiner in Vallendar am Rhein. Am 19. April 1914 gründete er dort zusammen mit einigen der ihm anvertrauten Studenten eine Marianische Kongregation, aus der das heutige Schönstattwerk hervorging. Am 1. Oktober 1926 gründete Kentenich die Schönstätter Marienschwestern als erstes Säkularinstitut.

Nach der Einweihung vom Exerzitienhaus Himmelspforten in der Zellerau 1926 florierte der Betrieb, weil Seelsorger wie Pater Josef Kentenich zu den Kursleitern zählten, die Interessenten aus ganz Deutschland in das Haus lockten. Wegen seiner strikt ablehnenden Haltung dem Nationalsozialismus gegenüber wurde Kentenich am 20. September 1941 in Koblenz von der Gestapo verhaftet und am 13. März 1942 in das Konzentrationslager Dachau überstellt, wo er bis zum 6. April 1945 inhaftiert war. Nach einer bischöflichen Visitation des Säkularinstituts durch den Trierer Weihbischof 1948 kritisierte er dessen Visitationsbericht so stark, dass er 1951 aus Europa verbannt wurde und ins Exil in die USA ging und erst nach einer Audienz bei Papst Paul VI. im Jahr 1965 vollständig rehabilitiert wurde. 1962 wurde das Schönstattzentrum Marienhöhe in Würzburg eröffnet.

Vorwurf von Regelverstößen und Übergriffen

Die Kirchenhistorikerin Alexandra von Teuffenbach veröffentlichte im Herbst 2020 Dokumente aus dem Limburger Provinzarchiv der Pallottiner; in einer zweiten Veröffentlichung sollten vatikanische Akten zur Visitation Tromps folgen. Die Unterlagen waren bisher nicht öffentlich zugänglich, aber sehr wohl intern bekannt. Von Teuffenbach legt dabei den Schwerpunkt auf die teilweise unter Eid gemachten Aussagen von betroffenen Frauen. Kentenich werden zahlreiche Regelverstöße vorgeworfen, wie Machtmissbrauch, unzulässige Beichtpraktiken und körperliche Berührungen. Sie warf Kentenich sexuell-körperlichen Missbrauch [1] vor. Mehrere Schwestern hätten beschrieben, wie unpassend und unangenehm ihnen die körperliche Nähe schien, die Kentenich wiederholt suchte. Mit dem Zwang, dass Schwestern ihren Beichtvater nicht selbst wählen konnten, sondern bei ihm beichten mussten, verstieß er gegen das kirchenrechtliche Verbot der Vermischung von Leitungsgewalt und Beichte. Über Bischöfe, Ordensobere und externe Priester äußerte sich Kentenich den Dokumenten zufolge abfällig; wer Kentenichs Machtanspruch als „Vater“ und den um ihn getriebenen Personenkult in Frage gestellt habe, sei isoliert worden. [2]

Die Reaktionen seitens der Schönstattbewegung auf diese Veröffentlichungen sind uneinheitlich. Die Leitung der Schönstätter Marienschwestern nannte die Dokumentation „offensichtlich einseitig“ und forderte am 28. Oktober 2020, die Glaubhaftigkeit der Aussagen und die dahinter liegenden Motive umfassend zu untersuchen. Von Teuffenbach verwies darauf, dass „das Archiv der Marienschwestern für alle, besonders aber für wissenschaftliche Forschung verschlossen“ sei. [3] Im Gegensatz zu den Marienschwestern erklärte der Vorsitzende des Generalpräsidiums von Schönstatt International, Pater Juan-Pablo Catoggio, am 30. Oktober 2020 in einem Schreiben an alle Mitglieder, die Zeugnisse aus dem Seligsprechungsprozess seien bisher nur den verantwortlichen Personen bekannt gewesen und daher für die Schönstatt-Bewegung „neu und schockierend“. Die Bewegung habe keine Angst vor der Wahrheit und werde sich einer gründlichen historischen Aufarbeitung der Vorwürfe gegen Kentenich stellen. [4] Das Säkularinstitut der Schönstätter Marienschwestern verwahrte sich gegen eine „Vorverurteilung“ Kentenichs und versuchte, die Buchveröffentlichung Teuffenbachs mit juristischen Mitteln zu unterbinden. [5]

Das Bistum Trier, in dem der Gründungsort und das heutige Zentrum der Schönstatt-Bewegung in Vallendar liegt, berief im März 2021 eine Expertengruppe ein, die den durch die Archivfunde Teuffenbachs offengelegten Vorwürfen geistlichen, emotionalen und körperlich-sexuellen Missbrauchs nachgehen solle; dabei sollte auch bis dahin nicht zugängliches Archivmaterial berücksichtigt werden. Der Kommission gehörten Wissenschaftler (Kirchenhistoriker, Pastoraltheologen, Religionspädagogen) sowie Vertreter der Pallottiner und der Schönstatt-Bewegung an, nicht jedoch Alexandra von Teuffenbach. [6]

