Austragshaus des Rosenhofes Hauptstraße 38 (Zell a. Main)

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Lage des Austragshauses im Urkatasterplan von 1832

Das Austragshaus des Rosenhofes Hauptstraße 38 ist ein historisches Gebäude aus dem 17. Jahrhundert in der Marktgemeinde Zell a. Main[1]

Lage

Das Gebäude befindet sich in der Hauptstraße 38 in unmittelbarer Nachbarschaft zum Gasthaus Hotel Rose.

Geschichte

Im Katasterplan von 1832 ist das Haus als Nr. 115 verzeichnet.

Im Schatzungsbuch von 1829 steht dazu folgender Eintrag: Schwarz, Peter, Wittib / Ein halbes Wohnhaus Nr. 115 (Gemeinde Zell, Schatzungsbuch 1829, f. 6).

Kunsthistorische Einordnung

Bei dem Gebäude Hauptstraße 38 handelte es sich ursprünglich nicht um eine eigenständige Wohneinheit. Es war ein Austragshaus - auch als Auszugs-, Geding- oder Abnahmehaus bezeichnet -, also der Alterssitz der Altbauern eines größeren landwirtschaftlichen Anwesens. Südlich davon stand der Vorgängerbau der Rose. Austrags- und Haupthaus waren wohl durch eine Toranlage verbunden. Der Zugang in das Austragshaus erfolgte deswegen nicht von der Hauptstraße, sondern vom südlich gelegenen Hof aus, in dem laut Archivalien außerdem Scheune und Stallungen lagen.

Bei der Datierung hilft ein Blick auf ein Gebäude im Fränkischen Freilandmuseum Bad Windsheim: Die Fachwerkkonzeption des 1668 errichteten Weinbauernhauses aus Retzstadt (Landkreis Main-Spessart) stimmt weitgehend mit der des Zeller Gebäudes überein. Bei beiden Gebäuden sind kräftige Hölzer, deren Hauptmotiv das durch Streben gebildete "W" ist, und profilierte Rähmbalken die entscheidenden Gestaltungselemente des streng symetrischen Fachwerkgefüges.

Eine Vorstellung von der Anlagekonzeption des Hofes am Standort der heutigen Rose gibt der Dreiseithof in Gerlingen (Baden-Württemberg) in der Weilimdorfer Straße 5. Austrags- und Haupthaus sind durch eine Toranlage verbunden. Im Hof stehen Ställe und Scheune. Die Größe des Austragshauses erlaubt Rückschlüsse auf die Größe des Haupthauses.

Baugeschichte

Archivalische Quellen

Die Baugeschichte des Austragshauses ist nur im Zusammenhang mit dem südlich anschließenden Gasthaus Rose zu verstehen. Dieses wurde 1751 von Christopher Fleischmann als Handelshaus errichtet. Keller, Brunnenstube, Sockelbereich und Unregelmäßigkeiten im Fassadenaufbau zeigen, dass dabei ein Vorgängerbau integriert wurde. Auch die Archivalien belegen dies. In einem Würzburger Kopialbuch wird im Zuge einer Grenzsteinsetzung für das Jahr 1745 ein größeres Anwesen des Weinhändlers Martin Fleischmann in diesem Quartier beschrieben: Martin Fleischmann weinhändler mit haus und hof scheweren und ain gehorung stallung (Stadtarchiv Würzburg, HV 217/1, S. 442). Zusätzlich hatte sein Sohn Christopher weiteren Besitz im gleichen Quartier erworben. Erwerb und Besitz bilden Voraussetzungen für die Errichtung des Weinhändlerpalais, dem jetzigen Gasthaus Rose.

Baugeschichte

Ein zugesetztes Kellerfenster des Vorgängerbaus (roter Pfeil). Das Mauerwerk besteht in diesem Bereich aus großformatigen, gelben Muschelkalkquadern. Ab dem Bereich des Haupteingangs kommt es bis zum nördlichen Gebäudeende zu einem auffallenden Materialwechsel aus Backsteinen und schiefigem, bläulichen Muschelkalk (blauer Pfeil).

Das Austragshaus ist im Kontext des Gasthauses Rose bzw. seiner Vorgängerbauten zu sehen wie auch der Familie Fleischmann, die zu den bedeutendsten Weinhändlern Frankens gehörten. Als Teil des Rose-Ensembles vermittelt dieses Austragshaus darüber hinaus eine Vorstellung davon, wie das südlich gelegene Haupthaus bis 1751 aussah. Zugleich ist dieses Gebäude Zeuge dafür, wie die Bebauung dieses Quartiers vor seiner barocken Umgestaltung aussah und wo sich damals das Niveau der Hauptstraße befunden hatte. Es ist aus diesen Gründen und als letztes Zeller Austragshaus aus dem 17. Jahrhundert äußerst schützenswert.

