Einsturz des Ostflügels der Burg Brattenstein 1971

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Einsturzort der Burg Brattenstein 1971

Der Einsturz des Ostflügels der Burg Brattenstein 1971 war ein tödlich verlaufender Unglücksfall in der Stadt Röttingen.

Geschichte des Ostflügels

Seit Entstehung der Burg diente der Osttrakt der Burg Brattenstein nacheinander vornehmlich als Herrensitz, Amtskellerei, in der alle Naturalabgaben der bischöflichen Holden abzuliefern waren und als Dienstwohnung des fürstbischöflichen Amtmannes. Im Königreich Bayern war dort das Königlich-Bayerische Rentamt untergebracht und in der Zeit des Nationalsozialismus ein Reichsarbeitsdienstlager. Nach dem Zweiten Weltkrieg befand sich im Gebäudeflügel ein Durchgangslager für Kriegsflüchtlinge.

Vorgeschichte des Einsturzes

Seit 1. Mai 1955 wurde in der Etage unter dem Dachgeschoss des Osttraktes der Burg eine Kleiderfabrik eines Miltenberger Unternehmens betrieben, in der Ende Oktober - Anfang November 1971 vier Männer und 42 Frauen beschäftigt waren, die an insgesamt 62 elektrisch betriebenen Nähmaschinen, jede mit einem Gewicht von etwa 60 kg und an sechs elektrisch betriebenen, mit Dampf gespeisten Bügelpressen gearbeitet hatten. Die Bügelpressen wogen zwischen 150 und 450 kg je Presse.

Neben dem Osttrakt der Burg befand sich der sogenannte Hundezwinger, der in späterer Zeit erbaut worden war. Der Hundezwinger war 2,50 m hoch, 4,00 m breit und 24,80 m lang. Seine Umfassungsmauern hatten keine Fundamente und waren stumpf, d. h. ohne jede Verbindung an den Osttrakt der Burg angeschlossen. Zu einem unbekannten Zeitpunkt wurde der Hundezwinger aus nicht bekannten Gründen etwa 1,70 m hoch mit Erde ausgefüllt. Nach einem Beschluss des Stadtrates von Röttingen sollte anstelle des Hundezwingers eine Garage für einen Sanitätszug errichtet werden. Da die Burg Brattenstein unter Denkmalschutz stand, wurde der Stadt zur Auflage gemacht, die Längsmauer des Hundezwingers für diese Garage mit heranzuziehen.

Chronik des Unglücks

Mit dem Ausräumen des Hundezwingers mit einem Schaufelbagger, Caterpillar 933 F, wurde am Nachmittag des 3. November begonnen. Dabei sind die baufälligen Umfassungsmauern eingefallen. Der Schaufelbagger hatte seine Arbeiten gerade beendet, als nach Beendigung der Mittagspause, kurz nach Wiederaufnahme der Arbeiten in der Kleiderfabrik, am 5. November um 13.10 Uhr, die talseitige Längswand der Burg auf eine Länge von unten etwa 12 m und oben etwa 9 m einstürzte. Dabei wurden von der 46-köpfigen Belegschaft dreizehn Frauen verschüttet, von denen vier nur noch tot geborgen werden konnten.

Bildergalerie des Unglücks

Unglücksursache

Es wurde zunächst angenommen, dass der mit Erde gefüllte Hundezwinger mit aktivem horizontalem Erddruck eine zusätzliche Stützung des talseitigen Kellergewölbewiderlagers der Burg hätte bilden sollen und dass nach Wegnahme der Erdschüttung das Widerlager auf der Talseite nachgegeben habe und die Burg dadurch eingestürzt ist. Es ist nicht auszuschließen, dass die nicht unerheblichen Erschütterungen des Schaufelbaggers beim Wegräumen des Hundezwingers den Einsturz der Burg zwar ausgelöst, aber niemals verursacht haben konnten. Nach dem Einsturz der Burg zeigte sich, dass im jahrhundertealten Mauerwerk der bindende Mörtel seine Bindekraft verloren hatte, nicht zuletzt durch die 16 Jahre anhaltenden Schwingungen der 62 Nähmaschinen. In dem Verfall des inneren Mörtels dürfte auch das Zusammenrütteln der Füllsteine durch die Schwingungen der Nähmaschinen und somit die eigentliche Ursache des Einsturzunglückes zu suchen sein. Kurz vor dem Einsturz habe sich nach Augenzeugenberichten die talseitige Längswand der Burg nach außen hin ausgebeult, Erst nachdem die senkrechte Belastung durch den oberen Teil der talseitigen Längswand gefehlt habe, hat das Gewölbewiderlager nachgegeben und der Ostflügel sei vollends eingestürzt.

Konsequenzen aus dem Unglück

Das Ergebnis der Untersuchung wurde von Sicherheitsexperten und Bauingenieuren bei Statikberechnungen in der Weise übernommen, dass bei der Standortplanung schnelldrehender Großmaschinen Schwingungsfachleute hinzuzuziehen sind, die auf eine sorgfältige Auswuchtung beweglicher Maschinenteile achten müssen, das Maschinengewicht gleichmäßig über die gesamte Bodenfläche verteilt sein muss und große Maschinen in eigens dafür vorgesehenen Betonfundamenten zu platzieren sind.

Heutige Nutzung

Nach dem Unglück sollte die Burg abgerissen werden, was Bürgermeister Günter Rudolf 1974 zu verhindern wusste. Rund 46 Jahre nach dem Unglück wurde der Ostflügel wieder aufgebaut und 2018 eingeweiht. Die Außenfassade dient nun den Frankenfestspiele Röttingen als Teil der Kulisse.

Siehe auch

Quellen und Literatur

  • Hermann Ackermann: „Gedanken über den Einsturz der Burg Brattenstein in Röttingen.“ In: Burgen und Schlösser, 1973 I. Ausgabe, S. 50 ff.

Pressespiegel

Weblinks

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