Untersucht werden sollten auch Vorwürfe, die sich auf Vorfälle in Kentenichs Zeit in Milwaukee beziehen. Dort soll er einen Mann zwischen 1958 und 1962 sexuell missbraucht haben. [7] Die Vorwürfe seien der Erzdiözese Milwaukee ab 1994 bekannt gewesen und auch untersucht worden, erklärte der Trierer Bischof Stephan Ackermann. [7] Das dortige kirchliche Gericht habe damals keinen Anlass gesehen, die Sache weiter zu verfolgen. Das Bistum Trier habe die Gerichtsunterlagen im Rahmen des Seligsprechungsverfahrens erhalten und als „stimmig“ erachtet. [7] Der Fall müsse jetzt noch einmal neu bewertet werden, um zu prüfen, „ob die damalige Untersuchung auch nach heutigen Kriterien als ausreichend betrachtet werden kann, oder ob Aspekte unberücksichtigt geblieben sind, die für eine abschließende Bewertung unbedingt noch mit einbezogen werden müssen“. [8]

Mit Beendigung des bischöflichen Seligsprechungsverfahrens im Frühjahr 2022 zog sich das Bistum Trier schließlich ganz aus der Kentenich-Forschung zurück und verzichtete auf die Einsetzung einer weiteren Historikerkommission, wie sie die Seligsprechungsregularien vorsehen, da die weitere Forschung nicht kirchlich bestimmt sein dürfe und sonst als interessengeleitet wahrgenommen werden könne. [9]

Seligsprechungsverfahren

Am 10. Februar 1975 wurde in Trier der Seligsprechungsprozess für Josef Kentenich eröffnet. Von 1996 bis 2016 war der Schönstatt-Pater Ángel Lorenzo Strada Postulator im Seligsprechungsverfahren Kentenichs. Der 1939 geborene Argentinier hatte ihn noch persönlich kennengelernt. Bereits 2016 hatte er in einem Interview eingeräumt, für den Seligsprechungsprozess müsste „auf ein Bild unseres Gründers, wo alles vollkommen ist, wo von Anfang an Heiligkeit da war“, verzichtet werden: „Dieser Kentenich hat nicht existiert.“ [10] Stradas Nachfolger wurde der Chilene Eduardo Aguirre Cancino, der ebenfalls zu den Schönstatt-Patres gehört. [11]

Im Mai 2022 teilte das Bistum Trier mit, dass Bischof Ackermann wegen der Anschuldigungen, die noch nicht entkräftet werden konnten, das Seligsprechungsverfahren ausgesetzt habe; das Bistum werde das Verfahren nicht aktiv fortführen. Nötig sei zunächst eine vertiefte externe Forschung zu Person und Wirken von Josef Kentenich. [12] Das auf den 3. Mai datierte Dekret über die Aussetzung des Seligsprechungsverfahrens für Pater Josef Kentenich wurde zwei Monate später im Wortlaut veröffentlicht. [9] Der Postulator Aguirre führte die Entscheidung des Bistums auf den öffentlichen Druck zurück und wehrte sich noch im Herbst 2022 öffentlich gegen die Vorwürfe. In einer Predigt zum 54. Todestag Kentenichs zeigte er sich überzeugt, dass der Schönstatt-Gründer voll entlastet und das Seligsprechungsverfahren künftig wiederaufgenommen werden könne. [13]

Posthume Würdigung

Nach ihm wurde nach seinem Tod der Josef-Kentenich-Weg in der Marktgemeinde Randersacker benannt.

Siehe auch

Quellen

Einzelnachweise

  1. Alexander Pitz: Historikerin über Kentenich: „Es ist noch lange nicht alles bekannt“. In: katholisch.de. 4. Mai 2022.
  2. Felix Neumann: Aussagen von Betroffenen und Zeugen belasten Schönstatt-Gründer schwer. Kentenich und seine Schwestern: „Vater darf das“. In: katholisch.de. 26. Oktober 2020.
  3. Felix Neumann: Teuffenbach widerspricht Schönstatt: Dokumentation nicht „einseitig“. In: katholisch.de. 2. November 2020.
  4. Felix Neumann: Schönstatt-Generalpräsidium: „Wir haben keine Angst vor der Wahrheit“. In: katholisch.de. 26. Oktober 2020.
  5. Aleja Slaughter, Bernd Biberger: Rechtliche Schritte gegen die Buchveröffentlichung von Dr. Alexandra von Teuffenbach. In: schoenstatt.de. 6. März 2021.
  6. Felix Neumann: Causa Kentenich: Bischof setzt Experten statt Historikerkommission ein. In: katholisch.de. 5. März 2021.
  7. 7,0 7,1 7,2 Kentenich: Historikerin fordert von Bistum Trier umfassende Aufklärung. In: katholisch.de. 23. März 2021.
  8. Felix Neumann: Ackermann: Neuer Missbrauchsvorwurf gegen Kentenich wird untersucht. In: katholisch.de. 10. März 2021.
  9. 9,0 9,1 Seligsprechungsverfahren für Pater Kentenich ausgesetzt. In: schoenstatt.org. 3. Mai 2022.
  10. Felix Neumann: Ehemaliger Kentenich-Postulator: Es gab kein Rehabilitierungs-Dekret. In: katholisch.de. 15. Juli 2020.
  11. Juan Pablo Catoggio: P. Eduardo Aguirre neuer Postulator des Seligsprechungsprozesses von Pater Josef Kentenich. Schönstattbewegung, 12. Dezember 2016.
  12. Felix Neumann: Bischof Ackermann setzt Kentenich-Seligsprechung vorerst aus. In: katholisch.de. 3. Mai 2022.
  13. Felix Neumann: Postulator hält Kentenich-Seligsprechung weiter für möglich. In: katholisch.de. 28. Oktober 2022.
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