Der Umstand, dass hier ein Austragshaus errichtet wurde, erklärt nicht nur, warum das Häuschen kein Hauszeichen hat - dieses befand sich am Haupthaus -, sondern auch, weshalb so hochwertige und teure Materialien verwendet wurden. Man werfe einen Blick auf den nördlichen eichenen Eckpfosten. Er ist 32 cm breit! Genauso breit ist auch der reich profilierte Rahmbalken zwischen Erdgeschoss und Dachgeschoss.

Ein farbenfrohes Haus: Der reich profilierte Rähmbalken zeigt verschiedene Farbfassungen. Die Erstfassung in Ochsenblutrot ist von einer blauen und diese von einer grünen und gelben Farbschicht überdeckt. Die Aussparungen am Rähmbalken im oberen Fensterbereich geben den Hinweis auf den Aufbau der geohrten Fensterrahmungen (roter Pfeil).

Charakteristisch für die Fachwerkwand bzw. das Fachwerkhaus ist die Konstruktion in Holzskelettbauweise. Waagrechte, senkrechte und zur Aussteifung notwendige diagonale Holzstreben bilden das Tragwerk; die dadurch entstandenen Zwischenräume werden Gefache genannt. Die Gefache (1) sind - wie bei diesem Austragshaus - meist mit Stroh, Lehm, einem Gemisch davon oder mit Ziegeln ausgefüllt. Meist weist die Fachwerkwand auf einer Seite eine geschlossene Putzschicht auf - vorzugsweise innen. Beschädigte Gefache sind aufgrund der o.g. Bauweise leicht zu reparieren.

Städtebaulicher Kontext

Beachtenswert ist der städtebauliche Kontext, in dem das Austragshaus steht: Die jüngsten Gebäude zwischen der Kirchgasse und dem Andreas-Wiesen-Palais wurden um 1900 errichtet. Das älteste ist das um 1660 erbaute Austragshaus. Auffallend ist der Wechsel von kleinen giebelständigen (rote Pfeile) und mächtigen, traufständigen Weinhändlerpalais:

  • 1 = Valentin Wiesen (1708)
  • 2 = Theodor Heimbach (1794)
  • 3 = Seitz-Haus (um 1700)
  • 4 = Christopher Fleischmann (1751)
  • 5 = Andreas Wiesen (1744)
Fast auf allen historischen Postkarten, auf denen das Gasthaus Rose, das ehemalige Weinhandelshaus von Christoph Fleischmann, dargestellt ist, ist auch sein kleiner Begleiter, das Rosenhäuschen zu sehen.

Die unterschiedlichen Höhenniveaus der Stockwerkgesimse (rote Pfeile) sind dem kontinuierlichen Ansteigen des Straßenniveaus geschuldet und somit ein Indikator für das Alter der Gebäude. Selten lässt sich dies so anschaulich beobachten.

Trotz seiner geringen Größe kann das Austragshaus sich zwischen den weitaus größeren Palais nicht nur behaupten, ja es fällt durch sein unaufdringliches Anderssein sogar auf. Giebelständig und nicht traufseitig auf die Hauptstraße ausgerichtet korrespondiert die qualitätsvolle Fachwerkkonstruktion mit der klaren Gliederung der Weinhandelshäuser.

Quellen und Literatur

  • Dr. Christian Naser
  • Konrad Bedal, Simon Kotter, Herbert May, Beate Partheymüller: Häuser aus Franken - Museumshandbuch für das Fränkische Freilandmuseum des Bezirks Mittelfranken in Bad Windsheim. 7., vollständig überarbeitete, erweiterte und neu gestaltete Auflage 2019, S. 190 ff., ISBN: 978-3-946457-06-0

Erläuterungen und Hinweise

  1. Mit Austragshaus wird ein auf einer Hofstätte errichtetes kleineres Gebäude bezeichnet, das für die Altbauern (Altenteiler) errichtet wurde und nach der Übergabe des Hofes an die Erben jenen als Wohnstätte dient. Die Übergabe des Hofes wird durch einen Vertrag geregelt, der in Bayern als Austrag bezeichnet wird, da der bisherige Besitzer aus den Büchern „ausgetragen“ wird. Weitere Informationen bei Wikipedia [1].

Kartenausschnitt

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